anwaltliche beratung und vertretung im pferderecht - Vetion.de
anwaltliche beratung und vertretung im pferderecht - Vetion.de anwaltliche beratung und vertretung im pferderecht - Vetion.de
RECHTSANWALT FRANK R. K. RICHTER ANWALTLICHE BERATUNG UND VERTRETUNG IM PFERDERECHT KASTANIENWEG 75a-69221 DOSSENHEIM Rechtsanwalt Frank Richter, Dossenheim 13.05.2010
- Seite 2 und 3: Inhaltsverzeichnis 1. Kaufvertrag f
- Seite 4 und 5: 13.2. Der Unfall mit Pferde: ......
- Seite 6 und 7: Wenn der Verkäufer seinerseits nic
- Seite 8 und 9: annonciert, der muss nachweisen kö
- Seite 10 und 11: Krankheiten dürfte eine Mängelbes
- Seite 12 und 13: 2.4. Kauf auf Probe. Eine für den
- Seite 14 und 15: 2.8.1. Die Unternehmereigenschaft.
- Seite 16 und 17: einem Verstoß gegen die entspreche
- Seite 18 und 19: Gebrauch der Sache, hier also in ei
- Seite 20 und 21: Tiermediziner können schlechthin i
- Seite 22 und 23: 3.6. Fazit: § 476 BGB setzt nach
- Seite 24 und 25: ekannten Mangel nicht zu beseitigen
- Seite 26 und 27: zurücktreten, insb. um das Tier er
- Seite 28 und 29: FALSCH. Die berühmten 6 Monate bez
- Seite 30 und 31: Trotz enormer Fortschritte in der M
- Seite 32 und 33: werden kann, dass sich der Tierarzt
- Seite 34 und 35: Im Fall „Ankaufsuntersuchung“ k
- Seite 36 und 37: Haftungsbegrenzung Einfluss zu nehm
- Seite 38 und 39: eingeschränkte und eigenes Wissen
- Seite 40 und 41: Die hier für die Verletzungen des
- Seite 42 und 43: Beispiel: Ein Unbefugter bricht nac
- Seite 44 und 45: stellen. Hierbei ist von der Pflich
- Seite 46 und 47: Natürlich sind auch vertragliche A
- Seite 48 und 49: Über den Landessportbund sind inde
- Seite 50 und 51: Liegen die Voraussetzungen vor, haf
RECHTSANWALT FRANK R. K. RICHTER<br />
ANWALTLICHE<br />
BERATUNG<br />
UND<br />
VERTRETUNG<br />
IM<br />
PFERDERECHT<br />
KASTANIENWEG 75a-69221 DOSSENHEIM<br />
Rechtsanwalt Frank Richter, Dossenhe<strong>im</strong><br />
13.05.2010
Inhaltsverzeichnis<br />
1. Kaufvertrag für Pfer<strong>de</strong> .......................................................................................................................... 5<br />
2. Überblick über das Recht <strong>de</strong>s Pfer<strong>de</strong>kaufs ............................................................................................ 6<br />
2.1. Der Sachmangel. ............................................................................................................................ 7<br />
2.2. Der Rechtsmangel. ......................................................................................................................... 8<br />
2.3. Folgen von Mängeln <strong>de</strong>r Kaufsache. .............................................................................................. 9<br />
2.3.1. Erste Stufe ist <strong>im</strong>mer die Nacherfüllung. ................................................................................. 9<br />
2.3.2. Rücktritt, Min<strong>de</strong>rung <strong>und</strong> Scha<strong>de</strong>nsersatz. ............................................................................. 10<br />
2.3.3. Vergebliche Aufwendungen. .................................................................................................. 11<br />
2.3.4. Vertretenmüssen. .................................................................................................................. 11<br />
2.3.5. Beweisprobleme. ................................................................................................................... 11<br />
2.4. Kauf auf Probe. ............................................................................................................................ 12<br />
2.5. Altes Recht. .................................................................................................................................. 12<br />
2.6. Haftungsausschlüsse. .................................................................................................................... 12<br />
2.7. Son<strong>de</strong>rfall: AGB <strong>und</strong> Auktionen. ................................................................................................. 13<br />
2.8. Der Verbrauchsgüterkauf. ............................................................................................................ 13<br />
2.8.1. Die Unternehmereigenschaft. ................................................................................................ 14<br />
2.8.2. Beschränkung <strong>de</strong>r Vertragsfreiheit. ........................................................................................ 15<br />
2.9. Weitere Son<strong>de</strong>rregelungen. ........................................................................................................... 15<br />
2.10. Folgen für <strong>de</strong>n Pfer<strong>de</strong>han<strong>de</strong>l. ..................................................................................................... 16<br />
3. § 476 BGB – Die Beweislastumkehr zu Gunsten <strong>de</strong>s Pfer<strong>de</strong>käufers .................................................... 16<br />
3.1. Vorbemerkung. ............................................................................................................................ 16<br />
3.2. Die Beweislastumkehr. ................................................................................................................. 17<br />
3.3. Unvereinbarkeit mit <strong>de</strong>r Art <strong>de</strong>s Mangels <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Art <strong>de</strong>r Sache. ................................................. 17<br />
3.4. Beweisrisiko <strong>de</strong>s Verkäufers. ........................................................................................................ 20<br />
3.5. Die Kaufuntersuchung <strong>und</strong> die Beweislastumkehr gemäß § 476 BGB. ......................................... 21<br />
3.6. Fazit: ............................................................................................................................................ 22<br />
4. Fehler be<strong>im</strong> Pfer<strong>de</strong>(ver-)kauf .............................................................................................................. 22<br />
4.1. Aus Sicht <strong>de</strong>s Käufers: Keine Nachfristsetzung ............................................................................ 22
4.2. Aus Sicht <strong>de</strong>s Verkäufers: Kein schriftlicher Vertrag <strong>und</strong> unwirksame Klauseln ........................... 24<br />
5. Vom Sinn eines Schutzvertrages ......................................................................................................... 24<br />
6. Verkäuferrechte be<strong>im</strong> Tierkauf ........................................................................................................... 25<br />
7. Zur Frage <strong>de</strong>r Unternehmereigenschaft eines Züchters ....................................................................... 26<br />
8. Vorurteile aus <strong>de</strong>m Tierrecht ............................................................................................................... 27<br />
9. Die Haftung <strong>de</strong>s Tierarztes ................................................................................................................. 29<br />
9.1. Die Aufklärung ............................................................................................................................ 29<br />
9.2. Behandlungsfehler ........................................................................................................................ 29<br />
9.3. Mangelbeseitigung ........................................................................................................................ 30<br />
9.4. Scha<strong>de</strong>nersatz ............................................................................................................................... 31<br />
9.5. Die Begrenzung <strong>de</strong>r Haftung........................................................................................................ 31<br />
10. Die Haftung <strong>de</strong>s Tierarztes bei <strong>de</strong>r An- bzw. Verkaufsuntersuchung ................................................. 32<br />
10.1. Können hier nun allgemeine Behandlungsbedingungen <strong>de</strong>m Tierarzt helfen? ............................. 35<br />
10.2. Anfor<strong>de</strong>rungen an eine fachgerechte tierärztliche Kaufuntersuchung ......................................... 37<br />
10.3. Zusammenfassung ..................................................................................................................... 38<br />
11. Die Haftung <strong>de</strong>s Tierhalters für Verletzungen <strong>de</strong>s behan<strong>de</strong>ln<strong>de</strong>n Tierarztes ...................................... 38<br />
12. Weitere Haftungsbeispiele r<strong>und</strong> ums Pferd ....................................................................................... 40<br />
12.1. Haftung für eigenes schuldhaftes Han<strong>de</strong>ln ................................................................................. 40<br />
12.2. Haftung ohne Verschul<strong>de</strong>n - Gefährdungshaftung für Tierhalter ................................................ 40<br />
12.3. Tierhüterhaftung ........................................................................................................................ 44<br />
12.4. Haftung für frem<strong>de</strong>s Verschul<strong>de</strong>n .............................................................................................. 44<br />
12.5. Haftungsausschluss .................................................................................................................... 45<br />
12.6. Beweislast ................................................................................................................................... 46<br />
13. Der Unfall mit Pfer<strong>de</strong>n: .................................................................................................................... 46<br />
13.1. Der Unfall zu Pfer<strong>de</strong>: ................................................................................................................. 46<br />
13.1.1. Tierhalterhaftung. ................................................................................................................ 46<br />
13.1.2. Mitverschul<strong>de</strong>n. ................................................................................................................... 47<br />
13.1.3. Versicherungsschutz. ........................................................................................................... 47<br />
13.1.4. Tierhalterhaftpflichtversicherung. ........................................................................................ 48
13.2. Der Unfall mit Pfer<strong>de</strong>: ................................................................................................................ 49<br />
14. Haftungsrisiken für Pfer<strong>de</strong>pensionsbetreiber – sie lauern überall ....................................................... 49<br />
15. Wenn die Zahlungsmoral schlecht wird… ......................................................................................... 52<br />
16. Die Hängerleihe: ............................................................................................................................... 53<br />
16.1. Problemstellung. ........................................................................................................................ 53<br />
16.2. Unentgeltliche Überlassung. ....................................................................................................... 54<br />
16.3. Entgeltliche Überlassung. ........................................................................................................... 54<br />
16.4. Die Folgen eines Unfalles mit <strong>de</strong>m frem<strong>de</strong>n Anhänger. .............................................................. 54<br />
16.5. Mitverschul<strong>de</strong>n. .......................................................................................................................... 55<br />
16.6. Rückgabe <strong>de</strong>s Hängers. ............................................................................................................... 56<br />
17. Was ist ein Pferd wert ? ..................................................................................................................... 56<br />
18. Was sollte man in einem Reitbeteiligungsvertrag regeln? ................................................................... 57<br />
19. Die Tierhaltung auf <strong>de</strong>m Lan<strong>de</strong> ......................................................................................................... 59<br />
20. Wenn <strong>de</strong>r Reiturlaub zum Horrortrip wird… .................................................................................... 59<br />
21. Was tun bei einem Verkehrsunfall? ................................................................................................... 60<br />
1. Sicherheit geht vor ...................................................................................................................... 61<br />
2. Umgang mit <strong>de</strong>r Polizei............................................................................................................... 61<br />
3. Feststellungen vor Ort ................................................................................................................ 61<br />
4. Abschleppen eines Unfallfahrzeuges ........................................................................................... 62<br />
5. Rechtsanwalt ............................................................................................................................... 62<br />
6. Sachverständiger ......................................................................................................................... 62<br />
7. Wertmin<strong>de</strong>rung ........................................................................................................................... 62<br />
8. Personenscha<strong>de</strong>n ........................................................................................................................ 62<br />
9. Nebenkosten .............................................................................................................................. 62
1. Kaufvertrag für Pfer<strong>de</strong><br />
Kaufverträge für Pfer<strong>de</strong> sind wie nahezu alle an<strong>de</strong>ren Kaufvertrage auch mündlich zulässig.<br />
Daher ist bei mündlichen Absprachen <strong>im</strong>mer Vorsicht geboten: es könnte ein wirksamer Vertrag<br />
zustan<strong>de</strong> kommen. Wesentlich besser <strong>und</strong> in <strong>de</strong>r Praxis <strong>im</strong>mer vorzuziehen ist natürlich ein<br />
schriftlicher Vertrag, in <strong>de</strong>m alle wichtigen Einzelheiten geregelt sind.<br />
Die Haftung <strong>de</strong>s Tierverkäufers – ob Händler o<strong>de</strong>r Privater – ist sehr varianten- <strong>und</strong><br />
umfangreich, die Rechte <strong>de</strong>s Käufers entsprechend vielgestaltig. Es ist daher in je<strong>de</strong>m Fall<br />
anzuraten, Kaufverträge nur noch schriftlich abzufassen. Da es nicht so einfach ist, einen<br />
wirksamen, sinnvollen Kaufvertrag zu verfassen, sollte unbedingt <strong>anwaltliche</strong>r Rat eingeholt<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
Der Käufer hat ein Interesse daran, best<strong>im</strong>mt Zusagen vom Verkäufer zu erhalten, bspw.<br />
best<strong>im</strong>mt positive Eigenschaften schriftlich zu fixieren, um bei <strong>de</strong>ren Nichtvorliegen, Ansprüche<br />
geltend machen zu können.<br />
Der Verkäufer wird hingegen Wert legen auf, möglichst seine Haftung zu begrenzen, o<strong>de</strong>r<br />
wenigstens die Rechte <strong>de</strong>s Käufers zu modifizieren. Der Verkäufer haftet zwei Jahre ab <strong>de</strong>m<br />
Zeitpunkt <strong>de</strong>r Übergabe, bei arglistigem Verschweigen sogar drei Jahre ab Kenntnis o<strong>de</strong>r<br />
fahrlässiger Unkenntnis <strong>de</strong>s Käufers vom Mangel, spätestens aber zehn Jahre ab Entstehung <strong>de</strong>s<br />
Anspruchs.<br />
Abweichen<strong>de</strong> Vereinbarungen sind außer für Vorsatz möglich, Einschränkungen gelten aber<br />
be<strong>im</strong> sogenannten Verbrauchsgüterkauf. Ein Privatmann als Verkäufer kann die Verjährung bis<br />
zum Ausschluss <strong>de</strong>r Verjährung verkürzen. Dagegen kann ein Unternehmer be<strong>im</strong> Verkauf <strong>de</strong>s<br />
„Verbrauchsgutes Tier“ die Verjährung max<strong>im</strong>al auf ein Jahr verkürzen, wenn die Sache<br />
gebraucht ist.<br />
Vorgedruckte Verträge – auch Muster aus Zeitschriften – gelten nach ständiger Rechtsprechung<br />
<strong>de</strong>s BGH <strong>im</strong>mer als AGB, auch wenn <strong>de</strong>r Verwen<strong>de</strong>r sich die Mühe gemacht hat, <strong>de</strong>n Vertrag<br />
abzuschreiben. Durch sie kann daher die Haftung auch unter Privaten nicht vollständig<br />
ausgeschlossen wer<strong>de</strong>n. Dies geht nur durch einen individuellen Vertrag.<br />
Daraus folgt, dass ein Unternehmer sehr schnell in <strong>de</strong>n Bereich <strong>de</strong>s Verbrauchsgüterkaufes <strong>und</strong><br />
je<strong>de</strong>r Verkäufer schnell in <strong>de</strong>n Geltungsbereich <strong>de</strong>r AGB-Problematik gelangt <strong>und</strong> <strong>de</strong>shalb<br />
vertragliche Vereinbarungen über die Verkürzung <strong>de</strong>r Käuferrechte risikoreich sind.<br />
Der Unternehmer kann allerdings eventuelle Ansprüche auf Scha<strong>de</strong>nsersatz - nicht auf Rücktritt<br />
o<strong>de</strong>r Min<strong>de</strong>rung - wirksam ausschließen, sofern er sich nicht vorformulierter Verträge bedient.<br />
Nachteilige Abweichungen o<strong>de</strong>r Umgehung <strong>de</strong>r Gewährleistungsregeln sind <strong>im</strong><br />
Verbrauchsgüterkaufrecht gr<strong>und</strong>sätzlich unwirksam. Lediglich Scha<strong>de</strong>nsersatzansprüche sind<br />
ausschließbar <strong>und</strong> die Verjährung ist reduzierbar auf ein bzw. zwei Jahre, je nach<strong>de</strong>m ob<br />
Kaufsache „gebraucht“ o<strong>de</strong>r „neu“ ist.<br />
Der gewerbliche Verkäufer muss alle Mängel <strong>und</strong> Eigenarten <strong>de</strong>s Tieres dokumentieren,<br />
Zurückhaltung bei Beschreibungen <strong>und</strong> Werbeaussagen üben <strong>und</strong> Erwartungen <strong>de</strong>s Käufers<br />
beachten da sie <strong>de</strong>n vertraglich vorausgesetzten Zweck best<strong>im</strong>men. An<strong>de</strong>re sichere Möglichkeiten<br />
<strong>de</strong>r Haftungsbegrenzung stehen <strong>de</strong>m gewerblichen Verkäufer nicht zur Verfügung.<br />
Eine sorgfältige Ankaufs- o<strong>de</strong>r Verkaufsuntersuchung nebst vollständiger Dokumentation <strong>im</strong><br />
Attest sollte selbstverständlich sein.
Wenn <strong>de</strong>r Verkäufer seinerseits nicht bereit ist, eine ordnungsgemäße Verkaufsuntersuchung<br />
zeitnah zum Verkauf <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Ablieferung <strong>de</strong>s Tieres durchführen <strong>und</strong> entsprechend<br />
dokumentieren zu lassen, stellt sich für <strong>de</strong>n Käufer zwangsläufig die Frage nach <strong>de</strong>r eigenen<br />
Ankaufsuntersuchung. Um allerdings eine mögliche langwierige Auseinan<strong>de</strong>rsetzung über das<br />
Vorliegen bzw. Nichtvorliegen medizinischer Mängel <strong>de</strong>s Tieres zu vermei<strong>de</strong>n, sollte aus Sicht<br />
<strong>de</strong>s Käufers <strong>im</strong> Kaufvertrag schriftlich ausdrücklich geregelt sein, dass <strong>de</strong>r Käufer alsbald durch<br />
seinen eigenen Tierarzt das Tier auf mögliche ges<strong>und</strong>heitliche Mängel überprüfen lassen wird.<br />
Gleichzeitig sollte schriftlich klargestellt wer<strong>de</strong>n, dass <strong>de</strong>r Kaufvertrag erst in <strong>de</strong>m Moment<br />
rechtswirksam wird, wenn <strong>de</strong>r Käufer nach Vorliegen <strong>de</strong>s Untersuchungsberichtes <strong>de</strong>n<br />
Kaufvertrag gegenüber <strong>de</strong>m Verkäufer ausdrücklich gebilligt hat. Im Falle einer berechtigten<br />
Versagung <strong>de</strong>r Billigung <strong>de</strong>s Kaufvertrages wäre <strong>de</strong>s weiteren vorzusehen, dass <strong>de</strong>r Verkäufer die<br />
Kosten <strong>de</strong>r Ankaufsuntersuchung einschließlich <strong>de</strong>r angefallenen Transport- <strong>und</strong><br />
Unterbringungskosten inklusive <strong>de</strong>s von ihm durchzuführen<strong>de</strong>n Rücktransports zu tragen hat.<br />
Die Lebendtierversicherung für Tiere geht mit <strong>de</strong>ren Verkauf automatisch auf <strong>de</strong>n Käufer über.<br />
Das regelt das neue Versicherungsvertragsgesetz in § 95 <strong>und</strong> schließt damit eine Lücke <strong>im</strong><br />
Versicherungsschutz: Verunglückt nämlich beispielsweise das Tier auf <strong>de</strong>m Weg zu seinem neuen<br />
Eigentümer, kommt die Versicherung für <strong>de</strong>n Wert auf. Früher blieb <strong>de</strong>r Käufer auf <strong>de</strong>m Verlust<br />
sitzen, <strong>de</strong>nn <strong>de</strong>r Versicherungsschutz war mit <strong>de</strong>m Verkauf erloschen <strong>und</strong> meist hatte <strong>de</strong>r Käufer<br />
das Tier noch nicht selbst versichert. Aber Achtung: Nach <strong>de</strong>m Verkauf dürfen nur noch <strong>de</strong>r<br />
Käufer o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Versicherer <strong>de</strong>n Vertrag kündigen, <strong>de</strong>r Verkäufer ist insoweit nicht mehr<br />
Vertragspartei. Trotz<strong>de</strong>m haften Verkäufer <strong>und</strong> Käufer gesamtschuldnerisch für die<br />
Beitragszahlung <strong>de</strong>s laufen<strong>de</strong>n Versicherungsjahres. Das be<strong>de</strong>utet, dass <strong>de</strong>r Versicherer<br />
ausstehen<strong>de</strong> Beiträge auch be<strong>im</strong> Verkäufer einfor<strong>de</strong>rn könnte. Daher ist <strong>de</strong>m Verkäufer zu raten,<br />
<strong>de</strong>n Käufer über eine bestehen<strong>de</strong> Versicherung zu informieren, <strong>im</strong> Kaufvertrag die Bezahlung<br />
<strong>de</strong>s Beitrages <strong>de</strong>r laufen<strong>de</strong>n Versicherungsperio<strong>de</strong> zu regeln, <strong>und</strong> <strong>de</strong>n Verkauf, Name <strong>und</strong><br />
Adresse <strong>de</strong>s Käufers zeitnah <strong>de</strong>m Versicherer mitzuteilen.<br />
Alles, was vertraglich fixiert ist kann später <strong>im</strong> Prozess <strong>de</strong>n Ausgang beeinflussen. Da Zeugen oft<br />
unsicher in ihrer Wahrnehmung <strong>und</strong> Sachverständigengutachten <strong>im</strong>mer kostspielig sind gilt es<br />
alles zu unternehmen, um diese zwei nachteiligen Beweismittel überflüssig zu machen, wohl<br />
wissend das dies fast nie gelingen kann.<br />
2. Überblick über das Recht <strong>de</strong>s Pfer<strong>de</strong>kaufs<br />
Durch das Schuldrechtsmo<strong>de</strong>rnisierungsgesetz sind die <strong>im</strong> BGB enthaltenen gesetzlichen<br />
Son<strong>de</strong>rregelungen <strong>de</strong>s Viehgewährschaftsrechtes („Regeln über <strong>de</strong>n Viehkauf“, §§ 481 – 493<br />
BGB) einschließlich <strong>de</strong>r „Kaiserliche Verordnung betreffend die Hauptmängel <strong>und</strong><br />
Gewährsfristen be<strong>im</strong> Viehhan<strong>de</strong>l vom 27.3.1899“, in <strong>de</strong>r die Viehmängel <strong>im</strong> Einzelnen aufgelistet<br />
waren, ersatzlos gestrichen wor<strong>de</strong>n. Damit ist die Unterscheidung <strong>de</strong>r Hauptmängel (die<br />
sogenannte „Gewährsmängel“ Rotz, Dummkoller, Dämpfigkeit, Kehlkopfpfeifen, periodische<br />
Augenentzündung <strong>und</strong> Koppen) von <strong>de</strong>n sogenannten Neben- o<strong>de</strong>r Vertragsmängeln (zum<br />
Beispiel Spat, Rehe, Hufrollenentzündung) entfallen. Der Gesetzgeber setzt dadurch<br />
europarechtliche Vorgaben um.<br />
Das Nachstehen<strong>de</strong> gilt daher sinngemäß für je<strong>de</strong>n Kaufvertrag, insbeson<strong>de</strong>re natürlich für einen<br />
Tierkauf.<br />
Das bis zum 31.12.2001 gelten<strong>de</strong> Viehkaufrecht bleibt aber weiterhin auf Verträge anwendbar,<br />
die bis zu diesem Zeitpunkt abgeschlossen wor<strong>de</strong>n sind. Im Weiteren wird <strong>de</strong>r Einfachheit halber<br />
vom alten Recht gesprochen, wenn es um die bis zum 31.12.2001 gültigen Vorschriften geht bzw.
vom neuen Recht, wenn die ab <strong>de</strong>m 1.1. 2002 gültigen Paragraphen gemeint sind. Auch ist es<br />
möglich in Verträgen weiterhin auf die alten Unterscheidungen <strong>und</strong> Regeln Bezug zu nehmen<br />
<strong>und</strong> so die alten Haftungsmaßstäbe in neuen Verträgen zu verwen<strong>de</strong>n – sofern neues recht <strong>de</strong>m<br />
nicht entgegensteht, weil z.B. eine Umgehung von neuen Verbraucherschutzregeln vorliegt.<br />
Vorab sei noch festgehalten, dass nach § 90a BGB die Sachkaufnormen <strong>de</strong>r §§ 433 ff BGB auf<br />
Tiere entsprechend anwendbar sind, auch wenn es so manche Tierliebhaber schmerzt, seine<br />
Lieblinge als „Sachen“ bezeichnet zu sehen.<br />
2.1. Der Sachmangel.<br />
Nach <strong>de</strong>m neuen Recht ist das gekaufte Pferd frei von Sachmängeln zu liefern (§ 433 Abs. 1 Satz<br />
2 BGB). Mangelfrei ist das Pferd, wenn es bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit<br />
hat, o<strong>de</strong>r wenn es sich für die nach <strong>de</strong>m Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet. Vereinbaren<br />
die Parteien <strong>im</strong> Kaufvertrag zum Beispiel das Pferd ist „verla<strong>de</strong>fromm“ o<strong>de</strong>r „L-Dressur<br />
ausgebil<strong>de</strong>t“, dann sind darin Beschaffenheits- bzw. Verwendungsvereinbarungen zu sehen, die,<br />
wenn sie nicht gegeben sind, allein schon das Pferd mangelhaft machen. Nicht geschul<strong>de</strong>t ist aber<br />
nach einem Urteil <strong>de</strong>s LG Sta<strong>de</strong> vom 24.05.2006 - 2 O 212/04 - dass das Pferd idiotensicher<br />
je<strong>de</strong>n Parcours springt.<br />
Falls keine Vereinbarungen über die Beschaffenheit o<strong>de</strong>r die beabsichtigte Verwendung <strong>de</strong>s<br />
Pfer<strong>de</strong>s getroffen wor<strong>de</strong>n sind, ist die „gewöhnliche Verwendung“ bzw. die „Beschaffenheit bei<br />
Sachen <strong>de</strong>r gleichen Art“ maßgeblich. Wer ein Pferd ohne weitere Vereinbarungen als Reitpferd<br />
verkauft, haftet also zumin<strong>de</strong>st dafür, dass das Pferd irgendwie zu reiten ist.<br />
Steht in <strong>de</strong>m Vertrag allerdings etwas wie „Ges<strong>und</strong>heitszustand laut Vorbesitzer“ o<strong>de</strong>r sonstige<br />
Angaben, die sich auf ungeprüfte Angaben Dritter – <strong>im</strong> Gegensatz zu Tierarztberichten –<br />
beziehen, so ist dies rechtlich unerheblich, soweit die Angaben zutreffend wie<strong>de</strong>rgegeben<br />
wur<strong>de</strong>n. Eine Beschreibung <strong>de</strong>s Kaufgegenstan<strong>de</strong>s liegt hieran regelmäßig nicht (BGH, Urteil<br />
vom 12.03.2008, AZ.: VIII ZR 253/05).<br />
Für <strong>de</strong>n Käufer gefährlich ist hingegen, <strong>de</strong>r Kauf eines „Beistellpfer<strong>de</strong>s“. Ein Beistellpferd muss<br />
lediglich die Aufgaben eines Gesellschafters erfüllen. Diese Funktion können auch an<strong>de</strong>re Tiere,<br />
wie Schafe o<strong>de</strong>r Ziegen erfüllen. Es könnte also passieren, dass ein solches Schaf als Beistellpferd<br />
verkauft wird.<br />
Da die Anfor<strong>de</strong>rungen an ein Beistellpferd so gering sind, ist als Käufer darauf zu achten, dass<br />
nur dann ein Beistellpferd gekauft wird, wenn dies auch <strong>de</strong>r einzige <strong>und</strong> wahre Zweck <strong>de</strong>s Tieres<br />
sein soll. Denn sonst besteht die Gefahr, dass <strong>de</strong>r Verkäufer seine Haftung auf diese Weise<br />
begrenzen will.<br />
Pfer<strong>de</strong>händler verkaufen in aller Regel keine „echten“ Beistellpfer<strong>de</strong>. Solche verkauft <strong>de</strong>r Händler<br />
eher an Metzgereien. Beistellpfer<strong>de</strong> wer<strong>de</strong>n fast ausschließlich von <strong>de</strong>ren ehemaligen Besitzern als<br />
„Gna<strong>de</strong>nbrot“, ggf. mit Schutzvertrag verkauft.<br />
Der Verkäufer muss künftig auch seine Werbung sehr viel stärker als bisher unter<br />
haftungsrechtlichen Aspekten betrachten. Dabei ist die Abgrenzung zu allgemeinen<br />
Anpreisungen fließend.<br />
Zur Beschaffenheit <strong>de</strong>s Pfer<strong>de</strong>s gehören auch Eigenschaften, die <strong>de</strong>r Käufer nach <strong>de</strong>n<br />
öffentlichen Äußerungen <strong>de</strong>s Verkäufers o<strong>de</strong>r seines Gehilfen insbeson<strong>de</strong>re in <strong>de</strong>r Werbung<br />
erwarten kann. Wer also ein erfolgreiches S-Dressurpferd in Zeitschriften o<strong>de</strong>r Internetseiten
annonciert, <strong>de</strong>r muss nachweisen können, dass das Pferd zumin<strong>de</strong>st eine Platzierung in einer<br />
Dressurprüfung <strong>de</strong>r Klasse S aufzuweisen hat.<br />
Zu berücksichtigen ist weiterhin, dass die Erheblichkeitsgrenze für die Berücksichtigung eines<br />
Mangels entfallen ist. Nach <strong>de</strong>m alten Recht sind sämtliche Ansprüche bei einer lediglich<br />
unerheblichen Min<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Wertes o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Gebrauchstauglichkeit ausgeschlossen. Nach <strong>de</strong>m<br />
neuen Recht dagegen hat <strong>de</strong>r Käufer auch bei geringfügigen Mängeln Ansprüche gegen <strong>de</strong>n<br />
Verkäufer. Das Schutzinteresse <strong>de</strong>s Verkäufers wird dadurch gewahrt, dass <strong>de</strong>r Käufer bei<br />
geringfügigen Mängeln nicht vom Kaufvertrag zurücktreten, son<strong>de</strong>rn lediglich min<strong>de</strong>rn kann.<br />
Ein Sachmangel ist dann gegeben, wenn eine <strong>de</strong>r Partei ihre Verpflichtung aus § 433 I S.2 BGB<br />
nicht vertragsgemäß erfüllt.<br />
Das neue Recht hat eine Verzahnung <strong>de</strong>r Kauf-Gewährleistungsansprüche (Nacherfüllung,<br />
Min<strong>de</strong>rung o<strong>de</strong>r Rückabwicklung) mit eventuellen zusätzlichen Scha<strong>de</strong>nsersatzansprüchen<br />
geschaffen.<br />
Die Freiheit von Sachmängeln beurteilt sich nach § 434 BGB :<br />
Bei Vorliegen einer ausdrücklichen o<strong>de</strong>r konklu<strong>de</strong>nten Beschaffenheitsvereinbarung (keiner<br />
bloßen „Anpreisung“) über Zustand <strong>und</strong> konkrete Eigenschaften <strong>de</strong>r Kaufsache kommt es auf<br />
die Eignung zum vertraglich vorausgesetzten Verwendungszweck, bei Fehlen einer<br />
Beschaffenheitsvereinbarung auf die Eignung für <strong>de</strong>n gewöhnlichen (allgemein üblichen)<br />
Verwendungszweck an.<br />
Öffentliche Werbeaussagen <strong>de</strong>s Verkäufers, <strong>de</strong>s Züchters o<strong>de</strong>r von Dritten erweitern die<br />
Sollbeschaffenheit <strong>de</strong>r Eignung zur gewöhnlichen Verwendung um solche, die an sich nicht zu<br />
einer <strong>de</strong>rartigen Beschaffenheit gehören, wenn <strong>de</strong>r Verkäufer diese Aussagen kannte o<strong>de</strong>r kennen<br />
musste.<br />
2.2. Der Rechtsmangel.<br />
Der – bei Pfer<strong>de</strong>n recht seltene – Rechtsmangel ist <strong>de</strong>m Sachmangel gleichgestellt.<br />
Ein Rechtsmangel ist gegeben, wenn Dritte in Bezug auf die Sache Rechte gegen <strong>de</strong>n Käufer<br />
geltend machen können, sofern <strong>de</strong>r Käufer diese Rechte nicht <strong>im</strong> Kaufvertrag übernommen hat.<br />
In Deutschland gibt es nach Schätzungen etwa 1, 3 Millionen Pfer<strong>de</strong>. Davon ist nur ein Bruchteil<br />
mit <strong>de</strong>r sogenannten „Eigentumsurk<strong>und</strong>e“ ausgestattet, die von <strong>de</strong>n meisten <strong>de</strong>utschen<br />
Zuchtverbän<strong>de</strong>n zusammen mit <strong>de</strong>m Pfer<strong>de</strong>pass, <strong>de</strong>r Zuchtbescheinigung, herausgegeben wird.<br />
Es sind die verschie<strong>de</strong>nen „Pfer<strong>de</strong>papiere“ zu unterschei<strong>de</strong>n. Der Equi<strong>de</strong>npass, die<br />
Zuchtbescheinigung/Pfer<strong>de</strong>pass <strong>und</strong> die Eigentumsurk<strong>und</strong>e. Nur Letzteres weist – zumin<strong>de</strong>st<br />
<strong>de</strong>m Namen nach – <strong>de</strong>n Eigentümer eines Pfer<strong>de</strong>s aus. Die ersten bei<strong>de</strong>n dienen nur <strong>de</strong>r<br />
I<strong>de</strong>ntifikation <strong>de</strong>s Pfer<strong>de</strong>s <strong>und</strong> tierschutz- <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>heitsrechtlichen Zielen. Die<br />
Eigentumsurk<strong>und</strong>e – auch als körperlicher Bestandteil <strong>de</strong>r Zuchtbescheinigung – ist aber<br />
rechtlich nicht als Eigentumsnachweis, vergleichbar <strong>de</strong>m Kfz-Brief, anerkannt. Somit ist die<br />
Übergabe <strong>de</strong>r Eigentumsurk<strong>und</strong>e nicht notwendig für die Übereignung <strong>de</strong>s Pfer<strong>de</strong>s. Inwieweit<br />
die Eigentumsurk<strong>und</strong>e einen gutgläubigen Erwerb vom Nichtberechtigten ermöglichen o<strong>de</strong>r (bei<br />
Nichtvorhan<strong>de</strong>nsein) erschweren kann, ist aber noch nicht entschie<strong>de</strong>n.<br />
Man kann also nach wie vor „gutgläubig“ das Eigentum an einem Pferd von einem Verkäufer<br />
erwerben, auch wenn dieser zu <strong>de</strong>m Pferd keine Eigentumsurk<strong>und</strong>e vorlegen kann. Die Situation<br />
wird sich erst än<strong>de</strong>rn, wenn alle Pfer<strong>de</strong> mit einer Eigentumsurk<strong>und</strong>e ausgestattet sind <strong>und</strong> <strong>de</strong>r
Verkehr <strong>de</strong>r Urk<strong>und</strong>e ähnliche Beweiskraft zuschreibt wie zum Beispiel <strong>de</strong>m Kfz.-Brief. Dies ist<br />
das erklärte Ziel <strong>de</strong>r Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) bei <strong>de</strong>r Einführung <strong>de</strong>r<br />
Eigentumsurk<strong>und</strong>e für das Pferd.<br />
Die Zuchtverbän<strong>de</strong> raten schon heute zur Vorsicht, wenn ein Pferd mit Brandzeichen aber ohne<br />
Eigentumsurk<strong>und</strong>e gekauft wer<strong>de</strong>n soll, insbeson<strong>de</strong>re wenn das Pferd in <strong>de</strong>n letzten zwei o<strong>de</strong>r<br />
drei Jahren geboren wur<strong>de</strong>.<br />
2.3. Folgen von Mängeln <strong>de</strong>r Kaufsache.<br />
Sach- <strong>und</strong> Rechtsmangel müssen bei Gefahrübergang, also mit <strong>de</strong>r Übergabe <strong>de</strong>s Pfer<strong>de</strong>s o<strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>r Versendung auf Verlangen <strong>de</strong>s Käufers, vorliegen.<br />
Treten Mängel vor <strong>de</strong>m Gefahrübergang auf, richtet sich alles Weitere nach § 311a BGB. Der<br />
Verkäufer haftet dann nur auf Scha<strong>de</strong>ns- o<strong>de</strong>r Aufwendungsersatz, wenn er ohne Verschul<strong>de</strong>n<br />
nichts von <strong>de</strong>m Mangel wusste.<br />
Wird wegen eines Mangels, <strong>de</strong>r erst nach <strong>de</strong>m Gefahrübergang auftritt, gestritten, sind die §§ 434<br />
ff BGB, insb. § 437 BGB einschlägig:<br />
„Ist die Sache mangelhaft, kann <strong>de</strong>r Käufer, wenn die Voraussetzungen <strong>de</strong>r folgen<strong>de</strong>n<br />
Vorschriften vorliegen <strong>und</strong> soweit nicht ein an<strong>de</strong>res best<strong>im</strong>mt ist,<br />
1. nach § 439 Nacherfüllung verlangen,<br />
2. nach <strong>de</strong>n §§ 440, 323 <strong>und</strong> 326 Abs. 5 von <strong>de</strong>m Vertrag zurücktreten o<strong>de</strong>r nach § 441 <strong>de</strong>n<br />
Kaufpreis min<strong>de</strong>rn <strong>und</strong><br />
3. nach <strong>de</strong>n §§ 440, 280, 281, 283 <strong>und</strong> 311a Scha<strong>de</strong>nsersatz o<strong>de</strong>r nach § 284 Ersatz vergeblicher<br />
Aufwendungen verlangen.“<br />
Dies be<strong>de</strong>utet, dass <strong>de</strong>r Käufer in <strong>de</strong>r Regel zuerst <strong>de</strong>m Verkäufer die Chance geben muss <strong>de</strong>n<br />
Mangel zu beheben. Ansonsten verliert er alle Ansprüche gegen <strong>de</strong>n Verkäufer.<br />
Hierdurch wird das Pr<strong>im</strong>at <strong>de</strong>r Vertragserfüllung eingeführt, die Durchführung <strong>de</strong>s Vertrags ist<br />
vorrangiges Ziel <strong>de</strong>s Gesetzes. Dies wird erreicht durch ein Stufenverhältnis für die<br />
Geltendmachung <strong>de</strong>r Rechte aus § 437 BGB.<br />
2.3.1. Erste Stufe ist <strong>im</strong>mer die Nacherfüllung.<br />
Die erste Stufe ist die Nacherfüllung. Dies geschieht in Form <strong>de</strong>r Mangelbeseitigung o<strong>de</strong>r<br />
Ersatzlieferung gem. §§ 437 Nr. 1, 439 Abs. 1 BGB, wobei <strong>de</strong>r Käufer wählen kann, welche<br />
Möglichkeit für ihn günstiger ist.<br />
Der Verkäufer kann die Art <strong>de</strong>r Nacherfüllung nur ablehnen, falls sie für ihn unzumutbar ist,<br />
schließlich trägt <strong>de</strong>r Verkäufer die Kosten <strong>de</strong>r Nacherfüllung.<br />
Als Nacherfüllung kann <strong>de</strong>r Käufer entwe<strong>de</strong>r die Beseitigung <strong>de</strong>s Mangels o<strong>de</strong>r die Lieferung<br />
eines mangelfreien Ersatzpfer<strong>de</strong>s verlangen. Die For<strong>de</strong>rung, ein Ersatzpferd zu liefern, ist be<strong>im</strong><br />
Pfer<strong>de</strong>kauf nur selten eine Option, da Pfer<strong>de</strong> in aller Regel nicht allein nach rein objektiven<br />
Kriterien wie Farbe, Größe, Alter o<strong>de</strong>r Geschlecht gekauft wer<strong>de</strong>n. An<strong>de</strong>rerseits kann es auch <strong>im</strong><br />
Interesse <strong>de</strong>s Käufers sein, <strong>de</strong>m Verkäufer die Möglichkeit <strong>de</strong>r Mangelbehebung einzuräumen,<br />
wenn ein behebbarer Ausbildungsmangel vorliegt, sofern <strong>de</strong>r Käufer <strong>de</strong>m Verkäufer insoweit<br />
zutraut, <strong>de</strong>n Mangel zu beheben. Den gesamten Aufwand <strong>im</strong> Rahmen <strong>de</strong>r Nacherfüllung, wie<br />
zum Beispiel Transport <strong>de</strong>s Pfer<strong>de</strong>s in eine Tierklinik, Tierarztkosten <strong>und</strong> die Unterhaltung <strong>de</strong>s<br />
Pfer<strong>de</strong>s während <strong>de</strong>r Dauer <strong>de</strong>r Nachbesserung hat <strong>de</strong>r Verkäufer zu tragen. Bei chronischen
Krankheiten dürfte eine Mängelbeseitigung allerdings nicht möglich sein, diese sind meist nicht<br />
zu heilen, eine existieren<strong>de</strong> <strong>de</strong>generative Verän<strong>de</strong>rung kann in vielen Fällen nicht beseitigt<br />
wer<strong>de</strong>n. Eine teilweise Heilung ist keine ausreichen<strong>de</strong> Mangelbeseitigung, auch wenn die<br />
Restprobleme sich in regelmäßigen Nachsorgeuntersuchungen erschöpfen.<br />
Mittlerweile hat <strong>de</strong>r BGH klargestellt, dass in Notfällen eine Nachfristsetzung entbehrlich ist<br />
(BGH Urteil vom 22.06.2005, VIII ZR 1/05), auch wenn generell das Erfor<strong>de</strong>rnis <strong>de</strong>r<br />
Nachfristsetzung auch bei Tieren gültig bleibt (BGH Urteil vom 07.12.2005, VIII ZR 126/05).<br />
2.3.2. Rücktritt, Min<strong>de</strong>rung <strong>und</strong> Scha<strong>de</strong>nsersatz.<br />
Die zweite Stufe kann dann Rücktritt o<strong>de</strong>r Min<strong>de</strong>rung sein. Zusätzlich o<strong>de</strong>r daneben ist auch ein<br />
Scha<strong>de</strong>nsersatzanspruch, insbeson<strong>de</strong>re hinsichtlich <strong>de</strong>s Mangelscha<strong>de</strong>ns wie zum Beispiel <strong>de</strong>s<br />
entgangenen Gewinns <strong>de</strong>nkbar.<br />
Hier ist zu beachten, dass das Wahlrecht zwischen Rücktritt o<strong>de</strong>r Min<strong>de</strong>rung nur einmal ausgeübt<br />
wer<strong>de</strong>n kann. Eine nachträgliche Än<strong>de</strong>rung ist nicht mehr möglich.<br />
Im Fall <strong>de</strong>s Rücktrittes ist das Pferd Zug um Zug gegen Erstattung <strong>de</strong>s Kaufpreises<br />
zurückzugeben. Im Fall <strong>de</strong>r Min<strong>de</strong>rung ist <strong>de</strong>r Min<strong>de</strong>rwert <strong>de</strong>s Tieres zurückzuerstatten. Als<br />
Min<strong>de</strong>rwert wird die Differenz zwischen <strong>de</strong>m Pferd ohne <strong>de</strong>n Mangel <strong>und</strong> <strong>de</strong>m Pferd mit <strong>de</strong>m<br />
Mangel angesehen. Im Streitfall muss ein gerichtlich bestellter Sachverständiger die<br />
Wertfeststellung treffen.<br />
Die Rücktrittsvoraussetzungen <strong>im</strong> Einzelnen:<br />
- Kein vollkommen unerheblicher Mangel<br />
- angemessene Frist zur Nacherfüllung<br />
- zwei fehlgeschlagene Nacherfüllungsversuche<br />
- Unmöglichkeit <strong>de</strong>r Nacherfüllung<br />
- ernsthafte, endgültig Verweigerung <strong>de</strong>s Verkäufers, o<strong>de</strong>r<br />
- beson<strong>de</strong>re Umstän<strong>de</strong>, insb. Unzumutbarkeit o<strong>de</strong>r Interessenwegfall auf Gr<strong>und</strong> Verzugs<br />
Für die Min<strong>de</strong>rung gelten die gleichen Voraussetzungen wie für <strong>de</strong>n Rücktritt.<br />
Gegebenenfalls besteht ein Rückzahlungsanspruch <strong>de</strong>s bereits gezahlten Kaufpreises.<br />
Bei einer Min<strong>de</strong>rung auf Null muss <strong>de</strong>r Käufer die Kaufsache allerdings zurückgeben.<br />
Als Scha<strong>de</strong>nsersatzvoraussetzungen sind zu nennen:<br />
- angemessene Frist zur Nacherfüllung o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>ren Entbehrlichkeit<br />
- Verschul<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Verkäufers (Vorsatz o<strong>de</strong>r Fahrlässigkeit)<br />
Bei Unmöglichkeit <strong>de</strong>r Leistung <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Nacherfüllung bleibt nur Scha<strong>de</strong>nsersatz, nun allerdings<br />
ohne Fristsetzung.<br />
Dem Käufer steht oftmals kein Scha<strong>de</strong>nersatzanspruch zu, ohne eine angemessene Frist zur<br />
Nacherfüllung best<strong>im</strong>mt zu haben. Nach <strong>de</strong>r Konzeption <strong>de</strong>s neuen Schuldrechts ist die<br />
Nachlieferung bei einem Stückkauf nicht schlechthin unmöglich. Die Nacherfüllung ist möglich,<br />
soweit es sich um vertretbare Sachen han<strong>de</strong>lt <strong>und</strong> die nachgelieferte Sache wirtschaftlich <strong>de</strong>r<br />
ursprünglich geschul<strong>de</strong>ten entspricht o<strong>de</strong>r soweit die gelieferte Sache selbst verbessert wird. Bei<br />
<strong>de</strong>m Kauf eines Pfer<strong>de</strong>s liegt ein solcher Fall in <strong>de</strong>r Regel nur dann vor, wenn das gekaufte Pferd<br />
„nachgebessert“ wird. Das Leistungsinteresse <strong>de</strong>s Käufers kann nicht durch Nachlieferung eines<br />
gleichartigen, die gleichen wesentlichen Merkmale aufweisen<strong>de</strong>n Pfer<strong>de</strong>s erfüllt wer<strong>de</strong>n, da sich<br />
zwei Pfer<strong>de</strong> niemals so sehr gleichen können <strong>und</strong> es bei <strong>de</strong>r Kaufentscheidung auch <strong>im</strong>mer auf
die Abst<strong>im</strong>mung zwischen Reiter <strong>und</strong> Pferd aus Sicht <strong>de</strong>s Reiters ankommt. Dies kann we<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r<br />
Verkäufer noch ein Gericht anstelle <strong>de</strong>s Reiters entschei<strong>de</strong>n.<br />
Wird Scha<strong>de</strong>nsersatz verlangt gibt es mehrere Möglichkeiten.<br />
Zunächst ist <strong>de</strong>r sogenannte „kleine Scha<strong>de</strong>nsersatz“, bei <strong>de</strong>m das Pferd be<strong>im</strong> Käufer bleibt <strong>und</strong><br />
er Ersatz <strong>de</strong>s darüber hinausgehen<strong>de</strong>n Scha<strong>de</strong>ns erhält, möglich.<br />
Alternativ kann aber auch <strong>de</strong>r sogenannte „große Scha<strong>de</strong>nsersatz“ geltend gemacht wer<strong>de</strong>n. Hier<br />
verzichtet <strong>de</strong>r Käufer auf die Leistung, statt <strong>de</strong>r Leistung bekommt er umfassen<strong>de</strong>n<br />
Scha<strong>de</strong>nsersatz, dies jedoch nur bei einem erheblichem Mangel.<br />
Wenn das Pferd etwa an einer anstecken<strong>de</strong>n Erkrankung lei<strong>de</strong>t <strong>und</strong> <strong>im</strong> Stall <strong>de</strong>s Käufers an<strong>de</strong>re<br />
Pfer<strong>de</strong> angesteckt hat, wird auch <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r Ansteckung weiterer Pfer<strong>de</strong> liegen<strong>de</strong> sogenannte<br />
Mangelfolgescha<strong>de</strong>n durch <strong>de</strong>n Scha<strong>de</strong>nsersatzanspruch abge<strong>de</strong>ckt. Der Ersatz <strong>de</strong>s<br />
Mangelfolgescha<strong>de</strong>ns ist unabhängig vom eventuellem Gelingen <strong>de</strong>r Nacherfüllung.<br />
Der Verzugsscha<strong>de</strong>n bei Verzug mit <strong>de</strong>r Nacherfüllung kann ebenfalls als<br />
Scha<strong>de</strong>nsersatzanspruch geltend gemacht wer<strong>de</strong>n – auch wenn er auch ohne Mangel eingetreten<br />
wäre.<br />
2.3.3. Vergebliche Aufwendungen.<br />
Anstelle <strong>de</strong>s Scha<strong>de</strong>nsersatzes kann <strong>de</strong>r Käufer auch <strong>de</strong>n Ersatz <strong>de</strong>r vergeblichen Aufwendungen<br />
verlangen, die er <strong>im</strong> Vertrauen auf <strong>de</strong>n Erhalt <strong>de</strong>r Leistung gemacht hat <strong>und</strong> billigerweise machen<br />
durfte. Wer also zum Beispiel ein kopfscheues Pferd in Kenntnis <strong>de</strong>s Vorliegens dieses Mangels<br />
erwirbt <strong>und</strong> ihn anschließend aufwendig die Scheu n<strong>im</strong>mt, <strong>de</strong>r kann, falls er aus irgen<strong>de</strong>inem<br />
an<strong>de</strong>ren Gr<strong>und</strong> berechtigt ist, von <strong>de</strong>m Vertrag zurückzutreten, neben <strong>de</strong>r Erstattung <strong>de</strong>s<br />
Kaufpreises auch die Erstattung <strong>de</strong>r Behandlungskosten verlangen.<br />
2.3.4. Vertretenmüssen.<br />
Voraussetzung für <strong>de</strong>n Anspruch auf Scha<strong>de</strong>nsersatz bzw. Ersatz vergeblicher Aufwendungen ist<br />
jeweils, dass <strong>de</strong>r Verkäufer die Pflichtverletzung, die zu Rücktritt o<strong>de</strong>r Min<strong>de</strong>rung berechtigt, zu<br />
vertreten hat, dass also <strong>de</strong>r Verkäufer die Mangelhaftigkeit <strong>de</strong>s Pfer<strong>de</strong>s zumin<strong>de</strong>st fahrlässig<br />
verursacht haben muss. Das ist dann nicht <strong>de</strong>r Fall, wenn <strong>de</strong>r Verkäufer von <strong>de</strong>n Mängeln keine<br />
Kenntnis hatte. Ein Verkäufer, <strong>de</strong>r ein Pferd in gutem Glauben als ges<strong>und</strong> verkauft hat, haftet<br />
<strong>de</strong>m Käufer zwar be<strong>im</strong> Vorliegen einer Erkrankung <strong>und</strong> muss unter Umstän<strong>de</strong>n einen<br />
Min<strong>de</strong>rungsanspruch gegen sich gelten lassen, er haftet allerdings nicht auf Scha<strong>de</strong>nsersatz o<strong>de</strong>r<br />
Ersatz vergeblicher Aufwendungen <strong>de</strong>s Käufers, da er die Erkrankung <strong>de</strong>s Pfer<strong>de</strong>s nicht<br />
schuldhaft verschwiegen hat. An<strong>de</strong>res gilt jedoch dann, wenn das Pferd mangels regelmäßiger<br />
Entwurmung total verwurmt ist <strong>und</strong> dadurch be<strong>im</strong> Käufer die Koppeln <strong>und</strong> an<strong>de</strong>re Pfer<strong>de</strong><br />
befallen wer<strong>de</strong>n, hinsichtlich <strong>de</strong>r Kosten für die Behebung <strong>de</strong>r Schä<strong>de</strong>n, da es zumin<strong>de</strong>st als<br />
fahrlässig anzusehen ist, wenn ein Pfer<strong>de</strong>halter ein Pferd nicht regelmäßig entwurmt.<br />
2.3.5. Beweisprobleme.<br />
Der Verkäufer ist beweisbelastet dafür, dass er die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.<br />
Interessant für <strong>de</strong>n Käufer ist die Garantiehaftung. Hat <strong>de</strong>r Verkäufer eine Garantie<br />
übernommen, haftet er verschul<strong>de</strong>nsunabhängig für alle Folgen fehlen<strong>de</strong>r garantierter<br />
Eigenschaften.
