Materialien Heft 39/2001, Historische Kulturlandschaft - Bayerisches ...
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neuordnung, ist das Gewicht der historischen<br />
<strong>Kulturlandschaft</strong> gewachsen. Das neue<br />
Raumordnungsgesetz (in der Fassung vom<br />
1.1.1998) formuliert einen neuen Grundsatz der<br />
Raumordnung, nachdem »gewachsene <strong>Kulturlandschaft</strong>en<br />
... in ihren prägenden Merkmalen<br />
sowie mit ihren Kultur- und Naturdenkmälern zu<br />
erhalten« sind. Von der Zielsetzung her kann dies<br />
nur bedeuten, dass die »gewachsene <strong>Kulturlandschaft</strong>«<br />
positiver eingeschätzt wird als das, was<br />
die aktuelle Entwicklung an <strong>Kulturlandschaft</strong>smustern<br />
hervorbringt.<br />
Diese Änderung des Raumordnungsgesetzes ist<br />
auf Festsetzungen des Europäischen Raumentwicklungskonzeptes<br />
(EUREK) zurückzuführen, das<br />
sich die »Erhaltung und das kreative Management<br />
der <strong>Kulturlandschaft</strong>en Europas« zum Ziel gesetzt<br />
hat. Dort wird recht eindeutig formuliert: »Die<br />
Vielfalt der <strong>Kulturlandschaft</strong>en in Europa ist ein<br />
kostbares Erbe. Sie stellen eine sichtbare regionale<br />
Identität dar und sind ein Abbild der<br />
Geschichte und der Ausdruck der menschlichen<br />
Interaktion mit der Natur. Bemühungen zur Erhaltung<br />
der regionalen Landschaften und ihrer<br />
Schönheit behindern nicht die wirtschaftliche<br />
Entwicklung. Im Gegenteil, diese Landschaften<br />
können als ökonomischer Anreiz dienen: schöne<br />
Landschaften sind eine bemerkenswerte Sehenswürdigkeit<br />
für Touristen und ziehen häufig Investitionen<br />
an. Dieses vielfältige Erbe erfordert ein<br />
vernünftiges Management, das die örtlichen<br />
Bedingungen berücksichtigt.« In dieser Feststellung<br />
der europäischen Raumordnungsminister ist<br />
schon vieles gesagt, was den Wert der historischen<br />
<strong>Kulturlandschaft</strong> und die Zweckmäßigkeit<br />
ihrer Erhaltung ausmacht.<br />
Auch die europäische Landwirtschaftspolitik hat<br />
sich des Themas verstärkt angenommen. Der Entwurf<br />
des neuen LEADER+-Programmes hat sich<br />
neben rein arbeitsplatzmäßigen und organisatorischen<br />
Zielen auch »die Valorisierung des Naturund<br />
Kulturerbes« kleiner ländlicher Regionen zum<br />
Ziel gesetzt. Bevor man jedoch weiß, was man<br />
»valorisieren«, also — um einen etwas verständlicheren<br />
deutschen Fachausdruck zu verwenden<br />
— »inwertsetzen« kann, muss man zunächst einmal<br />
wissen, welches Potenzial dabei überhaupt<br />
nutzbar ist. Hier kommt wieder die Erfassung der<br />
historischen <strong>Kulturlandschaft</strong> ins Spiel, die in der<br />
Lage ist, das gebaute und landschaftliche kulturelle<br />
Erbe einer Region qualitätsvoll darzustellen.<br />
Auch das immaterielle kulturelle Erbe einer Region<br />
steht in enger Verbindung zu ihrer historischen<br />
<strong>Kulturlandschaft</strong>. Regionale Speisen und<br />
Getränke, ja regionales Handwerk und traditionelle<br />
Erzeugnisse lassen sich nur aus der historischen<br />
Entwicklung der <strong>Kulturlandschaft</strong> und ihrer<br />
Nutzung erklären.<br />
Weniger einem offensiven Entwicklungskonzept<br />
verpflichtet, als vielmehr der Förderung benachteiligter<br />
Gebiete, ermöglichen die Agrarumweltmaßnahmen<br />
des »Europäischen Ausrichtungsund<br />
Garantiefonds für die Landwirtschaft (in der<br />
Fassung vom 17. Mai 1999)« explizit Beihilfen,<br />
um »bedrohte, besonders wertvolle landwirtschaftlich<br />
genutzte <strong>Kulturlandschaft</strong>en« ebenso<br />
wie »die Landschaft und historische Merkmale auf<br />
landwirtschaftlichen Flächen« zu erhalten.<br />
Der »Ausschuss der Regionen«, die Vertretung der<br />
Interessen der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften<br />
in der Europäischen Gemeinschaft,<br />
hat sogar im aktuellen Entwurf einer<br />
eigenständigen Stellungnahme unter dem Titel<br />
»Die Gemeinsame Agrarpolitik und die Erhaltung<br />
der europäischen <strong>Kulturlandschaft</strong> (Stand<br />
9. Februar 2000)« den Wert der <strong>Kulturlandschaft</strong><br />
betont, und zwar weniger den des kulturellen<br />
Erbes, sondern den seines sozialen und wirtschaftlichen<br />
Entwicklungspotenzials. Immerhin<br />
stellt dieser Ausschuss mit Blick auf die weltweite<br />
Konkurrenzsituation der Landwirtschaft<br />
fest, »dass mit Blick auf den Wert (und die<br />
Gefährdung) der europäischen <strong>Kulturlandschaft</strong><br />
ein 'Wahrnehmungsdefizit' besteht. Dies ist umso<br />
bedauerlicher, weil das Modell der europäischen<br />
Landwirtschaft ja im wesentlichen damit begründet<br />
und verteidigt werden kann«. Er fordert daher<br />
eine Differenzierung der flächenbezogenen<br />
Beihilfen, um »die Erhaltung kulturlandschaftlich<br />
wichtiger Flächen und Ensembles, die ja oft mit<br />
höherem Aufwand bewirtschaftet werden, zu<br />
gewährleisten«.<br />
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