Materialien Heft 39/2001, Historische Kulturlandschaft - Bayerisches ...
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Ungünstig auf die Siedlungsentwicklung der<br />
Fränkischen Alb wirkte sich seit jeher die Wasserarmut<br />
auf den verkarsteten Albhochflächen aus.<br />
Gesiedelt wurde anfänglich in den Flusstälern,<br />
denn aufgrund der Karsterscheinungen auf den<br />
Hochflächen sind die wenigen flüssespeisenden<br />
Karstquellen in den<br />
engen und stark eingeschnittenenKasten-<br />
Geschichte der<br />
<strong>Kulturlandschaft</strong><br />
tälern relativ wasserreich.<br />
So liegt Alfeld<br />
als ältester Ort der<br />
Gemeinde im Tal des<br />
Alfelder Baches. Das<br />
Dorf dürfte bereits im<br />
Rahmen des frühmittelalterlichen Landesausbaus<br />
des 8./9. Jahrhunderts entstanden sein. Im Jahre<br />
976 wurde der Ort erstmals urkundlich erwähnt.<br />
Neben der Wasserarmut sind auch die stellenweise<br />
kargen Skelettböden als Ungunstfaktor für<br />
die mittelalterliche Besiedlung zu werten. Lediglich<br />
in kleinen Mulden hat sich eine etwas<br />
fruchtbarere lehmige Albüberdeckung angesammelt.<br />
Die Siedlungen der Albhochfläche liegen<br />
deswegen bezeichnenderweise in den Karstwannen,<br />
wo die Albüberdeckung die beste agrarische<br />
Möglichkeit bietet und deren lehmige<br />
Beschaffenheit die Anlage von Hüllen ermöglichte.<br />
Insbesondere waren diese Standorte für den<br />
Getreidebau, der seit dem Mittelalter eine bedeutende<br />
Rolle spielte, geeignet. Entsprechend der<br />
naturräumlichen Ungunstfaktoren sind vor allem<br />
die Hochflächen als Jungsiedelland anzusprechen,<br />
die erst bei entsprechend hohem Siedlungsdruck<br />
im hohen Mittelalter besiedelt wurden.<br />
Mehrere Weiler und Einöden auf der Albhochfläche<br />
rund um Alfeld sind dem 10. bis 12.<br />
Jahrhundert zuzuordnen.<br />
Auf der Alb lag seit dem Mittelalter das Schwergewicht<br />
der bäuerlichen Betriebe auf dem Ackerbau,<br />
wobei der Getreideanbau vorherrschte. Auf<br />
dem ausgedehnten Ackerland war mit dem unzureichend<br />
gedüngten Getreidebau nur ein mäßiger<br />
Ertrag zu erzielen. Die Einengung der landwirtschaftlichen<br />
Kulturperiode aufgrund der Herbstfröste<br />
war die Hauptursache für die starke Verbreitung<br />
des Sommergetreidebaus, vor allem der<br />
Gerste. Die hohe Zahl von Schneetagen und das<br />
späte Auftreten der letzten Fröste schoben den<br />
Beginn der landwirtschaftlichen Frühjahrsarbeiten<br />
und damit die Saat des Sommergetreides<br />
wesentlich hinaus.<br />
Seit dem 13./14. Jahrhundert entstanden sogenannte<br />
Gütlein, oft auch Sölden genannt. Anwe-<br />
sen mit dieser Bezeichnung gingen normalerweise<br />
auf Ausbrüche aus älteren Höfen und Neuanlagen<br />
im späten Mittelalter und der frühen Neuzeit<br />
zurück. Zwar handelte es sich dabei um bäuerliche<br />
Betriebe, doch hatten sie nur eine geringe<br />
Besitzausstattung und waren der kleinbäuerlichen<br />
Schicht zuzurechnen. Am unteren Ende dieser<br />
Schicht waren die Übergänge zur bäuerlichen<br />
Unterschicht fließend. Die soziale Differenzierung<br />
nahm durch den enormen Bevölkerungsdruck seit<br />
dem 16. Jahrhundert weiter zu. Die Bewohner<br />
konnten durch die begrenzte Ackerflur nicht<br />
mehr ausreichend ernährt werden. Allein der<br />
Wald bot ihnen eine zusätzliche Versorgungsmöglichkeit<br />
für ihr Vieh. Es ist deswegen nicht<br />
verwunderlich, dass im 19. Jahrhundert in der<br />
Ortsflur von Alfeld der Wald fast vollständig<br />
gerodet war. Bewaldet waren nur noch die steilen<br />
Hänge und Kuppen. Als Ergebnis der ständigen<br />
Übernutzung waren bis gegen Ende des<br />
18. Jahrhunderts vielfach lichte Wälder entstanden,<br />
die eher als Gestrüpp bezeichnet werden<br />
konnten. Im Grundsteuerkataster von 1831 weist<br />
die Bezeichnung Gebüsch auf einen derartig<br />
degradierten Wald, aber auch die Bezeichnung<br />
Ödung kann darunter fallen.<br />
Im 18. Jahrhundert bildete die kleinbäuerliche<br />
und bäuerliche Unterschicht in Alfeld weit mehr<br />
als die Hälfte der Dorfbevölkerung. Wegen der<br />
Aufteilung der Flur auf zahlreiche kleine und<br />
kleinste Anwesen war der Grundbesitz in Alfeld<br />
zur Zeit des Extraditionsplans und des Grundsteuerkatasters<br />
von 1831 stark zersplittert und<br />
die einzelnen Flurstücke waren relativ klein. Der<br />
Landbesitz der meisten der zahlreichen Alfelder<br />
Anwesen reichte zur Ernährung einer ganzen<br />
Familie nicht aus. Viele Besitzer mussten zusätzlich<br />
ein Handwerk oder Gewerbe ausüben. Im<br />
19. Jahrhundert gab es in Alfeld deswegen beispielsweise<br />
viele Schuhmacher, die ihre Schuhe<br />
auf den Märkten der näheren und weiteren<br />
Umgebung absetzten. Wie das Grundsteuerkataster<br />
zeigt, hob sich die Sozialstruktur Alfelds<br />
deutlich von der umliegender Dörfer und Weiler<br />
ab. In Alfeld war der außerlandwirtschaftliche<br />
Erwerb eine wichtige Basis für den Verdichtungsprozess<br />
der Siedlung. So ließ sich auch bei verkleinerter<br />
Nutzfläche ein ausreichender Lebensunterhalt<br />
erwirtschaften. Der starke Einwohnerzuwachs<br />
machte der Gemeinde zu schaffen, da<br />
weder die landwirtschaftliche Nutzfläche der<br />
Gemeinde ausreichte, noch genügend anderweitige<br />
Beschäftigungsmöglichkeiten vorhanden<br />
waren, um die Menschen zu ernähren. Die Folge<br />
war eine intensiv genutzte und kleinteilige <strong>Kulturlandschaft</strong>.