2.4. Kauf auf Probe.<br />
Eine für <strong>de</strong>n Käufer sehr günstige Vertragsgestaltung ist <strong>de</strong>r Kauf auf Probe. Dieser gibt ihm<br />
Gelegenheit, innerhalb einer vereinbarten Frist das Pferd ausgiebig zu erproben.<br />
Der Kauf auf Probe mit Umtauschvereinbarung führt allerdings dazu, dass <strong>de</strong>r Käufer <strong>im</strong> Fall <strong>de</strong>r<br />
Rückgabe <strong>de</strong>s Pfer<strong>de</strong>s kein Geld zurück bekommen, son<strong>de</strong>rn dass er das Pferd be<strong>im</strong> Händler nur<br />
gegen ein an<strong>de</strong>res gleichwertiges Pferd umtauschen kann. Dies gibt oft Anlass zu erheblichen<br />
Differenzen zwischen <strong>de</strong>n Vertragsparteien, weshalb dieser Vertragstyp abzulehnen ist.<br />
2.5. Altes Recht.<br />
Nach <strong>de</strong>m alten Recht dagegen hatte <strong>de</strong>r Käufer be<strong>im</strong> Viehkauf ausschließlich das Recht zur<br />
Wandlung. Das galt sowohl bei Vorliegen <strong>de</strong>r sogenannten Hauptmängel (Rotz, periodische<br />
Augenentzündung, Dummkoller, Kehlkopfpfeifen, Koppen <strong>und</strong> Dämpfigkeit) als auch be<strong>im</strong><br />
Fehlen von zugesicherten Eigenschaften.<br />
2.6. Haftungsausschlüsse.<br />
Der Verkäufer haftet zwei Jahre ab <strong>de</strong>m Zeitpunkt <strong>de</strong>r Übergabe <strong>de</strong>s Pfer<strong>de</strong>s, bei arglistigem<br />
Verschweigen sogar drei Jahre ab Kenntnis o<strong>de</strong>r fahrlässiger Unkenntnis <strong>de</strong>s Käufers vom<br />
Mangel, spätestens aber zehn Jahre ab Entstehung <strong>de</strong>s Anspruchs.<br />
Abweichen<strong>de</strong> Vereinbarungen sind außer für Vorsatz möglich, Einschränkungen gelten aber<br />
be<strong>im</strong> sogenannten Verbrauchsgüterkauf. Ein Privatmann als Verkäufer kann die Verjährung bis<br />
zum Ausschluss <strong>de</strong>r Verjährung verkürzen. Dagegen kann ein Unternehmer be<strong>im</strong> Verkauf <strong>de</strong>s<br />
„Verbrauchsgutes Pferd“ die Verjährung max<strong>im</strong>al auf ein Jahr verkürzen, wenn die Sache<br />
gebraucht ist.<br />
Nach <strong>de</strong>r Rechtsprechung <strong>de</strong>s B<strong>und</strong>esgerichtshofes sind Tiere neu hergestellten Sachen<br />
gleichzustellen, wenn sie noch nicht <strong>de</strong>m best<strong>im</strong>mungsgemäßen Gebrauch zugeführt sind.<br />
Wer<strong>de</strong>n Tiere in diesem Sinne verwen<strong>de</strong>t, steigt das Risiko für das Auftreten von Mängeln<br />
erheblich. Daher wird man davon ausgehen können, dass Fohlen zumin<strong>de</strong>st solange als neu<br />
hergestellte Sachen zu behan<strong>de</strong>ln sind, wie sie noch nicht angeritten bzw. angefahren o<strong>de</strong>r sonst<br />
auf ihre zukünftige Verwendung hin ausgebil<strong>de</strong>t wor<strong>de</strong>n sind.<br />
Vorgedruckte Verträge – auch Muster aus Zeitschriften – gelten nach ständiger Rechtsprechung<br />
<strong>de</strong>s BGH <strong>im</strong>mer als AGB, auch wenn <strong>de</strong>r Verwen<strong>de</strong>r sich die Mühe gemacht hat, <strong>de</strong>n Vertrag<br />
abzuschreiben. Durch sie kann daher die Haftung auch unter Privaten nicht vollständig<br />
ausgeschlossen wer<strong>de</strong>n. Dies geht nur durch einen individuellen Vertrag.<br />
Daraus folgt, dass ein Unternehmer sehr schnell in <strong>de</strong>n Bereich <strong>de</strong>s Verbrauchsgüterkaufes<br />
gelangt <strong>und</strong> <strong>de</strong>shalb vertragliche Vereinbarungen über die Abkürzung <strong>de</strong>r Verjährung von unter<br />
einem Jahr nicht vornehmen sollte. In je<strong>de</strong>m Fall ist zu berücksichtigen, dass die Verkürzung <strong>de</strong>r<br />
Verjährung nicht in Form eines vorformulierten Vertrages wirksam vereinbart wer<strong>de</strong>n kann.<br />
Der Unternehmer kann allerdings eventuelle Ansprüche auf Scha<strong>de</strong>nsersatz - nicht auf Rücktritt<br />
o<strong>de</strong>r Min<strong>de</strong>rung - wirksam ausschließen, sofern er sich nicht vorformulierter Verträge bedient.<br />
Sämtliche vorstehen<strong>de</strong> Ausführungen gelten natürlich nicht, wenn <strong>de</strong>r Käufer vor <strong>de</strong>m Kauf<br />
Kenntnis von <strong>de</strong>n Mängeln hatte. Dann kann er aus diesen Mängeln keine Ansprüche ableiten,<br />
son<strong>de</strong>rn nur aus ihm unbekannten Mängeln. Wenn <strong>de</strong>r Verkäufer arglistig war, also einen ihm<br />
bekannten Mangel bewusst verschwiegen hat, dann haftet er in je<strong>de</strong>m Fall <strong>und</strong> ein eventuell<br />
vereinbarter Gewährleistungsausschluss bleibt wirkungslos.
Ein solcher Haftungsausschluss ist möglich, wenn <strong>de</strong>r Käufer <strong>de</strong>n Mangel bei Vertragsschluss<br />
kennt. Gleiches gilt bei grob fahrlässiger Unkenntnis <strong>de</strong>s Mangels, es sei <strong>de</strong>nn, <strong>de</strong>r Verkäufer hat<br />
<strong>de</strong>n Mangel arglistig verschwiegen o<strong>de</strong>r die Garantie für eine Eigenschaft übernommen.<br />
Außerhalb <strong>de</strong>s Verbrauchsgüterkaufs sind aber auch an<strong>de</strong>re einzelvertragliche Abre<strong>de</strong>n möglich.<br />
Hier sind die meisten in dieser Abhandlung genannten Vorschriften weitgehend dispositiv.<br />
Grenzen <strong>de</strong>r Gestaltungsfreiheit sind lediglich Garantieeinschränkung <strong>und</strong> Vorsatzfreizeichnung.<br />
2.7. Son<strong>de</strong>rfall: AGB <strong>und</strong> Auktionen.<br />
Egal ob die Verbän<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r die Beschicker als Verkäufer auftreten, wer<strong>de</strong>n die Voraussetzungen<br />
eines Unternehmers als Verkäufer in aller Regel erfüllt sein, so dass die Best<strong>im</strong>mungen über <strong>de</strong>n<br />
Verbrauchsgüterkauf Anwendung fin<strong>de</strong>n.<br />
Dann ist aber ein Gewährleistungsausschluss problematisch, insbeson<strong>de</strong>re in allgemeinen<br />
Geschäftsbedingungen. Seine Wirksamkeit hängt wohl von <strong>de</strong>r genauen Ausgestaltung <strong>de</strong>r<br />
Zuständigkeiten zwischen Verband, Auktionator <strong>und</strong> Beschicker ab. Endgültig geklärt ist dies<br />
jedoch noch nicht.<br />
Einzelne Versteigerer berufen sich wegen <strong>de</strong>r Zulässigkeit <strong>de</strong>s Gewährleistungsausschlusses bei<br />
Auktionen auf die gesetzlichen Vorschriften zum Verbrauchsgüterkauf, wonach die Vorschriften<br />
nicht für solche gebrauchten Sachen Anwendung fin<strong>de</strong>n, die in einer öffentlichen Versteigerung<br />
verkauft wer<strong>de</strong>n.<br />
Eine öffentliche Versteigerung <strong>im</strong> Sinne <strong>de</strong>s Verbrauchsgüterkaufrechts liegt nach Meinung <strong>de</strong>s<br />
BGH (Urteil vom 9.11.2005, AZ: VIII ZR 116/05) allerdings nur vor, wenn die Versteigerung<br />
durch einen für <strong>de</strong>n Versteigerungsort bestellten Gerichtsvollzieher, durch einen zu<br />
Versteigerungen befugten an<strong>de</strong>ren Beamten o<strong>de</strong>r durch einen öffentlich angestellten Versteigerer,<br />
auch durch einen gemäß § 34b Abs. 5 GewO allgemein öffentlich bestellten Versteigerer (BGH,<br />
Urteil vom 5.10.1989, AZ: IX ZR 265/88), öffentlich erfolgt ist, wobei dieser nicht Veranstalter<br />
sein muss (BGH, Urteil vom 24.02.2010, VIII ZR 71/09).<br />
2.8. Der Verbrauchsgüterkauf.<br />
Einen weiteren Son<strong>de</strong>rfall bil<strong>de</strong>t <strong>de</strong>r schon mehrfach erwähnte sogenannte Verbrauchsgüterkauf.<br />
Dieses neu eingeführte Institut bringt weitreichen<strong>de</strong> Verän<strong>de</strong>rungen <strong>im</strong> Vergleich zum alten<br />
Recht.<br />
Voraussetzung für das Vorliegen eines Verbrauchsgüterkaufs ist zunächst eine best<strong>im</strong>mte<br />
Parteienkonstellation: Ein Unternehmer verkauft eine Sache an einen Verbraucher. In diesem Fall<br />
sieht das Gesetz <strong>de</strong>n Unternehmer durch seine Erfahrung <strong>im</strong> Vorteil <strong>und</strong> schränkt daher die<br />
Dispositionsfreiheit <strong>de</strong>r Parteien aus Käuferschutzgrün<strong>de</strong>n ein.<br />
Ein Unternehmer ist, wer bei Abschluss <strong>de</strong>s Rechtsgeschäftes in Ausübung seiner gewerblichen<br />
o<strong>de</strong>r selbständigen beruflichen Tätigkeit han<strong>de</strong>lt. Als Unternehmer gilt je<strong>de</strong> Person o<strong>de</strong>r<br />
Vereinigung, die am Markt planmäßig <strong>und</strong> dauerhaft gegen Entgelt Leistungen anbietet. Eine<br />
Eintragung <strong>im</strong> Han<strong>de</strong>lsregister ist nicht erfor<strong>de</strong>rlich. Unter <strong>de</strong>n Begriff <strong>de</strong>s Unternehmers fallen<br />
vor allem Pfer<strong>de</strong>händler, Züchter als Gewerbetreiben<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r als Landwirte, Reitlehrer, Bereiter<br />
<strong>und</strong> Reitschulbetreiber. Allerdings muss <strong>de</strong>r Käufer die Unternehmereigenschaft <strong>de</strong>s Verkäufers<br />
beweisen, bevor er in <strong>de</strong>n Genuss <strong>de</strong>r Verbraucherschutzvorschriften gelangt.<br />
Wann allerdings ein Hobbyzüchter zum Unternehmer wird, ist nach wie vor unklar.
2.8.1. Die Unternehmereigenschaft.<br />
Zwar hat B<strong>und</strong>esgerichtshof (BGH, AZ VIII ZR 173/05) am 29.03.2006 in einem Fall zum<br />
Pfer<strong>de</strong>kauf zur Frage <strong>de</strong>r Unternehmereigenschaft Stellung genommen <strong>und</strong> festgestellt, "Be<strong>im</strong><br />
Verbrauchsgüterkauf (§ 474 BGB) setzt das Vorliegen eines Gewerbes <strong>und</strong> damit die Unternehmerstellung <strong>de</strong>s<br />
Verkäufers nicht voraus, dass dieser mit seiner Geschäftstätigkeit die Absicht verfolgt, Gewinn zu erzielen." Eine<br />
wirkliche Klärung ist damit aber noch nicht erreicht.<br />
Die Unternehmereigenschaft ist zu bejahen, wenn die Person in Ausübung ihrer gewerblichen<br />
o<strong>de</strong>r selbständigen Tätigkeit han<strong>de</strong>lt. Dies setzt ein planmäßiges Anbieten von Leistungen am<br />
Markt auf Dauer <strong>und</strong> gegen Entgelt voraus. Auch eine nebenberufliche Tätigkeit wird hiervon<br />
erfasst.<br />
Das Merkmal „selbständig“ ist in aller Regel ein<strong>de</strong>utig erfüllt, <strong>de</strong>nn die Zucht wird nur in <strong>de</strong>n<br />
seltensten Fällen für Dritte betrieben.<br />
Wann eine Tätigkeit „planmäßig <strong>und</strong> auf Dauer angelegt“ betrieben wird, lässt sich aber nicht nur<br />
aufgr<strong>und</strong> fester Kriterien (Dauer min<strong>de</strong>stens ein Jahr o<strong>de</strong>r min<strong>de</strong>stens 10 Geschäftsabschlüsse<br />
pro Jahr getätigt wer<strong>de</strong>n müssen o. ä.) entschei<strong>de</strong>n.<br />
Auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seite steht die nur gelegentliche Betätigung, also <strong>de</strong>r Hobby- <strong>und</strong><br />
Gelegenheitszüchter. Denn bei einmaligen bzw. gelegentlichen Handlungen erreicht man noch<br />
nicht die Teilnahme am Wirtschaftsleben, die es rechtfertigt, <strong>de</strong>n Züchter als Unternehmer<br />
anzusehen. Hier entschei<strong>de</strong>n die Umstän<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Einzelfalles, wobei entschei<strong>de</strong>n ist, ob durch<br />
regelmäßige bzw. wie<strong>de</strong>rholte Zucht eine auf Dauer berechnete Einnahmequelle geschaffen<br />
wer<strong>de</strong>n soll, <strong>und</strong> ob ein organisatorischer Min<strong>de</strong>staufwand betrieben wird. Es kommt dabei vor<br />
allem auf <strong>de</strong>n Umfang <strong>de</strong>s Zuchtbetriebs <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Verkaufstätigkeit an.<br />
Je mehr Zuchttiere <strong>de</strong>r Züchter hat <strong>und</strong> je häufiger Nachkommen geboren <strong>und</strong> verkauft wer<strong>de</strong>n<br />
<strong>und</strong> so ein größerer organisatorischer Aufwand entsteht, <strong>de</strong>sto eher ist <strong>de</strong>r Züchter Unternehmer.<br />
Natürlich muss man auch nach <strong>de</strong>r Art <strong>de</strong>r gezüchteten Tiere unterschei<strong>de</strong>n. Kaninchen haben<br />
nun einmal viel mehr Nachkommen als Pfer<strong>de</strong>. Das muss bei <strong>de</strong>r Betrachtung berücksichtigt<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
„Gegen Entgelt“ ist die Zucht <strong>im</strong>mer dann, wenn die Fohlen nicht verschenkt, son<strong>de</strong>rn verkauft<br />
wer<strong>de</strong>n, wobei einzelne Verschenkungen noch nicht zur Unentgeltlichkeit <strong>de</strong>s gesamten<br />
Zuchtbetriebs führen. Ob mit <strong>de</strong>n Einnahmen auch ein Gewinn erzielt wird, Verluste reduziert<br />
wer<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r ein Gewinn zumin<strong>de</strong>st beabsichtigt ist, hat für die Entgeltlichkeit <strong>de</strong>r Tätigkeit<br />
dagegen keine Be<strong>de</strong>utung.<br />
Auch das Merkmal <strong>de</strong>s „Auftretens am Markt“ wird <strong>im</strong> Allgemeinen vorliegen, <strong>de</strong>nn hier geht es<br />
ja gera<strong>de</strong> um die Fälle, in <strong>de</strong>nen die Zucht nicht als Selbstzweck <strong>und</strong> zur Vergrößerung <strong>de</strong>r<br />
eigenen Her<strong>de</strong> betrieben wird, son<strong>de</strong>rn in <strong>de</strong>nen die Pfer<strong>de</strong> - gr<strong>und</strong>sätzlich an je<strong>de</strong>rmann -<br />
verkauft wer<strong>de</strong>n sollen, so dass insofern auch <strong>de</strong>r nebenberufliche o<strong>de</strong>r Hobbyzüchter als<br />
Anbieter auf <strong>de</strong>m „Pfer<strong>de</strong>markt“ auftritt. Dieses kann <strong>de</strong>r Züchter aber selbst beeinflussen. Zwar<br />
ist die Unternehmereigenschaft in erster Linie nach objektiven Kriterien zu best<strong>im</strong>men. Wer als<br />
kleiner Züchter aber groß als „Zuchtbetrieb Schulze“ in Zeitschriften <strong>und</strong> <strong>im</strong> Internet auftritt,<br />
entsprechen<strong>de</strong> Werbung macht <strong>und</strong> sich auch sonst wie ein normaler Geschäftsmann geriert,<br />
wirkt nach außen eher wie ein Unternehmer als <strong>de</strong>rjenige, <strong>de</strong>r nur von M<strong>und</strong>propaganda lebt <strong>und</strong><br />
bei <strong>de</strong>n Verkäufen wie ein Privatmann auftritt.<br />
Der Züchter ist kraft seiner Erfahrung weit besser über die Risiken <strong>und</strong> Probleme <strong>de</strong>r von ihm<br />
gezüchteten Tiere informiert als <strong>de</strong>r Käufer.
2.8.2. Beschränkung <strong>de</strong>r Vertragsfreiheit.<br />
Nachteilige Abweichungen o<strong>de</strong>r Umgehung <strong>de</strong>r Gewährleistungsregeln sind hiernach<br />
gr<strong>und</strong>sätzlich unwirksam. Lediglich Scha<strong>de</strong>nsersatzansprüche sind ausschließbar <strong>und</strong> die<br />
Verjährung ist reduzierbar auf ein bzw. zwei Jahre, je nach<strong>de</strong>m ob Kaufsache „gebraucht“ o<strong>de</strong>r<br />
„neu“ ist.<br />
Bei einem Verbrauchsgüterkauf gilt die wi<strong>de</strong>rlegliche Vermutung, dass die Sache bei Übergabe an<br />
<strong>de</strong>n Verbraucher mangelhaft war, wenn sich <strong>de</strong>r Mangel innerhalb von sechs Monaten ab<br />
Übergabe zeigt. Diese Vermutung gilt nicht, wenn sie mit <strong>de</strong>r Art <strong>de</strong>r Sache o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Mangels<br />
nicht vereinbar ist (zum Beispiel eine akute Bronchitis fünf Monate nach <strong>de</strong>m Kauf).<br />
Diese sogenannte „Beweislastumkehr“ ist für <strong>de</strong>n Pfer<strong>de</strong>käufer eine wesentliche Erleichterung,<br />
<strong>de</strong>nn normalerweise trifft <strong>de</strong>n Käufer die Beweislast dafür, dass <strong>de</strong>r von ihm behauptete Mangel<br />
<strong>im</strong> Zeitpunkt <strong>de</strong>r Übergabe <strong>de</strong>s Pfer<strong>de</strong>s bereits vorgelegen hat. Je nach Art <strong>de</strong>s Mangels wird die<br />
Beweisführung mit zunehmen<strong>de</strong>m Zeitablauf jedoch <strong>im</strong>mer problematischer.<br />
Der Käufer muss nach neuester BGH Rechtsprechung lediglich nachweisen, dass das Tier vor<br />
Ablauf <strong>de</strong>r sechs Monate seit Gefahrübergang eine Beschaffenheit aufweist („zeigt“), die einen<br />
Mangel darstellen wür<strong>de</strong>, wenn diese schon bei Gefahrübergang gegeben gewesen sein sollte.<br />
Es gibt sicher einige Mängel, wie zum Beispiel ein angeborener Herzfehler, bei <strong>de</strong>nen es<br />
unproblematisch nachzuweisen ist, dass <strong>de</strong>r Mangel bereits <strong>im</strong> Kaufzeitpunkt vorgelegen hat. Die<br />
Mehrzahl <strong>de</strong>r Ges<strong>und</strong>heitsmängel, wie zum Beispiel Hufrollenverän<strong>de</strong>rungen, Spat- <strong>und</strong><br />
Atemwegserkrankungen sowie alle Ausbildungsmängel haben aber eine best<strong>im</strong>mte<br />
Entstehungszeit, die rückblickend nur sehr schwer diagnostizierbar ist.<br />
Der Ausschluss <strong>de</strong>r Vermutung <strong>de</strong>s § 476 BGB ist möglich, aber die Ausnahme von <strong>de</strong>r Regel.<br />
Wenn also ein Mangel vorliegt kann dann <strong>de</strong>r Verkäufer die gesetzliche Vermutung entkräften,<br />
in<strong>de</strong>m er beweist, dass <strong>de</strong>r Mangel <strong>im</strong> Zeitpunkt <strong>de</strong>r Übergabe nicht vorgelegen hat. Das ist<br />
meistens genauso schwierig, wie die Nachweisführung, dass <strong>de</strong>r Mangel vorgelegen hat. Tierärzte<br />
wer<strong>de</strong>n vielfach sagen, es kann sein, es kann aber auch nicht sein. Das kann dazu führen, dass <strong>de</strong>r<br />
Käufer ein Pferd, das er von einem Privatmann erworben hat, nicht zurückgeben kann,<br />
wohingegen er das Pferd, wenn er es von einem Unternehmer erworben hat, zurückgeben kann.<br />
Insoweit ist es für <strong>de</strong>n Ausgang eines Rechtsstreites oft von entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>r Be<strong>de</strong>utung, wen die<br />
Beweislast trifft, wer also <strong>de</strong>n Beweis führen muss, dass die Erkrankung bzw. <strong>de</strong>r<br />
Ausbildungsmangel <strong>im</strong> Zeitpunkt <strong>de</strong>r Übergabe <strong>de</strong>s Pfer<strong>de</strong>s vorgelegen hat o<strong>de</strong>r nicht.<br />
Eine Rückausnahme besteht <strong>im</strong> Fall einer von einem Pfer<strong>de</strong>zuchtverband veranstaltete<br />
Pfer<strong>de</strong>auktion, die von einem öffentlich bestellten Versteigerer durchgeführt wird, da diese als<br />
öffentliche Versteigerung anzusehen ist, auf die die Vorschriften <strong>de</strong>s Verbrauchsgüterkaufrechts<br />
nicht anzuwen<strong>de</strong>n sind (BGH, Urteil vom 24.02.2010, VIII ZR 71/09).<br />
2.9. Weitere Son<strong>de</strong>rregelungen.<br />
Weiter sind Son<strong>de</strong>rregeln zu beachten, wenn <strong>de</strong>r Unternehmer einen entgeltlichen<br />
Zahlungsaufschub von mehr als drei Monaten gewährt.<br />
Auch bei <strong>de</strong>r Verwendung Allgemeiner Geschäftsbedingungen (AGB) ist Vorsicht geboten. AGB<br />
liegen vor, wenn Klauseln o<strong>de</strong>r ganze Verträge für eine Vielzahl von Geschäften vorformuliert<br />
sind <strong>und</strong> einseitig gestellt wer<strong>de</strong>n. ABG können gesetzliche Regeln nur eingeschränkt än<strong>de</strong>rn, bei
einem Verstoß gegen die entsprechen<strong>de</strong>n Schutzregeln ist <strong>de</strong>r gesamte AGB-Komplex<br />
unwirksam. So ist <strong>de</strong>r Gewährleistungsausschluss für neue Sachen unzulässig, die Verjährung bei<br />
neuen Sachen muss min<strong>de</strong>stens ein Jahr betragen. (Bei einem Verbrauchsgüterkauf ohnehin zwei<br />
Jahre). Ein Scha<strong>de</strong>nsersatzausschluss ist zumin<strong>de</strong>st bei Vorsatz o<strong>de</strong>r grober Fahrlässigkeit sowie<br />
bei Verletzungen von Leben, Körper <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit unzulässig.<br />
2.10. Folgen für <strong>de</strong>n Pfer<strong>de</strong>han<strong>de</strong>l.<br />
Der Pfer<strong>de</strong>han<strong>de</strong>l muss sich auf die Situation einstellen <strong>und</strong> neue Wege gehen, um<br />
Gewährleistungsrisiken angemessen zu reduzieren beziehungsweise zu verteilen <strong>und</strong> Unklarheiten<br />
zu vermei<strong>de</strong>n. Dabei wird <strong>de</strong>r professionellen Gestaltung <strong>de</strong>s schriftlichen Kaufvertrages größere<br />
Be<strong>de</strong>utung zukommen als bisher <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Zustand <strong>de</strong>s Pfer<strong>de</strong>s bei <strong>de</strong>r Übergabe wird sorgfältiger<br />
dokumentiert wer<strong>de</strong>n müssen.<br />
Was bisher nur aus an<strong>de</strong>ren Rechtsgebieten bekannt ist, wird sicherlich nun auch <strong>im</strong><br />
Pfer<strong>de</strong>han<strong>de</strong>l Einzug halten. Das von Verkäufer <strong>und</strong> Käufer unterschriebene Übergabeprotokoll<br />
dokumentiert <strong>de</strong>n Zustand <strong>de</strong>s Pfer<strong>de</strong>s zum Zeitpunkt <strong>de</strong>r Übergabe. Wenn das Pferd nämlich<br />
nachweislich zum Zeitpunkt <strong>de</strong>r Übergabe in Ordnung war, ist eine Haftung <strong>de</strong>s Verkäufers<br />
ausgeschlossen. Ein Übergabeprotokoll hat hier erheblichen Beweiswert.<br />
Es ist bei <strong>de</strong>r Vertragsabfassung unbedingt darauf zu achten, dass alle Absprachen vollständig<br />
schriftlich fixiert wer<strong>de</strong>n <strong>und</strong> keine mündlichen Nebenabre<strong>de</strong>n getroffen wer<strong>de</strong>n.<br />
Der gewerbliche Verkäufer muss alle Mängel <strong>und</strong> Eigenarten <strong>de</strong>s Tieres dokumentieren,<br />
Zurückhaltung bei Beschreibungen <strong>und</strong> Werbeaussagen üben <strong>und</strong> Erwartungen <strong>de</strong>s Käufers<br />
beachten da sie <strong>de</strong>n vertraglich vorausgesetzten Zweck best<strong>im</strong>men. An<strong>de</strong>re sichere Möglichkeiten<br />
<strong>de</strong>r Haftungsbegrenzung stehen <strong>de</strong>m gewerblichen Verkäufer nicht zur Verfügung.<br />
Eine sorgfältige Ankaufs- o<strong>de</strong>r Verkaufsuntersuchung nebst vollständiger Dokumentation <strong>im</strong><br />
Attest sollte selbstverständlich sein.<br />
Wenn <strong>de</strong>r Pfer<strong>de</strong>händler seinerseits nicht bereit ist, eine ordnungsgemäße Verkaufsuntersuchung<br />
zeitnah zum Verkauf <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Ablieferung <strong>de</strong>s Pfer<strong>de</strong>s durchführen <strong>und</strong> entsprechend<br />
dokumentieren zu lassen, stellt sich für <strong>de</strong>n Pfer<strong>de</strong>käufer zwangsläufig die Frage nach <strong>de</strong>r eigenen<br />
Ankaufsuntersuchung. Zu einem solchen Schritt ist dringend anzuraten, um <strong>de</strong>m Pfer<strong>de</strong>käufer so<br />
weit wie möglich Gewissheit über <strong>de</strong>n ges<strong>und</strong>heitlichen Zustand <strong>de</strong>s Pfer<strong>de</strong>s zu verschaffen.<br />
Sollten dann Mängel festgestellt wer<strong>de</strong>n, sind die Ansprüche <strong>de</strong>s Käufers evi<strong>de</strong>nt. Um allerdings<br />
eine mögliche langwierige Auseinan<strong>de</strong>rsetzung über das Vorliegen bzw. Nichtvorliegen<br />
medizinischer Mängel <strong>de</strong>s Pfer<strong>de</strong>s zu vermei<strong>de</strong>n, sollte <strong>im</strong> Kaufvertrag schriftlich ausdrücklich<br />
geregelt sein, dass <strong>de</strong>r Käufer alsbald durch seinen eigenen Tierarzt das Pferd auf mögliche<br />
ges<strong>und</strong>heitliche Mängel überprüfen lassen wird. Gleichzeitig sollte schriftlich klargestellt wer<strong>de</strong>n,<br />
dass <strong>de</strong>r Pfer<strong>de</strong>kaufvertrag erst in <strong>de</strong>m Moment rechtswirksam wird, wenn <strong>de</strong>r Käufer nach<br />
Vorliegen <strong>de</strong>s Untersuchungsberichtes <strong>de</strong>n Kaufvertrag gegenüber <strong>de</strong>m Verkäufer ausdrücklich<br />
gebilligt hat. Im Falle einer berechtigten Versagung <strong>de</strong>r Billigung <strong>de</strong>s Kaufvertrages wäre <strong>de</strong>s<br />
weiteren vorzusehen, dass <strong>de</strong>r Verkäufer die Kosten <strong>de</strong>r Ankaufsuntersuchung einschließlich <strong>de</strong>r<br />
angefallenen Transport- <strong>und</strong> Unterbringungskosten inklusive <strong>de</strong>s von ihm durchzuführen<strong>de</strong>n<br />
Rücktransports zu tragen hat. Die Herausgabe <strong>de</strong>s Pfer<strong>de</strong>s ist von <strong>de</strong>r vorherigen Bezahlung <strong>de</strong>r<br />
Kosten durch <strong>de</strong>n Pfer<strong>de</strong>händler abhängig zu machen.<br />
3. § 476 BGB – Die Beweislastumkehr zu Gunsten <strong>de</strong>s Pfer<strong>de</strong>käufers<br />
