Materialien Heft 39/2001, Historische Kulturlandschaft - Bayerisches ...
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damit verbundenen wirtschaftlichen und sozialen<br />
Verhältnissen auf die Landschaft nachweisen.<br />
Diese sind nicht nur in einer unterschiedlichen<br />
Flurstruktur erkennbar, sondern zeigen sich auch<br />
im Fehlen oder Vorhandensein von bestimmten<br />
Landschaftselementen. Walsdorf besaß als Herrschaftssitz<br />
und Pfarrdorf eine zentrale Funktion<br />
für das Umland. Diese spiegelt sich im strahlenförmigen<br />
Wegesystem noch heute in der Landschaft<br />
wider. In Folge einer gezielten Ansiedlungspolitik<br />
wurde es zu einem dicht besiedelten<br />
Dorf mit einem hohen Anteil nicht landwirtschaftlicher<br />
Bevölkerung. Die Konsequenz dieses<br />
Bevölkerungszuwachses waren eine starke<br />
Besitzzersplitterung und die Notwendigkeit, auf<br />
den kleineren Flächen ertragreichere Sonderkulturen<br />
anzubauen.<br />
Im 18. Jahrhundert wurden in Walsdorf auch<br />
jüdische Siedler aufgenommen. Dies bekundet<br />
noch heute eindrucksvoll der jüdische Friedhof,<br />
der einst letzte Ruhestätte für die Bamberger<br />
Juden war. Erlau dagegen blieb bäuerlich<br />
geprägt. Die Herrschaft dort wurde von vier<br />
Grundherren gemeinschaftlich ausgeübt. Dies ließ<br />
den Einwohnern größere dörfliche Freiheit und<br />
ermöglichte einigen eine gewisse Arrondierung<br />
ihres Besitzes. Die landwirtschaftliche Nutzfläche<br />
war dort für den einzelnen Bauern nicht so<br />
knapp bemessen und somit bestand nur eine<br />
geringe Veranlassung, durch den Anbau und Verkauf<br />
von Sonderkulturen wie Obst das Einkommen<br />
aufzubessern.<br />
In Alfeld waren die naturräumlichen Voraussetzungen<br />
ausschlaggebend für die Gestaltung der<br />
<strong>Kulturlandschaft</strong>. Die Wasserarmut und das stark<br />
ausgebildete Relief haben diese Karstlandschaft<br />
und ihre Bestandteile ganz entscheidend geprägt.<br />
So sind hier Trockentäler zu finden, die allenfalls<br />
zur Zeit der Schneeschmelze kurzzeitig Wasser<br />
führen und von Dolineneinbrüchen durchsetzt<br />
sind. An den Kuppen dominiert nackter Fels und<br />
flachgründiger, mit Kalkscherben durchsetzter<br />
Boden. Mit diesen extremen Standortbedingungen<br />
hatten sich die Siedler auseinander zu setzen.<br />
Um alle Einwohner ernähren zu können,<br />
musste jede nur denkbare Fläche landwirtschaftlich<br />
bearbeitet werden. Kalksteine mussten aus<br />
den Äckern gelesen und auch für die trockenen<br />
Hangstandorte noch optimale Nutzungsmöglichkeiten<br />
gefunden werden.<br />
Mit dem knappen Wasser musste sparsam umgegangen<br />
werden. Die Alfelder mussten Mittel finden,<br />
um Regenwasser als Trink- oder Brauchwasser<br />
zu speichern und das Wasser aus den Bächen<br />
für die Wiesen nutzbringend einzusetzen. Ein<br />
gewerblicher Zuerwerb war häufig notwendig,<br />
um einen ausreichenden Lebensunterhalt zu erwirtschaften.<br />
Auch dafür wurden in der kargen<br />
Landschaft die erforderlichen Rohstoffe gefunden.<br />
Dieses Zusammenspiel von landschaftlichen Voraussetzungen<br />
und Landnutzung hat in Alfeld auf<br />
engstem Raum zu einem abwechslungsreichen<br />
Nutzungsmosaik verschiedenster historischer <strong>Kulturlandschaft</strong>selemente<br />
geführt, das heute als<br />
besonders wertvoll und schutzwürdig betrachtet<br />
wird.<br />
In Dankenfeld werden zwei gegensätzliche<br />
Gestaltungseinflüsse in der heutigen <strong>Kulturlandschaft</strong><br />
sichtbar. Teile der Gemarkung präsentieren<br />
sich als bewusst gestaltete Landschaft eines Herrensitzes.<br />
Diese <strong>Kulturlandschaft</strong> fand mit den<br />
Lebensbeschreibungen der Charlotte von Kalb<br />
Eingang in die Literaturgeschichte (Schiller, Jean<br />
Paul). Zu Beginn der 20. Jahrhunderts rekonstruierte<br />
der damalige Schlossbesitzer im Andenken<br />
an die Schriftstellerin einen von ihr geschätzten<br />
Aufenthaltsort im Wald. Die Walderschließung<br />
zeigt ebenfalls, dass es sich um einen einst herrschaftlichen<br />
Besitz handelt. Der Wald wird von<br />
barocken Wegeachsen durchzogen, seine Grenzen<br />
werden durch Steine und Gräben markiert.<br />
In der bäuerlich geprägten <strong>Kulturlandschaft</strong> wird<br />
dagegen das Ringen der Bauern um ihre Existenz<br />
sichtbar. Hier zeigen sich Relikte einer intensiven<br />
früheren Wirtschaftsweise, die notwendig war,<br />
um die durch eine gezielte Ansiedlungspolitik<br />
angewachsene Bevölkerung ernähren zu können.<br />
Nicht Alleen und barocke Erschließungsachsen<br />
durchziehen diesen Teil der Gemarkung, sondern<br />
durch starke Beanspruchung tief eingegrabene<br />
Hohlwege und breite Triftwege.<br />
In Mittelneufnach sind nur wenige landschaftsprägende<br />
Strukturen vorhanden, die in<br />
Folge landwirtschaftlicher Tätigkeit entstanden<br />
sind. Das bedeutet aber nicht, dass dort die<br />
Landwirtschaft eine untergeordnete Rolle spielt<br />
oder die Bewohner wenig verantwortungsvoll mit<br />
ihrem kulturellen Erbe umgegangen sind. Das<br />
Gegenteil ist der Fall. Dort gibt es noch eine vergleichsweise<br />
große Zahl landwirtschaftlicher<br />
Betriebe. Ein sorgfältiger und verantwortungsbewusster<br />
Umgang mit der Landschaft kennzeichnet<br />
diese Gemarkung. Dies zeigt sich unter<br />
anderem daran, dass das an die Landschaft angepasste<br />
historische Feldwegenetz noch vollständig<br />
erhalten ist und auch zukünftig bewahrt bleiben<br />
soll.<br />
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