pdf (5294 kb) - artecLab - Universität Bremen
pdf (5294 kb) - artecLab - Universität Bremen
pdf (5294 kb) - artecLab - Universität Bremen
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Grundlagen 23<br />
2.3 Orientierung<br />
Orientierung ist ein weit reichender Begriff und beschreibt in Gebieten wie Religion,<br />
Politik, Mathematik, Physik, Verhaltensforschung, Akustik, Sex, Astronomie<br />
sowie Kognitionswissenschaft und Navigation eine bestimmte Form der Ausrichtung.<br />
Dabei ist die örtliche Ausrichtung, die Fähigkeit zur Positionswahrnehmung<br />
und räumliche Inbezugsetzung Gegenstand dieser Arbeit, die sich mit der Auswirkung<br />
einer fortschrittlichen Umgebung auf die Orientierung generell und speziell<br />
innerhalb einer virtuellen 3D-Umgebung beschäftigt.<br />
2.3.1 Natürliche Orientierung in der realen Welt:<br />
Kognitive Karten<br />
Im frühesten Kindesalter machen wir uns schon auf, um die Welt zu erkunden.<br />
Nachdem wir unsere anfängliche Sehschwäche 25 überwunden, räumliches Sehen 26<br />
gemeistert, die Erkenntnis erlangt, dass hinter dem Spiegel niemand sitzt, und<br />
krabbelnd unsere Umgebung kennengelernt haben, bewegen wir uns letztendlich<br />
durch unsere Welt und versuchen uns anhand der erlernten Fähigkeiten zu orientieren.<br />
Für die Orientierung ist eine Form des im Spiel erworbenen Umgangs mit der<br />
Wirklichkeit besonders hervorzuheben, der Modellbildung. Früh stellen Kinder<br />
Situationen mit Modellen nach, die sie erlebt oder beobachtet haben, schlüpfen<br />
in Rollen und bilden Orte und Gegenstände mit Spielzeugen nach. Die Modellbildung<br />
spielt bei der Schaffung kognitiver Karten (vgl. (11)) eine Schlüsselrolle.<br />
Diese sind individuelle Repräsentationen der wahrgenommenen Welt und spiegeln<br />
die Erfahrungen einer Person mit seiner Umwelt wieder. Kognitive Karten<br />
sind nicht exakt, stellen also kein genaues Abbild der real existierenden Welt<br />
dar. Sie sind individuell verzerrt (vgl. ebd., S. 26 ff.), und werden durch den<br />
täglichen Umgang mit der Umwelt ständig neu definiert. Die Genauigkeit der<br />
kognitiven Karte hängt stark von der Frequenz der Aktualisierung eines Ortes<br />
oder der Intensität der Erfahrung bei der Speicherung ab. Orte, an denen wir<br />
bewusst viel Zeit verbringen, sind ausgeprägter und genauer ’ kartographiert‘ als<br />
Orte, an denen wir nur sporadisch die Umwelt wahrnehmen. Es gibt allerdings<br />
Ausnahmen, die durch besonders intensives Erleben einen Ort für lange Zeit sehr<br />
detailliert in dieser Karte speichern, obwohl er nur wenig frequentiert wurde. Bei<br />
der Bildung einer Repräsentation im Geist werden individuell verschiedene Situationen<br />
abgespeichert. Zunächst werden markante Objekte eines Weges oder<br />
eines Ortes memorisiert, an denen sich das Individuum orientieren kann. Wird<br />
25Aufbau des Auges eines Kindes und eines Erwachsenen unterscheiden sich sehr, vgl. (14, S.<br />
614 ff.))<br />
26Wahrnehmung muß erlernt werden, vgl. ebd., S. 623 ff.