3.1. Vorbemerkung.
Das neu eingeführte Institut <strong>de</strong>s Verbrauchsgüterkaufes bringt weitreichen<strong>de</strong> Verän<strong>de</strong>rungen <strong>im</strong><br />
Vergleich zum alten Recht. Im vorliegen<strong>de</strong>n Beitrag soll auf die sogenannte Beweislastumkehr<br />
nach § 476 BGB näher eingegangen wer<strong>de</strong>n.<br />
Diese Beweislastumkehr gilt nur <strong>im</strong> Rahmen eines Verbrauchsgüterkaufes. Voraussetzung für<br />
<strong>de</strong>ssen Vorliegen ist eine best<strong>im</strong>mte Parteienkonstellation: Ein Unternehmer verkauft eine Sache<br />
an einen Verbraucher. In diesem Fall sieht das Gesetz <strong>de</strong>n Unternehmer durch seine Erfahrung<br />
<strong>und</strong> Marktmacht <strong>im</strong> Vorteil <strong>und</strong> schränkt daher die Vertragsfreiheit zum Schutz <strong>de</strong>s Käufers ein.<br />
Unternehmer ist, wer bei Abschluss <strong>de</strong>s Rechtsgeschäftes in Ausübung seiner gewerblichen o<strong>de</strong>r<br />
selbständigen beruflichen Tätigkeit han<strong>de</strong>lt. Als Unternehmer gilt je<strong>de</strong> Person o<strong>de</strong>r Gesellschaft,<br />
die am Markt planmäßig <strong>und</strong> dauerhaft gegen Entgelt Leistungen anbietet. Auf die Eintragung <strong>im</strong><br />
Han<strong>de</strong>lsregister kommt es nicht an. Unter diesen Begriff <strong>de</strong>s Unternehmers fallen vor allem<br />
Tierhändler, Züchter als Gewerbetreiben<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r als Landwirte, Ausbil<strong>de</strong>r o<strong>de</strong>r Pensionsbetreiber.<br />
3.2. Die Beweislastumkehr.<br />
Nach anfänglichen Unsicherheiten ist nun anerkannt, dass die Regelung <strong>de</strong>s § 476 BGB auch<br />
be<strong>im</strong> Pfer<strong>de</strong>kauf einschlägig ist. Das Problem ist aber meist, ob die Vermutung wegen <strong>de</strong>r<br />
Unvereinbarkeit mit <strong>de</strong>r Art <strong>de</strong>s Mangels o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Sache angewandt wer<strong>de</strong>n kann.<br />
Der Käufer muss nach neuester BGH-Rechtsprechung lediglich nachweisen, dass das Tier vor<br />
Ablauf <strong>de</strong>r sechs Monate seit Gefahrübergang eine Beschaffenheit aufweist („zeigt“), die einen<br />
Mangel darstellen wür<strong>de</strong>, wenn diese schon bei Gefahrübergang gegeben gewesen sein sollte.<br />
Kann <strong>de</strong>r Käufer so nachweisen, dass das Pferd innerhalb <strong>de</strong>r Frist einen Mangel hatte, wird<br />
vermutet, dass dieser Mangel, allerdings kein Folgescha<strong>de</strong>n hieraus, schon bei Gefahrübergang<br />
bestand.<br />
Die Beweislastumkehr wirkt nur in zeitlicher, nicht in kausaler Hinsicht.<br />
3.3. Unvereinbarkeit mit <strong>de</strong>r Art <strong>de</strong>s Mangels <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Art <strong>de</strong>r Sache.<br />
Die Vermutung, dass ein Mangel, <strong>de</strong>r innerhalb von sechs Monaten nach Übergabe auftritt, auch<br />
schon zum Zeitpunkt <strong>de</strong>r Übergabe vorlag, fin<strong>de</strong>t nach <strong>de</strong>r gesetzlichen Regelung <strong>de</strong>s § 476 BGB<br />
dann ausnahmsweise keine Anwendung, wenn diese Vermutung mit <strong>de</strong>r Art <strong>de</strong>r Sache bzw. <strong>de</strong>r<br />
Art <strong>de</strong>s Mangels nicht vereinbar ist. Dies ist allerdings als Ausnahme von <strong>de</strong>r Regel eng<br />
auszulegen. Genannt wer<strong>de</strong>n in diesem Zusammenhang vor allem <strong>de</strong>r Verkauf von gebrauchten<br />
Sachen (Palandt/Putzo, BGB, § 476 Rdnr. 10) sowie <strong>de</strong>r Verkauf von kranken Tieren<br />
(Regierungsentwurf BR-Drucksache 338/01, Seiten 577-578).<br />
Die Begründung <strong>de</strong>s Regierungsentwurfs – so ein<strong>de</strong>utig sie auf <strong>de</strong>n ersten Blick erscheinen mag –<br />
kann für die Auslegung <strong>de</strong>r Vorschrift <strong>de</strong>s § 476 BGB nur begrenzt herangezogen wer<strong>de</strong>n, da<br />
diese Vorschrift <strong>de</strong>r Umsetzung <strong>de</strong>r EU-Gebrauchsgüterkaufrechtlinie 1999/44/EG dient <strong>und</strong><br />
<strong>de</strong>mgemäß diese Vorschrift richtlinienkonform zu interpretieren ist. Die Richtlinie selbst enthält<br />
keinerlei Anhaltspunkte für eine Einschränkung <strong>de</strong>r Beweislastumkehr, wie diese <strong>im</strong><br />
Regierungsentwurf aufgelistet sind.<br />
Da <strong>de</strong>r Gesetzgeber trotz <strong>de</strong>s § 90a BGB nicht zwischen Sachen <strong>und</strong> Tieren <strong>im</strong> Bereich <strong>de</strong>s<br />
Verbrauchsgüterkaufrechts unterschei<strong>de</strong>t, bestehen keine Be<strong>de</strong>nken, die Beweislastumkehr auch<br />
auf <strong>de</strong>n Verkauf von Pfer<strong>de</strong>n anzuwen<strong>de</strong>n, auch soweit diese gebraucht sind, ganz abgesehen von<br />
<strong>de</strong>r höchst umstrittenen Frage, ab wann ein Pferd eine gebrauchte Sache ist. Soweit die<br />
Grenzlinie für bzw. gegen die Anwendbarkeit <strong>de</strong>r Beweislastumkehr in einem übermäßigen
Gebrauch <strong>de</strong>r Sache, hier also in einer we<strong>de</strong>r tier- noch pfer<strong>de</strong>gerechten Überbeanspruchung <strong>de</strong>s<br />
Pfer<strong>de</strong>s gezogen wird, ist diese Grenzziehung weit überwiegend problemfrei <strong>und</strong> dürfte von <strong>de</strong>r<br />
künftigen Rechtsprechung ohne Schwierigkeiten gezogen wer<strong>de</strong>n können. Auf die vom BGH<br />
entwickelten Kriterien wird noch geson<strong>de</strong>rt eingegangen.<br />
Vielmehr wird man <strong>im</strong> Fokus halten müssen, dass je<strong>de</strong> EU-Richtlinie an <strong>de</strong>n jeweiligen<br />
nationalen Gesetzgeber gerichtet ist <strong>und</strong> dieser nur einen sehr beschränkten Rahmen vorfin<strong>de</strong>t,<br />
in <strong>de</strong>m er eigene Interpretationen <strong>und</strong> Auslegungsversuche in die Richtlinie einzubringen vermag.<br />
Aus diesem Gr<strong>und</strong>e ist das Gebot <strong>de</strong>r europarechtskonformen Auslegung in je<strong>de</strong>m Falle<br />
vorrangig vor <strong>de</strong>n übrigen Gesetzesmaterialien, hier <strong>de</strong>r Begründung <strong>im</strong> Regierungsentwurf.<br />
Daraus ist ganz ein<strong>de</strong>utig die Schlussfolgerung zu ziehen, dass die Beweislastumkehr <strong>de</strong>s § 476<br />
BGB entgegen <strong>de</strong>r Begründung <strong>im</strong> Regierungsentwurf sowohl für „neue“ als auch für<br />
„gebrauchte“ Pfer<strong>de</strong> uneingeschränkt gilt.<br />
Die Möglichkeiten, die zu einer Unanwendbarkeit <strong>de</strong>r Beweislastumkehr gem. § 476 BGB führen,<br />
dürften für das Thema <strong>de</strong>s Pfer<strong>de</strong>kaufes wohl von entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>r Be<strong>de</strong>utung sein. Aufgr<strong>und</strong> <strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>n Gerichten vorgelegten Sachverhalte ist wohl davon auszugehen, dass die Mängel weit<br />
überwiegend ges<strong>und</strong>heitliche Probleme <strong>de</strong>s Pfer<strong>de</strong>s betreffen. Dies können sowohl akute<br />
Infektionen als auch genetisch bedingte Verän<strong>de</strong>rungen o<strong>de</strong>r chronische Erkrankungen sein.<br />
Folgt man an dieser Stelle erneut <strong>de</strong>r Regierungsbegründung zum Gesetzesentwurf, so kommt<br />
die Vermutung <strong>de</strong>s § 476 BGB, hier Unvereinbarkeit mit <strong>de</strong>r Art <strong>de</strong>s Mangels, be<strong>im</strong> Verkauf von<br />
Pfer<strong>de</strong>n dann nicht zum Tragen, wenn sich innerhalb von sechs Monaten nach Gefahrübergang<br />
eine Infektionskrankheit zeigt, <strong>de</strong>ren Inkubationszeit kürzer ist als die seit <strong>de</strong>m Gefahrübergang<br />
vergangene Zeit. Hier lässt sich <strong>de</strong>r Gesetzgeber in seiner Begründung offensichtlich davon<br />
leiten, dass in <strong>de</strong>r Regel nicht feststellbar sei, ob die Infektion bereits vor o<strong>de</strong>r erst nach<br />
Übergabe <strong>de</strong>s Tieres erfolgte, folglich auch kein Platz für die Vermutungsregel <strong>de</strong>s § 476 BGB<br />
sei.<br />
Teilweise wird auch die Auffassung vertreten, dass § 476 BGB unter Berücksichtigung <strong>de</strong>s<br />
Gr<strong>und</strong>satzes <strong>de</strong>r Unvereinbarkeit mit <strong>de</strong>r Art <strong>de</strong>s Mangels dann nicht greifen könne, wenn ein<br />
Mangel bereits nach außen erkennbar hervorgetreten sei, es sich also folglich um erkennbare<br />
Krankheitssymptome bei Gefahrübergang han<strong>de</strong>lt. Begrün<strong>de</strong>t wird diese Auffassung mit <strong>de</strong>m<br />
Hinweis auf § 442 BGB, da eine positive Kenntnis <strong>de</strong>s Mangels insoweit jedwe<strong>de</strong>n weiteren<br />
Mängelanspruch ausschließen wür<strong>de</strong>.<br />
Diese Ansicht ist keineswegs überzeugend, sie greift vielmehr wesentlich zu kurz. Erkennbare<br />
Krankheitssymptome mögen zwar auf <strong>de</strong>n ersten Blick zu einem positiven Kenntnisstand <strong>de</strong>s<br />
Käufers von eben diesem Mangel führen. Damit ist jedoch keineswegs bereits das Problem als<br />
solches erledigt. Hinter <strong>de</strong>n meisten erkennbaren Krankheitssymptomen können sich mehrere<br />
schwerwiegen<strong>de</strong> Erkrankungen „verstecken“, die sich <strong>de</strong>m Betrachter überhaupt nicht<br />
erschließen können. Weit entfernt von einer positiven Kenntnis <strong>de</strong>s Mangels dürfte auch <strong>de</strong>nkbar<br />
sein, dass die „versteckten“ Krankheiten, die sich sozusagen hinter einem offensichtlichen<br />
Krankheitssymptom verstecken, ausgesprochen vielfältig sein können, so dass sie nicht<br />
eingegrenzt wer<strong>de</strong>n können. Der Sachmangel ist nicht ein Krankheitssymptom, son<strong>de</strong>rn die das<br />
Symptom hervorbringen<strong>de</strong> Krankheit.<br />
Nach <strong>de</strong>r BGH Rechtsprechung ist die Beweislastumkehr wegen <strong>de</strong>r Unvereinbarkeit mit <strong>de</strong>r Art<br />
<strong>de</strong>s Mangels nicht anzuwen<strong>de</strong>n, wenn die Erkenntnismöglichkeiten bei<strong>de</strong>r Parteien zum<br />
Zeitpunkt <strong>de</strong>s Gefahrübergangs ausnahmsweise nicht unterschiedlich waren.<br />
Wenn von <strong>de</strong>r Verkäuferseite – aus ihrer Sicht konsequent <strong>und</strong> verständlich – unter Hinweis auf<br />
die Regierungsbegründung gefor<strong>de</strong>rt wird, dass die Beweislastumkehr <strong>de</strong>s § 476 BGB auf <strong>de</strong>n
Verkauf von Pfer<strong>de</strong>n wegen <strong>de</strong>s unstreitigen Tatbestands eines sich ständig wan<strong>de</strong>ln<strong>de</strong>n<br />
Lebewesens unberücksichtigt zu bleiben habe, kann ein solches Verlangen nur in ganz engen<br />
Grenzen Berücksichtigung fin<strong>de</strong>n. Die Käufer <strong>und</strong> die sie beraten<strong>de</strong>n <strong>und</strong> vertreten<strong>de</strong>n Anwälte<br />
sind ebenso wie die zur Entscheidung berufenen Gerichte gefor<strong>de</strong>rt, <strong>de</strong>r Beweislastregelung <strong>de</strong>s §<br />
476 BGB <strong>de</strong>n aus <strong>de</strong>r Art <strong>de</strong>r Sache <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Art <strong>de</strong>s Mangels heraus unter Berücksichtigung <strong>de</strong>s<br />
jeweiligen Herrschafts- <strong>und</strong> Organisationsbereiches zutreffen<strong>de</strong>n Stellenwert einzuräumen. Wenn<br />
dabei auf <strong>de</strong>n überragen<strong>de</strong>n Leitgedanken <strong>de</strong>r EU-Richtlinie, einen effektiven Verbraucherschutz<br />
zu schaffen, <strong>und</strong> in einem weiteren Schritt auf die ein<strong>de</strong>utigen Regelungen <strong>de</strong>s neu geschaffenen<br />
Kaufrechts zurückgegriffen wird, ist das Ergebnis kaum zu verfehlen, die Vorschrift <strong>de</strong>s § 476<br />
BGB richtig zu interpretieren <strong>und</strong> ebenso zutreffend anzuwen<strong>de</strong>n.<br />
Der BGH hat in seinem Urteil vom 02.06.2004, AZ: VIII ZR 329/03, in seinem amtlichen<br />
Leitsatz heraus gestellt: „Macht <strong>de</strong>r Käufer Rechte gem. § 437 BGB geltend, nach<strong>de</strong>m er die Kaufsache<br />
entgegengenommen hat, trifft ihn die Darlegungs- <strong>und</strong> Beweislast für die einen Sachmangel begrün<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />
Tatsachen. § 476 BGB enthält insoweit für <strong>de</strong>n Verbrauchsgüterkauf keine Beweislastumkehr. Die Best<strong>im</strong>mung<br />
setzt einen binnen sechs Monaten seit Gefahrübergang aufgetretenen Sachmangel voraus <strong>und</strong> begrün<strong>de</strong>t eine<br />
lediglich in zeitlicher Hinsicht wirken<strong>de</strong> Vermutung, dass dieser Mangel bereits <strong>im</strong> Zeitpunkt <strong>de</strong>s<br />
Gefahrübergangs vorlag.“<br />
Der BGH hat zutreffend best<strong>im</strong>mt, dass nach Annahme <strong>de</strong>r Sache die Beweislast auf Seiten <strong>de</strong>s<br />
Käufers liegt, wenn er Rechte aus § 437 BGB geltend machen will, während vor <strong>de</strong>r Übergabe<br />
<strong>de</strong>r Sache <strong>de</strong>n Verkäufer die Beweislast dafür trifft, dass die Sache fehlerfrei ist. Hier wie<strong>de</strong>rholt<br />
<strong>de</strong>r BGH lediglich anerkannte Regeln <strong>de</strong>r Beweislastverteilung. Wenn er aber in <strong>de</strong>n<br />
Entscheidungsgrün<strong>de</strong>n verlangt, dass <strong>de</strong>r Käufer das Vorliegen dieses einen Sachmangels unter<br />
Ausschluss sämtlicher an<strong>de</strong>rer Einflüsse <strong>und</strong> Ursachen auf eben diesen Mangel nachweist,<br />
besteht die Gefahr, dass <strong>de</strong>r Käufer bereits an dieser Stelle in einem wichtigen Punkt überfor<strong>de</strong>rt<br />
wird, ohne dass er überhaupt in <strong>de</strong>n Genuss <strong>de</strong>r Beweislastumkehr o<strong>de</strong>r aber zumin<strong>de</strong>st einer<br />
Beweislasterleichterung gelangt. Insoweit drängt sich die Frage auf, ob <strong>de</strong>r BGH nicht in einem<br />
ganz entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Punkt <strong>de</strong>n Verbraucherschutzgedanken, wie er <strong>de</strong>r Verbrauchsgüterkaufrichtlinie<br />
zu Gr<strong>und</strong> liegt, zu Gunsten <strong>de</strong>s gewerblichen Verkäufers verkannt hat.<br />
Nach<strong>de</strong>m <strong>im</strong> Bereich <strong>de</strong>s technischen Fehlers die eine wie die an<strong>de</strong>re Ursache in Betracht<br />
kommt, gilt dieser Gedanke um so mehr für Lebewesen, die sich nicht nur tagtäglich verän<strong>de</strong>rn,<br />
son<strong>de</strong>rn auch <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nsten Einflüsse auf ihre Ges<strong>und</strong>heit unterliegen. So zeigt gera<strong>de</strong> das<br />
Beispiel <strong>de</strong>s Motorscha<strong>de</strong>ns, dass er so o<strong>de</strong>r möglicherweise auch ganz an<strong>de</strong>rs verursacht wor<strong>de</strong>n<br />
sein kann. Es ist nun einmal eine ganz alltägliche Lebenserfahrung, dass ein best<strong>im</strong>mter<br />
Scha<strong>de</strong>nsverlauf nicht <strong>im</strong>mer auf einer best<strong>im</strong>mten Ursache beruht, während gleichzeitig mit<br />
absoluter Gewissheit je<strong>de</strong> an<strong>de</strong>re Ursache ausgeschlossen wer<strong>de</strong>n kann. Es kann nicht das vom<br />
BGH gewollte Ergebnis dieser Entscheidung sein, vom Käufer einer mangelhaften Sache zu<br />
verlangen, dass er alle vom Gutachter für möglich erachteten Scha<strong>de</strong>nsursachen ausschließt <strong>und</strong><br />
<strong>de</strong>n Beweis eines einzigen Scha<strong>de</strong>nsgr<strong>und</strong>es erbringt, bevor sich <strong>de</strong>r Weg zu § 476 BGB eröffnet.<br />
Eine solche Auffassung wi<strong>de</strong>rspricht <strong>de</strong>m gesamten Sinn <strong>und</strong> Zweck <strong>de</strong>s § 476 BGB wie auch<br />
<strong>de</strong>m Wortlaut <strong>de</strong>r Norm.<br />
Für <strong>de</strong>n Bereich <strong>de</strong>s Pfer<strong>de</strong>kaufs wäre die blin<strong>de</strong> Übernahme <strong>de</strong>r vermeintlichen<br />
Entscheidungsgrün<strong>de</strong> dieses Urteils <strong>de</strong>s BGH, ohne auf die Beson<strong>de</strong>rheiten <strong>de</strong>s Tierkaufs<br />
Rücksicht zu nehmen, ausgesprochen problematisch. Schon heute zeigt die gerichtliche Praxis,<br />
dass die Vorschrift <strong>de</strong>s § 476 BGB auf großes Unverständnis bei <strong>de</strong>r rechtlichen Umsetzung<br />
stößt. Gefangen <strong>im</strong> bisherigen Denken wird <strong>im</strong>mer wie<strong>de</strong>r vom geschädigten Pfer<strong>de</strong>käufer<br />
gefor<strong>de</strong>rt, dass er durch Sachverständigenbeweis <strong>de</strong>n Nachweis erbringe, wonach <strong>de</strong>r<br />
tiermedizinische Mangel, <strong>de</strong>r Anlass zum Prozess war, zum Zeitpunkt <strong>de</strong>s Gefahrüberganges<br />
bereits vorhan<strong>de</strong>n war <strong>und</strong> <strong>de</strong>r später festgestellte Mangel nicht auch auf an<strong>de</strong>re Ursachen zurück<br />
zu führen ist, die sich erst nach <strong>de</strong>m Kaufdatum ereignen haben könnten. Sachverständige
Tiermediziner können schlechthin in <strong>de</strong>r Rückschau von teilweise mehreren Monaten nicht<br />
ausschließen, dass ein best<strong>im</strong>mter Mangel <strong>im</strong> Extremfall auch durch an<strong>de</strong>re Einflüsse <strong>und</strong><br />
Ereignisse verursacht wor<strong>de</strong>n sein kann. Ob nun <strong>im</strong> Extremfall o<strong>de</strong>r aber in einem Fall, <strong>de</strong>r<br />
einfach nicht <strong>de</strong>m Regelverlauf entspricht: <strong>de</strong>r Tierarzt wird niemals mit endgültiger Gewissheit<br />
einen best<strong>im</strong>mten Scha<strong>de</strong>nsverlauf <strong>de</strong>finitiv ausschließen können. Das ist eine Konsequenz je<strong>de</strong>r<br />
rückblicken<strong>de</strong>n Betrachtung <strong>und</strong> Untersuchung. In <strong>de</strong>r Regel wird <strong>de</strong>r Sachverständige, <strong>de</strong>r nicht<br />
bereits in seinem Gutachten auf die Unmöglichkeit <strong>de</strong>s Ausschlusses aller in Betracht<br />
kommen<strong>de</strong>n <strong>und</strong> als möglich bezeichneten Ursachen hingewiesen hat, vom Anwalt <strong>de</strong>s<br />
Pfer<strong>de</strong>verkäufers befragt, ob er die eine o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re mögliche Ursache ausschei<strong>de</strong>n könne o<strong>de</strong>r<br />
nicht. Die Antwort lautet <strong>im</strong>mer gleich: Der hier einschlägige Gr<strong>und</strong>satz besagt kurzerhand,<br />
niemand kann Vergangenes mit absoluter Sicherheit ausschließen, wenn er nicht selbst<br />
unmittelbarer Zeuge <strong>de</strong>r jeweiligen Entwicklung gewesen ist.<br />
Mit <strong>de</strong>m amtlichen Leitsatz <strong>de</strong>r Entscheidung ist jedoch unproblematisch <strong>de</strong>r Nachweis zu<br />
führen, dass <strong>de</strong>r BGH die Beweislastumkehr <strong>de</strong>s § 476 BGB in ihrer Be<strong>de</strong>utung für <strong>de</strong>n<br />
Verbraucher <strong>und</strong> Käufer eines fehlerhaften Produktes lediglich <strong>de</strong>utlicher gefasst, die<br />
Voraussetzungen hingegen nicht <strong>im</strong> Geringsten eingeschränkt hat. Es bleibt dabei, dass <strong>de</strong>r<br />
Käufer nach Erhalt <strong>de</strong>r Sache die volle Beweislast für <strong>de</strong>n Sachmangel trägt. Der BGH verlangt<br />
über diesen Nachweis hinaus, dass dieser Sachmangel nicht auf einem fehlerhaften Gebrauch <strong>de</strong>r<br />
Sache nach Übernahme beruht. Ohne dass <strong>de</strong>r BGH dieses Erfor<strong>de</strong>rnis ausdrücklich festschreibt,<br />
muss doch aus <strong>de</strong>m gesamten Kontext <strong>de</strong>r Entscheidungsgrün<strong>de</strong> die Schlussfolge gezogen<br />
wer<strong>de</strong>n: Ein Mangel <strong>de</strong>r Kaufsache, <strong>de</strong>r auf einem fehlerhaften <strong>und</strong> gegebenenfalls<br />
überproportionalen Gebrauch <strong>de</strong>r Sache beruht, ist eben kein Sachmangel, son<strong>de</strong>rn lediglich ein<br />
Scheinmangel, <strong>de</strong>r zu keinem <strong>de</strong>r Rechte <strong>de</strong>s § 437 BGB insbeson<strong>de</strong>re zu keiner<br />
Beweislastumkehr <strong>im</strong> Sinne <strong>de</strong>s § 476 BGB zu Gunsten <strong>de</strong>s Käufers führt. Wenn <strong>de</strong>r Käufer<br />
einen solchen Nachweis <strong>de</strong>s Ausschlusses aller von einem Gutachter für möglichen erachteten<br />
Nebenursachen nicht zu führen vermag – was die Regel sein dürfte – so ist das Gericht gehalten,<br />
auf <strong>de</strong>r Gr<strong>und</strong>lage eines umfassen<strong>de</strong>n Sachvortrags <strong>de</strong>s klagen<strong>de</strong>n Käufers sämtliche<br />
Beweisergebnisse umfassend zu würdigen, sich mit <strong>de</strong>n für möglich gehaltenen Nebenursachen<br />
auseinan<strong>de</strong>rzusetzen <strong>und</strong> <strong>de</strong>n sich dabei stellen<strong>de</strong>n Fragen nachzugehen, ob eine Ursache für <strong>de</strong>n<br />
Sachmangel von Hause ausschei<strong>de</strong>t o<strong>de</strong>r doch zumin<strong>de</strong>st nach erfolgter Beweiswürdigung vom<br />
Gericht ausgeschlossen wer<strong>de</strong>n kann.<br />
Das OLG Köln hat klargestellt, dass allein die Tatsache, dass die Krankheit typischerweise<br />
je<strong>de</strong>rzeit auftreten kann <strong>und</strong> <strong>de</strong>shalb keinen hinreichen<strong>de</strong>n Rückschluss darauf zulässt, dass sie<br />
schon bei Gefahrübergang vorlag, reicht für <strong>de</strong>n Ausschluss <strong>de</strong>r Vermutung nicht aus. Außer<strong>de</strong>m<br />
hat <strong>de</strong>r BGH ausgesprochen, dass die Vermutung <strong>de</strong>s § 476 BGB nicht schon dann mit <strong>de</strong>r Art<br />
<strong>de</strong>s Mangels unvereinbar ist, wenn <strong>de</strong>r Mangel, falls er schon bei Gefahrübergang vorgelegen hat,<br />
für <strong>de</strong>n Verkäufer ebenso wie für <strong>de</strong>n Käufer nicht erkennbar war. Die Vermutung setzt nicht<br />
voraus, dass <strong>de</strong>r Verkäufer in Bezug auf <strong>de</strong>n betreffen<strong>de</strong>n Mangel bessere<br />
Erkenntnismöglichkeiten hat als <strong>de</strong>r Käufer.<br />
3.4. Beweisrisiko <strong>de</strong>s Verkäufers.<br />
Die in § 476 BGB enthaltenen – eng auszulegen<strong>de</strong>n – Ausnahmetatbestän<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Unvereinbarkeit<br />
mit <strong>de</strong>r Art <strong>de</strong>r Sache o<strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>r Art <strong>de</strong>s Mangels haben zur Konsequenz, dass <strong>de</strong>r Käufer <strong>de</strong>n<br />
Nachweis eines Mangels <strong>de</strong>r Sache gem. § 434 BGB selbst zu führen hat <strong>und</strong> ihm die<br />
Vermutungsregelung nicht hilf, wenn <strong>de</strong>r Verkäufer beweist, dass die Ausnahmetatbestän<strong>de</strong> <strong>im</strong><br />
vorliegen<strong>de</strong>n Fall greifen. Hat <strong>de</strong>r Käufer einen Mangel nachgewiesen, trifft das volle<br />
Beweisrisiko <strong>de</strong>n Verkäufer. Dieser hat dann <strong>de</strong>n uneingeschränkten Nachweis zu führen, dass<br />
die Vermutung <strong>de</strong>r Mangelhaftigkeit <strong>im</strong> Zeitpunkt <strong>de</strong>s Gefahrüberganges wi<strong>de</strong>rlegt ist.<br />
Die hier vom Gesetzgeber vorgenommene Beweislastverteilung entspricht auch <strong>de</strong>m von <strong>de</strong>r
EU-Richtlinie verfolgten Zweck eines umfassen<strong>de</strong>n Verbraucherschutzes. Wie oben ausgeführt,<br />
unterschei<strong>de</strong>t die Richtlinie nicht zwischen einer neu hergestellten <strong>und</strong> einer gebrauchten Sache<br />
<strong>und</strong> ebenso wenig zwischen Lebewesen <strong>und</strong> Massenwaren. In je<strong>de</strong>m Fall genießt <strong>de</strong>r<br />
Verbraucher <strong>de</strong>n vollen Schutz <strong>de</strong>r EU-Richtlinie. Dieser orientiert sich an <strong>de</strong>m Pflichtenkatalog<br />
<strong>de</strong>s Verkäufers zur mangelfreien Lieferung. § 433 Abs. 1 Satz 2 BGB best<strong>im</strong>mt ausdrücklich die<br />
Pflicht <strong>de</strong>s Verkäufers, <strong>de</strong>n Kaufgegenstand frei von Sach- <strong>und</strong> Rechtsmängeln zu liefern. Leistet<br />
<strong>de</strong>r Verkäufer <strong>im</strong> Wi<strong>de</strong>rspruch zu § 433 Abs. 1 Satz 2 BGB mangelhaft, erfüllt er somit seine<br />
vertraglichen Pflichten nicht. Dies führt zu einem ganzen Katalog von Konsequenzen <strong>und</strong><br />
Rechten für <strong>de</strong>n Verbraucher. Er kann diese aber nur durchsetzen, wenn er <strong>de</strong>n Nachweis führt,<br />
dass die verkaufte Sache zum Zeitpunkt <strong>de</strong>s Gefahrübergangs mangelhaft war.<br />
Mit <strong>de</strong>m Erlass <strong>de</strong>r EU-Richtlinie hat die EU-Kommission erkannt, dass es <strong>de</strong>m Verbraucher als<br />
letztem Glied einer umfangreichen Produktions- <strong>und</strong> Han<strong>de</strong>lskette aus <strong>de</strong>r Sache heraus <strong>im</strong><br />
Allgemeinen nicht möglich ist, <strong>de</strong>n Nachweis <strong>de</strong>r Mangelhaftigkeit <strong>de</strong>r Sache zum Zeitpunkt <strong>de</strong>s<br />
Gefahrüberganges zu führen. Insoweit musste also <strong>de</strong>r Gesetzgeber angehalten wer<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>m<br />
Verbraucher in <strong>de</strong>r Nachweisfrage entgegenzukommen, wenn überhaupt <strong>de</strong>r Anspruch auf einen<br />
effektiven Verbraucherschutz europaweit durchgesetzt wer<strong>de</strong>n sollte. Die hier von <strong>de</strong>r EU-<br />
Richtlinie vorgenommene Beweislastverteilung <strong>im</strong> Sinne einer begrenzten Beweislastumkehr ist<br />
daher sowohl sachgerecht als auch <strong>im</strong> Ergebnis vollständig angemessen.<br />
3.5. Die Kaufuntersuchung <strong>und</strong> die Beweislastumkehr gemäß § 476 BGB.<br />
Da das Pferd aus <strong>de</strong>m Sach- <strong>und</strong> Organisationsbereich <strong>de</strong>s Verkäufers heraus verkauft wird <strong>und</strong><br />
mangelfrei sein muss kann <strong>de</strong>m Verkäufer auch <strong>im</strong> Wege <strong>de</strong>r Beweislastverteilung zugemutet<br />
wer<strong>de</strong>n, dass er <strong>de</strong>n Nachweis zu führen hat, wonach das Pferd zum Zeitpunkt <strong>de</strong>s<br />
Gefahrüberganges frei von Mängeln ist. Kein Pfer<strong>de</strong>verkäufer ist gezwungen, ein best<strong>im</strong>mtes<br />
Pferd zu verkaufen. Wenn er sich aber zum Verkauf entschließt, kann von ihm erwartet wer<strong>de</strong>n,<br />
dass er auch tatsächlich ein mangelfreies Pferd verkauft <strong>und</strong> alle für ihn möglichen Maßnahmen<br />
ergreift, um diesem Anfor<strong>de</strong>rungsprofil gerecht zu wer<strong>de</strong>n. Dazu zählt insbeson<strong>de</strong>re die<br />
Möglichkeit, sich selbst durch eine möglichst umfassen<strong>de</strong> Kaufuntersuchung ein abschließen<strong>de</strong>s<br />
Bild von <strong>de</strong>m tiermedizinischen Zustand <strong>de</strong>s zum Verkauf angebotenen Pfer<strong>de</strong>s zu verschaffen.<br />
Wenn <strong>de</strong>r Verkäufer eines Pfer<strong>de</strong>s auf diese Erkenntnismöglichkeiten verzichtet, kann er sich nur<br />
schwerlich zur Vermeidung <strong>de</strong>r Konsequenzen <strong>de</strong>r Beweislastumkehr <strong>de</strong>s § 476 BGB darauf<br />
berufen, dass ein Pferd bekanntermaßen ein Lebewesen sei, das einem ständigen Wan<strong>de</strong>l in <strong>de</strong>r<br />
Konstitution <strong>und</strong> Kondition unterliege. In nahezu je<strong>de</strong>m Rechtsstreit fin<strong>de</strong>n sich die nahezu<br />
i<strong>de</strong>ntischen Argumente: Auch die jeweiligen individuellen Beschaffenheiten <strong>de</strong>s verkauften<br />
Pfer<strong>de</strong>s, wie anatomische Gegebenheiten, Haltung, Nutzung <strong>und</strong> Fütterung müssten<br />
berücksichtigt wer<strong>de</strong>n, so dass sich die Anwendung <strong>de</strong>s § 476 BGB wegen <strong>de</strong>r Natur <strong>de</strong>r Sache<br />
verbietet. Vom Verkäufer eines mangelhaften Pfer<strong>de</strong>s wird fast je<strong>de</strong>r Gedanke aufgegriffen, um<br />
die für <strong>de</strong>n Verkäufer negativen <strong>und</strong> für <strong>de</strong>n Käufer entsprechend positiven Auswirkungen <strong>de</strong>s §<br />
476 BGB einseitig zu seinen Gunsten zu korrigieren. Es bleibt lediglich die Frage zu stellen,<br />
warum <strong>de</strong>r Verkäufer eines mangelhaften Pfer<strong>de</strong>s nicht zumin<strong>de</strong>st einen Teil dieser Energie<br />
aufwen<strong>de</strong>t, um durch eine von ihm selbst in Auftrag gegebene Kaufuntersuchung erst gar kein<br />
mangelhaftes Pferd an zu bieten o<strong>de</strong>r zumin<strong>de</strong>st die festgestellten Mängel in einem<br />
Mängelprotokoll zu erfassen <strong>und</strong> damit die Beschaffenheit <strong>de</strong>s Pfer<strong>de</strong>s exakt zu best<strong>im</strong>men?<br />
Statt<strong>de</strong>ssen wird wie schon vor Jahr <strong>und</strong> Tag <strong>de</strong>m Käufer zugemutet, zur Wahrung seiner Rechte<br />
eine Ankaufsuntersuchung durchführen zu lassen.<br />
Der Käufer eines Pfer<strong>de</strong>s hat zwar ein nachhaltiges Interesse daran, ein mangelfreies <strong>und</strong> für<br />
seine Zwecke geeignetes Pferd zu erwerben. Eine ausdrücklich normierte gesetzliche Pflicht trifft<br />
aber nur <strong>de</strong>n Verkäufer, <strong>und</strong> diese besagt ganz ein<strong>de</strong>utig, dass das verkaufte Pferd mangelfrei <strong>und</strong><br />
zu <strong>de</strong>m zwischen <strong>de</strong>n Vertragsteilen best<strong>im</strong>mten Verwendungszweck geeignet sein muss.
3.6. Fazit:<br />
§ 476 BGB setzt nach Übernahme <strong>de</strong>s Produktes <strong>de</strong>n Nachweis <strong>de</strong>s Käufers voraus, dass ein<br />
Sachmangel vorliegt <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Mangel nicht auf einem fehlerhaften Gebrauch <strong>de</strong>r Sache beruht,<br />
ein Scheinmangel also auszuschließen ist. Wenn schon vom Käufer nicht verlangt wer<strong>de</strong>n kann,<br />
dass er je<strong>de</strong> theoretisch <strong>de</strong>nkbare Ursache eines best<strong>im</strong>mten Sachmangels auf <strong>de</strong>r Basis eines<br />
Vollbeweises ausräumt, trifft ihn doch eine erhebliche Pflicht, umfassend zur Frage <strong>de</strong>s<br />
Vorliegens eines Scheinmangels vorzutragen. Nur so wird das Gericht über die Frage <strong>de</strong>s<br />
Vorliegens eines Sachmangels entschei<strong>de</strong>n können.<br />
Im Falle lediglich einer Ursache sollte bei genetisch bedingten Verän<strong>de</strong>rungen <strong>und</strong> chronischen<br />
Krankheiten die Beweislastumkehr angewen<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n, da hier die „Tiergefahr“ <strong>de</strong>r leichten<br />
Verän<strong>de</strong>rbarkeit eher nicht einschlägig sein dürfte. Bei akuten Erkrankungen dürfte dies dagegen<br />
nicht zwingend sein.<br />
Liegt danach ein Sachmangel vor, gelangt man in <strong>de</strong>n uneingeschränkten Genuss <strong>de</strong>s § 476 BGB.<br />
Ist fraglich, ob die Beweislastregel aufgr<strong>und</strong> <strong>de</strong>r Art <strong>de</strong>s Mangels nicht doch unanwendbar ist,<br />
lässt sich dies ten<strong>de</strong>nziell so beantworten, dass sie <strong>im</strong> Falle chronischer o<strong>de</strong>r sich schleichend<br />
fortentwickeln<strong>de</strong>n Krankheiten, <strong>de</strong>ren Inkubationszeit auch noch vor <strong>de</strong>r Übergabe begonnen<br />
hat (OLG Hamm, Urteil vom 03.05.2005, AZ: 19 U 123/04) greift, bei Verhaltensstörungen wie<br />
Weben, Koppen (LG Aurich, ZGS 2005, 40, OLG Ol<strong>de</strong>nburg, RdL 2005, 65), Bissigkeit o<strong>de</strong>r<br />
Rittigkeitsproblemen (OLG Ol<strong>de</strong>nburg, RdL 2005, 65), aber auch bei Spat (u.a. OLG Hamm,<br />
RdL 2005, 66) jedoch nicht.<br />
4. Fehler be<strong>im</strong> Pfer<strong>de</strong>(ver-)kauf<br />
4.1. Aus Sicht <strong>de</strong>s Käufers: Keine Nachfristsetzung<br />
Treten Probleme bei einem Tierkauf auf, weil das Tier krank ist, wollen viele Käufer die<br />
Tierarztkosten vom Verkäufer ersetzt haben. Diese Ansprüche sind allerdings<br />
Scha<strong>de</strong>nsersatzansprüche, die es <strong>im</strong> Kaufrecht gr<strong>und</strong>sätzlich nur nach einer erfolglosen<br />
Nachbesserung durch <strong>de</strong>n Verkäufer gibt. Hierzu muss <strong>de</strong>m Verkäufer zunächst eine Nachfrist<br />
gesetzt wer<strong>de</strong>n.<br />
Wie <strong>de</strong>r BGH mit Urteil vom 23. Februar 2005, VIII ZR 100/04, entschie<strong>de</strong>n hat, setzt <strong>de</strong>r<br />
Anspruch <strong>de</strong>s Käufers auf Scha<strong>de</strong>nsersatz voraus, dass <strong>de</strong>r Käufer <strong>de</strong>m Verkäufer erfolglos eine<br />
angemessene Frist zur Nacherfüllung best<strong>im</strong>mt hat, soweit nicht einer <strong>de</strong>r gesetzlich geregelten<br />
Ausnahmetatbestän<strong>de</strong> eingreift. Beseitigt <strong>de</strong>r Käufer <strong>de</strong>n Mangel selbst, ohne <strong>de</strong>m Verkäufer<br />
zuvor eine erfor<strong>de</strong>rliche Frist zur Nacherfüllung gesetzt zu haben, kann er auch nicht die<br />
Anrechnung <strong>de</strong>r vom Verkäufer ersparten Aufwendungen für eine Mangelbeseitigung auf <strong>de</strong>n<br />
Kaufpreis verlangen o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n bereits gezahlten Kaufpreis in dieser Höhe zurückfor<strong>de</strong>rn.<br />
Nur in Notfällen ist eine solche Nachfristsetzung entbehrlich (BGH Urteil vom 22.06.2005, VIII<br />
ZR 1/05), <strong>de</strong>nn generell bleibt das Erfor<strong>de</strong>rnis <strong>de</strong>r Nachfristsetzung auch bei Tieren gültig<br />
(Urteil vom 07.12.2005, VIII ZR 126/05).<br />
Be<strong>im</strong> Kauf eines Tieres können beson<strong>de</strong>re Umstän<strong>de</strong>, die die sofortige Geltendmachung <strong>de</strong>s<br />
Scha<strong>de</strong>nsersatzanspruches rechtfertigen, dann vorliegen, wenn <strong>de</strong>r Zustand <strong>de</strong>s Tieres eine<br />
unverzügliche tierärztliche Behandlung als Notmaßnahme erfor<strong>de</strong>rlich erscheinen lässt, die vom<br />
Verkäufer nicht rechtzeitig veranlasst wer<strong>de</strong>n könnte.
