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Materialien Heft 39/2001, Historische Kulturlandschaft - Bayerisches ...

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DDie historische <strong>Kulturlandschaft</strong> zeichnet sich<br />

durch die enge Verflechtung von punkthaften,<br />

linienhaften und flächenhaften Elementen und<br />

Strukturen aus, die noch dazu aus verschiedenen<br />

Zeitschichten übereinandergelagert sind. Gerade<br />

diese Komplexität macht es aber schwer, eine<br />

solche Landschaft sozusagen als Ganzheit zu<br />

erfassen und zu beschreiben. Es bietet sich daher<br />

ein System der Erfassung an, das die Landschaft<br />

zuerst in ihre einzelnen Elemente zerlegt, diese<br />

analysiert und erst zum Schluss wieder zusammensetzt.<br />

Dabei wird ein Gliederungsmodell für die einzelnen<br />

<strong>Kulturlandschaft</strong>selemente verwendet, das<br />

sich an den unterschiedlichen Funktionen des<br />

menschlichen Einwirkens auf den Raum orientiert.<br />

So werden Elemente nach den Funktionsbereichen<br />

Siedlung, Landwirtschaft, Gewerbe, Verkehr,<br />

Erholung und Gemeinschaftsleben (Religion,<br />

Staat, Militär) unterschieden. Hinzu tritt noch der<br />

Aspekt der »assoziativen« <strong>Kulturlandschaft</strong>, also<br />

alljene Bezüge, die in der Landschaft sozusagen<br />

immateriell vorhanden sind, oder in sie hineininterpretiert<br />

werden können, wie zum Beispiel<br />

Sichtbeziehungen von einer Burg zur anderen,<br />

oder Stätten, die sich mit dem Wirken eines<br />

Dichters oder Malers intensiv verbinden.<br />

Nun ist so ein sektorales Schema etwas problematisch,<br />

da gerade auch die Multifunktionalität<br />

ihrer Elemente ein Kennzeichen der historischen<br />

<strong>Kulturlandschaft</strong> ist. So lässt sich beispielsweise<br />

das flächenhafte <strong>Kulturlandschaft</strong>selement »Niederwald«<br />

sowohl dem Bereich Landwirtschaft<br />

(mit Brennholznutzung und Waldweide) als auch<br />

dem Bereich Gewerbe (mit der Lohrindengewinnung)<br />

zuordnen. Selbst innerhalb einer<br />

landwirtschaftlichen Fläche fand eine mehrstufige<br />

Nutzung statt, wie das Beispiel des »Baumfeldes«<br />

im Beispielgebiet Walsdorf zeigt. Hier wurden<br />

auf einer Parzelle Ackerbau und Obstbaumnutzung<br />

kombiniert. Trotzdem ist die Untergliederung<br />

der Elemente in einzelne Funktionsbereiche<br />

ein gangbarer Weg, die Vielfalt zu ordnen.<br />

Naturgemäß finden sich im ländlichen Raum in<br />

einem Gebiet, das zur Flurneuordnung vorgesehen<br />

ist, zahlreiche Elemente und Flächen, die<br />

dem Funktionsbereich Landwirtschaft zuzuordnen<br />

sind. Das wesentliche flächenhafte Element, das<br />

sozusagen unter allen anderen Elementen als<br />

Grundplatte liegt, ist die historische Flurform.<br />

Ihre Parzellenstruktur lässt sich zumeist auf die<br />

Anfänge der Siedlung zurückführen und sie steht<br />

in der Regel in direkter Beziehung zur Grundstruktur<br />

des Dorfes. Eine enge Abhängigkeit<br />

besteht auch zwischen der Flurform und der<br />

historischen Landnutzung, außerdem ist das<br />

Wegenetz auf die Flurform bezogen. Aus der<br />

Flurform lässt sich die Zugehörigkeit zu einer<br />

bestimmten Epoche der Siedlungsgeschichte<br />

ableiten. Sie verweist auf das Erbrecht und die<br />

historisch-territoriale Zugehörigkeit der Region,<br />

aber auch darauf, ob das<br />

einmal gewählte agrari-<br />

sche System im Verlauf<br />

der Jahrhunderte der<br />

Bevölkerungsentwicklung<br />

gewachsen war<br />

oder nicht.<br />

Funktionsbereiche und<br />

Elemente der historischen<br />

<strong>Kulturlandschaft</strong><br />

Gerade dieses entscheidende<br />

flächenhafte Element der historischen <strong>Kulturlandschaft</strong><br />

steht bei einer Flurneuordnung als<br />

erstes zur Disposition, weil seine Grundstruktur<br />

den Bedürfnissen einer modernen Landwirtschaft<br />

nicht mehr gewachsen ist. Betrachtet man die<br />

heutige Situation differenzierter, so zeigt sich<br />

häufig, dass die Gemarkungen, die in den letzten<br />

Jahren zur Neuordnung anstanden und anstehen,<br />

mit einem auch heute noch funktionsfähigen<br />

Grundmuster ihrer Flur ausgestattet sind, das<br />

auch die Basis für eine Neuordnung bilden kann.<br />

Ebenso konnte in den letzten Jahren in vielen<br />

Fällen das Grundmuster des historischen Wegenetzes<br />

aufgegriffen und weiterentwickelt werden,<br />

was ebenso wesentlich dazu beiträgt, dass der<br />

Charakter und das jahrhundertealte innere<br />

System einer geschichtsträchtigen ländlichen<br />

Gemarkung bestehen bleiben können.<br />

Weniger problembeladen als mit diesen dominierenden<br />

flächenhaften und linearen Grundelementen<br />

einer Gemarkung erscheint der Umgang mit<br />

kleineren Elementen, seien sie nun punkthaft,<br />

linienhaft oder flächenhaft. So gibt es gelungene<br />

Beispiele der Instandhaltung und Instandsetzung<br />

von Elementen der historischen <strong>Kulturlandschaft</strong>,<br />

auch von flächenhaften, die zumeist auf historische<br />

Landnutzungsformen zurückgehen und<br />

Teile einer Gemarkung in Anspruch nehmen. Beispiele<br />

hierfür sind Wässerwiesen oder historische<br />

Wiesenbewässerungsanlagen, die dort, wo eine<br />

intensive Grünlandnutzung Tradition hat und<br />

auch heute noch nachgefragt wird, durchaus<br />

erhalten werden können. Andere Beispiele sind<br />

historische Sonderkulturflächen, die landschaftsprägend<br />

sind, wie historische Weinbergsanlagen,<br />

Hutweiden oder Obstbauflächen.<br />

Kleinere punkthafte Einzelelemente der historischen<br />

<strong>Kulturlandschaft</strong> werden sich je nach ihrer<br />

geschichtlichen und ökologischen Bedeutung oftmals<br />

in ein Neuordnungskonzept integrieren lassen.<br />

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