Materialien Heft 39/2001, Historische Kulturlandschaft - Bayerisches ...
Materialien Heft 39/2001, Historische Kulturlandschaft - Bayerisches ...
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In den letzten Jahren wurde immer deutlicher,<br />
dass ein wesentlicher Bestandteil des kulturellen<br />
Erbes Bayerns, ja ganz Europas, die vom Menschen<br />
geschaffene <strong>Kulturlandschaft</strong> ist. Neben<br />
dem reichen Bestand an Baudenkmälern vermögen<br />
auch die erhaltenen Bereiche der historischen<br />
<strong>Kulturlandschaft</strong> Auskunft zu geben über<br />
die vielschichtige, intensive und kulturvolle Auseinandersetzung<br />
unserer Vorfahren mit der endlichen<br />
Ressource Landschaft.<br />
Zahlreiche Elemente und Strukturen der historischen<br />
<strong>Kulturlandschaft</strong> prägen noch heute den<br />
ländlichen Raum Bayerns. Von historischen Flurformen<br />
mit ihren jahrhundertealten Parzellengrenzen<br />
über historische Weinbergsanlagen mit<br />
ihren Trockenmauern bis hin zu historischen Verkehrswegen<br />
sind damit nicht nur geschichtliche<br />
Werte überliefert, sondern auch ein erhebliches<br />
Potenzial für das eigenständige Bild unserer<br />
Regionen im Zeitalter der Globalisierung. Für die<br />
Bürger bedeutet eine intakte <strong>Kulturlandschaft</strong><br />
einen gewichtigen Beitrag zu ihrer regionalen<br />
Identität. Eine Nutzung als »weicher Standortfaktor«<br />
und eine touristische Inwertsetzung lassen<br />
ihren Erhalt auch ökonomisch sinnvoll erscheinen.<br />
Die Denkmalpflege versteht sich als Wahrer des<br />
gebauten kulturellen Erbes. Durch den starken<br />
flächenhaften, landschaftlichen und ökologischen<br />
Bezug der historischen <strong>Kulturlandschaft</strong> kommt<br />
sie hier jedoch an die Grenzen ihres Instrumentariums,<br />
sowohl was die Erfassung als auch was die<br />
Pflege angeht. Das Schutzgut »historische <strong>Kulturlandschaft</strong>«<br />
erfordert daher eine Zusammenarbeit<br />
der Denkmalpflege einerseits mit den bewahrenden<br />
Disziplinen, worunter in erster Linie Naturschutz<br />
und Landschaftspflege zu verstehen sind,<br />
andererseits aber auch mit denjenigen, deren<br />
Aufgabe es ist, Landschaften auf neue Nutzungen<br />
vorzubereiten.<br />
Neben den Kommunen mit ihrer Bauleitplanung<br />
und den Fachplanungen der Verkehrsinfrastruktur<br />
sind dies im ländlichen Raum vor allem die<br />
Direktionen für Ländliche Entwicklung, die auf<br />
der detailschärfsten Ebene, nämlich der einer<br />
Gemarkung mit ihren einzelnen Parzellen, <strong>Kulturlandschaft</strong><br />
neu gestalten. Hier war es das Ziel<br />
des vorliegenden Projektes »<strong>Kulturlandschaft</strong>sinventarisation<br />
in der Ländlichen Entwicklung«<br />
aufzuzeigen, welche historisch bedeutsamen<br />
Schichten und Elemente in einer solchen <strong>Kulturlandschaft</strong><br />
aufzufinden sind und gleichzeitig auf<br />
Möglichkeiten aufmerksam zu machen, wie man<br />
einerseits zwar den berechtigten Anliegen einer<br />
Verbesserung der Agrarstruktur nachkommen,<br />
andererseits aber die Geschichtlichkeit der Landschaft<br />
berücksichtigen und für die nachfolgenden<br />
Generationen sichern kann.<br />
Auf dem Gebiet der Dorferneuerung besteht<br />
schon seit einiger Zeit eine bewährte Zusammenarbeit<br />
der Bayerischen<br />
Verwaltung für Ländliche<br />
Entwicklung und<br />
dem Bayerischen Landesamt<br />
für Denkmal- Vorwort<br />
pflege. Der sogenannte<br />
»Denkmalpflegerische<br />
Erhebungsbogen zur<br />
Dorferneuerung« bringt<br />
dabei die kulturgeschichtlichen Werte des Dorfes<br />
in die Dorferneuerungsplanung ein. Auf diesen<br />
Erfahrungen aufbauend, wurde 1996 vom Bayerischen<br />
Landesamt für Denkmalpflege und vom<br />
Bereich Zentrale Aufgaben der Bayerischen Verwaltung<br />
für Ländliche Entwicklung ein Konzept<br />
entwickelt, das dem Ziel der Erhaltung der historischen<br />
<strong>Kulturlandschaft</strong> in Flurneuordnungsverfahren<br />
ein stärkeres Gewicht verleihen soll.<br />
Diplom-Geograph Dr. Thomas Gunzelmann, Mitarbeiter<br />
des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege,<br />
erarbeitete das Leistungsverzeichnis<br />
für die vier Modelluntersuchungen und hatte<br />
auch während der Durchführung die fachliche<br />
Leitung. Beauftragt wurden vier interdisziplinär<br />
zusammengesetzte Gutachterbüros, deren<br />
Arbeitsergebnisse in dieser Broschüre schwerpunktartig<br />
zusammengefasst vorgestellt werden.<br />
Die Projektarbeit zeigte, dass staatliche Fachbehörden<br />
durchaus in der Lage sind, auf informeller<br />
Ebene innovative Methoden aufzugreifen,<br />
interdisziplinär zu diskutieren und weiterzuentwickeln.<br />
Als Ergebnis dieses behörden- und fachübergreifenden<br />
Modellprojekts steht nun ein für die landschaftsplanerische<br />
Praxis einsetzbares und<br />
methodisch erprobtes Instrument zur Erhaltung<br />
der historischen <strong>Kulturlandschaft</strong> zur Verfügung.<br />
Unter den heute gültigen Prämissen nachhaltiger<br />
Landesentwicklung wird man gerade dieses<br />
Instrument als einen fundierten Beitrag zu einem<br />
bewussten Umgang mit unserer wertvollen <strong>Kulturlandschaft</strong><br />
aufgreifen können. Wir appellieren<br />
an Auftraggeber und Planer, in der hier vorgestellten<br />
Weise die <strong>Kulturlandschaft</strong> und ihre<br />
schutzwerten Elemente in aktuellen Planungen<br />
zu erfassen und zu bewerten, um so die Abstimmung<br />
der in die Landschaft vorgesehenen Maßnahmen<br />
mit dem Schutz des kulturellen Erbes<br />
für jedermann einsichtig darzulegen.<br />
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