Die Parteien <strong>de</strong>s Verfahrens VIII ZR 1/05 stritten um Erstattung <strong>de</strong>r Kosten für die tierärztliche<br />
Behandlung eines H<strong>und</strong>es, <strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Kläger gekauft hatte. Kurze Zeit nach <strong>de</strong>r Übergabe erkrankte<br />
das Tier an blutigem Durchfall, <strong>de</strong>r durch verschie<strong>de</strong>ne Bakterien verursacht wor<strong>de</strong>n war. Der<br />
Kläger brachte <strong>de</strong>n Welpen daher zu einer nahen Tierarztpraxis.<br />
Der BGH urteilte, dass <strong>de</strong>r Kläger von <strong>de</strong>m Beklagten Ersatz seiner Aufwendungen für die<br />
tierärztliche Behandlung <strong>de</strong>s Welpen verlangen könne; eine vorherige Nachfristsetzung war unter<br />
<strong>de</strong>n beson<strong>de</strong>ren Umstän<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Falles ausnahmsweise entbehrlich.<br />
Nach <strong>de</strong>n erstinstanzlich getroffenen Feststellungen ist <strong>de</strong>r BGH davon ausgegangen, dass es sich<br />
bei <strong>de</strong>r ersten tierärztlichen Behandlung um eine Notfallmaßnahme han<strong>de</strong>lte, die aus damaliger<br />
Sicht keinen Aufschub dul<strong>de</strong>te <strong>und</strong> auch einen Transport <strong>de</strong>s erkrankten H<strong>und</strong>es zum Beklagten<br />
nicht zuließ.<br />
Unter diesen Umstän<strong>de</strong>n war <strong>de</strong>r Kläger nicht gehalten, <strong>und</strong> es war ihm auch nicht zumutbar, mit<br />
<strong>de</strong>m Tier <strong>im</strong> Auto eine Strecke von 30 km zurückzulegen, um <strong>de</strong>n Welpen zu <strong>de</strong>m Beklagten<br />
zurückzubringen, damit dieser nunmehr die nötigen tierärztlichen Untersuchungen selbst<br />
einleiten konnte. Die gesetzlich vorgeschriebenen Interessenabwägung ist etwa dann zugunsten<br />
<strong>de</strong>s Käufers vorzunehmen, wenn bei einem mit <strong>de</strong>r Nachfristsetzung notwendigerweise<br />
verb<strong>und</strong>enen Zeitverlust ein wesentlich größerer Scha<strong>de</strong>n droht als bei einer vom Gläubiger<br />
sofort vorgenommenen Mängelbeseitigung.<br />
Durfte <strong>de</strong>r Kläger danach die tierärztliche Behandlung <strong>de</strong>s erkrankten Welpen veranlassen, ohne<br />
vorher <strong>de</strong>n Verkäufer zur Durchführung einer solchen Maßnahme innerhalb einer best<strong>im</strong>mten<br />
Frist aufgefor<strong>de</strong>rt zu haben, so gilt dies in gleicher Weise auch für die weiteren notwendigen<br />
tierärztlichen Behandlungstermine. Eine Auffor<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Verkäufers zur weiteren<br />
Nachbesserung mit <strong>de</strong>r Möglichkeit, <strong>de</strong>n behan<strong>de</strong>ln<strong>de</strong>n Tierarzt zu wechseln, war unter<br />
Abwägung <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>rseitigen Interessen entbehrlich. Bei <strong>de</strong>r medizinischen Behandlung eines<br />
akut erkrankten Tieres, die sich über einen Zeitraum von mehreren Wochen hinzieht, erscheint<br />
<strong>de</strong>m BGH ein <strong>de</strong>rartiger Wechsel für <strong>de</strong>n Käufer unzumutbar <strong>und</strong> unzweckmäßig. Das gilt umso<br />
mehr, wenn sich die Kosten <strong>de</strong>r Behandlung in Grenzen halten <strong>und</strong> in gleicher Höhe auch<br />
angefallen wären, wenn nach entsprechen<strong>de</strong>r Auffor<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Klägers die medizinisch gebotene<br />
weitere Behandlung <strong>de</strong>s Welpen durch <strong>de</strong>n Verkäufer veranlasst wor<strong>de</strong>n wäre. Bei einem<br />
Wechsel <strong>de</strong>s Tierarztes wären möglicherweise sogar Mehrkosten entstan<strong>de</strong>n, weil dieser nicht an<br />
eine eigene Erstuntersuchung hätte anknüpfen können.<br />
Aus dieser Entscheidung ist daher abzuleiten, dass nur in eng umgrenzen Ausnahmefällen auf<br />
eine Nachfristsetzung ganz verzichtet wer<strong>de</strong>n kann. Auch be<strong>de</strong>utsam dürfte die Frage sein, wie<br />
lang eine Frist bemessen sein muss, um noch angemessen zu sein. So könnte ein Käufer<br />
beispielsweise <strong>de</strong>m Verkäufer eine Frist von wenigen St<strong>und</strong>en o<strong>de</strong>r Tagen setzen um eine<br />
dringen<strong>de</strong> Maßnahme durchzuführen. Die Abgrenzung wann eine Frist (noch) angemessen ist,<br />
wird aber von Einzelfall zu Einzelfall variieren. Hier sollte man fachk<strong>und</strong>igen Rat – nicht nur<br />
<strong>anwaltliche</strong>n, son<strong>de</strong>rn auf vorab telefonisch insbeson<strong>de</strong>re tierärztlichen – einholen.<br />
Eine weitere wichtige Ausnahme von <strong>de</strong>m Erfor<strong>de</strong>rnis <strong>de</strong>r Nachfristsetzung macht <strong>de</strong>r BGH,<br />
wenn <strong>de</strong>r Verkäufer <strong>de</strong>m Käufer einen Mangel bei Abschluss <strong>de</strong>s Kaufvertrags arglistig<br />
verschwiegen hat. Dies gilt für <strong>de</strong>n sofortigen Rücktritt (Beschluss vom 08.12.2006, AZ: V ZR<br />
249/05) <strong>und</strong> für die sofortige Min<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Kaufpreises (Urteil vom 09.01.2008, AZ: VIII ZR<br />
210/06).<br />
Wenn <strong>de</strong>r Verkäufer einen behebbaren Mangel arglistig verschweigt, ist <strong>im</strong> Regelfall eine<br />
Nachfristsetzung entbehrlich, <strong>de</strong>nn die für eine Mangelbeseitigung durch <strong>de</strong>n Verkäufer<br />
erfor<strong>de</strong>rliche Vertrauensgr<strong>und</strong>lage ist meist zerstört. Entschließt sich <strong>de</strong>r Verkäufer, einen ihm
ekannten Mangel nicht zu beseitigen <strong>und</strong> die Sache in einem vertragswidrigen Zustand zu<br />
veräußern, so muss man ihm keine zweite Chance einräumen, nach<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Mangel ent<strong>de</strong>ckt ist.<br />
Dies gilt in <strong>de</strong>r Regel auch, wenn <strong>de</strong>r Mangel durch einen Dritten – bspw. einen Tierarzt – zu<br />
beseitigen wäre. Auch bei einer Mangelbeseitigung, die durch einen vom Verkäufer<br />
auszuwählen<strong>de</strong>n Dritten vorzunehmen ist, fehlt auf Seiten <strong>de</strong>s Käufers in <strong>de</strong>r Regel die für die<br />
Mangelbeseitigung durch <strong>de</strong>n Verkäufer erfor<strong>de</strong>rliche Vertrauensgr<strong>und</strong>lage.<br />
4.2. Aus Sicht <strong>de</strong>s Verkäufers: Kein schriftlicher Vertrag <strong>und</strong> unwirksame Klauseln<br />
Der Verkäufer haftet nach Gesetz zwei Jahre ab <strong>de</strong>m Zeitpunkt <strong>de</strong>r Übergabe <strong>de</strong>s Tieres, bei<br />
arglistigem Verschweigen sogar drei Jahre ab Kenntnis o<strong>de</strong>r fahrlässiger Unkenntnis <strong>de</strong>s Käufers<br />
vom Mangel, max<strong>im</strong>al aber zehn Jahre ab Entstehung <strong>de</strong>s Anspruchs.<br />
Ein Privatmann als Verkäufer kann die Verjährung bis auf Null verkürzen. Dagegen kann ein<br />
Unternehmer <strong>im</strong> Rahmen <strong>de</strong>s sog. Verbrauchsgüterkaufes be<strong>im</strong> Verkauf <strong>de</strong>s „Verbrauchsgutes<br />
Tier“ die Verjährung max<strong>im</strong>al auf ein Jahr verkürzen, wenn das Tier gebraucht ist.<br />
Nach <strong>de</strong>r Rechtsprechung <strong>de</strong>s B<strong>und</strong>esgerichtshofes sind Tiere gebraucht, wenn sie <strong>de</strong>m<br />
best<strong>im</strong>mungsgemäßen Gebrauch zugeführt sind. Wer<strong>de</strong>n Tiere in diesem Sinne verwen<strong>de</strong>t, steigt<br />
das Risiko für das Auftreten von Mängeln erheblich. Daher wird man davon ausgehen können,<br />
dass Fohlen zumin<strong>de</strong>st solange als neu hergestellte Sachen zu behan<strong>de</strong>ln sind, wie sie noch nicht<br />
angeritten bzw. angefahren o<strong>de</strong>r sonst auf ihre zukünftige Verwendung hin ausgebil<strong>de</strong>t wor<strong>de</strong>n<br />
sind.<br />
Weitere Einschränkungen ergeben sich bei Verwendung von AGB. AGB liegen vor, wenn<br />
Klauseln o<strong>de</strong>r ganze Verträge für eine Vielzahl von Geschäften vorformuliert sind <strong>und</strong> einseitig<br />
gestellt wer<strong>de</strong>n. Vorgedruckte Verträge – auch Muster aus Zeitschriften – gelten nach ständiger<br />
Rechtsprechung <strong>de</strong>s BGH <strong>im</strong>mer als AGB, auch wenn <strong>de</strong>r Verwen<strong>de</strong>r sich die Mühe gemacht<br />
hat, <strong>de</strong>n Vertrag abzuschreiben. Durch sie kann daher die Haftung auch unter Privaten nicht<br />
vollständig ausgeschlossen wer<strong>de</strong>n. Dies geht nur durch einen individuellen Vertrag.<br />
AGB können gesetzliche Regeln nur eingeschränkt än<strong>de</strong>rn, bei einem Verstoß gegen die<br />
entsprechen<strong>de</strong>n Schutzregeln ist <strong>de</strong>r gesamte AGB-Komplex unwirksam, so dass wie<strong>de</strong>r die<br />
gesetzlichen Regelungen – die man gera<strong>de</strong> vermei<strong>de</strong>n wollte – wie<strong>de</strong>r eingreifen. So ist <strong>de</strong>r<br />
Gewährleistungsausschluss für neue Sachen unzulässig, die Verjährung bei neuen Sachen muss<br />
min<strong>de</strong>stens ein Jahr betragen. (Bei einem Verbrauchsgüterkauf ohnehin zwei Jahre). Ein<br />
Scha<strong>de</strong>nsersatzausschluss ist zumin<strong>de</strong>st bei Vorsatz o<strong>de</strong>r grober Fahrlässigkeit sowie bei<br />
Verletzungen von Leben, Körper <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit unzulässig.<br />
Ein vollständiger „Haftungsausschluss“ ist aber möglich, wenn <strong>de</strong>r Käufer <strong>de</strong>n Mangel bei<br />
Vertragsschluss kennt bzw. <strong>de</strong>r Verkäufer <strong>de</strong>n Mangel <strong>im</strong> Kaufvertrag mitteilt. Gleiches gilt bei<br />
grob fahrlässiger Unkenntnis <strong>de</strong>s Mangels, es sei <strong>de</strong>nn, <strong>de</strong>r Verkäufer hat <strong>de</strong>n Mangel arglistig<br />
verschwiegen o<strong>de</strong>r die Garantie für eine Eigenschaft übernommen.<br />
5. Vom Sinn eines Schutzvertrages<br />
Viele Tiereigentümer sind aus <strong>de</strong>n unterschiedlichsten Grün<strong>de</strong>n gezwungen, ihr Tier<br />
wegzugeben. Oft besteht <strong>de</strong>r Wunsch, dass es <strong>de</strong>m Liebling in <strong>de</strong>r Frem<strong>de</strong> ebenso gut gehen<br />
möge, wie „dahe<strong>im</strong>“. Daher versuchen viele Verkäufer, diesen Wunsch in Vertragsform zu<br />
gießen. So hofft man, das Wohlergehen <strong>de</strong>s Lieblings notfalls gerichtlich durchsetzen zu können.<br />
Diese Bestrebungen sind allerdings nur teilweise <strong>und</strong> auf Umwegen zu erreichen.
Das Mittel <strong>de</strong>r Wahl ist <strong>de</strong>r sogenannte Schutzvertrag.<br />
Der normale Schutzvertrag besteht aus 2 Komponenten. Zunächst wer<strong>de</strong>n Pflichten <strong>de</strong>s Käufers<br />
festgelegt. Diese können in Verhaltensregeln (<strong>de</strong>m Pferd viel Koppelgang ermöglichen,<br />
regelmäßige Tierarztuntersuchungen), Gebrauchsbeschränkungen (<strong>de</strong>n H<strong>und</strong> nicht ganzjährig als<br />
Freiland-Wachh<strong>und</strong> einzusetzen) o<strong>de</strong>r Unterlassungsgeboten (das Pferd nicht mit Hafer zu<br />
füttern ) bestehen. Hier sind <strong>de</strong>r Phantasie <strong>de</strong>r Vertragsparteien keine Grenzen gesetzt.<br />
Einen weiteren Schutz soll ein Vorkaufsrecht bieten. So will <strong>de</strong>r Verkäufer sein Mitspracherecht<br />
erhalten, wenn das Tier verkauft wer<strong>de</strong>n soll. Denn bei einem Weiterverkauf erlöschen die<br />
zwischen Verkäufer <strong>und</strong> Käufer bin<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Absprachen aus <strong>de</strong>m Schutzvertrag.<br />
Solange also das Tier nicht verkauft wer<strong>de</strong>n soll bleibt nur Erstere als Ansatzpunkt.<br />
Direkt kann <strong>de</strong>r Verkäufer die Regelbefolgung nicht erzwingen. Wenn <strong>de</strong>r Käufer jedoch gegen<br />
die Regeln verstößt, hat <strong>de</strong>r Verkäufer einen Scha<strong>de</strong>nsersatzanspruch. Diesen zu beziffern, so<br />
dass es <strong>de</strong>m Käufer weh tut, mithin <strong>de</strong>r Sicherungszweck durch finanziellen Druck erreicht<br />
wer<strong>de</strong>n kann, ist jedoch nahezu unmöglich. Welchen Scha<strong>de</strong>n soll <strong>de</strong>r Verkäufer <strong>de</strong>nn haben,<br />
wenn ein Tier, dass ehemals ihm gehörte, falsch gefüttert wird?<br />
Deswegen braucht je<strong>de</strong>r Schutzvertrag noch Vertragsstrafenklauseln zur Absicherung. So<br />
verspricht <strong>de</strong>r Käufer für die Verletzung von vertraglichen Schutzpflichten die Zahlung einer<br />
best<strong>im</strong>mten Summe. Tritt nun eine Pflichtverletzung ein, muss <strong>de</strong>r Käufer diesen Betrag an <strong>de</strong>n<br />
Verkäufer zahlen. Um dies zu vermei<strong>de</strong>n wird <strong>de</strong>r Käufer sich wohl an die Schutzregeln halten.<br />
So sichert eine Vertragsstrafe indirekt die Zweckerreichung ab.<br />
Damit dieser I<strong>de</strong>alfall aber eintreten kann, sollte man sich <strong>de</strong>n Vertrag von kompetenter Seite<br />
erstellen lassen, <strong>de</strong>nn <strong>de</strong>r Teufel steckt wie <strong>im</strong>mer <strong>im</strong> Detail.<br />
Eine Vertragsstrafe ist frei zu vereinbaren, sie kann nur vom angerufenen Gericht auf Antrag <strong>de</strong>s<br />
Schuldners herabgesetzt wer<strong>de</strong>n, wenn sie unverhältnismäßig hoch ist. Hierbei sind das<br />
berechtigte Interesse <strong>de</strong>s Gläubigers an <strong>de</strong>r Verhin<strong>de</strong>rung, die Funktion als Abschreckungs-,<br />
Druck- <strong>und</strong> Sicherungsmittel <strong>und</strong> als pauschalierter Scha<strong>de</strong>nsersatz, die Art, Schwere <strong>und</strong> das<br />
Ausmaß <strong>de</strong>r Zuwi<strong>de</strong>rhandlung sowie das Verschul<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Verletzers (Vorsatz?) <strong>und</strong> die<br />
wirtschaftliche Lage <strong>de</strong>s Schuldners zu beachten. Ein Abstellen auf einen Bruchteil <strong>de</strong>s zu<br />
schützen<strong>de</strong>n Wertes kommt nach <strong>de</strong>r BGH-Rechtsprechung nicht in Betracht.<br />
6. Verkäuferrechte be<strong>im</strong> Tierkauf<br />
Die Gr<strong>und</strong>pflichten <strong>de</strong>s Käufers – <strong>und</strong> damit die Gr<strong>und</strong>rechte <strong>de</strong>s Verkäufers – sind die<br />
Kaufpreiszahlung <strong>und</strong> die Abnahme <strong>de</strong>s Kaufgegenstan<strong>de</strong>s, hier also <strong>de</strong>s Tieres. Zwar kann dies<br />
an<strong>de</strong>rs sein, wenn das Tier mangelhaft ist, dies soll hier jedoch ausgeblen<strong>de</strong>t bleiben.<br />
Die Parteien <strong>de</strong>s Kaufes können vertraglich vereinbaren, dass <strong>de</strong>r Käufer eine Anzahlung leisten<br />
muss, einen Anspruch hierauf - ohne vertragliche Vereinbarung - hat <strong>de</strong>r Verkäufer nicht.<br />
Solange <strong>de</strong>r Vertrag besteht, hat <strong>de</strong>r Verkäufer einen Anspruch auf diese Anzahlung, so wie auf<br />
<strong>de</strong>n gesamten Kaufpreis.<br />
Erfüllt <strong>de</strong>r Käufer seinen Teil <strong>de</strong>s Vertrages nicht bzw. vereitelt er die Erfüllung durch <strong>de</strong>n<br />
Verkäufer, so hat <strong>de</strong>r Verkäufer Scha<strong>de</strong>nsersatzansprüche (insb. auf zusätzliche Futterkosten <strong>und</strong><br />
Kaufpreisverzugszinsen). Nach erfolgloser Fristsetzung kann <strong>de</strong>r Verkäufer auch vom Vertrag
zurücktreten, insb. um das Tier erneut zu verkaufen. Dann ist zwar die Anzahlung<br />
zurückzuerstatten, sofern keine Verfallsklausel <strong>im</strong> Kaufvertrag vereinbart wur<strong>de</strong>. Seine<br />
Scha<strong>de</strong>nsersatzansprüche kann er aber mit <strong>de</strong>r erhaltenen Anzahlungen aufrechnen.<br />
Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) liegen vor, wenn Klauseln o<strong>de</strong>r ganze Verträge für<br />
eine Vielzahl von Geschäften vorformuliert sind <strong>und</strong> einseitig gestellt wer<strong>de</strong>n. Vorgedruckte<br />
Verträge – auch Muster aus Zeitschriften – gelten nach ständiger Rechtsprechung <strong>de</strong>s BGH<br />
<strong>im</strong>mer als AGB, auch wenn <strong>de</strong>r Verwen<strong>de</strong>r sich die Mühe gemacht hat, <strong>de</strong>n Vertrag<br />
abzuschreiben. Hinweise auf Internetseiten wer<strong>de</strong>n nur dann Vertragsbestandteil, wenn diese<br />
nach <strong>de</strong>n Vorschriften <strong>de</strong>s BGB zu AGB in <strong>de</strong>n Kaufvertrag einbezogen wur<strong>de</strong>n. Liegen danach<br />
AGB vor, stellt sich die Frage <strong>de</strong>r Wirksamkeit <strong>de</strong>r Klausel.<br />
AGB können gesetzliche Regeln nur eingeschränkt än<strong>de</strong>rn, bei einem Verstoß gegen die<br />
entsprechen<strong>de</strong>n Schutzregeln ist <strong>de</strong>r gesamte AGB-Komplex unwirksam. So ist <strong>de</strong>r<br />
Gewährleistungsausschluss für neue Sachen unzulässig, die Verjährung bei neuen Sachen muss<br />
min<strong>de</strong>stens ein Jahr betragen. Ein Scha<strong>de</strong>nsersatzausschluss ist zumin<strong>de</strong>st bei Vorsatz o<strong>de</strong>r<br />
grober Fahrlässigkeit sowie bei Verletzungen von Leben, Körper <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit unzulässig.<br />
Auch kann man sich durch AGB keine Vertragsstrafen für <strong>de</strong>n Fall <strong>de</strong>r Nichterfüllung<br />
versprechen lassen. Pauschalierte Scha<strong>de</strong>nsersatzansprüche zu vereinbaren ist nur eingeschränkt<br />
zulässig.<br />
7. Zur Frage <strong>de</strong>r Unternehmereigenschaft eines Züchters<br />
Erste Voraussetzung für das Vorliegen eines Verbrauchsgüterkaufes ist eine best<strong>im</strong>mte<br />
Parteienkonstellation: Ein Unternehmer verkauft eine Sache an einen Verbraucher. In diesem Fall<br />
sieht das Gesetz <strong>de</strong>n Unternehmer durch seine Erfahrung <strong>und</strong> Marktmacht <strong>im</strong> Vorteil <strong>und</strong><br />
schränkt daher die Vertragsfreiheit zum Schutz <strong>de</strong>s Käufers ein.<br />
Ein Unternehmer ist, wer bei Abschluss <strong>de</strong>s Rechtsgeschäftes in Ausübung seiner gewerblichen<br />
o<strong>de</strong>r selbständigen beruflichen Tätigkeit han<strong>de</strong>lt. Als Unternehmer gilt je<strong>de</strong> Person o<strong>de</strong>r<br />
Gesellschaft, die am Markt planmäßig <strong>und</strong> dauerhaft gegen Entgelt Leistungen anbietet. Auf die<br />
Eintragung <strong>im</strong> Han<strong>de</strong>lsregister kommt es nicht an. Unter diesen Begriff <strong>de</strong>s Unternehmers fallen<br />
vor allem Tierhändler, Züchter als Gewerbetreiben<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r als Landwirte, Ausbil<strong>de</strong>r o<strong>de</strong>r<br />
Stallbetreiber. Wann allerdings ein Hobbyzüchter zum Unternehmer wird, ist nach wie vor<br />
unklar.<br />
Zwar hat B<strong>und</strong>esgerichtshof (BGH, AZ VIII ZR 173/05) am 29.03.2006 in einem Fall zum<br />
Pfer<strong>de</strong>kauf zur Frage <strong>de</strong>r Unternehmereigenschaft Stellung genommen <strong>und</strong> festgestellt, „Be<strong>im</strong><br />
Verbrauchsgüterkauf (§ 474 BGB) setzt das Vorliegen eines Gewerbes <strong>und</strong> damit die Unternehmerstellung <strong>de</strong>s<br />
Verkäufers nicht voraus, dass dieser mit seiner Geschäftstätigkeit die Absicht verfolgt, Gewinn zu erzielen.“<br />
Eine wirkliche Klärung ist damit aber noch nicht erreicht.<br />
Die Unternehmereigenschaft ist zu bejahen, wenn die Person in Ausübung ihrer gewerblichen<br />
o<strong>de</strong>r selbständigen Tätigkeit han<strong>de</strong>lt. Dies setzt ein planmäßiges Anbieten von Leistungen am<br />
Markt auf Dauer <strong>und</strong> gegen Entgelt voraus. Auch eine nebenberufliche Tätigkeit wird hiervon<br />
erfasst.<br />
Das Merkmal „selbständig“ ist in aller Regel ein<strong>de</strong>utig erfüllt, <strong>de</strong>nn die Zucht wird nur in <strong>de</strong>n<br />
seltensten Fällen für Dritte betrieben.<br />
Wann eine Tätigkeit „planmäßig <strong>und</strong> auf Dauer angelegt“ betrieben wird, lässt sich aber nicht nur
aufgr<strong>und</strong> fester Kriterien (Dauer min<strong>de</strong>stens ein Jahr o<strong>de</strong>r min<strong>de</strong>stens 10 Geschäftsabschlüsse<br />
pro Jahr getätigt wer<strong>de</strong>n müssen o. ä.) entschei<strong>de</strong>n.<br />
Das Merkmal „selbständig“ ist in aller Regel ein<strong>de</strong>utig erfüllt, <strong>de</strong>nn die Zucht wird nur in <strong>de</strong>n<br />
seltensten Fällen für Dritte betrieben. Wann eine Tätigkeit „planmäßig <strong>und</strong> auf Dauer angelegt“<br />
betrieben wird, lässt sich aber nicht nur aufgr<strong>und</strong> fester Kriterien (Dauer min<strong>de</strong>stens ein Jahr<br />
o<strong>de</strong>r min<strong>de</strong>stens 10 Geschäftsabschlüsse pro Jahr o<strong>de</strong>r Ähnliches) entschei<strong>de</strong>n. Auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren<br />
Seite steht die nur gelegentliche Betätigung, also <strong>de</strong>r Hobby- <strong>und</strong> Gelegenheitszüchter.<br />
Bei einmaligen, beziehungsweise gelegentlichen Handlungen erreicht man noch nicht die<br />
Teilnahme am Wirtschaftsleben, die es rechtfertigt, <strong>de</strong>n Züchter als Unternehmer anzusehen (so<br />
auch LG Braunschweig, 4 O 118/04, Urteil vom 26.03.2004). Dagegen genügt es, wenn über<br />
einen Zeitraum von 15 Jahren <strong>im</strong>mer wie<strong>de</strong>r Pfer<strong>de</strong> veräußert wer<strong>de</strong>n (OLG Köln, 11 U 23/07,<br />
Urteil vom 08.08.2007). Hier hatte <strong>de</strong>r Verkäufer allerdings in größerem Umfange Pfer<strong>de</strong> <strong>im</strong><br />
Internet <strong>und</strong> in Zeitschriften angeboten <strong>und</strong> Kleintiere sowie Kutschen- <strong>und</strong> Reitzubehör<br />
veräußert.<br />
Hier entschei<strong>de</strong>n die Umstän<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Einzelfalles. Ausschlaggebend ist, ob durch regelmäßige,<br />
<strong>und</strong>/o<strong>de</strong>r wie<strong>de</strong>rholte Zucht, eine auf Dauer berechnete Einnahmequelle geschaffen wer<strong>de</strong>n soll<br />
<strong>und</strong> ob ein organisatorischer Min<strong>de</strong>staufwand betrieben wird. Unter <strong>de</strong>m Gesichtspunkt <strong>de</strong>s für<br />
die Anwendung <strong>de</strong>r Verbraucherschutzbest<strong>im</strong>mungen maßgeben<strong>de</strong>n Schutzbedürfnisses <strong>de</strong>s<br />
Verbrauchers ist maßgebend, ob <strong>de</strong>r Verkäufer am Markt nach seinem gesamten<br />
Erscheinungsbild als Unternehmer auftritt. Dabei kommt es vor allem auf <strong>de</strong>n Umfang <strong>de</strong>s<br />
Zuchtbetriebs <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Verkaufstätigkeit an. Je mehr Zuchttiere <strong>de</strong>r Züchter hat, je häufiger<br />
Nachkommen geboren <strong>und</strong> verkauft wer<strong>de</strong>n <strong>und</strong> so ein größerer organisatorischer Aufwand<br />
entsteht, <strong>de</strong>sto eher ist er Unternehmer. Natürlich muss man auch nach <strong>de</strong>r Art <strong>de</strong>r gezüchteten<br />
Tiere unterschei<strong>de</strong>n. Kaninchen haben nun einmal viel mehr Nachkommen als Pfer<strong>de</strong>. Das muss<br />
bei <strong>de</strong>r Betrachtung berücksichtigt wer<strong>de</strong>n. Auch für die H<strong>und</strong>ezucht wird dieser Ansatz<br />
vertreten. Die Rechtsprechung hat allerdings noch keine ein<strong>de</strong>utigen tierartspezifischen Aussagen<br />
bezüglich <strong>de</strong>r Zahl <strong>de</strong>r Fohlen <strong>und</strong> <strong>de</strong>s Zeitraums getroffen.<br />
„Gegen Entgelt“ ist die Zucht <strong>im</strong>mer dann, wenn die Fohlen nicht verschenkt, son<strong>de</strong>rn verkauft<br />
wer<strong>de</strong>n, wobei einzelne Verschenkungen noch nicht zur Unentgeltlichkeit <strong>de</strong>s gesamten<br />
Zuchtbetriebs führen. Ob mit <strong>de</strong>n Einnahmen auch ein Gewinn erzielt wird, Verluste reduziert<br />
wer<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r ein Gewinn zumin<strong>de</strong>st beabsichtigt ist, hat für die Entgeltlichkeit <strong>de</strong>r Tätigkeit<br />
dagegen keine Be<strong>de</strong>utung.<br />
Auch das Merkmal <strong>de</strong>s „Auftretens am Markt“ wird <strong>im</strong> Allgemeinen vorliegen, <strong>de</strong>nn hier geht es<br />
ja gera<strong>de</strong> um die Fälle, in <strong>de</strong>nen die Zucht nicht als Selbstzweck <strong>und</strong> zur Vergrößerung <strong>de</strong>r<br />
eigenen Her<strong>de</strong> betrieben wird, son<strong>de</strong>rn in <strong>de</strong>nen die Pfer<strong>de</strong> - gr<strong>und</strong>sätzlich an je<strong>de</strong>rmann -<br />
verkauft wer<strong>de</strong>n sollen, so dass insofern auch <strong>de</strong>r nebenberufliche o<strong>de</strong>r Hobbyzüchter als<br />
Anbieter auf <strong>de</strong>m „Pfer<strong>de</strong>markt“ auftritt. Dieses Merkmal kann <strong>de</strong>r Züchter aber selbst<br />
beeinflussen. Zwar ist die Unternehmereigenschaft in erster Linie nach objektiven Kriterien zu<br />
best<strong>im</strong>men. Wer als kleiner Züchter aber groß als „Zuchtbetrieb Schulze“ in Zeitschriften <strong>und</strong> <strong>im</strong><br />
Internet auftritt, entsprechen<strong>de</strong> Werbung macht <strong>und</strong> sich auch sonst wie ein normaler<br />
Geschäftsmann aufführt, wirkt nach außen eher wie ein Unternehmer als <strong>de</strong>rjenige, <strong>de</strong>r nur von<br />
M<strong>und</strong>propaganda lebt <strong>und</strong> bei <strong>de</strong>n Verkäufen wie ein Privatmann auftritt.<br />
8. Vorurteile aus <strong>de</strong>m Tierrecht<br />
1. „Ich kann ein gekauftes Pferd innerhalb von 6 Monaten <strong>im</strong>mer zurückgeben“.
FALSCH. Die berühmten 6 Monate beziehen sich auf die Frist in <strong>de</strong>r ggf. <strong>de</strong>r Verkäufer die<br />
Mangelfreiheit <strong>de</strong>s Tieres zu beweisen hat.<br />
2. „Ich kann die Tierarztkosten für die Mängelbeseitigung sofort vom Verkäufer verlangen.“<br />
FALSCH. Zwar ist in Notfällen eine Nachfristsetzung entbehrlich (BGH Urteil vom 22.06.2005,<br />
VIII ZR 1/05), auch wenn generell die Nachfristsetzung auch bei Tieren erfor<strong>de</strong>rlich bleibt<br />
(BGH Urteil vom 07.12.2005, VIII ZR 126/05). Der Verkäufer hat das Recht, zunächst selbst die<br />
Mangelbeseitigung zu versuchen.<br />
3. „Der Tod meines Pfer<strong>de</strong>s gibt mir ein außeror<strong>de</strong>ntliches Kündigungsrecht für die Box“.<br />
FALSCH. Selbst <strong>de</strong>r Tod <strong>de</strong>s Mieters, also <strong>de</strong>s Pfer<strong>de</strong>besitzers, gibt dies nicht her.<br />
4. „Der Verkäufer muss die Mangelfreiheit beweisen“.<br />
FALSCH. Der BGH hat mit Urteil vom 02.06.2004, VIII ZR 329/03, heraus gestellt: „Macht <strong>de</strong>r<br />
Käufer Rechte gem. § 437 BGB geltend, nach<strong>de</strong>m er die Kaufsache entgegengenommen hat,<br />
trifft ihn die Darlegungs- <strong>und</strong> Beweislast für die einen Sachmangel begrün<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Tatsachen. §<br />
476 BGB enthält insoweit für <strong>de</strong>n Verbrauchsgüterkauf keine Beweislastumkehr. Die<br />
Best<strong>im</strong>mung setzt einen binnen sechs Monaten seit Gefahrübergang aufgetretenen Sachmangel<br />
voraus <strong>und</strong> begrün<strong>de</strong>t eine lediglich in zeitlicher Hinsicht wirken<strong>de</strong> Vermutung, dass dieser<br />
Mangel bereits <strong>im</strong> Zeitpunkt <strong>de</strong>s Gefahrübergangs vorlag.“<br />
5. „Je<strong>de</strong>r Pfer<strong>de</strong>züchter o<strong>de</strong>r –händler ist auch Unternehmer“.<br />
FALSCH. Zwar hat <strong>de</strong>r BGH, VIII ZR 173/05, am 29.03.2006 festgestellt, dass die<br />
Unternehmerstellung <strong>de</strong>s Verkäufers nicht voraussetzt, dass dieser mit seiner Geschäftstätigkeit<br />
die Absicht verfolgt, Gewinn zu erzielen. Eine wirkliche Klärung ist damit aber noch nicht<br />
erreicht. Außer<strong>de</strong>m hat <strong>de</strong>r Käufer die Unternehmereigenschaft zu beweisen. Wer lediglich<br />
gelegentlich selbstgezüchtete Pfer<strong>de</strong> verkauft ist nach LG Braunschweig, 4 O 118/04, Urteil vom<br />
26.03.2004, kein Unternehmer.<br />
6. „Auktionsbedingungen von großen Zuchtverbän<strong>de</strong>n sind verbindlich“.<br />
FALSCH. Das BGH Urteil vom 9.11.2005, VIII ZR 116/05, bietet ein <strong>de</strong>utliches Beispiel, was<br />
alles schief gehen kann.<br />
7. „Pfer<strong>de</strong> sind als gebrauchte Sachen zu behan<strong>de</strong>ln“.<br />
Der BGH hat mit Urteil vom 15.11.2006, VIII ZR 3/06, entschie<strong>de</strong>n, dass ein 6 Monate altes<br />
Fohlen nicht gebraucht ist, weil es bis dahin we<strong>de</strong>r als Reittier noch nur Zucht verwen<strong>de</strong>t wor<strong>de</strong>n<br />
war.<br />
8. „Je<strong>de</strong> negative Abweichung vom I<strong>de</strong>al ist ein Mangel“.<br />
FALSCH. Nobody´s perfect. Der BGH hat mit Urteil vom 7. Februar 2007, VIII ZR 266/06,<br />
entschie<strong>de</strong>n, dass die Eignung eines Pfer<strong>de</strong>s als Reittier nicht schon dadurch in Frage gestellt<br />
wird, dass aufgr<strong>und</strong> bestehen<strong>de</strong>r Röntgenverän<strong>de</strong>rungen das Risiko besteht, dass das Tier künftig<br />
klinische Symptome entwickeln wird, die seiner Verwendung als Reitpferd entgegenstehen.<br />
9. „Händler-AGB sind nun gr<strong>und</strong>sätzlich unwirksam“.<br />
FALSCH. Auch nach <strong>de</strong>n neuen AGB- <strong>und</strong> Verbrauchsgüterkaufsregeln gibt es Wege die<br />
Haftung durch allgemeine Geschäftsbedingungen massiv einzuschränken.<br />
10. „Die gute alte AKU hat ausgedient“<br />
NAJA. Zwar hat <strong>de</strong>r Verkäufer gr<strong>und</strong>sätzlich nachzuweisen, dass sein Pferd mangelfrei<br />
(vertragsgemäß) ist, Ausnahmen gibt es aber zu Hauf, <strong>und</strong> außer<strong>de</strong>m lässt sich mit einer AKU<br />
vielleicht auch ein Prozess vermei<strong>de</strong>n, in<strong>de</strong>m man vom Kauf Abstand n<strong>im</strong>mt.
11. „Wer mit seiner Zucht Geld verdient, ist Unternehmer“.<br />
FALSCH. Die Gewinnerzielungsabsicht ist kein notwendiges Merkmal für die<br />
Unternehmereigenschaft (BGH, Urteil vom 29.03.2006, VIII ZR 173/05).<br />
9. Die Haftung <strong>de</strong>s Tierarztes<br />
Die Haftung von Tierärzten ist ein weites Feld. Die bekanntesten Fel<strong>de</strong>r sind fehlerhafte<br />
Ankaufs- bzw. Verkaufsuntersuchungen, missglückte Operationen, Fehldiagnosen <strong>und</strong><br />
Falschbehandlungen.<br />
Das größte Problem <strong>de</strong>r Tierarzthaftung ist jedoch <strong>de</strong>r Nachweis, dass <strong>de</strong>r Tierarzt einen Fehler<br />
gemacht hat <strong>und</strong> sich dieser Fehler scha<strong>de</strong>nsstiftend ausgewirkt hat. Dieses Problem ist hier nicht<br />
erschöpfend zu behan<strong>de</strong>ln, da hier die Umstän<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Einzelfalles entschei<strong>de</strong>nd sind. Denn<br />
letztendlich muss <strong>de</strong>m Tierarzt sein Fehler <strong>und</strong> <strong>de</strong>ssen Wirkung unter weitestgehen<strong>de</strong>m<br />
Ausschluss an<strong>de</strong>rer möglicher Ursachen für <strong>de</strong>n Scha<strong>de</strong>n nachgewiesen wer<strong>de</strong>n.<br />
Wer einen Tierarzt bestellt, schließt mit ihm einen Vertrag über eine Leistung, die <strong>de</strong>r Tierarzt zu<br />
erbringen <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Auftraggeber zu bezahlen hat. Die Höhe <strong>de</strong>s Honorars richtet sich nach <strong>de</strong>r<br />
Gebührenordnung für Tierärzte (GOT). Eine Schriftform <strong>de</strong>s Vertrags ist nicht notwendig. Er<br />
kommt sogar stillschweigend zustan<strong>de</strong>.<br />
9.1. Die Aufklärung<br />
Zunächst hat <strong>de</strong>r Tierarzt die Pflicht <strong>de</strong>n Eigentümer über das mit <strong>de</strong>m Eingriff verb<strong>und</strong>ene<br />
Risiko ordnungsgemäß aufzuklären, da <strong>de</strong>r Eigentümer als Einziger das Recht hat, Eingriffe in<br />
Körper <strong>de</strong>s Tieres zu erlauben. Eine Verpflichtung <strong>de</strong>s Tierarztes, unaufgefor<strong>de</strong>rt über alle<br />
Risiken einer Operation aufzuklären, besteht jedoch nicht (OLG Karlsruhe, Urteil vom<br />
11.08.1980, 6 U 232/79), <strong>de</strong>nn auf die Pflicht <strong>de</strong>s Tierarztes, <strong>de</strong>n Auftraggeber über die Gefahren<br />
einer Operation aufzuklären, sind die Gr<strong>und</strong>sätze über die ärztliche Aufklärungspflicht in <strong>de</strong>r<br />
Humanmedizin nicht anwendbar (BGH, Urteil vom 18.03.1980, AZ: VI ZR 39/79).<br />
9.2. Behandlungsfehler<br />
Der Vertrag über eine Operation o<strong>de</strong>r einen best<strong>im</strong>mten Behandlungsschritt eines Tieres ist ein<br />
Werkvertrag (OLG Karlsruhe, Urteil vom 11.08.1980, 6 U 232/79). Daher schul<strong>de</strong>t <strong>de</strong>r Tierarzt<br />
hier einen Erfolg. Nach an<strong>de</strong>rer Ansicht (insb. aus <strong>de</strong>r Literatur <strong>und</strong> <strong>de</strong>n Tierärzteverbän<strong>de</strong>n)<br />
liegt hier jedoch nur ein Dienstvertrag vor, so dass <strong>de</strong>r Tierarzt nur die sachverständige<br />
Durchführung, nicht jedoch einen Heilerfolg schul<strong>de</strong>t. Eine einheitliche Linie ist hier noch nicht<br />
gef<strong>und</strong>en, zumal es auch Zwischenstufen <strong>und</strong> Ausnahmen mit Rückausnahmen in <strong>de</strong>n<br />
Meinungen gibt. Kriterium ist in <strong>de</strong>r Regel, wie konkret <strong>de</strong>r Auftrag war <strong>und</strong> wie Sicher <strong>de</strong>r<br />
Erfolg einer Maßnahme ist, ob hier die ärztliche Kunst o<strong>de</strong>r eine handwerkliche Fähigkeit<br />
entschei<strong>de</strong>nd ist.<br />
In je<strong>de</strong>m Fall ist aber entschei<strong>de</strong>nd, wie man <strong>de</strong>n Pflichtenkreis <strong>de</strong>s Tierarztes <strong>de</strong>finiert, was er zu<br />
bewirken <strong>und</strong> was „nur“ zu tun hat.<br />
Scha<strong>de</strong>nsersatzansprüche können entstehen, wenn ein Eingriff nicht medizinisch indiziert ist,<br />
wenn <strong>de</strong>r Tierarzt nicht die sicherste <strong>und</strong> risikoärmste Vorgehensweise gewählt hat o<strong>de</strong>r wenn<br />
<strong>de</strong>r Eingriff nicht lege artis, also nach <strong>de</strong>n anerkannten Regeln <strong>de</strong>r medizinischen Lehre <strong>und</strong> Praxis<br />
durchgeführt wor<strong>de</strong>n ist. Allerdings kann es <strong>de</strong>m operieren<strong>de</strong>n Tierarzt nicht als pflichtwidriges<br />
Verhalten angelastet wer<strong>de</strong>n, wenn er unter mehreren Behandlungsmöglichkeiten eine best<strong>im</strong>mte,<br />
möglicherweise risikoreichere Metho<strong>de</strong> wählt, sofern er sie lege artis ausführt.
