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Materialien Heft 39/2001, Historische Kulturlandschaft - Bayerisches ...

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28<br />

lungspolitik auch eine Übernutzung der <strong>Kulturlandschaft</strong><br />

herbeiführten, was sich teilweise noch<br />

bis heute an Dorf und Flur ablesen lässt, oder<br />

aber an die kirchlichen katholischen Grund- und<br />

Landesherren, deren ehemalige Gebiete sich<br />

durch Wallfahrtswege, Kreuzberge und -wege,<br />

zahlreiche Martern und Feldkreuze bis heute von<br />

ehemals evangelischen Territorien unterscheiden.<br />

Ist auf diese Weise die Entwicklung der <strong>Kulturlandschaft</strong><br />

herausgearbeitet, so kann anhand der<br />

relativ leicht zugänglichen schriftlichen und kartografischen<br />

Quellen des 19. Jahrhunderts ein<br />

Bild der historischen <strong>Kulturlandschaft</strong> am Ende<br />

der feudal und handwerklich geprägten Agrargesellschaft<br />

gezeichnet werden. Mit der bayerischen<br />

Landesvermessung in der ersten Hälfte des<br />

19. Jahrhunderts wurde ein präzises und qualitätvolles<br />

Kartenmaterial geschaffen, das in jeder<br />

Hinsicht eine detaillierte Zustandsanalyse der<br />

<strong>Kulturlandschaft</strong> um die Mitte des 19. Jahrhunderts<br />

ermöglicht. Nimmt man dazu noch die in<br />

jeweiligen Staatsarchiven aufbewahrten Grundsteuerkataster<br />

hinzu, so lassen sich viele Fragen<br />

hinsichtlich Sozialstruktur, Besitzverhältnissen,<br />

Nutzungen und landwirtschaftlichem Betriebssystem<br />

parzellenscharf beantworten. Mit Hilfe dieser<br />

beiden Quellen können sowohl die historische<br />

Dorfstruktur als auch die historische Flurstruktur<br />

sowie die historischen Flächennutzungen ausreichend<br />

analysiert und kartografisch dargestellt<br />

werden, ohne dass noch weitere Quellen hinzugezogen<br />

werden müssten. Ebenso ist auf dieser<br />

Basis das historische örtliche und regionale Verkehrsnetz<br />

in seinen hierarchischen Abstufungen<br />

von der Chaussee und der Altstraße bis zum<br />

Fußweg zu erfassen.<br />

Ist somit die Entwicklung der <strong>Kulturlandschaft</strong> in<br />

längsschnittlicher Hinsicht und ihr Erscheinungsbild<br />

um die Mitte des 19. Jahrhunderts im Untersuchungsgebiet<br />

querschnittlich dargestellt, so<br />

kann der aktuelle Zustand erfasst, analysiert und<br />

bewertet werden.<br />

Zur Erfassung der aktuellen Situation wird ein<br />

Elementkatalog erarbeitet. Für jedes einzelne Element<br />

wird ein Datenblatt angelegt. Gleichzeitig<br />

wird jedes erfasste Element auch auf der<br />

Bestandskarte der historischen <strong>Kulturlandschaft</strong><br />

eingetragen (Inhalt und Darstellung s. S. 34—35).<br />

Wenngleich gerade die Ergebniskarten schon<br />

einen gewissen Überblick über den aktuellen und<br />

historischen Zustand der <strong>Kulturlandschaft</strong> einer<br />

Untersuchungsgemarkung bieten, so ist es doch<br />

erforderlich, in einem Abschnitt der Untersuchung<br />

eine Gesamtschau der historischen Kultur-<br />

landschaft zu erarbeiten. Die elementbezogene<br />

Untersuchungsmethode lässt den Betrachter<br />

leicht das größere Ganze aus den Augen verlieren.<br />

Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass der<br />

Wert einer bestimmten <strong>Kulturlandschaft</strong> größer<br />

ist, als der Wert der Summe ihrer heute noch<br />

erhaltenen Einzelteile. Zwar sind einzelne Elemente<br />

durchaus bedeutsam und wertvoll bis hin<br />

zu einer ihnen eigenen Denkmaleigenschaft, aber<br />

letztendlich ist es der Gesamtcharakter, der erst<br />

regionale Identität, Wiedererkennbarkeit und<br />

schließlich »Heimat« schafft.<br />

Bei dieser Gesamtschau ist es wichtig, die Vernetzungen<br />

der Einzelelemente untereinander aufzuzeigen,<br />

denn diese stehen ja nicht für sich,<br />

sondern sie waren Teil eines historischen, weitgehend<br />

autarken landwirtschaftlichen Betriebssystems,<br />

in dem jedes Rädchen auch für andere<br />

Teile Funktionen übernehmen musste, um letztlich<br />

die Ernährung der Dorfgemeinde sicher zu<br />

stellen. So diente das Grünland nicht ausschließlich<br />

der Viehzucht und damit der Milch- und<br />

Fleischproduktion, sondern stärker zur Produktion<br />

von Naturdünger für das Ackerland und zur<br />

Sicherstellung der tierischen Transportenergie.<br />

Funktionen für das Wohnen mussten ebenso aus<br />

der eigenen Gemarkung sichergestellt werden.<br />

Das Bauholz musste aus dem eigenen Wald<br />

gewonnen, oder aus dem Herrschaftswald erworben<br />

werden, fast in jeder Gemarkung finden sich<br />

historische Sand- und Lehmgruben und Sandsteinbrüche.<br />

Die Wirkungszusammenhänge zwischen den<br />

naturräumlichen Faktoren und den historischen<br />

Einflusskräften, die schließlich zur Ausbildung<br />

einer ganz spezifischen <strong>Kulturlandschaft</strong> führten,<br />

müssen hier nochmals im Zusammenhang dargestellt<br />

werden. Gerade hierfür liefern unsere Beispielgebiete<br />

eindrucksvolle Belege.

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