Trotz enormer Fortschritte in <strong>de</strong>r Medizin sind auch die heutigen Narkoseverfahren nicht<br />
risikofrei. Deshalb muss <strong>de</strong>r Tierarzt <strong>de</strong>n Pfer<strong>de</strong>eigentümer über die Risiken <strong>de</strong>r Narkose<br />
beson<strong>de</strong>rs aufklären <strong>und</strong> seine Einwilligung einholen. Ergeben sich durch die Untersuchung <strong>de</strong>s<br />
Pfer<strong>de</strong>s vor <strong>de</strong>r Narkose Bef<strong>und</strong>e, die auf ein beson<strong>de</strong>res Narkoserisiko hinweisen, muss <strong>de</strong>r<br />
Tierarzt seine Aufklärung auf dieses beson<strong>de</strong>re Risiko erstrecken.<br />
Der Tierarzt hat bei einer Infusion zu beachten, dass er das erfolgversprechendste <strong>und</strong><br />
risikoärmste Verfahren wählt. Bei gleicher Wirksamkeit muss er das Medikament in einer<br />
ungefährlicheren Weise zuführen. Will <strong>de</strong>r Tierarzt, obwohl keine strenge Indikation vorliegt,<br />
eine intravenöse Injektion durchführen, muss er <strong>de</strong>n Pfer<strong>de</strong>eigentümer geson<strong>de</strong>rt aufklären <strong>und</strong><br />
seine Einwilligung einholen. Für Zwischenfälle muss <strong>de</strong>r Tierarzt eine Notfallapotheke griffbereit<br />
haben. Nach Beendigung <strong>de</strong>r intravenösen Behandlung darf <strong>de</strong>r Tierarzt das Pferd nicht sofort<br />
verlassen, son<strong>de</strong>rn muss es zumin<strong>de</strong>st einige Minuten lang beobachten (OLG Frankfurt, 8 U<br />
43/85).<br />
Ein Tierarzt kann jedoch nicht für alles verantwortlich gemacht wer<strong>de</strong>n. Geht ein Pferd, <strong>de</strong>m<br />
wegen Erkrankung <strong>de</strong>r Atmungsorgane eine Terosot-Spritze verabreicht wur<strong>de</strong>, aufgr<strong>und</strong> einer<br />
Unverträglichkeitsreaktion an einem anaphylaktischen Schock ein, trifft <strong>de</strong>n behan<strong>de</strong>ln<strong>de</strong>n<br />
Tierarzt hierfür keine Verantwortung (OLG Ol<strong>de</strong>nburg, Urteil vom 13.05.1997). Auch muss<br />
sichergestellt sein, dass nicht an<strong>de</strong>re, durch <strong>de</strong>n Tierarzt nicht beeinflussbare Faktoren, <strong>de</strong>n<br />
Scha<strong>de</strong>n hervorgerufen haben.<br />
9.3. Mangelbeseitigung<br />
Im Fall eines Mangels – <strong>de</strong>ssen Vorliegen sich nach <strong>de</strong>m anzuwen<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Maßstab <strong>de</strong>s Werk-<br />
o<strong>de</strong>r Dienstvertragsrechts richtet – muss <strong>de</strong>r Eigentümer vom Tierarzt zunächst die<br />
Mängelbeseitigung verlangen.<br />
Hierfür sollte man eine Frist setzen <strong>und</strong> androhen, dass nach fruchtlosem Fristablauf die<br />
Nacherfüllung abgelehnt wird. Wie lange die Frist sein muss, hängt von <strong>de</strong>n Umstän<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s<br />
Einzelfalles ab. Dringen<strong>de</strong> Korrekturen sind sofort vorzunehmen. In Notfällen kann daher auf<br />
eine Fristsetzung auch verzichtet wer<strong>de</strong>n.<br />
Nun ist zum Einen bei so manchem Operationsfehler mehr viel zu retten. Zum An<strong>de</strong>ren verliert<br />
<strong>de</strong>r Eigentümer bei einem solchen einschnei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Fehler schnell jegliches Vertrauen in das<br />
Können <strong>de</strong>s Tierarztes.<br />
Es kann daher in gravieren<strong>de</strong>n Fällen davon ausgegangen wer<strong>de</strong>n, dass beson<strong>de</strong>re Umstän<strong>de</strong> <strong>im</strong><br />
Sinne <strong>de</strong>s Gesetzes vorliegen, die <strong>de</strong>n sofortigen – also ohne vorherige Fristsetzung möglichen –<br />
Rücktritt bzw. die sofortige Min<strong>de</strong>rung rechtfertigen.<br />
An<strong>de</strong>rerseits kann in einem solchen Fall manchmal eine weitere Operation <strong>de</strong>n Mangel beheben<br />
o<strong>de</strong>r abmil<strong>de</strong>rn, da das Pferd noch in <strong>de</strong>r Tierklinik befindlich ist <strong>und</strong> schnell geholfen wer<strong>de</strong>n<br />
kann, ohne das Tier erst noch transportieren zu müssen.<br />
Alle Nachbesserungen hat <strong>de</strong>r Pfer<strong>de</strong>eigentümer dann aber nicht zu bezahlen. Der<br />
Pfer<strong>de</strong>eigentümer bezahlt lediglich die Maßnahme, die er in Auftrag gegeben hat. Der zusätzliche<br />
Aufwand geht zu Lasten <strong>de</strong>s Tierarztes, <strong>de</strong>r die Schlechtleistung erbracht hat.<br />
Wenn <strong>de</strong>r Tierarzt innerhalb <strong>de</strong>r gesetzten Frist <strong>de</strong>n Mangel nicht behoben hat, kann <strong>de</strong>r<br />
Pfer<strong>de</strong>eigentümer die Mangelbeseitigung nach Fristablauf ablehnen <strong>und</strong> einen an<strong>de</strong>ren Tierarzt
eauftragen. Die dadurch entstehen<strong>de</strong>n Kosten kann <strong>de</strong>r Pfer<strong>de</strong>eigentümer von <strong>de</strong>m<br />
verursachen<strong>de</strong>n Tierarzt zurückverlangen.<br />
Keine Haftung besteht hinsichtlich <strong>de</strong>r Einstellkosten während <strong>de</strong>r Genesung sowie für die<br />
„entgangene Lebensfreu<strong>de</strong>“ <strong>de</strong>s Eigentümers, weil er sein Pferd nicht reiten konnte. Die<br />
Rechtsprechung sieht in <strong>de</strong>n Einstellkosten sogenannte „Sowieso- /Ehdo-Kosten“, die in je<strong>de</strong>m<br />
Fall entstan<strong>de</strong>n wären (<strong>im</strong> Dialekt „eh do“) wären, unabhängig davon, ob das Pferd ges<strong>und</strong> o<strong>de</strong>r<br />
krank ist. Der Eigentümer hätte das Pferd in je<strong>de</strong>m Fall unterhalten müssen.<br />
Hinsichtlich <strong>de</strong>s Nutzungsausfalles stellt die Rechtsprechung darauf ab, ob es sich um Sachen<br />
han<strong>de</strong>lt, auf <strong>de</strong>ren ständige Verfügbarkeit <strong>de</strong>r Berechtigte für die eigenwirtschaftliche<br />
Lebenshaltung typischerweise angewiesen ist. Ist das <strong>de</strong>r Fall, besteht ein erstattungsfähiger<br />
Vermögensscha<strong>de</strong>n. Das be<strong>de</strong>utet, dass <strong>de</strong>r Verdienstausfallscha<strong>de</strong>n bei einem gewerblichen<br />
vermieteten Pferd während <strong>de</strong>r Krankheit zu erstatten ist, nicht jedoch <strong>de</strong>r entgangene Spaß bei<br />
einem privat genutzten Pferd.<br />
9.4. Scha<strong>de</strong>nersatz<br />
Dem Pfer<strong>de</strong>eigentümer steht aus <strong>de</strong>m Vertragsverhältnis mit <strong>de</strong>m Tierarzt ein Anspruch auf<br />
Ersatz <strong>de</strong>s durch eine fehlerhaften Behandlung eines Pfer<strong>de</strong>s entstan<strong>de</strong>nen Scha<strong>de</strong>ns in Form <strong>de</strong>r<br />
Kosten für weitere tierärztliche Behandlung, Medikamente <strong>und</strong> Röntgenaufnahmen zu.<br />
Wenn es nach einer Behandlung durch <strong>de</strong>n Tierarzt zu Schä<strong>de</strong>n am Pferd kommt, kann es<br />
geboten sein, die Ursachen <strong>de</strong>r Schä<strong>de</strong>n <strong>im</strong> gerichtlichen Verfahren durch ein<br />
Sachverständigengutachten aufzuklären. Der Pfer<strong>de</strong>eigentümer trägt die Beweislast dafür, dass<br />
eine Pflichtverletzung <strong>de</strong>s Tierarzt zu <strong>de</strong>m behaupteten Scha<strong>de</strong>n geführt hat.<br />
9.5. Die Begrenzung <strong>de</strong>r Haftung<br />
Wie gesehen ist die Haftung <strong>de</strong>s Tierarztes theoretisch sehr weit, <strong>und</strong> wird meist nur durch<br />
Beweisprobleme beschränkt. Daher versuchen viele Tierärzte diese Unwägbarkeiten von<br />
vorneherein auszuschließen.<br />
Der Versuch durch die Verwendung allgemeiner Behandlungsbedingungen die Haftung auf<br />
Vorsatz <strong>und</strong> grobe Fahrlässigkeit zu begrenzen ist zwar begreiflich, wird jedoch vom BGH seit<br />
Menschenge<strong>de</strong>nken vereitelt. Da <strong>de</strong>r Auftrag ja gera<strong>de</strong> auf eine fehlerfreie Behandlung gerichtet<br />
ist <strong>und</strong> es nicht zulässig sein kann durch AGB ausgerechnet die Haftung für die geschul<strong>de</strong>te<br />
Hauptleistung auszuschließen, gehen solche Versuche jedoch regelmäßig schief.<br />
Vorgedruckte Verträge – auch Muster aus Zeitschriften – gelten nach ständiger Rechtsprechung<br />
<strong>de</strong>s BGH <strong>im</strong>mer als AGB, auch wenn <strong>de</strong>r Verwen<strong>de</strong>r sich die Mühe gemacht hat, <strong>de</strong>n Vertrag<br />
abzuschreiben.<br />
Als Ausweg wird Tierärzten häufig empfohlen, durch Individualvereinbarungen die Haftung für<br />
die einfache Fahrlässigkeit auszuschließen o<strong>de</strong>r doch zumin<strong>de</strong>st zu begrenzen, da gr<strong>und</strong>sätzlich<br />
<strong>de</strong>rartige individuell gefasste Vereinbarungen auf Gr<strong>und</strong> <strong>de</strong>s Vorranggebotes auch von <strong>de</strong>n<br />
Gerichten anerkannt wer<strong>de</strong>n. Das Problem an diesem Rat ist nur, dass <strong>de</strong>r Weg zum Nachweis<br />
einer Individualvereinbarung <strong>de</strong>rart schwierig ist, dass <strong>de</strong>r Tierarzt voraussichtlich nicht beweisen<br />
kann, eine <strong>de</strong>rartige Vereinbarung mit <strong>de</strong>m Auftraggeber geschlossen zu haben. Nach ständiger<br />
Rechtsprechung wird hier nicht nur ein bloßes Verhan<strong>de</strong>ln, vielmehr ein „zur Disposition<br />
stellen“ je<strong>de</strong>r einzelnen Vertragsklausel gefor<strong>de</strong>rt. Der Tierarzt wird außer<strong>de</strong>m nachzuweisen<br />
haben, dass es <strong>de</strong>m Auftraggeber möglich war, entschei<strong>de</strong>nd auf Haftungsausschluss bzw.<br />
Haftungsbegrenzung Einfluss zu nehmen. Da dieses Hin<strong>de</strong>rnis auch nicht dadurch übersprungen
wer<strong>de</strong>n kann, dass sich <strong>de</strong>r Tierarzt durch einen (vorformulierten) Text bestätigen lässt, dass die<br />
Haftungsklausel individualvertraglich vereinbart wur<strong>de</strong>, wird eine solche Empfehlung meist nicht<br />
weiterhelfen.<br />
Zu<strong>de</strong>m ist eine Klausel, die ausgerechnet zentrale Vertragspflichten ausschließt auch<br />
individualvertraglich nicht unbedingt zulässig.<br />
Ebenso unsicher ist es, eine summenmäßigen Begrenzung <strong>de</strong>r Haftung, etwa auf die Höhe <strong>de</strong>r<br />
Vermögensscha<strong>de</strong>ns-Haftpflichtversicherung <strong>im</strong> Rahmen <strong>de</strong>r allgemeinen Haftungsbedingungen,<br />
zu vereinbaren. Falls nämlich die Haftungssumme nicht <strong>de</strong>m regelmäßig zu erwarten<strong>de</strong>n<br />
Scha<strong>de</strong>nsverlauf entspricht, führt auch eine Haftungsbegrenzung nach <strong>de</strong>r ständigen<br />
Rechtsprechung <strong>de</strong>s BGH nicht zum Ziel.<br />
Soweit die Verjährungsfrist in <strong>de</strong>n Allgemeinen Behandlungsbedingungen auf unter ein Jahr<br />
verkürzt wird, ist eine <strong>de</strong>rartige Klausel unwirksam.<br />
Daher sind auch hier nicht viele Spielräume gegeben. Die wenigen vorhan<strong>de</strong>nen sollte <strong>de</strong>r<br />
Tierarzt aber durchaus nutzen.<br />
10. Die Haftung <strong>de</strong>s Tierarztes bei <strong>de</strong>r An- bzw. Verkaufsuntersuchung<br />
Seit <strong>de</strong>m Inkrafttreten <strong>de</strong>s neuen Schuldrechts kommt Ankaufs- o<strong>de</strong>r Verkaufsuntersuchungen<br />
von Tierärzten gesteigerte Be<strong>de</strong>utung zu, weil nunmehr <strong>de</strong>nkbare Ansprüche <strong>de</strong>s Käufers nicht<br />
schon nach zwei Wochen ausgeschlossen sind.<br />
Aufgr<strong>und</strong> dieses erheblich gestiegenen Haftungsrisikos hat <strong>de</strong>r Pfer<strong>de</strong>verkäufer ein massives<br />
Interesse daran, <strong>de</strong>n Ges<strong>und</strong>heitszustand <strong>de</strong>s Pfer<strong>de</strong>s zum Zeitpunkt <strong>de</strong>s Verkaufs o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r<br />
Ablieferung von einem Tierarzt feststellen zu lassen, um damit gegebenenfalls <strong>de</strong>n Nachweis<br />
erbringen zu können, dass zu diesem Zeitpunkt das Pferd frei von Sachmängeln war. Die<br />
Ankaufsuntersuchung dagegen dient in erster Linie <strong>de</strong>n Interessen <strong>de</strong>s Käufers.<br />
Somit drängt sich die Frage auf, inwieweit <strong>de</strong>r Tierarzt bei <strong>de</strong>r Untersuchung gegenüber <strong>de</strong>n<br />
Kaufvertragsparteien haftet.<br />
Das Haftungsrisiko <strong>de</strong>s Tierarztes ist ohne Frage seit <strong>de</strong>r Schuldrechtsreform analog <strong>de</strong>r Haftung<br />
<strong>de</strong>s Verkäufers erheblich verschärft wor<strong>de</strong>n. Die Verkaufsuntersuchung dient <strong>de</strong>m Zweck, die<br />
Haftung <strong>de</strong>s Verkäufers für vorhan<strong>de</strong>ne tiermedizinische Mängel zu dokumentieren, um durch<br />
Angabe dieser Mängel <strong>im</strong> Kaufvertrag je<strong>de</strong>nfalls insoweit eine Haftung ausschließen zu können.<br />
Kommt nun <strong>de</strong>r Tierarzt seiner Pflicht zur fachgerechten <strong>und</strong> vollständigen Untersuchung,<br />
Aufklärung <strong>und</strong> Dokumentation schuldhaft nicht nach, haftet <strong>de</strong>r Pfer<strong>de</strong>verkäufer, da er nicht in<br />
<strong>de</strong>r Lage gewesen ist, die von <strong>de</strong>m beauftragten Tierarzt nicht festgestellten Mängel <strong>de</strong>m Käufer<br />
aufzuzeigen. Wird <strong>de</strong>r Pfer<strong>de</strong>verkäufer <strong>de</strong>swegen in Anspruch genommen, so wird er versuchen,<br />
seinerseits Regress be<strong>im</strong> Tierarzt zu nehmen.<br />
Wenn man richtigerweise ann<strong>im</strong>mt, dass <strong>de</strong>r Tierarzt bei <strong>de</strong>r Verkaufsuntersuchung unmittelbar<br />
für <strong>de</strong>n Pfer<strong>de</strong>verkäufer tätig wird, <strong>und</strong> zwar hinsichtlich <strong>de</strong>r Abarbeitung <strong>de</strong>s vertraglich<br />
vereinbarten Pflichtenkataloges zur Untersuchung <strong>de</strong>s zu verkaufen<strong>de</strong>n Pfer<strong>de</strong>s, kann man<br />
durchaus zu einem erheblichen Risikopotential gelangen.<br />
Der Untersuchungsvertrag wird als Werkvertrag qualifiziert (BGH, Urteil vom 5. 05.1983, VII<br />
ZR 174/81, OLG Koblenz, Urteil vom 25.02.2003, 3 U 1076/02, OLG Hamm, Urteil vom<br />
26.01.2005, 12 U 121/04). Der Scha<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r aufgr<strong>und</strong> eines unrichtigen tierärztlichen
Untersuchungsbef<strong>und</strong>es entstan<strong>de</strong>n ist, wird seit jeher als Folgescha<strong>de</strong>n eingestuft <strong>und</strong> kann<br />
daher einen Anspruch gegen <strong>de</strong>n Tierarzt begrün<strong>de</strong>n (OLG München, Urteil vom 6.12.1994, 25<br />
U 4042/94) <strong>und</strong> umfasst insb. <strong>de</strong>n Kaufpreis, Unterhalts- <strong>und</strong> Behandlungskosten. Dieser<br />
Anspruch steht neben <strong>de</strong>m Anspruch gegen <strong>de</strong>n Verkäufer (OLG Hamm, Urteil vom 26.01.2005,<br />
12 U 121/04) <strong>und</strong> ist nicht nachrangig, so dass <strong>de</strong>r Käufer sich aussuchen kann, gegen wen er<br />
vorgeht. Für <strong>de</strong>n Scha<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Auftraggebers, <strong>de</strong>r aufgr<strong>und</strong> eines unrichtigen tierärztlichen<br />
Untersuchungsbef<strong>und</strong>es entstan<strong>de</strong>n ist, haftet <strong>de</strong>r Tierarzt aber nur dann, wenn <strong>de</strong>r unrichtige<br />
Bef<strong>und</strong> auf <strong>de</strong>r konkreten Pflichtverletzung beruht (OLG Celle, Urteil vom 29. 07.1994, 21 U<br />
4/94).<br />
Allerdings ist bei <strong>de</strong>r Berechnung <strong>de</strong>r zu ersetzen<strong>de</strong>n Beträge in Folge <strong>de</strong>r Rückgängigmachung<br />
<strong>de</strong>s Vertrages bzw. Min<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Kaufpreises <strong>im</strong>mer einzubeziehen, wie sich die Fehldiagnose<br />
ausgewirkt hat, wie also <strong>de</strong>r Verkäufer stün<strong>de</strong>, wenn <strong>de</strong>r Tierarzt richtig diagnostiziert hätte. In<br />
diesem Fall hätte <strong>de</strong>r Verkäufer dann ein mangelhaftes Pferd <strong>im</strong> Stall gehabt, dass weiterhin<br />
Futter verbraucht, o<strong>de</strong>r hätte <strong>im</strong> Fall <strong>de</strong>s Verkaufes einen niedrigeren Preis erhalten.<br />
Die <strong>de</strong>n Tierarzt treffen<strong>de</strong>n Vertragspflichten sind aber nicht auf <strong>de</strong>n Pfer<strong>de</strong>verkäufer als<br />
Auftraggeber <strong>de</strong>r Verkaufsuntersuchung beschränkt, vielmehr hat die Rechtsprechung hier die<br />
Rechtsfigur <strong>de</strong>s Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter entwickelt (OLG Schleswig,<br />
Urteil vom 09.09.1996 - 4 U 121/95, LG Ver<strong>de</strong>n, Urteil vom 05.10.2006 - 4 O 45/06). Diese<br />
Rechtsprechung wur<strong>de</strong> durch die Einführung <strong>de</strong>s § 311 Abs. 3 BGB bestätigt.<br />
Dadurch wird <strong>de</strong>r Pfer<strong>de</strong>käufer als Adressat in eben diesen Schutzbereich <strong>de</strong>r<br />
Verkaufsuntersuchung einbezogen, was be<strong>de</strong>utet, dass <strong>de</strong>r Pfer<strong>de</strong>käufer unmittelbar Berechtigter<br />
hinsichtlich <strong>de</strong>r Schutzpflichten, die aus <strong>de</strong>r vom Pfer<strong>de</strong>verkäufer in Auftrag gegebenen<br />
Verkaufsuntersuchung resultieren, wird.<br />
Damit korrespondieren Ansprüche <strong>de</strong>s Käufers, die er bei pflichtwidriger Vertragserfüllung<br />
unmittelbar gegen <strong>de</strong>n Tierarzt geltend machen kann. Diese beson<strong>de</strong>re Rechtskonstruktion<br />
wur<strong>de</strong> bis dato <strong>im</strong> tierärztlichen Bereich weitgehend unberücksichtigt gelassen, da bei einer<br />
Ankaufsuntersuchung überhaupt keine Veranlassung bestand, sich mit diesem Institut näher<br />
auseinan<strong>de</strong>rzusetzen. Dieses ist aber für <strong>de</strong>n Bereich <strong>de</strong>r Verkaufsuntersuchung ein<strong>de</strong>utig<br />
nunmehr in <strong>de</strong>m vorbenannten Sinne zu bejahen, dass nämlich <strong>de</strong>r Käufer eines mangelhaften<br />
Pfer<strong>de</strong>s eigenständige Ansprüche gegen <strong>de</strong>n nicht unmittelbar in seinem Auftrag tätig<br />
gewor<strong>de</strong>nen Tierarzt anmel<strong>de</strong>n kann.<br />
Eine solche Haftung besteht unabhängig davon, ob <strong>de</strong>r Käufer neben <strong>de</strong>m Verkäufer auch<br />
Auftraggeber <strong>de</strong>r Untersuchung gewesen ist. Das hat dann zur Folge, dass <strong>de</strong>r Tierarzt gegenüber<br />
<strong>de</strong>m Käufer uneingeschränkt haftet, da er mit <strong>de</strong>m Käufer mangels direktem Vertrag keine<br />
Haftungsbegrenzung vereinbaren konnte. Insbeson<strong>de</strong>re <strong>im</strong> Falle <strong>de</strong>r Insolvenz <strong>de</strong>s Verkäufers<br />
hat dann <strong>de</strong>r Käufer einen zweiten Schuldner.<br />
Durch eine Kaufuntersuchung soll <strong>de</strong>r Verkäufer möglichst umfassend <strong>und</strong> abschließend über<br />
<strong>de</strong>n ges<strong>und</strong>heitlichen Zustand <strong>und</strong> die Beschaffenheit <strong>de</strong>s Pfer<strong>de</strong>s informiert wer<strong>de</strong>n, um seine<br />
eigene Ausgangsposition <strong>und</strong> damit seine mögliche Haftung <strong>im</strong> Verkaufsfall zu best<strong>im</strong>men. Auf<br />
<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seite soll <strong>de</strong>m Käufer eine sichere Basis für seine Kaufentscheidung gegeben wer<strong>de</strong>n.<br />
Die tierärztliche Sorgfaltspflicht erfor<strong>de</strong>rt, bei<strong>de</strong>n Parteien gr<strong>und</strong>sätzlich alle nachteilig vom Soll<br />
abweichen<strong>de</strong>n Bef<strong>und</strong>e mitzuteilen Zu<strong>de</strong>m wird eine gründliche Aufklärung über die Be<strong>de</strong>utung<br />
dieser Bef<strong>und</strong>e verlangt, die nicht schablonenhaft sein darf. Die Parteien erwarten von einer<br />
solchen Untersuchung, dass <strong>de</strong>r Tierarzt <strong>de</strong>n Käufer vor Schä<strong>de</strong>n <strong>und</strong> <strong>de</strong>n Verkäufer vor<br />
entsprechen<strong>de</strong>n Ansprüchen bewahrt. Die Kaufuntersuchung nebst Erläuterungen stellt<br />
<strong>de</strong>mgemäß eine unverzichtbare Hilfe für Verkäufer wie für <strong>de</strong>n Käufer dar.
Im Fall „Ankaufsuntersuchung“ kommt zwischen <strong>de</strong>m Kaufinteressenten <strong>und</strong> <strong>de</strong>m Tierarzt ein<br />
Werkvertrag zustan<strong>de</strong>, in <strong>de</strong>m sich <strong>de</strong>r Tierarzt verpflichtet, für <strong>de</strong>n Käufer ein Gutachten über<br />
<strong>de</strong>n Ges<strong>und</strong>heitszustand <strong>de</strong>s Pfer<strong>de</strong>s zu erstellen <strong>und</strong> ihm damit alle notwendigen Informationen<br />
für die anstehen<strong>de</strong> Kaufentscheidung an die Hand zu geben. Oft behält sich <strong>de</strong>r Käufer das<br />
Recht vor, eine Ankaufsuntersuchung noch nachträglich durchführen zu lassen. In bei<strong>de</strong>n Fällen<br />
erwartet <strong>de</strong>r Auftraggeber vom Tierarzt Auskunft <strong>und</strong> f<strong>und</strong>ierte Beratung über mögliche<br />
medizinische Mängel, um entwe<strong>de</strong>r vom beabsichtigten Kauf Abstand zu nehmen o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n<br />
Pfer<strong>de</strong>kaufvertrag nicht zu billigen, da die Vereinbarung einer nachträglichen<br />
Ankaufsuntersuchung rechtlich als Kauf auf Probe also als bedingten Kauf (OLG Köln, Urteil<br />
vom 24.06.1994, 20 U 11/94) angesehen wird. Sollte ein <strong>de</strong>rartiges Gutachten fehlerhaft sein,<br />
haftet <strong>de</strong>r Tierarzt ausschließlich <strong>und</strong> allein gegenüber <strong>de</strong>m Auftraggeber, also hier <strong>de</strong>m Käufer.<br />
Nur am Ran<strong>de</strong> sei bemerkt, dass die Lösung „Kaufvertrag nach Ankaufsuntersuchung“ aus<br />
Käufersicht jedoch ein<strong>de</strong>utig vorzuziehen ist, da <strong>de</strong>r Kaufinteressent bis zum Vorliegen <strong>de</strong>r<br />
Bef<strong>und</strong>e in seiner Kaufentscheidung frei bleibt. Be<strong>im</strong> bedingten Kaufvertrag ist in <strong>de</strong>r Praxis<br />
nicht <strong>im</strong>mer ganz klar, bei welchem tierärztlichen Bef<strong>und</strong> eine Billigung verweigert wer<strong>de</strong>n darf.<br />
Deshalb sollte <strong>de</strong>r Vertrag aus <strong>de</strong>r Sicht <strong>de</strong>s Käufers erst nach <strong>de</strong>r Untersuchung geschlossen<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
In einer Entscheidung aus <strong>de</strong>m Jahre 2001 hat erstmals das AG Arensburg (Urteil vom<br />
02.02.2001, 44 C 673/98) ver<strong>de</strong>utlicht, dass <strong>de</strong>r vereinbarte Umfang <strong>de</strong>r Ankaufsuntersuchung<br />
auch maßgeblich ist für eine Haftungsbegrenzung <strong>de</strong>s Tierarztes. Eine Ankaufsuntersuchung<br />
beinhalte regelmäßig nur eine durchschnittliche Allgemeinuntersuchung. Gegenstand einer<br />
durchschnittlichen Allgemeinuntersuchung sei nicht eine genaue Untersuchung entlegener<br />
Körperteile, da dies als eine spezielle Untersuchung eines Organsystems aufzufassen sei, die nur<br />
dann durchgeführt wer<strong>de</strong>, wenn sie ausdrücklich in Auftrag gegeben wor<strong>de</strong>n sei <strong>und</strong> wenn<br />
Anhaltspunkte für weitere Nachforschungen vorliegen.<br />
Im Fall „Verkaufsuntersuchung“, also <strong>de</strong>m Auftrag <strong>de</strong>s Verkäufers an <strong>de</strong>n Tierarzt, ihm ein<br />
erschöpfen<strong>de</strong>s Bild über <strong>de</strong>n Ges<strong>und</strong>heitszustand <strong>de</strong>s zu verkaufen<strong>de</strong>n Pfer<strong>de</strong>s zu geben, haftet<br />
<strong>de</strong>r Tierarzt <strong>im</strong> Falle einer fehlerhaften Untersuchung <strong>und</strong> eines daraus folgen<strong>de</strong>n fehlerhaften<br />
Untersuchungsergebnisses in erster Linie <strong>de</strong>m Auftraggeber gegenüber. Wenn <strong>de</strong>r Verkäufer<br />
aufgr<strong>und</strong> eines fehlerhaften Gutachtens „gutgläubig“ das Pferd verkauft <strong>und</strong> dann über die<br />
Mängelhaftung in Anspruch genommen wird, haftet <strong>de</strong>r Tierarzt zumin<strong>de</strong>st für die nutzlosen<br />
Aufwendungen <strong>de</strong>s Verkäufers wie auch für die vom Verkäufer zu tragen<strong>de</strong>n Kosten für die<br />
beteiligten Rechtsanwälte <strong>und</strong> einen eventuellen Gerichtsprozess. Lediglich gegenüber einem<br />
privaten Verkäufer ist wohl von einer vollen Scha<strong>de</strong>nsersatzhaftung <strong>de</strong>s Tierarztes bei einer<br />
fehlerhaften Untersuchung auszugehen, da unterstellt wird, dass sich <strong>de</strong>r korrekt aufgeklärte <strong>und</strong><br />
beratene private Verkäufer bei <strong>de</strong>r Vertragsgestaltung entsprechend abgesichert hätte, also seine<br />
Haftung hinsichtlich <strong>de</strong>r vom Tierarzt nicht erkannten Mängel <strong>de</strong>s Pfer<strong>de</strong>s wirksam<br />
ausgeschlossen hätte.<br />
Oft wird übergangen, dass die Haftungsgefahr bei einer Kaufuntersuchung beson<strong>de</strong>rs hoch ist,<br />
weil die eigentliche Haftung <strong>de</strong>s Tierarztes unabhängig <strong>und</strong> losgelöst von <strong>de</strong>m eigentlichen<br />
Auftragsverhältnis zwischen Verkäufer <strong>und</strong> Tierarzt besteht. Während normalerweise nur<br />
Vertragsparteien Rechte aus einem Vertragsverhältnis für sich herleiten können, sieht dies be<strong>im</strong><br />
Gutachtervertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten <strong>de</strong>s potentiellen Käufers drastisch an<strong>de</strong>rs aus.<br />
Selbst wenn <strong>de</strong>r Verkäufer als Auftraggeber <strong>de</strong>n Tierarzt angewiesen hat, best<strong>im</strong>mte Mängel <strong>de</strong>s<br />
Pfer<strong>de</strong>s zu übersehen, in einem best<strong>im</strong>mten Sinne zu bewerten o<strong>de</strong>r aber wenn <strong>de</strong>r Verkäufer<br />
bewusst <strong>de</strong>n Tierarzt getäuscht hat, berührt dies das Haftungsverhältnis <strong>de</strong>s Tierarztes gegenüber<br />
<strong>de</strong>m begünstigten Dritten überhaupt nicht. Damit haftet <strong>de</strong>r Tierarzt unabhängig von seinem<br />
jeweiligen Auftrag uneingeschränkt, wenn er seine Untersuchung <strong>und</strong> das darauf basieren<strong>de</strong><br />
medizinische Gutachten fehlerhaft erstellt.
Der BGH geht von <strong>de</strong>m Gr<strong>und</strong>satz aus, dass <strong>de</strong>r Verkäufer einer Sache <strong>de</strong>n Käufer nicht<br />
ungefragt über alle Umstän<strong>de</strong> aus zu klären hat, die für <strong>de</strong>n Kaufentschluss von Be<strong>de</strong>utung sein<br />
können. Eine Offenbarungspflicht wird aber dann bejaht, wenn es sich um Umstän<strong>de</strong> han<strong>de</strong>lt,<br />
die für <strong>de</strong>n Entschluss <strong>de</strong>s Käufers erkennbar be<strong>de</strong>utsam sind <strong>und</strong> <strong>de</strong>ren Mitteilung <strong>de</strong>r Käufer<br />
erwarten kann. Nach dieser Rechtsprechung han<strong>de</strong>lt arglistig <strong>im</strong> Falle einer Täuschung durch<br />
Verschweigen einer offenbarungspflichtigen Tatsache, wer nur einen Fehler min<strong>de</strong>stens für<br />
möglich hält, gleichzeitig weiß o<strong>de</strong>r zumin<strong>de</strong>st damit rechnet <strong>und</strong> billigend in Kauf n<strong>im</strong>mt, dass<br />
<strong>de</strong>r Vertragsgegner <strong>de</strong>n Fehler nicht kennt <strong>und</strong> bei Offenbarung <strong>de</strong>n Vertrag nicht o<strong>de</strong>r nicht mit<br />
<strong>de</strong>m vereinbarten Inhalt abgeschlossen hätte. Wenn aber <strong>de</strong>r Verkäufer bei ungefragter<br />
Offenbarungspflicht bereits arglistig han<strong>de</strong>lt, wie viel eher wird von <strong>de</strong>m Tierarzt eine<br />
vollständige Offenlegung aller für die Kaufentscheidung wesentlichen medizinischen Umstän<strong>de</strong><br />
erwartet wer<strong>de</strong>n können <strong>und</strong> dürfen. Zu diesen Umstän<strong>de</strong>n zählen übrigens alle Kenntnisse <strong>de</strong>s<br />
Tierarztes, die dieser über das zu untersuchen<strong>de</strong> Pferd hat, unabhängig davon, wann <strong>de</strong>r Tierarzt<br />
diese Informationen erhalten hat. Die berechtigten Erwartungen <strong>de</strong>s Käufers an die Objektivität<br />
<strong>und</strong> die Sachk<strong>und</strong>e <strong>de</strong>s Tierarztes sind eben nicht zu unterschätzen.<br />
Auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seite droht <strong>de</strong>m Tierarzt, wenn er nun sich auf die sichere Seite bringen will <strong>und</strong><br />
übergründlich untersucht auch auf <strong>de</strong>m an<strong>de</strong>ren Ufer die Haftung, nämlich dann, wenn er etwas<br />
diagnostiziert, was nicht da ist. Auch eine solche Falschbeurteilung führt gera<strong>de</strong>wegs in die<br />
Haftung – in aller Regel gegenüber <strong>de</strong>m Verkäufer, <strong>de</strong>r nun auf seinem Tier sitzen bleibt, somit<br />
keinen Gewinn, son<strong>de</strong>rn weiter Kosten hat. Diesen entgangenen Gewinn <strong>und</strong> die weiterhin<br />
anfallen<strong>de</strong>n Unterhaltskosten hat <strong>de</strong>r Tierarzt dann zu ersetzten.<br />
10.1. Können hier nun allgemeine Behandlungsbedingungen <strong>de</strong>m Tierarzt helfen?<br />
Seit jeher sind Tierärzte – wie alle an<strong>de</strong>ren Berufsgruppen auch – bemüht, ihr Haftungsrisiko<br />
auszuschließen o<strong>de</strong>r aber so weit wie möglich zu einzugrenzen. Dies ist sowohl angesichts <strong>de</strong>r<br />
Höhe <strong>de</strong>r vom Tierarzt zu zahlen<strong>de</strong>n Versicherungsprämien als auch hinsichtlich <strong>de</strong>r<br />
Haftungsfrage gegenüber <strong>de</strong>m jeweiligen Auftraggeber <strong>und</strong> <strong>de</strong>m Dritten, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Tierarzt in <strong>de</strong>r<br />
Regel überhaupt nicht kennt <strong>und</strong> <strong>de</strong>r ihm nunmehr als Anspruchsteller gegenüber tritt, durchaus<br />
verständlich. Klarstellend soll darauf hingewiesen wer<strong>de</strong>n, dass <strong>de</strong>r Tierarzt selbstverständlich<br />
Unternehmer ist.<br />
Der Versuch durch die Verwendung allgemeiner Behandlungsbedingungen die Haftung auf<br />
Vorsatz <strong>und</strong> grobe Fahrlässigkeit zu begrenzen ist zwar begreiflich, wird jedoch vom BGH seit<br />
Menschenge<strong>de</strong>nken vereitelt. Da <strong>de</strong>r Auftrag ja gera<strong>de</strong> auf eine fehlerfreie Behandlung gerichtet<br />
ist <strong>und</strong> es nicht zulässig sein kann durch AGB ausgerechnet die Haftung für die geschul<strong>de</strong>te<br />
Hauptleistung auszuschließen, gehen solche Versuche jedoch regelmäßig schief.<br />
Vorgedruckte Verträge – auch Muster aus Zeitschriften – gelten nach ständiger Rechtsprechung<br />
<strong>de</strong>s BGH <strong>im</strong>mer als AGB, auch wenn <strong>de</strong>r Verwen<strong>de</strong>r sich die Mühe gemacht hat, <strong>de</strong>n Vertrag<br />
abzuschreiben.<br />
Als Ausweg wird Tierärzten häufig empfohlen, durch Individualvereinbarungen die Haftung für<br />
die einfache Fahrlässigkeit auszuschließen o<strong>de</strong>r doch zumin<strong>de</strong>st zu begrenzen, da gr<strong>und</strong>sätzlich<br />
<strong>de</strong>rartige individuell gefasste Vereinbarungen auf Gr<strong>und</strong> <strong>de</strong>s Vorranggebotes auch von <strong>de</strong>n<br />
Gerichten anerkannt wer<strong>de</strong>n. Das Problem an diesem Rat ist nur, dass <strong>de</strong>r Weg zum Nachweis<br />
einer Individualvereinbarung <strong>de</strong>rart schwierig ist, dass <strong>de</strong>r Tierarzt voraussichtlich nicht beweisen<br />
kann, eine <strong>de</strong>rartige Vereinbarung mit <strong>de</strong>m Auftraggeber geschlossen zu haben. Nach ständiger<br />
Rechtsprechung wird hier nicht nur ein bloßes Verhan<strong>de</strong>ln, vielmehr ein „zur Disposition<br />
stellen“ je<strong>de</strong>r einzelnen Vertragsklausel gefor<strong>de</strong>rt. Der Tierarzt wird außer<strong>de</strong>m nachzuweisen<br />
haben, dass es <strong>de</strong>m Auftraggeber möglich war, entschei<strong>de</strong>nd auf Haftungsausschluss bzw.
Haftungsbegrenzung Einfluss zu nehmen. Da dieses Hin<strong>de</strong>rnis auch nicht dadurch übersprungen<br />
wer<strong>de</strong>n kann, dass sich <strong>de</strong>r Tierarzt durch einen (vorformulierten) Text bestätigen lässt, dass die<br />
Haftungsklausel individualvertraglich vereinbart wur<strong>de</strong>, wird eine solche Empfehlung meist nicht<br />
weiterhelfen.<br />
Zu<strong>de</strong>m ist eine Klausel, die ausgerechnet zentrale Vertragspflichten ausschließt auch<br />
individualvertraglich nicht unbedingt zulässig.<br />
Ebenso unsicher ist es, eine summenmäßigen Begrenzung <strong>de</strong>r Haftung, etwa auf die Höhe <strong>de</strong>r<br />
Vermögensscha<strong>de</strong>ns-Haftpflichtversicherung <strong>im</strong> Rahmen <strong>de</strong>r allgemeinen Haftungsbedingungen,<br />
zu vereinbaren. Falls nämlich die Haftungssumme nicht <strong>de</strong>m regelmäßig zu erwarten<strong>de</strong>n<br />
Scha<strong>de</strong>nsverlauf entspricht, führt auch eine Haftungsbegrenzung nach <strong>de</strong>r ständigen<br />
Rechtsprechung <strong>de</strong>s BGH nicht zum Ziel.<br />
Soweit die Verjährungsfrist in <strong>de</strong>n Allgemeinen Behandlungsbedingungen auf unter ein Jahr<br />
verkürzt wird, ist eine <strong>de</strong>rartige Klausel unwirksam.<br />
Eine Beschränkung <strong>de</strong>r Haftung gegenüber <strong>de</strong>m begünstigten Dritten ist auch durch eine Klausel<br />
<strong>im</strong> Behandlungsvertrag nicht möglich, insbeson<strong>de</strong>re sind Klauseln wie „Das<br />
Untersuchungsprotokoll dient ausschließlich <strong>de</strong>r Unterrichtung <strong>de</strong>s Auftraggebers. Auskünfte an<br />
Dritte sind nur mit ausdrücklicher Gestattung <strong>de</strong>s Auftragnehmers erlaubt.“ o<strong>de</strong>r „Die Haftung<br />
betrifft lediglich das Verhältnis zum Auftraggeber <strong>und</strong> ggf. einem <strong>im</strong> Vertrag genannten Dritten.“<br />
nicht wirksam.<br />
Es wird auch heute unter Hinweis auf die Unmöglichkeit einer prognostischen Beurteilung <strong>de</strong>r<br />
Bef<strong>und</strong>e noch vertreten, dass <strong>de</strong>r Tierarzt <strong>im</strong> Rahmen <strong>de</strong>r Ankaufsuntersuchung nur dann<br />
Be<strong>de</strong>nken hinsichtlich drohen<strong>de</strong>r Schä<strong>de</strong>n äußern dürfe, wenn die drohen<strong>de</strong>n Scha<strong>de</strong>nsverläufe<br />
nach nahezu vollständig gesicherter Erfahrung tatsächlich eintreten wür<strong>de</strong>n. Da es sich be<strong>im</strong><br />
Pferd um einen leben<strong>de</strong>n Organismus han<strong>de</strong>lt, <strong>de</strong>r ständigen Verän<strong>de</strong>rungen unterliegt, wur<strong>de</strong>n<br />
<strong>und</strong> wer<strong>de</strong>n die Tierärzte sogar aufgefor<strong>de</strong>rt, keinesfalls eine Prognose abzugeben. Es sei<br />
lediglich eine Attestierung <strong>de</strong>r tatsächlich festgestellten Mängel geschul<strong>de</strong>t. Diese Auffassung<br />
äußert sich in entsprechen<strong>de</strong>n Klauseln in <strong>de</strong>n Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Abgesehen<br />
davon, dass diese Bedingungen auch nur <strong>im</strong> Rahmen <strong>de</strong>s Vertragsverhältnis, also nicht gegenüber<br />
<strong>de</strong>m begünstigten Dritten wirken, ist die Frage <strong>de</strong>s geschul<strong>de</strong>ten Leistungsumfanges <strong>de</strong>s<br />
Tierarztes nach <strong>de</strong>n allgemeinen Regeln <strong>de</strong>r Vertragsauslegung unter Berücksichtigung <strong>de</strong>r<br />
Gr<strong>und</strong>sätze <strong>de</strong>r ergänzen<strong>de</strong>n Vertragsauslegung zu best<strong>im</strong>men. Hierbei kommt <strong>de</strong>r<br />
Interessenlage <strong>und</strong> <strong>de</strong>r erkennbaren Erwartungshaltung <strong>de</strong>r Vertragsparteien unter beson<strong>de</strong>rer<br />
Berücksichtigung <strong>de</strong>s mit <strong>de</strong>m jeweils geschul<strong>de</strong>ten Leistungsumfang verfolgten Zwecks ganz<br />
beson<strong>de</strong>re Be<strong>de</strong>utung zu. Das Interesse <strong>de</strong>s Dritten ist auf eine vollumfängliche Aufklärung über<br />
<strong>de</strong>n Ist-Zustand gerichtet, um auf <strong>de</strong>r Gr<strong>und</strong>lage <strong>de</strong>s so vermittelten Kenntnisstan<strong>de</strong>s die<br />
anstehen<strong>de</strong>n Vermögensdispositionen zu treffen, also schlicht <strong>und</strong> ergreifend <strong>de</strong>n Kaufvertrag zu<br />
schließen o<strong>de</strong>r aber Abstand davon zu nehmen. Wenn nun aber <strong>de</strong>r vom Tierarzt ermittelte Ist-<br />
Zustand nicht ein<strong>de</strong>utig ist kommt es für die Kaufentscheidung entschei<strong>de</strong>nd darauf an, ob<br />
aufgr<strong>und</strong> <strong>de</strong>r persönlichen Erfahrungen <strong>de</strong>s Tierarztes o<strong>de</strong>r aber aufgr<strong>und</strong> wissenschaftlicher<br />
Erkenntnis sich ein best<strong>im</strong>mter Scha<strong>de</strong>nsverlauf als durchaus möglich o<strong>de</strong>r aber als wenig<br />
möglich darstellt. Die voraussichtliche zukünftige Entwicklung <strong>de</strong>s Pfer<strong>de</strong>s ist natürlich <strong>und</strong><br />
unbestritten von überragen<strong>de</strong>r Wichtigkeit für die Kaufentscheidung. Da diese Interessenlage <strong>de</strong>s<br />
Käufers je<strong>de</strong>m Tierarzt bekannt ist, schul<strong>de</strong>t dieser nicht nur eine Zustandsbeschreibung,<br />
son<strong>de</strong>rn auch die Mitteilung <strong>de</strong>r sich hieraus ergeben<strong>de</strong>n medizinischen Erkenntnisse bezüglich<br />
<strong>de</strong>r wahrscheinlichen Entwicklung <strong>de</strong>s Pfer<strong>de</strong>s. Dabei ist jedoch keine Aufklärung geschul<strong>de</strong>t,<br />
wie sie <strong>im</strong> human-medizinischen Bereich gilt. In<strong>de</strong>ssen dürfte die Aufklärungspflicht beginnen,<br />
wo ein quantifizierbares Gefahrenpotential besteht. Es kann natürlich nicht vom Tierarzt<br />
erwartet wer<strong>de</strong>n, dass er auch als Wahrsager tätig wird. Erwartet wer<strong>de</strong>n kann <strong>und</strong> somit als
Vertragspflicht geschul<strong>de</strong>t ist aber die Aufklärung <strong>de</strong>s Auftraggebers wie auch <strong>im</strong> En<strong>de</strong>ffekt <strong>de</strong>s<br />
Käufers über diejenigen Krankheitsverläufe, die sich aufgr<strong>und</strong> <strong>de</strong>r Bef<strong>und</strong>e aus tierärztlicher Sicht<br />
anbieten o<strong>de</strong>r zumin<strong>de</strong>st ein verstärktes Risiko einer Erkrankung aufweisen.<br />
Der Tierarzt als Experte auf seinem Gebiet haftet gem. <strong>de</strong>r Rechtsprechung zur<br />
„Expertenhaftung“ <strong>und</strong> hat daher auch seine „Be<strong>de</strong>nkenhinweise“ darzulegen.<br />
10.2. Anfor<strong>de</strong>rungen an eine fachgerechte tierärztliche Kaufuntersuchung<br />
Das Protokoll einer Kaufuntersuchung ist die objektive, gewissenhafte <strong>und</strong> sachlich begrün<strong>de</strong>te<br />
Beurteilung eines vorgegebenen medizinischen Sachverhalts in einer für Laien verständlichen <strong>und</strong><br />
für <strong>de</strong>n Fachmann nachprüfbaren Weise. Soweit die Theorie.<br />
In <strong>de</strong>r Praxis stecken die Probleme <strong>im</strong> Detail: Was ist <strong>im</strong> Rahmen einer kleinen o<strong>de</strong>r einer<br />
umfassen<strong>de</strong>n Kaufuntersuchung zu untersuchen, soweit nicht <strong>de</strong>r Umfang <strong>de</strong>r Untersuchung<br />
vertraglich festgelegt ist? Darf <strong>de</strong>r Tierarzt sein Vorwissen über das zu untersuchen<strong>de</strong> Pferd<br />
unberücksichtigt lassen? Wie wahrscheinlich müssen zukünftige Krankheitsverläufe sein, damit<br />
<strong>de</strong>r Tierarzt sie erwähnen muss? Wie ist das Untersuchungsprotokoll abzufassen, in wie weit sind<br />
medizinische Fachbegriffe zu vermei<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r aber doch zumin<strong>de</strong>st zu erläutern? Wie genau sind<br />
Beurteilungen zu begrün<strong>de</strong>n? Ist <strong>de</strong>r Bericht schriftlich nie<strong>de</strong>rzulegen o<strong>de</strong>r reicht nicht die<br />
mündliche Information an <strong>de</strong>n Auftraggeber aus?<br />
In <strong>de</strong>r Regel, beauftragt <strong>de</strong>r Verkäufer <strong>de</strong>n Tierarzt seines Vertrauens mit <strong>de</strong>r Kaufuntersuchung.<br />
Der Titel „Tierarzt <strong>de</strong>s Vertrauens“ ist aber auch Ausdruck eines Abhängigkeitsverhältnisses. Der<br />
Tierarzt wird viel tun, um seine Geschäftsbeziehung zu einem wichtigen K<strong>und</strong>en nicht zu<br />
gefähr<strong>de</strong>n. Damit ist aber <strong>im</strong>manent die Objektivität <strong>de</strong>s Tierarztes gefähr<strong>de</strong>t, <strong>de</strong>nn <strong>de</strong>r Tierarzt<br />
weiß, was <strong>de</strong>r Verkäufer von ihm erwartet <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Verkäufer weiß, dass <strong>de</strong>r Tierarzt versucht,<br />
diese Erwartungen auch zu erfüllen. Gleiches gilt natürlich wenn <strong>de</strong>r Käufer „seinen“ Tierarzt ins<br />
Spiel bringt. Doch es sei mit aller Deutlichkeit daran erinnert, dass <strong>de</strong>r mit einer<br />
Kaufuntersuchung beauftragte Tierarzt <strong>de</strong>m Käufer als Dritten gegenüber nach <strong>de</strong>n Maßstäben<br />
einer objektiven, gewissenhaften <strong>und</strong> sachlich begrün<strong>de</strong>ten Beurteilung eines vorgegebenen<br />
medizinischen Sachverhalts haftet. Zu<strong>de</strong>m hat <strong>de</strong>r Tierarzt eine beson<strong>de</strong>re Sachk<strong>und</strong>e, aufgr<strong>und</strong><br />
<strong>de</strong>ssen <strong>de</strong>r K<strong>und</strong>e ihm einiges an Vertrauen entgegen bringt. Damit kann <strong>de</strong>r Tierarzt<br />
Loyalitätskonflikt zwischen seinem ständigen Auftraggeber, in <strong>de</strong>r Regel <strong>de</strong>m Pfer<strong>de</strong>händler, <strong>und</strong><br />
<strong>de</strong>ssen Vertragspartner geraten. Dieser Vertragspartner vertraut <strong>de</strong>m Tierarzt auch<br />
uneingeschränkt <strong>und</strong> hat vielleicht erst viel später Gr<strong>und</strong>, dieses Vertrauen in Frage zu stellen.<br />
Schreibt nun ein Tierarzt in seine Behandlungsbedingungen hinein, dass <strong>de</strong>r von ihnen erhobene<br />
medizinische Bef<strong>und</strong> auf <strong>de</strong>n Erkenntnissen <strong>de</strong>r Kaufuntersuchung beruht, so wird nichts<br />
an<strong>de</strong>res zum Ausdruck gebracht, als dass er seine Vorkenntnisse aus bisherigen Untersuchungen<br />
<strong>de</strong>s zu verkaufen<strong>de</strong>n Pfer<strong>de</strong>s verdrängt. Denn manche Tierärzte tendieren nicht nur dazu,<br />
son<strong>de</strong>rn wähnen sich berechtigt, bzw. gegenüber ihrem Auftraggeber sogar verpflichtet, ohne<br />
Vorwissen die Kaufuntersuchung durchzuführen, so dass sogar wenn <strong>de</strong>r Tierarzt aufgr<strong>und</strong><br />
seiner ständigen Tätigkeit erhebliche Vorerkrankungen <strong>de</strong>s Pfer<strong>de</strong>s kennt, die aber am Tag <strong>de</strong>r<br />
Kaufuntersuchung selbst nicht nachweisbar sind, unterbleibt je<strong>de</strong>r Hinweis <strong>im</strong><br />
Untersuchungsprotokoll. Sogar wenn aufgr<strong>und</strong> <strong>de</strong>r Untersuchungsergebnisse ausreichen<strong>de</strong><br />
Grün<strong>de</strong> vorlägen, eine mögliche spätere Krankheit zu prognostizieren o<strong>de</strong>r zumin<strong>de</strong>st eine<br />
entsprechen<strong>de</strong> Disposition für eine Erkrankung auszumachen, unterbleibt bei Tierärzten dieser<br />
Prägung oft ein entsprechen<strong>de</strong>r Hinweis.<br />
Der Pfer<strong>de</strong>käufer dagegen erhofft sich gera<strong>de</strong> vom sogenannten Stalltierarzt eine vertiefte<br />
Kenntnis <strong>de</strong>s angebotenen Pfer<strong>de</strong>s. Daher erschließt sich auch ohne auf hehre Begriffe wie<br />
„Gewissen“, „Ethik <strong>de</strong>s Tierarztes“ o<strong>de</strong>r „Moral“ zurückzugreifen, dass eine bewusst
eingeschränkte <strong>und</strong> eigenes Wissen ausblen<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Untersuchung keinesfalls als ordnungsgemäße<br />
Kaufuntersuchung angesehen wer<strong>de</strong>n kann.<br />
Weiter schul<strong>de</strong>t <strong>de</strong>r Tierarzt kein fachchinesisches Untersuchungsprotokoll. Aufgr<strong>und</strong> <strong>de</strong>s<br />
Zweckes <strong>de</strong>r Kaufuntersuchung, sowohl Auftraggeber als auch <strong>de</strong>m Käufer, eine (Ver-<br />
)Kaufentscheidung zu ermöglichen, beantwortet sich die Frage eigentlich von selbst, ob <strong>de</strong>r<br />
Tierarzt einen umfassen<strong>de</strong>n schriftlichen Bericht schul<strong>de</strong>t o<strong>de</strong>r aber ob er sich auf eine<br />
mündliche Erläuterung gegenüber seinem Auftraggeber beschränken kann. Das OLG Frankfurt<br />
hält eine vollumfängliche mündliche Information <strong>im</strong> Falle einer Ankaufsuntersuchung für<br />
ausreichend, da ein schriftlicher Bericht vertraglich nicht geschul<strong>de</strong>t sei, wenn <strong>de</strong>r Auftraggeber<br />
<strong>und</strong> Käufer gleichlautend mündlich informieren wer<strong>de</strong>n. Da <strong>de</strong>r Tierarzt sich <strong>im</strong> Klaren sein<br />
muss, dass das Ergebnis seiner Untersuchung für <strong>de</strong>n Käufer von wesentlicher Be<strong>de</strong>utung ist,<br />
muss er auch dafür sorgen, dass dieses Ergebnis unverfälscht <strong>de</strong>m Käufer zur Kenntnis gebracht<br />
wird. Da <strong>de</strong>r Käufer zum Zeitpunkt <strong>de</strong>r Kaufuntersuchung noch nicht bekannt muss, kann also<br />
ein Untersuchungsprotokoll nur <strong>de</strong>m Anfor<strong>de</strong>rungsprofil an eine fachgerechte<br />
Leistungserbringung genügen, wenn es in einer für <strong>de</strong>n Laien verständlichen <strong>und</strong> ebenso<br />
nachvollziehbaren Weise in dauerhafter, schriftlicher Form erstellt wird.<br />
Verletzt ein Tierarzt diesen Pflichtenkatalog, haftet er aus <strong>de</strong>m Institut <strong>de</strong>s Scha<strong>de</strong>nsersatzes statt<br />
<strong>de</strong>r Leistung. Theoretisch hat er jedoch die Möglichkeit, nachzuweisen, er habe die mangelhafte<br />
Untersuchung nicht zu verantworten. Wie dies praktisch gelingen soll, bleibt <strong>de</strong>m Gerichtsalltag<br />
überlassen.<br />
10.3. Zusammenfassung<br />
Normalerweise ist es nicht selten ungünstig, auf eine schriftliche Vereinbarung zu verzichten.<br />
Doch die Ausnahme lautet, wie gesehen, Kaufuntersuchung. Denn hier liegt <strong>de</strong>r Vorteil gera<strong>de</strong><br />
darin, dass <strong>de</strong>r Käufer eines Pfer<strong>de</strong>s mit <strong>de</strong>m Tierarzt <strong>de</strong>r Kaufuntersuchung keinerlei<br />
Vertragsbeziehung unterhält. Der Tierarzt haftet vielmehr gegenüber <strong>de</strong>m Käufer aufgr<strong>und</strong> seiner<br />
Sachk<strong>und</strong>e <strong>und</strong> <strong>de</strong>s ihm als medizinischen Fachmann vom Käufer entgegengebrachten<br />
uneingeschränkten Vertrauens.<br />
Der Tierarzt ist auch ungefragt verpflichtet ist, über sämtliche Umstän<strong>de</strong> in einer für <strong>de</strong>n Käufer<br />
verständlichen Sprache <strong>und</strong> unter Verzicht auf alle medizinischen Fachbegriffe aufzuklären.<br />
11. Die Haftung <strong>de</strong>s Tierhalters für Verletzungen <strong>de</strong>s behan<strong>de</strong>ln<strong>de</strong>n Tierarztes<br />
Ein <strong>im</strong>mer wie<strong>de</strong>r Anlass zu Rechtsstreitigkeiten bieten<strong>de</strong>s Thema ist die Verletzung <strong>de</strong>s<br />
Tierarztes bei <strong>de</strong>r Behandlung eines Patienten, gleiches gilt naturgemäß auch für die Tätigkeit<br />
eines Hufschmie<strong>de</strong>s o<strong>de</strong>r Physiotherapeuten, aber auch für die Beschädigung von Werkzeug,<br />
Untersuchungsinstrumenten <strong>und</strong> Diagnosegeräten durch das Tier bei <strong>de</strong>r Behandlung.<br />
Ausgangspunkt ist zunächst die Tierhalterhaftung, normiert in § 833 BGB. Daraus haben viele<br />
Gerichte <strong>de</strong>n Halter zum Scha<strong>de</strong>nsersatz verurteilt. An<strong>de</strong>rs urteilte jedoch das Oberlan<strong>de</strong>sgericht<br />
(OLG) Hamm mit Urteil vom 06.06.2008, AZ: 9 U 229/07.<br />
In dort entschie<strong>de</strong>nen Fall erlitt <strong>de</strong>r behan<strong>de</strong>ln<strong>de</strong> Tierarzt durch ein austreten<strong>de</strong>s Pferd bei <strong>de</strong>m<br />
Versuch, rektal Fieber zu messen, einen Trümmerbruch. Das OLG meinte, <strong>de</strong>r Tierarzt sei auf<br />
eigene Gefahr bei <strong>de</strong>r Behandlung <strong>de</strong>s Pfer<strong>de</strong>s tätig gewor<strong>de</strong>n. Zwar hat sich in <strong>de</strong>m plötzlichen<br />
Tritt <strong>de</strong>s Pfer<strong>de</strong>s gegen <strong>de</strong>n Daumen <strong>de</strong>s Klägers eine typische Tiergefahr verwirklicht. Daraus<br />
folge aber nicht automatisch eine Bejahung <strong>de</strong>s klägerischen Anspruchs. Im vorliegen<strong>de</strong>n Fall<br />
treffen die Tierhalterhaftung (Gefährdungshaftung) <strong>und</strong> die berufsspezifischen Risiken eines<br />
Tierarztes aufeinan<strong>de</strong>r, so dass sich die Frage nach einem Interessenausgleich stellt. Hierzu hat
die Rechtsprechung unterschiedliche Ansätze entwickelt, die gegebenenfalls zu einer<br />
Einschränkung <strong>de</strong>r Haftung <strong>de</strong>s Tierhalters führen können.<br />
Das OLG hat die Haftung <strong>de</strong>r Beklagten aus § 833 BGB hier abgelehnt, weil <strong>de</strong>r Kläger auf<br />
eigene Gefahr gehan<strong>de</strong>lt habe: Nach <strong>de</strong>n Gr<strong>und</strong>sätzen <strong>de</strong>s Han<strong>de</strong>lns auf eigene Gefahr ist es<br />
nicht zulässig, dass <strong>de</strong>r Geschädigte <strong>de</strong>n beklagten Schädiger in Anspruch n<strong>im</strong>mt, wenn <strong>de</strong>r<br />
Geschädigte sich bewusst in eine Situation drohen<strong>de</strong>r Eigengefährdung begeben hat. Bei<br />
<strong>de</strong>rartiger Gefahrexponierung kann von einer bewussten Risikoübernahme mit <strong>de</strong>r Folge eines<br />
vollständigen Haftungsausschlusses für <strong>de</strong>n Schädiger ausgegangen wer<strong>de</strong>n. Bei <strong>de</strong>r<br />
Tierhalterhaftung kommt eine vollständige Haftungsfreistellung <strong>de</strong>s Tierhalters unter <strong>de</strong>m<br />
Gesichtspunkt <strong>de</strong>s Han<strong>de</strong>lns auf eigene Gefahr in eng begrenzten Ausnahmefällen in Betracht,<br />
wenn beispielsweise <strong>de</strong>r Geschädigte sich mit <strong>de</strong>r Übernahme <strong>de</strong>s Pfer<strong>de</strong>s o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Annäherung<br />
an ein solches bewusst einer beson<strong>de</strong>ren Gefahr aussetzt, die über die normalerweise mit <strong>de</strong>m<br />
Reiten o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Nähe zu einem Pferd verb<strong>und</strong>enen Gefahr hinausgeht. Das kann etwa <strong>de</strong>r Fall<br />
sein, wenn ein Tier erkennbar böser Natur ist o<strong>de</strong>r erst zugeritten wer<strong>de</strong>n muss o<strong>de</strong>r wenn <strong>de</strong>r<br />
Ritt als solcher spezifischen Gefahren unterliegt, wie beispielsweise be<strong>im</strong> Springen o<strong>de</strong>r bei <strong>de</strong>r<br />
Fuchsjagd. Nicht an<strong>de</strong>rs verhält es sich, wenn -wie hier- die mit <strong>de</strong>r Nähe zu einem Pferd<br />
verb<strong>und</strong>ene übliche Gefahr durch die Tätigkeit <strong>de</strong>s Geschädigten gesteigert o<strong>de</strong>r gar erst<br />
provoziert wird. Der Kläger hat als <strong>de</strong>m Tier zumin<strong>de</strong>st relativ frem<strong>de</strong> Person -für Vertrautheit<br />
ist nichts ersichtlich – ein Fieberthermometer in <strong>de</strong>n After <strong>de</strong>s Pfer<strong>de</strong>s einführen wollen. Dazu<br />
musste er von <strong>de</strong>r Kruppe her <strong>und</strong> also <strong>im</strong> kritischen Bereich <strong>de</strong>r Hinterläufe zunächst <strong>de</strong>n<br />
Schweif erreichen, um <strong>de</strong>n After für die Einführung <strong>de</strong>s Thermometers zugänglich zu machen.<br />
Es ist nicht ungewöhnlich, dass Pfer<strong>de</strong> darauf abwehrend <strong>und</strong> dabei auch noch schreckhaft<br />
reagieren können, weil die natürliche Scheu ein <strong>de</strong>rartiges auch instinkthaftes Verhalten<br />
begünstigt. Deshalb war das Proze<strong>de</strong>re <strong>de</strong>s Klägers beson<strong>de</strong>rs geeignet, die mit <strong>de</strong>m Umgang von<br />
Pfer<strong>de</strong>n verb<strong>und</strong>ene gewöhnliche Gefahr herauszufor<strong>de</strong>rn; dass diese sich dann in einem<br />
spontanen Tritt nach hinten äußern mochte, lag auf <strong>de</strong>r Hand <strong>und</strong> kann <strong>de</strong>m Kläger als ambulant<br />
auf <strong>de</strong>m Lan<strong>de</strong> tätigen, also vielfach mit <strong>de</strong>r Tierhaltung konfrontierten Tierarzt nicht verborgen<br />
geblieben sein. Wenn er sich unter solchen Umstän<strong>de</strong>n zur Behandlung entschloss, übernahm er<br />
damit auch das mit <strong>de</strong>r Ausübung seines Berufes typische Risiko. Dann aber muss er für die<br />
daraus resultieren<strong>de</strong>n Folgen selbst einstehen, zumal er <strong>de</strong>r selbst aktualisierten Tiergefahr durch<br />
entsprechen<strong>de</strong> tatsächliche wie finanzielle Vorsorge, etwa durch Abschluss einer entsprechen<strong>de</strong>n<br />
Versicherung hätte begegnen können.<br />
Das Urteil geht davon aus, dass <strong>de</strong>r Tierarzt selbst die Risiken von Schreck o<strong>de</strong>r<br />
Abwehrreaktionen eines Pfer<strong>de</strong>s <strong>im</strong> Rahmen <strong>de</strong>r Behandlung am besten kennen muss. Deshalb<br />
liegt es auch in seinem Risikobereich hier Vorsorge zu betreiben o<strong>de</strong>r aber sich gegen<br />
Verletzungen <strong>und</strong> Schä<strong>de</strong>n zu versichern. Dies gilt umso mehr als heute häufig Fachtierärzte für<br />
Pfer<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r spezialisierte Kliniken beauftragt wer<strong>de</strong>n, die beson<strong>de</strong>re (Pfer<strong>de</strong>-) Fachkenntnis für<br />
sich in Anspruch nehmen. Im Übrigen dürften solche Veterinäre aus ihrer Praxis über mehr<br />
Erfahrung <strong>im</strong> Umgang mit Pfer<strong>de</strong>n verfügen, als so mancher Pfer<strong>de</strong>besitzer selbst.<br />
Der BGH hat die Entscheidung allerdings mit Urteil vom 17.3.2009, VI ZR 166/08, abgeän<strong>de</strong>rt:<br />
Er entschied, dass ein Ausschluss <strong>de</strong>r Tierhalterhaftung wegen Han<strong>de</strong>lns auf eigene Gefahr<br />
regelmäßig dann nicht in Betracht kommt, wenn sich <strong>de</strong>r Geschädigte <strong>de</strong>r Tiergefahr ausgesetzt<br />
hat, um aufgr<strong>und</strong> vertraglicher Absprache mit <strong>de</strong>m Tierhalter Verrichtungen an <strong>de</strong>m Tier<br />
vorzunehmen. Deshalb haftet <strong>de</strong>r Tierhalter, soweit die tatbestandlichen<br />
Haftungsvoraussetzungen <strong>de</strong>s § 833 Satz 1 BGB vorliegen, einem Tierarzt, <strong>de</strong>r bei <strong>de</strong>r<br />
Behandlung eines Tieres durch <strong>de</strong>ssen Verhalten verletzt wird. Ein für die Verletzung<br />
mitursächliches Fehlverhalten <strong>de</strong>s Tierarztes kann allerdings anspruchsmin<strong>de</strong>rnd nach<br />
berücksichtigt wer<strong>de</strong>n. Somit ist hier we<strong>de</strong>r gesagt, dass <strong>de</strong>r Tierarzt nichts bekommt, noch dass<br />
er uneingeschränkte Ansprüche hat. Es kommt daher auf <strong>de</strong>n konkreten Einzelfall an.
Die hier für die Verletzungen <strong>de</strong>s Tierarztes selbst angewandten Gr<strong>und</strong>sätze müssen auf die Fälle<br />
<strong>de</strong>r Beschädigung von Untersuchungsinstrumenten <strong>und</strong> Diagnosegeräten übertragen wer<strong>de</strong>n. Auf<br />
die Frage, ob <strong>de</strong>r Pfer<strong>de</strong>halter mit <strong>de</strong>r Übergabe <strong>de</strong>s Pferds an <strong>de</strong>n behan<strong>de</strong>ln<strong>de</strong>n Tierarzt ein<br />
eigenes Interesse verfolgt, darf es dabei entgegen früherer Rechtsprechung hinsichtlich <strong>de</strong>r<br />
Haftungsverteilung nicht ankommen.<br />
12. Weitere Haftungsbeispiele r<strong>und</strong> ums Pferd<br />
Wer einem an<strong>de</strong>ren einen Scha<strong>de</strong>n zufügt, ist diesem zum Ersatz verpflichtet, wenn er diesen<br />
Scha<strong>de</strong>n schuldhaft, d.h. vorsätzlich o<strong>de</strong>r fahrlässig, o<strong>de</strong>r ausnahmsweise auch ohne Verschul<strong>de</strong>n,<br />
nämlich <strong>im</strong> Falle <strong>de</strong>r Gefährdungshaftung als Halter eines Tieres, verursacht hat.<br />
12.1. Haftung für eigenes schuldhaftes Han<strong>de</strong>ln<br />
Zunächst haftet je<strong>de</strong>r Einzelne für sein Han<strong>de</strong>ln, wenn dadurch wi<strong>de</strong>rrechtlich best<strong>im</strong>mte<br />
Rechtsgüter Dritter verletzt wer<strong>de</strong>n.<br />
Beispiel: Der Reiter sattelt auf <strong>de</strong>m Anhängerparkplatz eines Turniers sein Pferd ab. Be<strong>im</strong><br />
Herunterheben <strong>de</strong>s Sattels schwingen die noch herunterhängen<strong>de</strong>n Steigbügel in die Tür <strong>de</strong>s<br />
daneben geparkten Autos. Es entsteht eine Delle an <strong>de</strong>r Karosserie.<br />
Eine Verletzung kann aber nicht nur durch eine Tat, son<strong>de</strong>rn auch durch ihre Unterlassung<br />
begangen wer<strong>de</strong>n, wenn nämlich eine Rechtspflicht zum Han<strong>de</strong>ln besteht. Dies gilt vor allem für<br />
die sogenannten Verkehrssicherungspflichten. Je<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r Gefahrenquellen schafft, muss die<br />
erfor<strong>de</strong>rlichen Maßnahmen treffen, um Schä<strong>de</strong>n Dritter zu vermei<strong>de</strong>n.<br />
Beispiel: Der Reiter <strong>de</strong>ckt auf <strong>de</strong>r Zufahrt zu seinem Reiterhof eine Jauchegrube nicht ab - <strong>de</strong>r<br />
Pkw eines ortsunk<strong>und</strong>igen Besuchers fährt hinein <strong>und</strong> wird beschädigt.<br />
Hat bei <strong>de</strong>r Entstehung <strong>de</strong>s Scha<strong>de</strong>ns ein Verschul<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Geschädigten mitgewirkt, so ist sein<br />
Anspruch <strong>de</strong>r Höhe nach zu reduzieren. Der Abzug, <strong>de</strong>n sich <strong>de</strong>r Geschädigte anrechnen lassen<br />
muss, hängt von <strong>de</strong>m Gewicht seines Beitrags für seinen Scha<strong>de</strong>n ab.<br />
Beispiel: Ein erwachsener Reitschüler reitet <strong>im</strong> Unterricht ohne Helm. Er zieht sich<br />
Kopfverletzungen zu. Der Reitlehrer haftet, weil er nicht dafür gesorgt hat (Unterlassung !), dass<br />
sein Reitschüler einen or<strong>de</strong>ntlichen Helm getragen hat. Der (erwachsene) Reitschüler muss sich<br />
eine Kürzung seines Anspruchs gefallen lassen, weil ihm eine eigene Schuld an seiner Verletzung<br />
trifft, da er erkennen konnte, dass das Reiten ohne Helm ein Risiko ist.<br />
Nach Ansicht <strong>de</strong>s Landgerichts Amberg (Urteil vom 13.05.1993, 13 O 599/92) ist auch <strong>de</strong>r<br />
Einsatz von Hengsten <strong>im</strong> Reitsport wegen <strong>de</strong>r Unberechenbarkeit <strong>de</strong>r Tiere unüblich, so dass<br />
Tierhalter <strong>und</strong> Reitlehrer ihre Sorgfaltspflicht verletzen, wenn sie ein kleines Mädchen auf einem<br />
solchen Hengst reiten lassen. Dem ist zuzugeben, dass <strong>de</strong>r Reitlehrer o<strong>de</strong>r Tierhalter<br />
gr<strong>und</strong>sätzlich darauf achten müssen, dass <strong>de</strong>r Reiter mit <strong>de</strong>m Pferd nicht überfor<strong>de</strong>rt ist <strong>und</strong> über<br />
die erfor<strong>de</strong>rliche Erfahrung verfügt (so auch OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.04.1995, 13 U<br />
97/94).<br />
12.2. Haftung ohne Verschul<strong>de</strong>n - Gefährdungshaftung für Tierhalter<br />
Unsere Rechtsordnung kennt neben <strong>de</strong>r Verschul<strong>de</strong>nshaftung in best<strong>im</strong>mten Fällen eine<br />
Verantwortung für die Gefährdung an<strong>de</strong>rer auch ohne eigenes Verschul<strong>de</strong>n. Dazu zählt auch das<br />
„Halten von Tieren“, insb. wenn es sich um „Luxustiere“ han<strong>de</strong>lt. Verantwortlich <strong>und</strong> damit<br />
scha<strong>de</strong>nsersatzpflichtig ist gr<strong>und</strong>sätzlich <strong>de</strong>r Halter <strong>de</strong>s Tieres.
Tierhalter ist, wer über das Pferd best<strong>im</strong>men kann, aus eigenem Interesse für die Kosten <strong>de</strong>s<br />
Tieres aufkommt <strong>und</strong> das Risiko seines Verlustes trägt. Dies ist häufig <strong>de</strong>r Eigentümer. Juristisch<br />
sind die Begriffe Eigentümer <strong>und</strong> Tierhalter jedoch streng zu trennen.<br />
Dies wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>utlich anhand eines Urteils <strong>de</strong>s OLG Schleswig vom 08.07.2004, AZ 7 U 146/03:<br />
Als Tierhalter ist danach je<strong>de</strong>r anzusehen, <strong>de</strong>r an <strong>de</strong>r Haltung ein eigenes Interesse, eine<br />
gr<strong>und</strong>sätzlich nicht nur kurzfristige Besitzstellung <strong>und</strong> die Befugnis hat, über die Betreuung <strong>de</strong>s<br />
Tieres zu entschei<strong>de</strong>n. Im Fall <strong>de</strong>s OLG wur<strong>de</strong> ein Pferd, das ein an<strong>de</strong>res verletzt hat, von einem<br />
Vater für seine Tochter angeschafft. Dieses erachtete das Gericht, obwohl <strong>de</strong>r Vater die<br />
wirtschaftlichen Kosten <strong>de</strong>s Pfer<strong>de</strong>s trug <strong>und</strong> die Haftpflichtversicherung für das Pferd<br />
abgeschlossen hat, als nicht ausreichend für die Annahme <strong>de</strong>r Tierhaltereigenschaft: Ist in <strong>de</strong>m so<br />
genannten Equi<strong>de</strong>npass nur die Tochter als Besitzerin <strong>de</strong>s Pfer<strong>de</strong>s eingetragen <strong>und</strong> reitet <strong>de</strong>r<br />
Vater das Tier nicht <strong>und</strong> zieht auch sonst keine wirtschaftlichen Vorteile aus <strong>de</strong>ssen Existenz, sei<br />
davon auszugehen, dass nicht er <strong>de</strong>r Halter <strong>de</strong>s Tieres ist, son<strong>de</strong>rn die Tochter.<br />
Als „Luxustierhalter“ gelten zum Beispiel <strong>de</strong>r Privatreiter hinsichtlich seines Sportpfer<strong>de</strong>s o<strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>r gemeinnützige Reitverein hinsichtlich seiner eigenen Pfer<strong>de</strong> (BGH, Urteil vom 12.1.1982, VI<br />
ZR 188/80).<br />
Die Haftung setzt jedoch voraus, dass <strong>de</strong>r Scha<strong>de</strong>n durch ein tier-typisches Verhalten <strong>de</strong>s Pfer<strong>de</strong>s<br />
verursacht wor<strong>de</strong>n ist. Die Gefährdungshaftung <strong>de</strong>s Tierhalters kommt nach ständiger<br />
Rechtsprechung auch <strong>de</strong>m Reiter auf <strong>de</strong>m Pferd zugute.<br />
Die Tiergefahr muss sich in einem willkürlichen Verhalten <strong>de</strong>s Pfer<strong>de</strong> realisieren (LG Gießen,<br />
Urteil vom 01.01.1995, 1 S 437/94), dieses fehlt, wenn das Pferd gestolpert ist <strong>und</strong> es hierdurch<br />
zu einer Verletzung <strong>de</strong>s Reiters kommt (LG Hagen, Urteil vom 14.12.2001).<br />
Eine spezifische Tiergefahr verwirklicht sich auch dann, wenn ein Pferd auf eine fehlerhafte Hilfe<br />
<strong>de</strong>s Reiters reagiert. Die Reaktion <strong>de</strong>s Tieres auf menschliche Steuerung <strong>und</strong> die daraus<br />
resultieren<strong>de</strong> Gefährdung hat ihren Gr<strong>und</strong> in <strong>de</strong>r Unberechenbarkeit tierischen Verhaltens, für<br />
die <strong>de</strong>r Halter <strong>de</strong>n Geschädigten schadlos halten soll (BGH, Urteil vom 06.07.1999, VI ZR<br />
170/98).<br />
Beispiele: Ein Brauereigaul beschädigt durch Huftritt einen geparkten PKW. Der Beweggr<strong>und</strong><br />
<strong>de</strong>s Pfer<strong>de</strong>s ist unerheblich (AG Köln, Urteil vom 12.10.1984, 226 C 356/84). Hier liegt ein tiertypisches<br />
Verhalten wie Scheuen, Steigen, Treten, Beißen usw. vor. Wenn ein wegen eines<br />
Zügelrisses nicht mehr ausreichend beherrschbares Pferd sich nach <strong>de</strong>m Überspringen eines<br />
Hin<strong>de</strong>rnisses selbsttätig einen Weg sucht <strong>und</strong> dabei <strong>de</strong>n Weg eines an<strong>de</strong>ren Pfer<strong>de</strong>s kreuzt, so<br />
dass dieses infolge <strong>de</strong>s Zusammenstoßes verletzt wird, verwirklicht sich ebenfalls die typische<br />
Tiergefahr (OLG Düsseldorf, Urt. v. 17.3.1995, 22 U 172/94).<br />
Gegenbeispiel: Ein Reiter reitet bei Rot über die Kreuzung weil er es eilig hat. Ein Pkw <strong>de</strong>s<br />
Querverkehrs kommt durch Bremsmanöver zu Scha<strong>de</strong>n. Dies ist kein tier-typisches Verhalten,<br />
<strong>de</strong>nn das Pferd war williges Werkzeug in <strong>de</strong>r Hand <strong>de</strong>s schuldhaft han<strong>de</strong>ln<strong>de</strong>n Reiters.<br />
Das Risiko <strong>de</strong>s Luxustierhalters ist sehr groß, weil er auch für Schä<strong>de</strong>n haftet, die er kaum<br />
abwen<strong>de</strong>n kann. Erfor<strong>de</strong>rlich ist nur, dass sich die Tiergefahr realisiert, auf eine Schuld <strong>de</strong>s<br />
Tierhalters kommt es überhaupt nicht an. Der Halter haftet – wie <strong>de</strong>r Halter eines<br />
Kraftfahrzeuges – unabhängig von seinem Verschul<strong>de</strong>n <strong>im</strong> konkreten Fall, weil er eine Gefahr<br />
(das Pferd) „geschaffen“ hat, sein Verschul<strong>de</strong>n ist also das Schaffen einer Gefahrenquelle.
Beispiel: Ein Unbefugter bricht nachts in <strong>de</strong>n sicher verschlossenen Stall ein, öffnet die Boxen.<br />
Die Pfer<strong>de</strong> laufen auf die Straße. Es entsteht erheblicher Scha<strong>de</strong>n <strong>im</strong> Straßenverkehr, für <strong>de</strong>n <strong>de</strong>r<br />
Halter haften muss.<br />
Auch bei einer Reitbeteiligung kann sich <strong>de</strong>r Tierhalter gegenüber <strong>de</strong>r Reiterin haftbar machen.<br />
Die Tierhalterhaftung wird aber regelmäßig dadurch eingeschränkt, dass die Reiterin <strong>im</strong> Rahmen<br />
<strong>de</strong>r Reitbeteiligung die Verantwortung für das Pferd übernommen hat. Die Tierhalterhaftung<br />
entfällt aber auch dann nicht generell. Je<strong>de</strong>nfalls muss aber die Reiterin gegenüber <strong>de</strong>m Tierhalter<br />
<strong>de</strong>n Nachweis erbringen, dass das Unfallereignis in keinem Zusammenhang mit einem<br />
Reiterfehler o<strong>de</strong>r sonstigem Fehler be<strong>im</strong> Umgang mit <strong>de</strong>m Pferd steht (LG Gießen, Urteil vom<br />
16.12.1998, 2 O 384/98).<br />
Der Reiter jedoch, <strong>de</strong>m ein Pferd zur vollständigen Nutzung überlassen wur<strong>de</strong>, hat in <strong>de</strong>r Regel<br />
keinen Anspruch aus <strong>de</strong>r Tierhalterhaftung, wenn es zu einem Unfall kommt. Zwar greift die<br />
Tierhalterhaftung nach ständiger Rechtsprechung <strong>de</strong>s B<strong>und</strong>esgerichtshofes gr<strong>und</strong>sätzlich auch<br />
zugunsten eines Reiters ein, <strong>de</strong>m das Tier in überwiegend eigenem Interesse (BHG, Urteil vom<br />
12.01.1982, VI ZR 188/80) aus Gefälligkeit überlassen wur<strong>de</strong> (BGH, Urteil vom 22.12.1992, VI<br />
ZR 53/92; <strong>im</strong> Anschluss an BGH, Urteil vom 09.06.1992, VI ZR 49/91). Das gilt aber dann<br />
nicht, wenn <strong>de</strong>m Reiter in seinem eigenen Interesse das Pferd zur völlig eigenständigen<br />
Benutzung überlassen wur<strong>de</strong>. In einem solchen Fall obliegt je<strong>de</strong>nfalls <strong>de</strong>m Reiter <strong>de</strong>r Nachweis<br />
dafür, dass das zum Unfall führen<strong>de</strong> Fehlverhalten <strong>de</strong>s Pfer<strong>de</strong>s nicht auf einem von ihm selbst<br />
verursachten Fehler beruht (OLG Koblenz, Urteil vom 30.08.2002, 10 U 5/02). Allerdings hat<br />
<strong>de</strong>r Reiter die Hälfte seines Scha<strong>de</strong>ns selbst zu tragen, wenn sich nicht aufklären lässt, ob sein<br />
Verhalten zur scha<strong>de</strong>nsstiften<strong>de</strong>n Reaktion <strong>de</strong>s Pfer<strong>de</strong>s geführt o<strong>de</strong>r sich die typische Tiergefahr<br />
verwirklicht hat (OLG Düsseldorf, Urteil vom 1.12.1994, 13 U 298/93).<br />
Die Tierhalterhaftung greift aber auch gegenüber <strong>de</strong>m Hufschmied (LG Aachen, Urteil vom<br />
17.3.1995, 9 O 382/94) <strong>und</strong> <strong>de</strong>ssen Gehilfen (OLG München, Urteil vom 26.07.1990, 1 U<br />
2076/90), <strong>de</strong>m Tierarzt o<strong>de</strong>r einer Reitschülerin, auch wenn diese das Pferd nur auf die Koppel<br />
führt, sich dabei aber sorglos verhält. Denn an eine Reitschülerin dürfen nicht dieselben<br />
Anfor<strong>de</strong>rungen gestellt wer<strong>de</strong>n, wie an eine erfahrene Reiterin (OLG Frankfurt, 24 U 128/05).<br />
Auch auf einem Ausritt treffen <strong>de</strong>n Tierhalter beson<strong>de</strong>re Sorgfaltspflichten. So ist bei einem<br />
gemeinsamen Ausritt ein Pferd, das zum Austreten neigt, mit einer roten Schleife am Schweif zu<br />
kennzeichnen. Außer<strong>de</strong>m muss <strong>de</strong>r Reiter am Schluss <strong>de</strong>r Gruppe reiten. Den über die konkrete<br />
Gefährlichkeit <strong>de</strong>s Tieres nicht informierten Verletzten trifft aber kein Mitverschul<strong>de</strong>n, wenn er<br />
wegen plötzlichem <strong>und</strong> nicht durch einen Warnruf angekündigtem Durchparieren einen kurzen<br />
Moment zu dicht aufreitet <strong>und</strong> das Pferd in diesem Moment nach hinten austritt (OLG Koblenz,<br />
Urteil vom 26.01.2006, 5 U 319/04).<br />
Dagegen begrün<strong>de</strong>t die Verletzung eines Reiters durch Tritt eines voran gerittenen Pfer<strong>de</strong>s in <strong>de</strong>r<br />
Regel <strong>de</strong>n Vorwurf eines <strong>de</strong>rart groben Eigenverschul<strong>de</strong>ns, dass die Tierhalterhaftung daneben<br />
völlig zurücktritt (LG Darmstadt, Urteil vom 15.11.1974, 1 0 62/74). Hier gilt <strong>de</strong>r<br />
straßenverkehrsrechtliche Anscheinsbeweis <strong>de</strong>s Nichteinhaltung <strong>de</strong>s erfor<strong>de</strong>rlichen Abstan<strong>de</strong>s.<br />
Gegenüber <strong>de</strong>m scha<strong>de</strong>nsersatzpflichtigen Tierhalter muss sich <strong>de</strong>r Geschädigte unter<br />
Umstän<strong>de</strong>n eine Reduzierung seines Anspruchs gefallen lassen. Zwei Möglichkeiten sind<br />
<strong>de</strong>nkbar:<br />
Den Geschädigten kann eine eigene Mitverantwortung am Scha<strong>de</strong>n treffen. So kann einen<br />
Hufschmied, <strong>de</strong>r be<strong>im</strong> Beschlagen <strong>de</strong>s Pfer<strong>de</strong>s verletzt wird, weil er die Möglichkeit, dass das<br />
Pferd austreten könnte, nicht ausreichend bedacht hat, ein Mitverschul<strong>de</strong>n treffen (OLG<br />
München, Urteil vom 26.07.1990, 1 U 2076/90). Der Verzicht <strong>de</strong>s Hufschmie<strong>de</strong>s auf <strong>de</strong>n Einsatz
<strong>de</strong>s vom Pfer<strong>de</strong>besitzer besorgten Beruhigungsmittels rechtfertigt aber nicht die Annahme eines<br />
stillschweigen<strong>de</strong>n Haftungsausschlusses (LG Aachen, Urteil vom 17.3.1995, 9 O 382/94).<br />
Hat sich ein neunjähriges, mithin verständiges, Kind einem ihm unbekannten, auf einer von <strong>de</strong>r<br />
öffentlichen Straße durch eine Wiese getrennten Koppel gehaltenen Pferd genähert <strong>und</strong> wur<strong>de</strong> es<br />
von ihm gebissen, trifft das Verschul<strong>de</strong>n allein das Kind, so dass Ansprüche gegen <strong>de</strong>n Tierhalter<br />
nicht gegeben sind (LG Regensburg, Urteil vom 09.04.1985).<br />
Das Pfer<strong>de</strong> nervös wer<strong>de</strong>n, wenn sich Menschen zu nahe an ihrem Hintern vorbeibewegen<br />
müssen auch Reitschüler mit 20 Unterrichtsst<strong>und</strong>en wissen. Wenn ein solcher Reitschüler mit<br />
140 Zent<strong>im</strong>etern Abstand am Gesäß eines Vollblüters vorbeigeht <strong>und</strong> einen Tritt vor <strong>de</strong>n<br />
Oberschenkel erhält, ist eine Mitschuld von einem Drittel anzunehmen. Nur weil das trittfreudige<br />
Tier <strong>de</strong>n harmlos klingen<strong>de</strong>n Namen Röschen trägt, darf eine angelernte Reiterin nicht von<br />
einem friedfertigen Wesen ausgehen (OLG Koblenz, 5 U 465/01). Etwas an<strong>de</strong>res ist es natürlich,<br />
wenn dies <strong>de</strong>r Reitschülerin niemals beigebracht wur<strong>de</strong>.<br />
Nähert sich ein PKW-Fahrer innerhalb einer geschlossenen Ortschaft einer Reitergruppe mit<br />
überhöhter Geschwindigkeit <strong>und</strong> muss er eine Vollbremsung vornehmen, so reduziert sich die<br />
Tierhalterhaftung ebenfalls, wenn ein Reitpferd aufgr<strong>und</strong> <strong>de</strong>s Fahrverhaltens <strong>de</strong>s PKW-Fahrers<br />
scheut <strong>und</strong> mit <strong>de</strong>r Hinterhand in die Fahrbahn ausbricht (OLG Köln, Urteil vom 14.01.92, 9 U<br />
7/91).<br />
Daneben kann es passieren, dass ein Pferd <strong>de</strong>s Tierhalters durch ein an<strong>de</strong>res verletzt wird. Der<br />
Tierhalter <strong>de</strong>s verletzten Pfer<strong>de</strong>s hat einen Scha<strong>de</strong>nsersatzanspruch gegen <strong>de</strong>n Halter <strong>de</strong>s<br />
treten<strong>de</strong>n Pfer<strong>de</strong>s.<br />
Hat aber das verletzte Pferd selbst, zum Beispiel durch Spielen auf <strong>de</strong>r Wei<strong>de</strong>, zur<br />
Scha<strong>de</strong>nsentstehung beigetragen, so muss sich <strong>de</strong>r Tierhalter diese Realisierung <strong>de</strong>r Tiergefahr<br />
seines eigenen Pfer<strong>de</strong>s anspruchsmin<strong>de</strong>rnd anrechnen lassen.<br />
Wer aber als erfahrener Reiter auf <strong>de</strong>m Weg zum Reitstall ein ausgebrochenes Pferd einfängt <strong>und</strong><br />
das Tier auf eine benachbarte Wei<strong>de</strong> zu einem vermeintlichen Spielgefährten bringt haftet selbst,<br />
wenn <strong>de</strong>r Spielgefährte Pferd <strong>und</strong> Helfer attackiert. Ein erfahrener Reiter hätte wissen müssen,<br />
dass wei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Tiere auf frem<strong>de</strong> Artgenossen „unberechenbar reagieren“ (OLG Hamm, 9 U<br />
185/01).<br />
Zu <strong>de</strong>n Pflichten eines Pfer<strong>de</strong>halters gehört die Sorge für die Verwahrung <strong>de</strong>s Pfer<strong>de</strong>s auf <strong>de</strong>r<br />
umfrie<strong>de</strong>ten Wei<strong>de</strong>. Deren Umzäumung muss zumutbare Vorkehrungen treffen, um einen<br />
Ausbruch, insb. durch Überspringen, zu verhin<strong>de</strong>rn. Was <strong>im</strong> Einzelfall erfor<strong>de</strong>rlich ist, variiert<br />
situativ, so dass die Vorkehrungen gegen einen Ausbruch in <strong>de</strong>r Nähe von Straßen wegen zu<br />
befürchten<strong>de</strong>r Verkehrsunfälle strenger sein müssen als in sonstigen Situationen. Daher kann die<br />
pflichtgemäß einzuhalten<strong>de</strong> Zaunhöhe unterschiedlich sein (OLG Celle, Urteil vom 26.01.2000, 9<br />
U 130/99).<br />
Läuft ein Pferd eines gewerblichen Tierhalters vom Hof <strong>und</strong> verursacht auf einer nahe liegen<strong>de</strong>n<br />
Straße einen Unfall, hat <strong>de</strong>r Halter <strong>de</strong>n Scha<strong>de</strong>n zu ersetzen. Das muss er auch, wenn das Pferd<br />
nur <strong>de</strong>shalb ausreißen konnte, weil ein Unbekannter die Tore geöffnet hatte. Der Hofbesitzer<br />
hätte das Öffnen durch Verschließen <strong>de</strong>r Tore vermei<strong>de</strong>n können, begrün<strong>de</strong>te das OLG<br />
Nürnberg seine Entscheidung (Az. 9 U 3987/03).<br />
Angesichts <strong>de</strong>r beträchtlichen Gefahren, die ein frei umherlaufen<strong>de</strong>s Pferd - zumal bei<br />
Dunkelheit - für <strong>de</strong>n Straßenverkehr be<strong>de</strong>utet, sind an <strong>de</strong>n Entlastungsbeweis <strong>de</strong>s Halters, <strong>de</strong>r<br />
das Tier auf einer neben <strong>de</strong>r Straße gelegenen Wei<strong>de</strong> stehen hat, strenge Anfor<strong>de</strong>rungen zu
stellen. Hierbei ist von <strong>de</strong>r Pflicht <strong>de</strong>s Halters auszugehen, das von <strong>de</strong>r Wei<strong>de</strong> zur Straße<br />
führen<strong>de</strong> Tor nicht nur gegen ein Öffnen durch die in <strong>de</strong>r Umzäunung befindlichen Tiere,<br />
son<strong>de</strong>rn nach Möglichkeit auch gegen Manipulationen von Unbefugten zu sichern. Die<br />
Betriebsgefahr eines mit mäßiger Geschwindigkeit fahren<strong>de</strong>n Kfz, <strong>de</strong>m bei Dunkelheit plötzlich<br />
ein frei umherlaufen<strong>de</strong>s Pferd in die Fahrbahn springt, tritt hinter <strong>de</strong>r Tierhaftung völlig zurück<br />
(BGH, Urteil vom 30.11.65, VI ZR 3/64). Entsprechend hat <strong>de</strong>r BGH auch bei einem<br />
ausgebrochenen <strong>und</strong> herangaloppieren<strong>de</strong>n Pferd entschie<strong>de</strong>n (BGH, Urteil vom 18.9.1964).<br />
Besser dran ist nur <strong>de</strong>rjenige, <strong>de</strong>r das Pferd zum Erwerb hält. In diesem Falle gilt das Pferd nicht<br />
als „Luxustier“, son<strong>de</strong>rn als „Erwerbstier“, zum Beispiel das Zuchtmaterial <strong>de</strong>s<br />
landwirtschaftlichen Zuchtbetriebes o<strong>de</strong>r die Vermiet- <strong>und</strong> Lehrpfer<strong>de</strong> <strong>de</strong>s gewerblichen<br />
Reitstalls. In diesem Falle haftet <strong>de</strong>r Tierhalter nur dann, wenn er das Tier nicht ordnungsgemäß<br />
beaufsichtigt hatte (was er allerdings beweisen muss).<br />
12.3. Tierhüterhaftung<br />
Während <strong>de</strong>r Tierhalter nach § 833 BGB haftet, ist die Tierhüterhaftung in § 834 BGB geregelt.<br />
Tierhüter ist <strong>de</strong>rjenige, <strong>de</strong>m die selbständige Gewalt <strong>und</strong> Aufsicht über das Tier übertragen wird.<br />
Das ist zum Beispiel <strong>de</strong>r Pensionsstallinhaber hinsichtlich <strong>de</strong>r eingestellten Pensionspfer<strong>de</strong>.<br />
Der Tierhüter ist rechtlich besser gestellt als <strong>de</strong>r Tierhalter, <strong>de</strong>nn seine Haftung tritt nicht ein,<br />
wenn er „die <strong>im</strong> Verkehr erfor<strong>de</strong>rliche Sorgfalt“ beachtet hatte, er haftet also wie <strong>de</strong>r<br />
Erwerbstierhalter nur für - allerdings vom Gesetz vermutetes - Verschul<strong>de</strong>n.<br />
Hervorzuheben ist, dass <strong>de</strong>r Tierhüter nur Dritten gegenüber aus § 834 BGB haftet, nicht aber<br />
<strong>de</strong>m Tierhalter, also zum Beispiel <strong>de</strong>m Einsteller <strong>im</strong> Pensionsbetrieb.<br />
Wer ein gemietetes Pferd selbständig ausreitet, ist zwar nicht Tierhalter (auch nicht Mithalter) <strong>de</strong>s<br />
Reitpfer<strong>de</strong>s <strong>im</strong> Sinne von § 833 BGB, wohl aber in <strong>de</strong>r Regel Tierhüter <strong>im</strong> Sinne von § 834 BGB<br />
(BGH, Urteil vom 30.09.86, VI ZR 161/85).<br />
Macht eine Frau, die ein Pferd kaufen will, vorab einen Probeausritt <strong>und</strong> stürzt schwer, kann <strong>de</strong>r<br />
Eigentümer <strong>de</strong>s Pfer<strong>de</strong>s auch dann zu Schmerzensgeld- <strong>und</strong> Scha<strong>de</strong>nersatzzahlung verpflichtet<br />
sein, wenn sich die Frau „freiwillig <strong>und</strong> mit Einverständnis <strong>de</strong>s Besitzers“ auf das Pferd gesetzt<br />
hat. Die Tierhalterhaftpflicht umfasst auch solche Fälle, stellte das Landgericht Itzehoe fest (Az.<br />
3 O 262/00).<br />
Ist <strong>de</strong>r Tierhüter selbst <strong>de</strong>r Geschädigte, ist sein Scha<strong>de</strong>nverursachungsbeitrag gegen <strong>de</strong>n <strong>de</strong>s<br />
Tierhalters abzuwägen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass <strong>de</strong>r Tierhalter, <strong>de</strong>r sein Pferd <strong>de</strong>m<br />
Tierhüter überlässt, keine Einwirkungsmöglichkeit auf sein Tier hat. Liegt es in <strong>de</strong>r Hand <strong>de</strong>s<br />
Tierhüters, durch entsprechen<strong>de</strong> Vorsorge <strong>und</strong> Aufsicht eine Scha<strong>de</strong>nverursachung durch die bei<br />
ihm befindlichen Tiere zu verhin<strong>de</strong>rn, tritt <strong>de</strong>r Scha<strong>de</strong>nverursachungsbeitrag <strong>de</strong>s Tierhalters ganz<br />
zurück (OLG Celle, Urteil vom 06.07.91, 5 U 109/88).<br />
12.4. Haftung für frem<strong>de</strong>s Verschul<strong>de</strong>n<br />
Das Gesetz will <strong>de</strong>m Geschädigten auch dann zu seinem Recht verhelfen, wenn <strong>de</strong>r Scha<strong>de</strong>n<br />
durch eine Hilfsperson verursacht wird, die für einen Geschäftsherrn tätig wird:<br />
Bei <strong>de</strong>r Delikthaftung ist das <strong>de</strong>r sogenannte "Verrichtungsgehilfe". Verrichtungsgehilfe ist je<strong>de</strong>r,<br />
<strong>de</strong>r von einem an<strong>de</strong>ren für eine best<strong>im</strong>mte Tätigkeit bestellt wird.<br />
In diesem Falle haftet <strong>de</strong>r Geschäftsherr für <strong>de</strong>n Verrichtungsgehilfen nur wenn er hinsichtlich<br />
<strong>de</strong>r Auswahl <strong>und</strong> Überwachung dieses Verrichtungsgehilfen die erfor<strong>de</strong>rliche Sorgfalt nicht
angewen<strong>de</strong>t hat, er haftet also doch nur für eigenes Verschul<strong>de</strong>n (Auswahl- bzw.<br />
Organisationsverschul<strong>de</strong>n).<br />
Beispiel: Ein Pfer<strong>de</strong>händler lässt seine Pfer<strong>de</strong> zur Wertsteigerung auf Turnieren starten. Seine<br />
Bereiterin fährt <strong>de</strong>n LKW zum Turnier <strong>und</strong> verletzt be<strong>im</strong> Rangieren mit <strong>de</strong>m LKW das Pferd<br />
eines an<strong>de</strong>ren Turnierreiters. Der Pfer<strong>de</strong>händler haftet diesem Reiter gegenüber, wenn er nicht<br />
nachweist, dass er die Bereiterin or<strong>de</strong>ntlich ausgewählt <strong>und</strong> überwacht hat.<br />
Bei <strong>de</strong>r vertraglichen Haftung nennt man die Hilfsperson "Erfüllungsgehilfen". Erfüllungsgehilfe<br />
ist, wer auf Willen <strong>de</strong>s Schuldners bei <strong>de</strong>r Erfüllung einer diesem obliegen<strong>de</strong>n vertraglichen<br />
Pflicht tätig wird. Für ein Verschul<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Erfüllungsgehilfen haftet <strong>de</strong>r eigentliche Schuldner<br />
gr<strong>und</strong>sätzlich, d.h. auch dann, wenn <strong>de</strong>r Erfüllungsgehilfe sorgfältig ausgewählt wur<strong>de</strong> <strong>und</strong> mit<br />
seinem Fehlverhalten nicht zu rechnen war. Hier haftet <strong>de</strong>r Halter direkt für frem<strong>de</strong>s<br />
Verschul<strong>de</strong>n.<br />
Beispiel: Der Reitanlageninhaber setzt zum Ausmisten <strong>de</strong>r Boxen <strong>de</strong>r Einstellpfer<strong>de</strong> einen<br />
Stallknecht ein. Dieser verletzt mit <strong>de</strong>r Forke fahrlässig das eingestellte Pferd.<br />
Der Reitanlageninhaber ist <strong>de</strong>m Einsteller gegenüber zum Scha<strong>de</strong>nsersatz verpflichtet. In diesem<br />
Fall kann er sich nicht darauf berufen, dass er <strong>de</strong>n Stallknecht or<strong>de</strong>ntlich ausgewählt hatte. Denn<br />
in <strong>de</strong>r engen Beziehung Reitanlageninhaber/Einsteller – diese Beziehung ist <strong>de</strong>swegen eng, weil<br />
zwischen bei<strong>de</strong>n ein Vertrag besteht – haftet <strong>de</strong>r Reitanlageninhaber für je<strong>de</strong>s schuldhafte<br />
Verhalten <strong>de</strong>r für ihn Tätigen wie für eigenes.<br />
12.5. Haftungsausschluss<br />
Hier kommt zunächst das Institut <strong>de</strong>s Han<strong>de</strong>lns auf eigene Gefahr in Betracht.<br />
Die mit <strong>de</strong>r Teilnahme an einem reitsportlichen Wettbewerb verb<strong>und</strong>enen beson<strong>de</strong>ren Gefahren<br />
gehen über diejenigen, gegen die die Tierhalterhaftung schützen soll, hieraus <strong>und</strong> sind unter <strong>de</strong>m<br />
Gesichtspunkt <strong>de</strong>s Han<strong>de</strong>lns auf eigene Gefahr ausgeschlossen (OLG Frankfurt, Urteil vom<br />
27.3.1980, 15 U 119/79). Ein Han<strong>de</strong>ln auf eigene Gefahr kann <strong>de</strong>m Teilnehmer an einer<br />
Springprüfung aber nur entgegengehalten wer<strong>de</strong>n, wenn sich eine <strong>de</strong>m Springreiten<br />
eigentümliche Gefahr verwirklicht hat (OLG Düsseldorf, Urteil vom 17.3.1995, 22 U 172/94).<br />
Wer sich ohne Notwendigkeit bewusst einer Tiergefahr aussetzt, in<strong>de</strong>m er an einer mit mehreren<br />
Reittieren veranstalteten Schleppjagd teiln<strong>im</strong>mt, verlässt <strong>de</strong>n Bereich <strong>de</strong>r Schutzgarantie <strong>de</strong>s § 833<br />
BGB (LG Landau, Urteil vom 12.12.1974, 3 0 310/84).<br />
Allein die Teilnahme an einem Reitunterricht reicht aber nicht aus, einen Haftungsausschluss für<br />
die Tierhalterhaftung, vor allem aber nicht für vom Unternehmer o<strong>de</strong>r Reitlehrer schuldhaft<br />
verursachte Schä<strong>de</strong>n anzunehmen (OLG Düsseldorf, Urt. v. 8.4.1975, 4 U 188/74).<br />
Weiter sind Einschränkungen durch <strong>de</strong>n Schutzzweckes <strong>de</strong>r Vorschrift zu be<strong>de</strong>nken.<br />
So entfällt die Haftung <strong>de</strong>s Tierhalters gem. § 833 Satz 1 BGB wegen <strong>de</strong>s Schutzzweckes <strong>de</strong>r<br />
Vorschrift, wenn jemand verletzt wird, <strong>de</strong>r ohne soziale Notwendigkeit auf einem Reitpferd einen<br />
Probetritt für einen geplanten Umzug unternommen hat (OLG Zweibrücken, Urteil vom<br />
12.10.1970, 2 U 33/70).<br />
Es fällt allerdings nicht mehr unter <strong>de</strong>n Schutzzweck <strong>de</strong>r Tierhalterhaftung, wenn ein Reiter<br />
durch ein Pferd verletzt wird, das er sich vom Tierhalter erbeten hatte, um diesem seine bessere<br />
Reitkunst zu beweisen (BGH, Urteil vom 13.1.1973, VI RZ 152/72), <strong>de</strong>nn Angeber haften.
Natürlich sind auch vertragliche Ausschlüsse <strong>de</strong>nkbar. Die Vereinbarung eines<br />
Haftungsausschlusses ist aber nur insoweit wirksam, als sie <strong>de</strong>m Reitschüler ganz klar Umfang<br />
<strong>und</strong> Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r Risikoverlagerung vor Augen führt. Beson<strong>de</strong>re Anfor<strong>de</strong>rungen an die<br />
Klarheit sind zu stellen, wenn eine Haftung auch für schuldhafte Scha<strong>de</strong>nszufügung durch <strong>de</strong>n<br />
Reitschulunternehmer o<strong>de</strong>r Reitlehrer ausgeschlossen sein sollen (OLG Düsseldorf, Urteil vom<br />
8.4.1975, 4 U 188/74).<br />
12.6. Beweislast<br />
Zur Frage <strong>de</strong>r Beweislast wur<strong>de</strong> oben ja schon gelegentlich Stellung genommen. Gr<strong>und</strong>sätzlich<br />
gilt, dass je<strong>de</strong>r das beweisen muss, was günstig für ihn ist.<br />
So ist <strong>de</strong>r geschädigte Reiter für das Vorliegen <strong>de</strong>r Tiergefahr beweispflichtig (LG Gießen, Urteil<br />
vom 01.01.1995, 1 S 437/94, OLG Koblenz, Urteil vom 21.04.1998, 3 U 899/97).<br />
Der Mieter eines Pfer<strong>de</strong>s zum selbständigen Ausreiten muss <strong>im</strong> Scha<strong>de</strong>nsfalle die Vermutung<br />
gegen sich gelten lassen, dass ihn ein für <strong>de</strong>n Scha<strong>de</strong>n ursächliches Verschul<strong>de</strong>n trifft (OLG<br />
Düsseldorf, Urteil vom 27.4.1995, 13 U 97/94) <strong>und</strong> muss versuchen diese Vermutung zu<br />
wi<strong>de</strong>rlegen.<br />
13. Der Unfall mit Pfer<strong>de</strong>n:<br />
13.1. Der Unfall zu Pfer<strong>de</strong>:<br />
Ausgangsfall:<br />
In einem Reitbetrieb wird Abteilungsunterricht von einem Turnierrichter erteilt. Eine<br />
Reitlehrerzulassung bzw. -ausbildung hat dieser jedoch nicht. Ein Pferd aus <strong>de</strong>r Abteilung geht<br />
plötzlich durch, <strong>de</strong>r Reitschüler fällt herunter <strong>und</strong> verletzt sich durch <strong>de</strong>n Sturz.<br />
13.1.1. Tierhalterhaftung.<br />
Nach § 833 BGB ist <strong>de</strong>rjenige, <strong>de</strong>r ein Tier hält, gr<strong>und</strong>sätzlich zum Ersatz <strong>de</strong>sjenigen Scha<strong>de</strong>ns<br />
verpflichtet, <strong>de</strong>n das Tier verursacht.<br />
Dies setzt voraus, dass sich die Tiergefahr in einem willkürlichen Verhalten <strong>de</strong>s Reitpfer<strong>de</strong>s<br />
realisiert hat.<br />
Nach Auffassung <strong>de</strong>s BGH kommt es hierbei nicht darauf an, ob das Pferd noch nie vorher ein<br />
vergleichbares Verhalten gezeigt habe. Eine spezifische Tiergefahr verwirkliche sich auch dann,<br />
wenn ein Pferd erstmals <strong>und</strong> auf eine fehlerhafte Hilfe <strong>de</strong>s Reiters reagiert. Die Reaktion <strong>de</strong>s<br />
Pfer<strong>de</strong>s auf die Hilfen <strong>de</strong>s Reiters <strong>und</strong> die daraus folgen<strong>de</strong> Gefährdung habe ihren Gr<strong>und</strong> in <strong>de</strong>r<br />
Unberechenbarkeit tierischen Verhaltens, für die <strong>de</strong>r Halter <strong>de</strong>n Geschädigten schadlos halten<br />
müsse. Hat <strong>de</strong>r Reiter durch vorherige Fehler dazu beigetragen, dass ihn das Pferd abwirft o<strong>de</strong>r<br />
er vom Pferd fällt, kann dies allenfalls als Mitverschul<strong>de</strong>n berücksichtigt wer<strong>de</strong>n. Nur wenn das<br />
Tier genau das tut, was <strong>de</strong>r Reiter von ihm will, liegt kein Fall <strong>de</strong>r Tiergefahr vor.<br />
Tierhalter ist, wer an <strong>de</strong>r Haltung <strong>de</strong>s Tieres ein eigenes Interesse hat <strong>und</strong> über die Betreuung <strong>und</strong><br />
die Existenz <strong>de</strong>s Tieres entschei<strong>de</strong>t. Das ist meist <strong>de</strong>r Eigentümer, kann aber auch je<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re<br />
sein, <strong>de</strong>r ein begrün<strong>de</strong>tes Eigeninteresse an <strong>de</strong>r Haltung <strong>de</strong>s Tieres hat. Die Haftung trifft also<br />
gr<strong>und</strong>sätzlich <strong>de</strong>njenigen, <strong>de</strong>r die Verfügungsgewalt über das Pferd innehat.<br />
Han<strong>de</strong>lt es sich um ein Privatpferd, das <strong>im</strong> Reitunterricht von seinem Eigentümer geritten wird,<br />
schei<strong>de</strong>t die Tierhalterhaftung aus. Ein sogenannter Eigenscha<strong>de</strong>n, also <strong>de</strong>r durch das eigene
Pferd <strong>de</strong>m Eigentümer persönlich entstehen<strong>de</strong> Scha<strong>de</strong>n ist durch die<br />
Tierhalterhaftpflichtversicherung nicht versichert <strong>und</strong> auch nicht versicherbar.<br />
Ist das Tier ein Privatpferd, das von einem Reitschüler gepflegt <strong>und</strong> regelmäßig <strong>im</strong> Reitunterricht<br />
geritten wer<strong>de</strong>n darf, ist ein Fall <strong>de</strong>r Tierhalterhaftung gegeben. Die<br />
Tierhalterhaftpflichtversicherung – sofern vorhan<strong>de</strong>n, ansonsten <strong>de</strong>r Halter persönlich – hat für<br />
<strong>de</strong>n Scha<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Reitschülers aufzukommen.<br />
Hier empfiehlt sich daher ein genau formulierter Haftungsausschluss o<strong>de</strong>r wenigstens eine<br />
Haftungsbegrenzung, insb. sofern kein ausreichen<strong>de</strong>r Versicherungsschutz gegeben ist.<br />
Wenn das Pferd von einem gewerbsmäßigen Reitbetrieb für die Reitst<strong>und</strong>e vermietet ist, ist die<br />
Sachlage jedoch an<strong>de</strong>rs. Nach § 833 Satz 2 BGB tritt die Ersatzpflicht dann nicht ein, wenn <strong>de</strong>r<br />
Scha<strong>de</strong>n durch ein Tier verursacht wird, das zu Erwerbszwecken eingesetzt wird <strong>und</strong> bei <strong>de</strong>r<br />
Beaufsichtigung <strong>de</strong>s Tieres die <strong>im</strong> Verkehr erfor<strong>de</strong>rliche Sorgfalt beobachtet wur<strong>de</strong>.<br />
Der Pfer<strong>de</strong>besitzer, <strong>de</strong>r seine Pfer<strong>de</strong> gewerbsmäßig vermietet, kann sich also entlasten. Falls <strong>de</strong>r<br />
Turnierrichter-Reitlehrer sich aber um <strong>de</strong>n Reitunterricht nicht gekümmert hat, etwa einem<br />
Anfänger ein bekanntermaßen wil<strong>de</strong>s Pferd zugewiesen hat, kann <strong>de</strong>r Entlastungsbeweis nicht<br />
gelingen, <strong>de</strong>r gewerbsmäßige Pfer<strong>de</strong>eigentümer haftet dann doch.<br />
Unabhängig davon, dass eine Reitst<strong>und</strong>e auch bei einem gemeinnützigen Reiterverein regelmäßig<br />
entgeltlich erfolgt, ist <strong>de</strong>r Betrieb eines Reitervereins satzungsgemäß nicht auf Gewinnerzielung<br />
ausgerichtet. Die vereinseigenen Pfer<strong>de</strong> gelten <strong>de</strong>shalb als sogenannte Luxustiere, für die die<br />
Exkulpationsmöglichkeit nicht gegeben ist. Wenn <strong>de</strong>r Reitschüler also ein Pferd geritten hat, das<br />
einem Reiterverein gehört, kann <strong>de</strong>r Reiterverein für Schä<strong>de</strong>n, die durch sogenannte Verleih-<br />
o<strong>de</strong>r Schulpfer<strong>de</strong> verursacht wer<strong>de</strong>n, aus <strong>de</strong>r Tierhalterhaftpflicht in Anspruch genommen<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
13.1.2. Mitverschul<strong>de</strong>n.<br />
Das Institut <strong>de</strong>s Mitverschul<strong>de</strong>ns kann als schuldhafte Selbstgefährdung die Haftung <strong>de</strong>s Halters<br />
begrenzen. Im Rahmen <strong>de</strong>s Mitverschul<strong>de</strong>ns ist zunächst das Han<strong>de</strong>ln auf eigene Gefahr als eine<br />
Variante vorzustellen.<br />
Der von <strong>de</strong>r Rechtsprechung entwickelte Tatbestand <strong>de</strong>s Han<strong>de</strong>lns auf eigene Gefahr ist erfüllt,<br />
wenn sich jemand bewusst in eine Situation drohen<strong>de</strong>r Eigengefährdung begibt. Bei <strong>de</strong>r<br />
Tierhalterhaftung kann das Han<strong>de</strong>ln auf eigene Gefahr sogar ein Haftungsausschlussgr<strong>und</strong> sein,<br />
wenn sich <strong>de</strong>r Verletzte bewusst Risiken aussetzt, die über die normale Tiergefahr hinausgehen.<br />
Abgesehen von diesem Son<strong>de</strong>rfall führt Han<strong>de</strong>ln auf eigene Gefahr lediglich zur Anwendung <strong>de</strong>s<br />
§ 254 BGB <strong>und</strong> damit in <strong>de</strong>r Regel zu einer Scha<strong>de</strong>nteilung.<br />
Die Tierhalterhaftung wird unter diesem Gesichtspunkt nicht generell ausgeschlossen, wenn <strong>de</strong>r<br />
Reiter freiwillig <strong>und</strong> aus eigenem Interesse ein frem<strong>de</strong>s Pferd reitet, es sei <strong>de</strong>nn, er hat <strong>im</strong><br />
Einzelfall Risiken übernommen, die über diejenigen eines gewöhnlichen Rittes hinausgehen.<br />
Diese zusätzlichen Risiken können aber bei einer Turnierteilnahme o<strong>de</strong>r einem selbständigen<br />
Ausritt gegeben sein.<br />
13.1.3. Versicherungsschutz.<br />
Ein <strong>im</strong> Lan<strong>de</strong>sreiterverband organisierter Reiterverein genießt aber Versicherungsschutz über <strong>de</strong>n<br />
Verband. Alle organisierten Sportler, die <strong>de</strong>m Lan<strong>de</strong>ssportb<strong>und</strong> als Sportfachverband<br />
angeschlossen sind, also auch die Mitglie<strong>de</strong>r eines Reitervereins, sind über <strong>de</strong>n Lan<strong>de</strong>ssportb<strong>und</strong><br />
unfallversichert. Die Behandlungskosten übern<strong>im</strong>mt die allgemeine Krankenversicherung.
Über <strong>de</strong>n Lan<strong>de</strong>ssportb<strong>und</strong> sind in<strong>de</strong>s nur Aktivitäten versichert, die <strong>im</strong> Zusammenhang mit <strong>de</strong>r<br />
Vereinstätigkeit stehen. Die Versicherung <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>ssportb<strong>und</strong>es tritt bei einem Reitunfall ein,<br />
wenn jemand Reitunterricht erteilt hat, <strong>de</strong>r gem. APO die Befähigung zur Unterrichtserteilung<br />
besitzt (zum Beispiel ein Reitwart, Amateur- o<strong>de</strong>r Berufsreitlehrer). Dann wird ordnungsgemäßer<br />
Unterricht unterstellt, <strong>de</strong>r Geschädigte kann diese Vermutung aber wi<strong>de</strong>rlegen, wenn er<br />
beispielsweise nachweist, dass <strong>de</strong>r Reitlehrer nicht in <strong>de</strong>r Reithalle son<strong>de</strong>rn <strong>im</strong> Büro am Telefon<br />
war.<br />
Sollte aber jemand Reitunterricht erteilt haben, <strong>de</strong>r nicht über eine „amtlich“ nachgewiesene<br />
Befähigung verfügt, ist <strong>de</strong>r Verein beweisbelastet, dass trotz<strong>de</strong>m ein ordnungsgemäßer<br />
Reitunterricht erteilt wur<strong>de</strong>. So kann etwa die Befähigung <strong>de</strong>s Unterrichten<strong>de</strong>n dadurch belegt<br />
wer<strong>de</strong>n, dass er als Turnierrichter o<strong>de</strong>r aufgr<strong>und</strong> zahlreichen erfolgreichen Turnierteilnahmen<br />
geeignet ist, ordnungsgemäßen Unterricht zu erteilen. Den Beweis eines ordnungsgemäßen<br />
Unterrichts muss <strong>de</strong>r Reiterverein aber <strong>im</strong> Einzelfall führen.<br />
Wenn <strong>de</strong>r Reitlehrer außerhalb <strong>de</strong>r Vereinsanlage privat Reitunterricht erteilt besteht kein<br />
Versicherungsschutz <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>ssportb<strong>und</strong>es.<br />
Der Versicherungsschutz <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>ssportb<strong>und</strong>es umfasst alle organisierten Sportler, die <strong>de</strong>m<br />
Lan<strong>de</strong>ssportb<strong>und</strong> angeschlossen sind. Das gilt unter an<strong>de</strong>rem für die Islandpfer<strong>de</strong>reiter, die in <strong>de</strong>r<br />
IPZV organisiert sind, die Westernreiter, die in <strong>de</strong>r EWU zusammengeschlossen sind, die<br />
Stu<strong>de</strong>ntenreiter, die <strong>im</strong> Deutschen Aka<strong>de</strong>mischen Reiterverband DAR organisiert sind <strong>und</strong> die<br />
Distanzreiter, als Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s VDD. Diese Vereinigungen sind <strong>de</strong>r Deutschen Reiterlichen<br />
Vereinigung (FN) angeschlossen.<br />
13.1.4. Tierhalterhaftpflichtversicherung.<br />
Durch eine Tierhalterhaftpflichtversicherung ist <strong>de</strong>r Pfer<strong>de</strong>eigentümer gegen<br />
Scha<strong>de</strong>nsersatzansprüche abgesichert, die gegen ihn auf Gr<strong>und</strong> gesetzlicher Haftungsbest<strong>im</strong>mungen<br />
geltend gemacht wer<strong>de</strong>n. Mitversichert sind auch Ansprüche Dritter, <strong>de</strong>nen <strong>de</strong>r<br />
Pfer<strong>de</strong>besitzer sein Pferd gelegentlich <strong>und</strong> unentgeltlich zur Verfügung gestellt hat. Damit ist das<br />
sogenannte Fremd- <strong>und</strong> Gastreiterrisiko mitversichert.<br />
Hiervon zu unterschei<strong>de</strong>n ist die ständige Reitbeteiligung, da insoweit eine selbständige Mit-<br />
Haltereigenschaft anzunehmen ist. Wenn mehrere Personen Mitbesitzer <strong>de</strong>s Pfer<strong>de</strong>s sind, ergibt<br />
sich daraus auch die gemeinsame Haltereigenschaft.<br />
Wesentlich komplizierter ist es, wenn <strong>de</strong>r Pfer<strong>de</strong>besitzer einer dritten Person gestattet, das Pferd<br />
unentgeltlich zu reiten, dafür aber eine Gegenleistung erwartet <strong>und</strong> erhält. Denn eine<br />
Gegenleistung muss nicht darin bestehen, dass sich die Reitbeteiligung am Unterhalt <strong>de</strong>s Pfer<strong>de</strong>s<br />
beteiligt. Es kann bereits genügen, dass sich die Reitbeteiligung verpflichtet, das Pferd zu pflegen,<br />
zu füttern o<strong>de</strong>r die Box auszumisten. In diesem Fall kann eine Mit-Haltereigenschaft <strong>im</strong><br />
haftungs- <strong>und</strong> versicherungsrechtlichen Sinne vorliegen.<br />
Zur eigenen Absicherung empfiehlt es sich, die Reitbeteiligung kostenlos in <strong>de</strong>n bestehen<strong>de</strong>n<br />
Versicherungsvertrag aufzunehmen. Dann genießt die Reitbeteiligung <strong>de</strong>n gleichen<br />
Versicherungsschutz wie <strong>de</strong>r versicherte Pfer<strong>de</strong>eigentümer, da sie eine mitversicherte Person ist.<br />
Diese können aus <strong>de</strong>m Versicherungsvertrag keine eigenen Schä<strong>de</strong>n geltend machen. Das hat<br />
gleichzeitig zur Folge, dass Schä<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r jeweiligen Reitbeteiligung als Eigenschä<strong>de</strong>n behan<strong>de</strong>lt<br />
wer<strong>de</strong>n <strong>und</strong> diese die Reitbeteiligung selbst zu tragen hat. An<strong>de</strong>rseits wird die mitversicherte<br />
Reitbeteiligung <strong>im</strong> Scha<strong>de</strong>nsfall nicht in Regress genommen.
Zur vollkommenen Absicherung ist zu<strong>de</strong>m anzuraten, zusätzlich einen Haftungsausschluss zu<br />
vereinbaren, wonach nicht versicherte Ansprüche ausgeschlossen sind. Es empfiehlt sich daher,<br />
<strong>de</strong>r Versicherungsgesellschaft anzuzeigen, dass in <strong>de</strong>n bestehen<strong>de</strong>n Versicherungsvertrag mit<br />
sofortiger Wirkung die Reitbeteiligung [Name, Adresse] kostenlos als Reitbeteiligung mit<br />
eingeschlossen wird. Dieser Antrag ist vom Versicherungsnehmer <strong>und</strong> von <strong>de</strong>r Reitbeteiligung zu<br />
unterschreiben <strong>und</strong> bei <strong>de</strong>r Versicherung einzureichen.<br />
13.2. Der Unfall mit Pfer<strong>de</strong>:<br />
Ein Unfall kann sich aber auch ereignen, ohne das geritten wird.<br />
So kann ein Pferd auf <strong>de</strong>r Koppel von einem H<strong>und</strong> gebissen wer<strong>de</strong>n, <strong>im</strong> Stall einen H<strong>und</strong> o<strong>de</strong>r<br />
einen Menschen treten o<strong>de</strong>r auf <strong>de</strong>r Flucht vor einer Gefahr Materialschä<strong>de</strong>n an geparkten Autos<br />
o<strong>de</strong>r Zäunen verursachen.<br />
Es stellt sich daher meist auch die Frage, wie das Verschul<strong>de</strong>n an <strong>de</strong>m Unfall zwischen <strong>de</strong>n<br />
Beteiligten aufgeteilt wird. Eine genaue Prüfung <strong>de</strong>r einzelnen Beiträge <strong>und</strong> die Abwägung dieser<br />
Beiträge gegeneinan<strong>de</strong>r ist hier entschei<strong>de</strong>nd.<br />
Hat sich zum Beispiel ein elfjähriges Kind einem ihm unbekannten, auf einer von <strong>de</strong>r<br />
öffentlichen Straße durch eine Wiese getrennten Koppel gehaltenen Pferd genähert <strong>und</strong> wur<strong>de</strong> es<br />
von ihm gebissen, trifft das Verschul<strong>de</strong>n allein das Kind <strong>und</strong> nicht das Pferd.<br />
Nähert sich dagegen ein PKW-Fahrer innerhalb einer geschlossenen Ortschaft einer Reitergruppe<br />
mit überhöhter Geschwindigkeit <strong>und</strong> muss er eine Vollbremsung vornehmen, so reduziert sich<br />
die Tierhalterhaftung lediglich, wenn ein Reitpferd aufgr<strong>und</strong> <strong>de</strong>s Fahrverhaltens <strong>de</strong>s PKW-<br />
Fahrers scheut <strong>und</strong> mit dabei Schä<strong>de</strong>n verursacht.<br />
An diesen zwei Beispielen aus <strong>de</strong>r Praxis erkennt man, dass noch keine vollständig klare Linie<br />
gef<strong>und</strong>en ist, wann welche Beiträge hintereinan<strong>de</strong>r zurücktreten.<br />
Daher ist hier eine sorgfältige Prüfung <strong>de</strong>r Rechtslage <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Auffassung <strong>de</strong>s zuständigen<br />
Gerichts unerlässlich, bevor gerichtliche Schritte unternommen wer<strong>de</strong>n.<br />
Bleibt zu wünschen, dass dieser Ernstfall niemals eintritt, <strong>und</strong> sich Überlegungen wie eben<br />
angestellt für die meisten Pfer<strong>de</strong>fre<strong>und</strong>e als graue Theorie erweisen.<br />
14. Haftungsrisiken für Pfer<strong>de</strong>pensionsbetreiber – sie lauern überall<br />
Auch für <strong>de</strong>n Pfer<strong>de</strong>pensionsvertrag gilt, dass eine schuldhafte Verletzung <strong>de</strong>s Pflichtenkataloges<br />
gr<strong>und</strong>sätzlich zur Haftung <strong>de</strong>s Pfer<strong>de</strong>pensionsbetreibers führt.<br />
Schon <strong>im</strong>mer hat die Rechtsprechung die Verantwortlichkeit <strong>de</strong>s Betreibers für eine schuldhafte<br />
Vertragsverletzungen bejaht. Uneingeschränkt wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Gr<strong>und</strong>satz bejaht, dass <strong>de</strong>r Inhaber<br />
eines Pensionsbetriebes für sämtliche Schä<strong>de</strong>n haftungsrechtlich verantwortlich ist, die auf einen<br />
Mangel <strong>de</strong>s Stalles o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r übrigen Betriebsteile zurückzuführen sind.<br />
Man unterschei<strong>de</strong>t zwischen <strong>de</strong>n Mängeln, die bzw. <strong>de</strong>ren Ursachen bereits bei Abschluss <strong>de</strong>s<br />
Pensionsvertrages vorhan<strong>de</strong>n gewesen <strong>und</strong> solchen Mängeln, die erst später entstan<strong>de</strong>n sind. Im<br />
ersten Fall haftet <strong>de</strong>r Betreiber für Schä<strong>de</strong>n <strong>im</strong> Sinne einer sogenannten Garantiehaftung, d.h.<br />
ohne dass es auf das Verschul<strong>de</strong>n ankäme. Im zweiten Fall wird gefor<strong>de</strong>rt, dass <strong>de</strong>r Betreiber für<br />
<strong>de</strong>n Mangel verantwortlich ist.
Liegen die Voraussetzungen vor, haftet <strong>de</strong>r Inhaber eines Pfer<strong>de</strong>pensionsbetriebes<br />
uneingeschränkt für Schä<strong>de</strong>n an <strong>de</strong>n eingestellten Pfer<strong>de</strong>n einschließlich möglicher Schä<strong>de</strong>n an<br />
sonstigen Vermögenswerten <strong>de</strong>s Einstellers, Stallnutzern o<strong>de</strong>r Besuchern. Im Ernstfall kann das<br />
be<strong>de</strong>uten, dass <strong>de</strong>r Betreiber einer solchen Anlage verpflichtet ist, <strong>de</strong>n Gegenwert <strong>de</strong>s<br />
hochtalentierten <strong>und</strong> gleichzeitig millionenteueren Spring- bzw. Dressurpfer<strong>de</strong>s zu ersetzen, weil<br />
sich dieses in einer zu kleinen Box festgelegt hat <strong>und</strong> sich be<strong>im</strong> Versuch einer Befreiung ein Bein<br />
gebrochen hat, o<strong>de</strong>r ein sechsstelliges Schmerzensgeld für einen querschnittsgelähmten 15jährigen<br />
Jungen zu zahlen.<br />
Daneben wird von <strong>de</strong>r Rechtsprechung auch die Haftung <strong>de</strong>s Inhabers für eventuelle Schä<strong>de</strong>n<br />
aus einer mangelhaften Fütterung <strong>und</strong> Verletzung <strong>de</strong>r Obhutspflicht für die eingestellten Pfer<strong>de</strong><br />
mit entsprechen<strong>de</strong>n weitreichen<strong>de</strong>n Konsequenzen durchaus bejaht.<br />
Wenn <strong>de</strong>r Stallbetreiber beispielsweise versch<strong>im</strong>meltes Heu füttert o<strong>de</strong>r verfaultes Stroh<br />
einstreut, dann ist <strong>de</strong>r Einsteller berechtigt, die Boxenmiete entsprechend zu min<strong>de</strong>rn, ggf. sogar<br />
<strong>de</strong>n Vertrag fristlos zu kündigen.<br />
Bei <strong>de</strong>r Frage, welche Kriterien hier anzulegen sind, ist von <strong>de</strong>r Sorgfaltspflicht eines or<strong>de</strong>ntlichen<br />
Stallbetreibers auszugehen. Dabei ist zu beachten, dass Kraftfutter, Heu <strong>und</strong> Stroh<br />
Naturprodukte sind, die selbstverständlich nicht <strong>im</strong>mer eine i<strong>de</strong>ntische Qualität aufweisen<br />
können. An<strong>de</strong>rerseits hat <strong>de</strong>r Stalleigentümer zu überwachen <strong>und</strong> ggf. zu verantworten, dass<br />
Futter <strong>und</strong> Einstreu geeignet sind.<br />
Der Stallbesitzer muss auch seine Anlage, samt Koppeln, so erhalten, dass von ihr keine<br />
Gefahren, wie morsche Zäune o<strong>de</strong>r herausstehen<strong>de</strong> rostige Nägel, ausgehen. An<strong>de</strong>rnfalls muss er<br />
für Schä<strong>de</strong>n einstehen. Auch ist es möglich, dass er neben <strong>de</strong>m Pfer<strong>de</strong>besitzer für Schä<strong>de</strong>n, die<br />
<strong>de</strong>ssen entlaufenes Pferd verursacht, haften muss, wenn das Pferd aufgr<strong>und</strong> unzureichen<strong>de</strong>r<br />
Sicherung sich befreien konnte. Unfälle, die jedoch nicht auf <strong>de</strong>n Zustand <strong>de</strong>r Anlage <strong>und</strong> <strong>de</strong>n<br />
Betriebsablauf zurückzuführen sind, betreffen <strong>de</strong>n Stallbesitzer in aller Regel nicht.<br />
Ein an<strong>de</strong>res Problem stellt sich etwa dann, wenn ein krankes Pferd neu in <strong>de</strong>n Stall kommt.<br />
Gr<strong>und</strong>sätzlich ist <strong>de</strong>r Neueinsteller dafür verantwortlich, wenn sich an<strong>de</strong>re bei seinem Pferd<br />
anstecken. Das schließt insbeson<strong>de</strong>re die Erstattung von Tierarztkosten ein. Um <strong>de</strong>rartigen Fällen<br />
vorzubeugen, verlangen manche Ställe die Vorlage eines tierärztlichen Attestes, dass das neu<br />
eingestellte Pferd ges<strong>und</strong> ist. Nur wenn <strong>de</strong>r Betreiber von <strong>de</strong>r Krankheit weiß, haftet auch er <strong>de</strong>n<br />
Alteinstellern gegenüber.<br />
Zu <strong>de</strong>n Aufgaben <strong>de</strong>s Stallbetreibers gehört es zumeist, dass er <strong>im</strong> Fall einer Erkrankung <strong>de</strong>s<br />
Pfer<strong>de</strong>s auf Rechnung <strong>de</strong>s Einstellers auch die erfor<strong>de</strong>rlichen tierärztlichen<br />
Behandlungsmaßnahmen einleitet, sofern <strong>de</strong>r Einsteller nicht erreichbar ist. Hierunter fallen aber<br />
nur Notfallmaßnahmen. Irreversible Maßnahmen – insb. die Tötung <strong>de</strong>s Pfer<strong>de</strong>s – muss sich <strong>de</strong>r<br />
Stallbesitzer jedoch gut überlegen, schon um nicht scha<strong>de</strong>nsersatzpflichtig zu wer<strong>de</strong>n.<br />
Wenn sich ein Pferd also auffällig verhält, ist <strong>de</strong>r Stallinhaber aus <strong>de</strong>m Einstellungsvertrag heraus<br />
meist verpflichtet, sich um das Wohl <strong>de</strong>s Pfer<strong>de</strong>s zu kümmern. Das beinhaltet insbeson<strong>de</strong>re die<br />
Durchführung aller erfor<strong>de</strong>rlichen Notfall- <strong>und</strong> Sofortmaßnahmen. Sollte <strong>de</strong>r von <strong>de</strong>m Einsteller<br />
benannte Tierarzt nicht verfügbar sein, ist <strong>de</strong>r Stallinhaber auch verpflichtet, einen an<strong>de</strong>ren<br />
Tierarzt herbeizurufen. Wenn <strong>de</strong>r Stallbetreiber dieser Verpflichtung nicht nachkommt, also zum<br />
Beispiel <strong>de</strong>n Tierarzt nicht o<strong>de</strong>r zu spät hinzuzieht, macht er sich scha<strong>de</strong>nsersatzpflichtig. Das<br />
kann von <strong>de</strong>r Erstattung tierärztlicher Mehrkosten bis zum Ersatz <strong>de</strong>s Pfer<strong>de</strong>wertes <strong>im</strong> To<strong>de</strong>sfall<br />
reichen.
Ein weiteres Problem sind die allgemeinen Verkehrssicherungspflichten. Diese for<strong>de</strong>rn, dass<br />
Gruben so gesichert sind, dass niemand hineinstürzen kann, aber auch dass Schnee <strong>und</strong> Eis<br />
bekämpft wer<strong>de</strong>n. Die Räum- <strong>und</strong> Streupflicht entsteht unabhängig von öffentlich-rechtlichen<br />
Anordnungen als beson<strong>de</strong>re Verkehrssicherungspflicht <strong>de</strong>s Gr<strong>und</strong>stückseigentümers. Betroffen<br />
sind hiervon nicht nur die öffentlichen Gehwege, an die das Gr<strong>und</strong>stück angrenzt, son<strong>de</strong>rn<br />
sämtliche Wege auf <strong>de</strong>m Gr<strong>und</strong>stück, die <strong>de</strong>m – befugten – Verkehr <strong>de</strong>r Öffentlichkeit, z.B.<br />
Mietern, Besuchern o<strong>de</strong>r sonstigen Dritten, eröffnet sind. Die Verkehrssicherungspflicht<br />
erstreckt sich auf alle best<strong>im</strong>mungsmäßigen Zuwege zum Gr<strong>und</strong>stück bzw. zu <strong>de</strong>n Gebäu<strong>de</strong>n. Sie<br />
besteht aber nicht für alle er<strong>de</strong>nklichen Trampelpfa<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r Schleichwege, die abseits <strong>de</strong>r<br />
gesicherten Wege bestehen. Etwas an<strong>de</strong>res gilt, wenn <strong>de</strong>r Eigentümer die Nutzung <strong>de</strong>s<br />
Trampelpfa<strong>de</strong>s dul<strong>de</strong>t. Zu reinigen sind neben <strong>de</strong>n Gehsteigen am Gr<strong>und</strong>stück daher auch<br />
<strong>de</strong>ssen Zufahrten sowie die Zugänge zum Haus, zu <strong>de</strong>n Mülltonnen, Parkplätzen, Misthaufen,<br />
<strong>de</strong>n Koppeln, Laubengänge vor <strong>de</strong>n Mitarbeiterwohnungen <strong>und</strong> schließlich <strong>de</strong>r Innen- o<strong>de</strong>r<br />
Hinterhof.<br />
Der Betreiber eines Pensionsstalles ist also gewollt o<strong>de</strong>r ungewollt mit einem erheblichen<br />
Haftungspotential konfrontiert, dass wohl als existenzgefähr<strong>de</strong>nd bezeichnet wer<strong>de</strong>n muss. Was<br />
liegt näher als Verträge zu entwerfen, in <strong>de</strong>nen die Haftung <strong>de</strong>s Betriebsinhabers ausgeschlossen<br />
o<strong>de</strong>r aber doch zumin<strong>de</strong>st erheblich reduziert wird?<br />
Klauseln zur Haftungsbegrenzung bzw. zum Haftungsausschluss <strong>de</strong>s Inhabers eines<br />
Pfer<strong>de</strong>pensionsbetriebes sind in<strong>de</strong>ssen in vielen Fällen unwirksam. Zwar kann die<br />
verschul<strong>de</strong>nsunabhängige Garantiehaftung <strong>de</strong>s Pensionsbetriebes auch formularmäßig<br />
abbedungen wer<strong>de</strong>n. Dies gilt jedoch nicht für arglistig verschwiegene Mängel. Die<br />
verschul<strong>de</strong>nsabhängige Haftung kann in AGB nicht ausgeschlossen wer<strong>de</strong>n hinsichtlich grob<br />
fahrlässigem o<strong>de</strong>r gar vorsätzlichem Verhaltens. Entgegen weit verbreiteter Auffassung haftet <strong>de</strong>r<br />
Inhaber auch für leichte Fahrlässigkeit, soweit es um die Verletzung von vertraglichen<br />
Hauptpflichten o<strong>de</strong>r aber um Gefahren für wesentliche Rechtsgüter <strong>de</strong>s Einstellers geht.<br />
Summenmäßige Haftungsbegrenzungen, wie sie in <strong>de</strong>r Regel durch <strong>de</strong>n Abschluss einer<br />
ausreichen<strong>de</strong>n Betriebshaftpflichtversicherung vorgesehen wer<strong>de</strong>n, müssen in einem<br />
angemessenen Verhältnis zum vertragstypischen Scha<strong>de</strong>nsrisiko stehen, um die gewünschten<br />
Rechtswirkungen <strong>im</strong> Verhältnis zum Pfer<strong>de</strong>einsteller zu erzielen. Auch die Vorgehensweise, <strong>im</strong><br />
Wege einer individuellen Vereinbarung das Haftungsrisiko auszuschließen o<strong>de</strong>r zu begrenzen,<br />
verfehlt in aller Regel ihren Zweck, da eine <strong>de</strong>rartige Vereinbarung eine Vielzahl von Problemen<br />
– angefangen bei <strong>de</strong>m Problem, ob überhaupt eine individuelle Vereinbarung vorliegt – mit sich<br />
bringt. Auch Warnschil<strong>de</strong>r können die Haftung nach <strong>de</strong>m eben gesagten nicht ausschließen. Im<br />
besten Falle sind sie geeignet die Haftung zu verringern <strong>und</strong> <strong>de</strong>m Geschädigten eine Mitschuld<br />
zuzuweisen.<br />
Bleibt also die Frage, ob durch Abschluss einer Betriebshaftpflichtversicherung die aufgezeigten<br />
Risiken begrenzt wer<strong>de</strong>n können. Soweit eine <strong>de</strong>rartige Versicherung <strong>und</strong> die dort vereinbarte<br />
Deckungssumme das sogenannte vertragstypische Scha<strong>de</strong>nsrisiko ab<strong>de</strong>ckt <strong>und</strong> damit eine<br />
adäquate versicherungsmäßige Scha<strong>de</strong>nsvorsorge für alle vorhersehbaren Schä<strong>de</strong>n gewährleistet<br />
ist, kann auch eine Scha<strong>de</strong>nsbegrenzungsklausel bei Beachtung best<strong>im</strong>mter Kriterien<br />
rechtswirksam vereinbart wer<strong>de</strong>n. Damit bleibt aber <strong>im</strong>mer noch offen, wer die außeror<strong>de</strong>ntlich<br />
hohen Kosten einer <strong>de</strong>rartigen Versicherung zu tragen haben wird. Durch die monatliche<br />
Boxenmiete dürften diese Kosten in keinem Fall zusätzlich vom Betreiber ge<strong>de</strong>ckt wer<strong>de</strong>n<br />
können. Zu<strong>de</strong>m ist die Interessenlage <strong>de</strong>r verschie<strong>de</strong>nen Einsteller höchst unterschiedlich.<br />
Während <strong>de</strong>r eine Pfer<strong>de</strong>besitzer lediglich ein normalteueres Pferd eingestellt hat, stellen die<br />
Pfer<strong>de</strong> eines an<strong>de</strong>ren Einstellers möglicherweise Millionenwerte dar. Das jeweilige Risiko fällt<br />
also ganz unterschiedlich aus <strong>und</strong> die Frage, wer in welchem Verhältnis sich an <strong>de</strong>m jeweiligen<br />
kostenmäßigen Risiko beteiligt, sollte daher in individuellen Absprachen geklärt wer<strong>de</strong>n.
Auf je<strong>de</strong>n Fall sollte – auch aus haftungsrechtlichen Grün<strong>de</strong>n – <strong>im</strong> Vertrag klargestellt wer<strong>de</strong>n,<br />
dass kein Verwahrungsvertrag vorliegt. Dies hilft zwar nicht <strong>im</strong>mer – insb. wenn <strong>de</strong>r Vermieter<br />
zu viele Obhutspflichten übern<strong>im</strong>mt – bietet <strong>de</strong>m <strong>de</strong>n Vertrag auslegen<strong>de</strong>n Gericht jedoch einen<br />
Hinweis zu Gunsten <strong>de</strong>s Mietvertrages, <strong>de</strong>m das Gericht dann in Grenzfällen folgen kann. Denn<br />
Obhutsschä<strong>de</strong>n (also Schä<strong>de</strong>n <strong>im</strong> Rahmen eines Verwahrungsvertrages) begrün<strong>de</strong>n zwar eine<br />
Haftung <strong>de</strong>s Stalleigentümers, versichert sind diese Schä<strong>de</strong>n jedoch in <strong>de</strong>r Regel nicht. Denn gem.<br />
§ 4.6 a <strong>de</strong>r Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB) sind<br />
Haftpflichtansprüche wegen Schä<strong>de</strong>n an frem<strong>de</strong>n Sachen (hierzu zählt auch das Pferd), die<br />
Gegenstand eines beson<strong>de</strong>ren Verwahrungsvertrages sind, von <strong>de</strong>r Versicherung ausgeschlossen.<br />
So dass in einem solchen Fall <strong>de</strong>r Geschädigte nahezu leer ausgeht, wenn <strong>de</strong>r Stallbetreiber die<br />
erfor<strong>de</strong>rliche Summe nicht aufbringen kann. Zu<strong>de</strong>m ist dann <strong>de</strong>r Stallbetreiber wirtschaftlich<br />
ruiniert.<br />
15. Wenn die Zahlungsmoral schlecht wird…<br />
Die „guten, alten Zeiten“ sind vorbei. Man hört es an allen Orten. Insbeson<strong>de</strong>re die<br />
Zahlungsmoral hat sich – auch unter Reitern – massiv verän<strong>de</strong>rt. Daher ist es kein Einzelfall<br />
mehr, dass Stallbetreiber zwar <strong>de</strong>n Stall voll haben, aber diese Pfer<strong>de</strong> ihnen nur das Heu vom<br />
Bo<strong>de</strong>n fressen, <strong>de</strong>r Pfer<strong>de</strong>eigentümer aber von seinem Recht auf Zahlung keinen Gebrauch<br />
macht. Was in solch einem Fall zu tun ist, erläutert <strong>de</strong>r folgen<strong>de</strong> Beitrag.<br />
Ein Einstellervertrag regelt die Rechte <strong>und</strong> Pflichten sowohl <strong>de</strong>s Betreibers eines Stalls als auch<br />
<strong>de</strong>s Pfer<strong>de</strong>eigentümers (in Reiterkreisen weithin Pfer<strong>de</strong>besitzer genannt). Für diese Vertragsart<br />
existieren aber keine speziellen Regelungen, weswegen <strong>im</strong> Einzelfall geprüft wer<strong>de</strong>n muss, welche<br />
gesetzlichen Vorgaben passen. Je nach Art <strong>de</strong>r Leistung <strong>de</strong>s Stallbetreibers, wie Misten,<br />
Fütterung, Beritt <strong>und</strong> Wei<strong>de</strong>gang, greifen unterschiedliche Vorschriften. Solch ein Vertrag ist aus<br />
Elementen eines Miet-, Verwahrungs-, Pacht-, Kauf- <strong>und</strong> Dienstvertrags zusammengesetzt. Er<br />
kann mündlich vereinbart wer<strong>de</strong>n, dies ist aber <strong>im</strong> Streitfall für <strong>de</strong>n Stallbetreiber von Nachteil,<br />
da er seinen Zahlungsanspruch beweisen muss <strong>und</strong> nur die gesetzlichen Rechte hat, die nach <strong>de</strong>n<br />
vom Gericht angewen<strong>de</strong>ten gesetzlichen Vorschriften bestehen.<br />
Zahlt nun <strong>de</strong>r Einsteller nicht, sollten zuerst die Grün<strong>de</strong> dafür geklärt wer<strong>de</strong>n: Bemängelt <strong>de</strong>r<br />
Einsteller die Schlecht- o<strong>de</strong>r Nichterfüllung best<strong>im</strong>mter (nach seiner Meinung) vereinbarter<br />
Leistungen? Sind diese Vorwürfe gar berechtigt? Wenn nicht, kann <strong>de</strong>r Stallbetreiber seine<br />
For<strong>de</strong>rung geltend machen <strong>und</strong> für <strong>de</strong>n Fall <strong>de</strong>s fruchtlosen Ablaufs einer festzulegen<strong>de</strong>n<br />
Zahlungsfrist Kündigung androhen. Bei nicht fristgerechter Zahlung kann er seinen<br />
Zahlungsanspruch per Mahnbescheid o<strong>de</strong>r Klage gerichtlich geltend machen.<br />
Stellt <strong>de</strong>r Einsteller seine Zahlungen ohne Begründung ein, sollte <strong>de</strong>r Stallbetreiber schnell<br />
reagieren. Han<strong>de</strong>lt es sich nur um kurzfristig lösbare Zahlungsschwierigkeiten, sollte er<br />
einvernehmlich Zahlungsmodalitäten <strong>und</strong> Fristen vereinbaren. Auch schriftlich abgefasste<br />
Ratenzahlungen können sinnvoll sein, es sollten aber Sicherheiten vereinbart wer<strong>de</strong>n. Wird<br />
allerdings ein Ausfall <strong>de</strong>r For<strong>de</strong>rung erkennbar, sollte <strong>de</strong>r Stallbetreiber schriftlich zur Zahlung<br />
<strong>de</strong>r offenen Beträge auffor<strong>de</strong>rn, mit Hinweis auf eine mögliche fristlose Kündigung bei nicht<br />
fristgerechter Zahlung. Fruchtet auch diese Maßnahme nicht, kann <strong>de</strong>r übliche Weg über<br />
Mahnbescheid, Klage <strong>und</strong> Vollstreckung gegangen wer<strong>de</strong>n, mit <strong>de</strong>r Gefahr, dass eine<br />
Zwangsvollstreckung erfolglos bleibt.<br />
Kündigt <strong>de</strong>r Einsteller vorzeitig <strong>de</strong>n Vertrag, schul<strong>de</strong>t er – bei vertraglicher o<strong>de</strong>r gesetzlicher<br />
Kündigungsfrist – die Boxenmiete bis zu <strong>de</strong>ren Ablauf, wobei sich <strong>de</strong>r Betreiber ersparte<br />
Aufwendungen anrechnen lassen muss. Das gilt jedoch nicht, wenn <strong>de</strong>r Stallbetreiber die Box<br />
umgehend weiter vermieten kann. Die ersparten Aufwendungen umfassen insbeson<strong>de</strong>re die für
die Restlaufzeit gesparten Kosten für Futter <strong>und</strong> Dienstleistungen. Um nicht in<br />
Berechnungsprobleme zu geraten, sollte dieser Fall <strong>im</strong> Einstellervertrag geregelt <strong>und</strong> <strong>de</strong>r<br />
reduzierte Boxenpreis angegeben sein, <strong>de</strong>r auch bei einer zeitweisen Abwesenheit <strong>de</strong>s Pfer<strong>de</strong>s<br />
(Klinikaufenthalt, Lehrgang, Turnier) anwendbar wäre.<br />
Ein Pfandrecht am Eigentum <strong>de</strong>s Einstellers ergibt sich dann, wenn <strong>de</strong>r Einstellervertrag<br />
schwerpunktmäßig als Mietvertrag einzuordnen ist, was eine Frage <strong>de</strong>s Einzelfalles ist <strong>und</strong> <strong>im</strong><br />
Streitfall vom zuständigen Gericht geklärt wer<strong>de</strong>n muss. Das Pfandrecht kann aber auch<br />
vertraglich vereinbart wer<strong>de</strong>n. In je<strong>de</strong>m Fall kann es das Pferd samt Ausrüstung betreffen, aber<br />
auch ein am Stall abgestellter Pfer<strong>de</strong>hänger ist von ihm umfasst. Voraussetzung dafür ist, dass <strong>de</strong>r<br />
Einsteller auch Eigentümer ist, was bereits <strong>im</strong> Einstellervertrag geklärt wer<strong>de</strong>n sollte. Ist <strong>de</strong>r<br />
Einsteller uneinsichtig, kann <strong>de</strong>r Stallbetreiber durch eine einstweilige Verfügung verhin<strong>de</strong>rn, dass<br />
das Pferd <strong>und</strong> die sonstige Ausrüstung aus <strong>de</strong>r Anlage entfernt wird. Sollte dies bereits geschehen<br />
sein, kann er sein Recht auf Zurückschaffung einklagen. Dies muss allerdings innerhalb eines<br />
Monats nach Kenntniserlangung geschehen. Der Stallbetreiber kann auch ohne gerichtliche Hilfe<br />
die Entfernung von Pfandsachen verhin<strong>de</strong>rn, darf sie sich aber nicht selbst aneignen. So ist es<br />
nicht ohne weiteres möglich, präventiv ein Schloss an <strong>de</strong>r Box anzubringen. Dies schon allein<br />
<strong>de</strong>swegen, weil so eine evtl. erfor<strong>de</strong>rliche Notfallbehandlung <strong>de</strong>s Pfer<strong>de</strong>s durch <strong>de</strong>n Eigentümer<br />
<strong>und</strong> <strong>de</strong>ssen Tierarzt vereitelt wür<strong>de</strong>. Damit riskiert <strong>de</strong>r Betreiber, sich wegen „verbotener<br />
Eigenmacht“ Gegenansprüchen <strong>de</strong>s Einstellers auszusetzen. Nur wenn die Rechtslage das<br />
Pfandrecht ein<strong>de</strong>utig belegt <strong>und</strong> ein Einsteller konkret versucht, Pferd o<strong>de</strong>r Zubehör aus <strong>de</strong>m<br />
Stall zu entfernen, darf <strong>de</strong>r Stallbetreiber dies verhin<strong>de</strong>rn.<br />
Gepfän<strong>de</strong>te Gegenstän<strong>de</strong> dürfen nur öffentlich versteigert wer<strong>de</strong>n, dies muss öffentlich bekannt<br />
gemacht wer<strong>de</strong>n. Eine Versteigerung darf erst einen Monat nach – am Besten schriftlich erfolgter<br />
– Androhung <strong>de</strong>r Verwertung stattfin<strong>de</strong>n. Zur Versteigerung sind ausschließlich<br />
Gerichtsvollzieher, Notare sowie öffentlich bestellte Versteigerer befugt. Eine Abweichung von<br />
diesen Vorschriften lässt die Verwertung unrechtmäßig wer<strong>de</strong>n <strong>und</strong> kann zu Regressansprüchen<br />
gegenüber <strong>de</strong>m Stallbetreiber führen. Auch muss die Verhältnismäßigkeit einer For<strong>de</strong>rung zum<br />
Wert <strong>de</strong>s Pfan<strong>de</strong>s geprüft wer<strong>de</strong>n. Han<strong>de</strong>lt es sich um ein Pferd von weit höherem Wert als die<br />
offene For<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Stallbetreibers, wäre die Verwertung nicht zulässig, wenn an<strong>de</strong>re<br />
Pfandsachen, wie Sattel <strong>und</strong> Ausrüstung zur Verfügung stehen <strong>und</strong> ausreichen.<br />
Sorgfältig formulierte Einstellverträge sind für Stallbetreiber die beste Prävention gegen<br />
For<strong>de</strong>rungsausfälle. Die ungeprüfte Verwendung von Musterverträgen birgt jedoch erhebliche<br />
Gefahren. Bei Zahlungsverzug sollte unverzüglich mit <strong>de</strong>m Einsteller gesprochen wer<strong>de</strong>n.<br />
Wirtschaftlich ist es selbstre<strong>de</strong>nd zunächst sinnvoller, außergerichtliche Lösungen anzustreben,<br />
wobei auch hier ein Anwalt hilfreich sein kann. Aufwand <strong>und</strong> möglicher Ertrag eines<br />
gerichtlichen Verfahrens sollten sorgfältig abgewogen wer<strong>de</strong>n.<br />
16. Die Hängerleihe:<br />
16.1. Problemstellung.<br />
Viele Pfer<strong>de</strong>besitzer besitzen keinen eigenes Transportmittel für ihr Pferd, weil sie ihr Pferd nicht<br />
regelmäßig fahren müssen. Wenn das Pferd dann beispielsweise doch einmal <strong>de</strong>n Stall wechseln<br />
muss, fragen sie sich oft, wie dies von Statten gehen kann. Der Titel „Hängerleihe“ ist insoweit<br />
etwas eng gefasst, gelten ähnliche Probleme doch auch für je<strong>de</strong> Nutzung frem<strong>de</strong>r<br />
Pfer<strong>de</strong>transporter.<br />
Man kann zum Einen ein professionelles Pfer<strong>de</strong>spedition beauftragen. Der Transport <strong>de</strong>s Pfer<strong>de</strong>s<br />
mit einem gewerblichen Anbieter beinhaltet regelmäßig einen umfassen<strong>de</strong>n Versicherungsschutz
für Schä<strong>de</strong>n, die durch <strong>de</strong>n Transport an <strong>de</strong>m Pferd entstehen. Der Transport mit einem<br />
Spediteur ist aber eine relativ kostspielige Angelegenheit.<br />
Deshalb versucht man an<strong>de</strong>rerseits normalerweise einen Pfer<strong>de</strong>anhänger – o<strong>de</strong>r aber auch ein<br />
Zugfahrzeug nebst Hänger o<strong>de</strong>r gar einen LKW – zu leihen. Das ist eine unter Reiterkamera<strong>de</strong>n<br />
übliche Praxis. Wenn alles gut geht, entstehen auch keine Probleme.<br />
Falls das Pferd aber zum Beispiel <strong>de</strong>n ausgeliehenen Hänger beschädigt, ist es mit <strong>de</strong>r<br />
Fre<strong>und</strong>schaft zwischen Pfer<strong>de</strong>besitzer <strong>und</strong> Hängereigentümer nicht mehr weit her. Denn auch<br />
eine ggf. vorhan<strong>de</strong>ne Tierhalterhaftpflichtversicherung <strong>de</strong>ckt <strong>de</strong>n durch das Pferd verursachten<br />
Scha<strong>de</strong>n nicht ab. In <strong>de</strong>n allgemeinen Versicherungsbedingungen ist regelmäßig die Haftung für<br />
Schä<strong>de</strong>n, die an geliehenen, gemieteten bzw. gepachteten Sachen entstehen, ausgeschlossen.<br />
Demgemäß muss <strong>de</strong>r Pfer<strong>de</strong>besitzer in aller Regel persönlich für <strong>de</strong>n Scha<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>n sein Pferd an<br />
<strong>de</strong>m Anhänger verursacht hat, einstehen, sofern er keine spezielle Versicherung abgeschlossen<br />
hat.<br />
Nun kann aber nicht nur das Pferd <strong>de</strong>n Hänger beschädigen, son<strong>de</strong>rn das Pferd kann sich auch<br />
aufgr<strong>und</strong> Mängeln <strong>de</strong>s Anhängers verletzen, beispielsweise weil es auf <strong>de</strong>r glatten Verla<strong>de</strong>rampe<br />
ausrutscht, weil <strong>de</strong>r Bo<strong>de</strong>n einbricht o<strong>de</strong>r weil es sich an herausstehen<strong>de</strong>n scharfen Kanten<br />
W<strong>und</strong>en reißt. In allen Fällen, in <strong>de</strong>nen das Pferd aufgr<strong>und</strong> eines Mangels <strong>de</strong>s Anhängers zu<br />
Scha<strong>de</strong>n kommt, ist erst einmal entschei<strong>de</strong>nd, ob <strong>de</strong>r Pfer<strong>de</strong>besitzer mit <strong>de</strong>m Eigentümer <strong>de</strong>s<br />
Anhängers ein Entgelt für <strong>de</strong>n Gebrauch vereinbart hat o<strong>de</strong>r nicht.<br />
16.2. Unentgeltliche Überlassung.<br />
Im Falle unentgeltlicher Überlassung liegt ein Leihvertrag nach § 598 BGB vor. Hier haftet <strong>de</strong>r<br />
Verleiher nur für Vorsatz <strong>und</strong> grobe Fahrlässigkeit. Das heißt, dass er nur dann haftet, wenn er<br />
von <strong>de</strong>m Mangel Kenntnis hatte, o<strong>de</strong>r es sich gera<strong>de</strong>zu aufdrängt, dass ein entsprechen<strong>de</strong>r<br />
Scha<strong>de</strong>n vorliegt. Wenn also zum Beispiel <strong>de</strong>r Verleiher weiß, dass <strong>de</strong>r Anhängerbo<strong>de</strong>n morsch<br />
ist <strong>und</strong> er trotz<strong>de</strong>m <strong>de</strong>n Anhänger zum Transport von Pfer<strong>de</strong>n verleiht, dann haftet <strong>de</strong>r Verleiher<br />
für <strong>de</strong>n Scha<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r entsteht, wenn <strong>de</strong>r Bo<strong>de</strong>n durchbricht. Für Schä<strong>de</strong>n, die aufgr<strong>und</strong> an<strong>de</strong>rer<br />
Mängel auftreten, haftet <strong>de</strong>r Verleiher nicht. Wer sich also einen Pfer<strong>de</strong>anhänger leiht, sollte<br />
diesen über die Betriebstauglichkeit hinaus auch auf sonstige Geeignetheit prüfen, da <strong>de</strong>r<br />
Verleiher insoweit in aller Regel keine Haftung übern<strong>im</strong>mt.<br />
16.3. Entgeltliche Überlassung.<br />
An<strong>de</strong>res gilt, wenn <strong>de</strong>r Hängers gegen Entgelt überlassen wird. Dann ist ein Mietverhältnis<br />
gegeben. Der Vermieter haftet dafür, dass sich die vermietete Sache in einem zu <strong>de</strong>m<br />
vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand befin<strong>de</strong>t. In einem solchen Fall haftet <strong>de</strong>r<br />
Vermieter für alle Mängel, die <strong>im</strong> Zeitpunkt <strong>de</strong>r Überlassung vorhan<strong>de</strong>n sind. Es kommt dabei<br />
nach <strong>de</strong>r Rechtsprechung we<strong>de</strong>r auf die Kenntnis von <strong>de</strong>m Mangel, noch auf <strong>de</strong>ssen<br />
Erkennbarkeit an. Um dieses Risiko auszuschließen, ist eine Transportversicherung für<br />
Fremdpfer<strong>de</strong> bzw. für Vermietungsfälle o<strong>de</strong>r ein mit <strong>de</strong>m Mieter vereinbarter Haftungsausschluss<br />
anzuraten.<br />
16.4. Die Folgen eines Unfalles mit <strong>de</strong>m frem<strong>de</strong>n Anhänger.<br />
Bis September 2002 waren Pfer<strong>de</strong>anhänger meist nicht extra haftpflichtversichert. Der<br />
Pfer<strong>de</strong>anhänger war über das Zugfahrzeug mitversichert, so dass bei einer Scha<strong>de</strong>nsverursachung<br />
durch <strong>de</strong>n Anhänger die Haftpflichtversicherung <strong>de</strong>s Zugfahrzeuges eintrittspflichtig war. Diese<br />
gesetzliche Regelung brachte aber Probleme mit sich: So ereigneten sich wie<strong>de</strong>rholt Unfälle von<br />
Zugfahrzeugen mit Anhängern, bei <strong>de</strong>nen die Geschädigten nur das Kennzeichen <strong>de</strong>s Anhängers
erkennen konnten. Dieses unterschied sich jedoch von <strong>de</strong>m <strong>de</strong>s Zugfahrzeuges. Traten nun die<br />
Geschädigten an <strong>de</strong>n Halter <strong>de</strong>s Anhängers heran, so berief <strong>de</strong>r sich darauf, dass er we<strong>de</strong>r zur<br />
Auskunft noch zur I<strong>de</strong>ntifikation <strong>de</strong>s Zugfahrzeuges verpflichtet sei. Zur Vermeidung dieses<br />
Vorgehens än<strong>de</strong>rte <strong>de</strong>r Gesetzgeber <strong>de</strong>n § 7 Abs. 1 <strong>de</strong>s Straßenverkehrsgesetzes.<br />
Nun haftet bei einem Verkehrsunfall nicht nur <strong>de</strong>r Halter <strong>de</strong>s Zugfahrzeuges, son<strong>de</strong>rn auch <strong>de</strong>r<br />
Halter <strong>de</strong>s Anhängers. Wichtig ist in diesem Zusammenhang noch, dass die §§ 7 ff.<br />
Straßenverkehrsgesetz nicht nur für <strong>de</strong>n Straßenverkehr, son<strong>de</strong>rn für je<strong>de</strong>s Scha<strong>de</strong>nsereignis<br />
gelten, das ursächlich mit einem Kraftfahrzeugbetrieb zusammenhängt. Sie gelten daher auch<br />
dann, wenn sich ein Unfall auf einem nicht öffentlichen Weg ereignet.<br />
Probleme können sich hieraus be<strong>im</strong> Verleihen o<strong>de</strong>r Vermieten von Pfer<strong>de</strong>anhängern ergeben. Es<br />
haften nämlich nunmehr bei einem Unfall <strong>de</strong>r Halter <strong>de</strong>s Pfer<strong>de</strong>anhängers zusammen mit <strong>de</strong>m<br />
Halter <strong>de</strong>s Zugfahrzeuges. Passiert ein Unfall <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Geschädigte merkt sich nur das<br />
Kennzeichen <strong>de</strong>s Anhängers, so ist <strong>de</strong>r Hängerhalter bzw. seine Versicherung bei<br />
entsprechen<strong>de</strong>m Unfallhergang zur Begleichung <strong>de</strong>s Scha<strong>de</strong>ns verpflichtet. Zwar hat <strong>de</strong>r Halter<br />
<strong>de</strong>s Anhängers ein (teilweises) Rückgriffsrecht gegen <strong>de</strong>n Halter <strong>und</strong> <strong>de</strong>n Fahrer <strong>de</strong>s<br />
Zugfahrzeuges, aber das Risiko <strong>de</strong>r Durchsetzbarkeit <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Realisierbarkeit dieses Anspruches<br />
trägt <strong>de</strong>r Halter bzw. die Versicherung <strong>de</strong>s Anhängers.<br />
Daher ist je<strong>de</strong>m, <strong>de</strong>r ge<strong>de</strong>nkt, seinen Pfer<strong>de</strong>hänger mit o<strong>de</strong>r ohne Entgelt einem An<strong>de</strong>ren zur<br />
Verfügung zu stellen, zu raten, schriftlich zu dokumentieren, an wen <strong>de</strong>r Anhänger wann<br />
verliehen wur<strong>de</strong>. Weiter sollte eine Anhängerhaftpflichtversicherung abgeschlossen wer<strong>de</strong>n, um<br />
so das Haftungsrisiko versicherungstechnisch auszuschließen. Eine solche Versicherung kostet<br />
ca. 40,00 € jährlich <strong>und</strong> greift <strong>im</strong>mer dann ein, wenn <strong>de</strong>r Anhänger, egal mit welchem<br />
Zugfahrzeug, einen Scha<strong>de</strong>n verursacht hat. Durch eine solche Haftpflichtversicherung sind<br />
jedoch nicht die Schä<strong>de</strong>n abge<strong>de</strong>ckt, die an <strong>de</strong>m Anhänger selbst entstan<strong>de</strong>n sind. Auch die<br />
Haftpflichtversicherung <strong>de</strong>s Zugfahrzeuges, selbst wenn es sich um eine Vollkaskoversicherung<br />
han<strong>de</strong>lt, tritt nicht für Schä<strong>de</strong>n an <strong>de</strong>m mitgeführten Anhänger ein. Daher ist es durchaus eine<br />
Überlegung wert, eine zusätzliche Fahrzeugversicherung für <strong>de</strong>n Pfer<strong>de</strong>anhänger abzuschließen.<br />
Falls keine solche Versicherung besteht, hätte das zur Folge, dass <strong>de</strong>r Fahrer <strong>de</strong>s<br />
unfallverursachen<strong>de</strong>n Zugfahrzeuges die Schä<strong>de</strong>n an <strong>de</strong>m Pfer<strong>de</strong>anhänger persönlich tragen<br />
müsste.<br />
Wenn ein geliehener o<strong>de</strong>r gemieteter Pfer<strong>de</strong>anhänger dagegen schuldlos in einen Verkehrsunfall<br />
verwickelt wird, muss <strong>de</strong>r Unfallgegner selbstverständlich <strong>de</strong>n gesamten Unfallscha<strong>de</strong>n erstatten.<br />
Das beinhaltet außer <strong>de</strong>n Unfallschä<strong>de</strong>n an <strong>de</strong>m Anhänger <strong>und</strong> an <strong>de</strong>n Fahrzeuginsassen auch<br />
eventuelle Schä<strong>de</strong>n an <strong>de</strong>n transportierten Pfer<strong>de</strong>n einschließlich <strong>de</strong>r Behandlungskosten.<br />
16.5. Mitverschul<strong>de</strong>n.<br />
Bei einem Verkehrsunfall gibt es aber nicht nur <strong>de</strong>n Fall, das ein Unfallteilnehmer allein<br />
verantwortlich ist. Daher stellt sich regelmäßig die Frage einer Haftungsteilung. Dieses<br />
Mitverschul<strong>de</strong>n kann aus <strong>de</strong>r mangeln<strong>de</strong>n Verkehrstauglichkeit <strong>de</strong>s Pfer<strong>de</strong>anhängers folgen.<br />
Wenn beispielsweise das Rücklicht nicht funktioniert <strong>und</strong> es <strong>de</strong>swegen zu einem Auffahrunfall<br />
kommt, trifft zunächst <strong>de</strong>n Auffahren<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Schuldvorwurf. Der Entleiher/Mieter ist allerdings<br />
verpflichtet, vor Fahrtantritt die Funktionstüchtigkeit <strong>de</strong>s Anhängers zu überprüfen. Dazu gehört<br />
auch die Beleuchtung. Sofern <strong>de</strong>r Entleiher/Mieter diese Prüfung unterlassen hat, trifft ihn eine<br />
Mitschuld. Weiter kann <strong>de</strong>r Hängereigentümer haften, wenn er <strong>de</strong>n Anhänger entgeltlich<br />
vermietet hat, nämlich dafür, dass die Gebrauchstauglichkeit <strong>im</strong> Straßenverkehr gegeben ist, also<br />
auch für das Funktionieren <strong>de</strong>s Lichtes. Ist <strong>de</strong>r Pfer<strong>de</strong>anhänger dagegen verliehen, greift <strong>de</strong>r<br />
Mitverschul<strong>de</strong>nsvorwurf nur dann, wenn <strong>de</strong>r Verleiher Kenntnis von <strong>de</strong>m Defekt hatte <strong>und</strong><br />
trotz<strong>de</strong>m <strong>de</strong>n Entleiher nicht informiert hat.
16.6. Rückgabe <strong>de</strong>s Hängers.<br />
Der Entleiher muss genau wie <strong>de</strong>r Mieter eines Pfer<strong>de</strong>anhängers diesen nach Ablauf <strong>de</strong>r<br />
vereinbarten Zeit zurückgeben. Der Anhänger ist so zurückzugeben, wie es <strong>de</strong>m vertragsgemäßen<br />
Gebrauch entspricht. Verän<strong>de</strong>rungen o<strong>de</strong>r Verschlechterungen, die durch <strong>de</strong>n vertragsgemäßen<br />
Gebrauch herbeigeführt wer<strong>de</strong>n, haben we<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Mieter noch <strong>de</strong>r Entleiher zu ersetzen. Diese<br />
sind durch <strong>de</strong>n Mietzins abgegolten, bei <strong>de</strong>r Leihe verzichtet <strong>de</strong>r Verleiher auf <strong>de</strong>n Ersatz.<br />
Falls <strong>de</strong>r von <strong>de</strong>m Nutzer ordnungsgemäß abgestellte Anhänger von einem an<strong>de</strong>ren Auto<br />
angefahren wird, ist er auch insoweit nicht scha<strong>de</strong>nsersatzpflichtig. Es ist vielmehr die Sache <strong>de</strong>s<br />
Eigentümers, <strong>de</strong>n Scha<strong>de</strong>n bei <strong>de</strong>m Unfallgegner geltend zu machen. Etwas an<strong>de</strong>res gilt nur<br />
dann, wenn er Nutzer <strong>de</strong>n Anhänger verkehrswidrig geparkt hat. Wird <strong>de</strong>r Anhänger zum<br />
Beispiel nachts unbeleuchtet auf <strong>de</strong>r Straße abgestellt, dann trägt <strong>de</strong>r Nutzer eine entsprechen<strong>de</strong><br />
(Mit-)Schuld, wenn <strong>de</strong>r Hänger angefahren wird. Er ist dann <strong>de</strong>m Eigentümer gegenüber neben<br />
<strong>de</strong>m Scha<strong>de</strong>nsverursacher ersatzpflichtig.<br />
17. Was ist ein Pferd wert ?<br />
Um <strong>de</strong>n Wert eines Tieres, <strong>und</strong> damit <strong>de</strong>n zu zahlen<strong>de</strong>n Scha<strong>de</strong>nsersatz, <strong>im</strong> Falle einer Tötung<br />
o<strong>de</strong>r Verletzung beziffern zu können, sind mehrere Faktoren zu berücksichtigen.<br />
Der Scha<strong>de</strong>nsersatz für Tötung o<strong>de</strong>r Verletzung von Tieren kann ausgelöst wer<strong>de</strong>n aufgr<strong>und</strong><br />
1. Haftung aus Vertrag - Beispiel: die eingestalltes Pferd wird mangelhaft beaufsichtig, reißt aus<br />
<strong>und</strong> rennt in ein Auto<br />
2. Tierhalterhaftung - Beispiel: ein H<strong>und</strong> beißt ein Pferd<br />
3. Verschul<strong>de</strong>nshaftung - Beispiel: ein Jäger erschießt <strong>de</strong>n H<strong>und</strong>, da er ihn mit einem Stück Wild<br />
verwechselt hat<br />
Zumeist wird kein Naturalersatz, also kein neues bzw. geheiltes Tier, son<strong>de</strong>rn Gel<strong>de</strong>rsatz<br />
geleistet. Bei Tötung eines Tieres ist in aller Regel <strong>de</strong>r Marktpreis zu ersetzen. Die für das Tier<br />
vor <strong>de</strong>m Scha<strong>de</strong>nsereignis gemachten Investitionen für Ankauf, Aufzucht, Fütterung o<strong>de</strong>r<br />
Ausbildung spielen aber nur indirekt eine Rolle, <strong>und</strong> zwar dann, wenn sie zu einer Werterhöhung<br />
<strong>de</strong>s Tieres geführt haben (BGH, Urteil vom 30.05.1078, AZ: VI ZR 199/76; OLG Celle, Urteil<br />
vom 25.05.1994, AZ: 20 U 2/94; OLG Celle, Urteil vom 21.02.2007, AZ: 14 U 202/00; OLG<br />
Schleswig, Urteil vom 27.05.1993, AZ: 7 U 9/92).<br />
Auch Tiere unterliegen einem Vergänglichkeitsrisiko. Die dadurch resultieren<strong>de</strong> Altersentwertung<br />
ist durch eine entsprechen<strong>de</strong> Altersabschreibung zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom<br />
30.05.1978, AZ: VI ZR 199/76).<br />
Unter Umstän<strong>de</strong>n kann entgangener Gewinn (merkantiler Zuchtwert) geltend gemacht wer<strong>de</strong>n.<br />
Die Umstän<strong>de</strong>, die einen Gewinn wahrscheinlich machen, müssen sachverständig ermittelt<br />
wer<strong>de</strong>n. Geht es z.B. um <strong>de</strong>n merkantilen Zuchtwert einer Stute, spielen ihr Alter <strong>und</strong> die Anzahl<br />
<strong>und</strong> Qualität <strong>de</strong>r noch zu erwarten<strong>de</strong>n Fohlen eine Rolle. Von <strong>de</strong>m für die Fohlen anzusetzen<strong>de</strong>n<br />
Preis sind die mangels Zucht nicht erfor<strong>de</strong>rlichen Aufwendungen abzuziehen, außer<strong>de</strong>m muss<br />
das Risiko <strong>de</strong>r Fohlensterblichkeit veranschlagt wer<strong>de</strong>n.<br />
Solche Berechnungen sind nicht erfor<strong>de</strong>rlich, wenn für <strong>de</strong>n festgestellten Marktwert ein<br />
vergleichbares Tier gekauft wer<strong>de</strong>n kann (OLG Hamm, Urteil vom 02.11.1992, AZ: 6 U 94/92).
Bei <strong>de</strong>r Verletzung eines Tieres ist gr<strong>und</strong>sätzlich ein Sachverständiger mit veterinärmedizinischen<br />
Kenntnissen erfor<strong>de</strong>rlich. Die Heilbehandlungskosten können <strong>de</strong>n Marktwert gem. § 251 Abs. 2<br />
S. 2 BGB erheblich übersteigen (LG Mannhe<strong>im</strong>, Urteil vom 02.02.1995, AZ: 10 S 127/94; LG<br />
Essen, Urteil vom 04.11.2003, AZ: 13 S 84/03; OLG Celle, Urteil vom 25.05.1994, AZ: 20 U<br />
2/94). Einige Gerichte lehnen sogar je<strong>de</strong> Begrenzung ab.<br />
Zunächst wird <strong>de</strong>r Marktpreis <strong>de</strong>s Tieres vor <strong>de</strong>m schädigen<strong>de</strong>n Ereignis ermittelt. Dem wird <strong>de</strong>r<br />
Marktwert nach Abschluss <strong>de</strong>r Heilbehandlung unter Berücksichtigung <strong>de</strong>r verbliebenen<br />
Einsatzmöglichkeiten gegenübergestellt. Die Differenz ist als Scha<strong>de</strong>n zu ersetzen. Entgangener<br />
Gewinn wird ermittelt wie bei <strong>de</strong>r Tötung <strong>de</strong>s Tieres, wobei die Auswirkungen <strong>de</strong>r Verletzungen<br />
zu berücksichtigen sind. Auch für verletzte Tiere gibt es einen merkantilen Min<strong>de</strong>rwert, etwa für<br />
einen Rennpferd, dass nach einer Verletzung nicht wie<strong>de</strong>r zu alter Form auflaufen kann (OLG<br />
Hamm, Urteil vom 13.01.1998, AZ: 9 U 131/96).<br />
Zu prüfen ist dann, ob <strong>de</strong>m Geschädigten bei <strong>de</strong>r Entstehung <strong>de</strong>s Scha<strong>de</strong>ns o<strong>de</strong>r bei <strong>de</strong>r<br />
Abwendung o<strong>de</strong>r Min<strong>de</strong>rung ein mitwirken<strong>de</strong>s Verschul<strong>de</strong>n trifft. Ob die<br />
Scha<strong>de</strong>nsmin<strong>de</strong>rungspflicht verletzt wur<strong>de</strong>, kann oft nur ein Sachverständiger beurteilen. So ist<br />
zu überlegen, ob ein Stallbesitzer durch Hinweisschil<strong>de</strong>r das Füttern <strong>de</strong>r Pfer<strong>de</strong> verbieten muss.<br />
Zur Höhe <strong>de</strong>s Scha<strong>de</strong>nsersatzes ist anzumerken, dass we<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r persönliche Liebhaberwert<br />
(Affektionsinteresse) zu ersetzen noch Schmerzensgeld zu zahlen ist, dies sieht das Gesetz nicht<br />
vor.<br />
18. Was sollte man in einem Reitbeteiligungsvertrag regeln?<br />
Der vorliegen<strong>de</strong> Artikel gibt lediglich einen Überblick über die vertraglichen<br />
Gestaltungsmöglichkeiten bei Reitbeteiligungsverträgen unter Berücksichtigung <strong>de</strong>r<br />
Versicherungsproblematik, die Lektüre kann <strong>und</strong> will kompetenten Rechtsrat <strong>im</strong> Einzelfall nicht<br />
ersetzen.<br />
Die gr<strong>und</strong>sätzliche Basis einer Zusammenarbeit zwischen einem Pfer<strong>de</strong>besitzer <strong>und</strong> einem<br />
Reitwilligen besteht zunächst aus <strong>de</strong>n Faktoren Zeit, Pferd, Vertrauen, Geld. Man kann sich<br />
daher fragen, ob es dann überhaupt eines schriftlichen Vertrages bedarf <strong>und</strong> ob man sich am<br />
En<strong>de</strong> für <strong>de</strong>ssen Gestaltung noch in Unkosten stürzen soll.<br />
Einen Reitbeteiligungsvertrag hat man - entgegen landläufiger Meinung - auch dann bereits<br />
geschlossen, wenn man nichts Schriftliches in <strong>de</strong>r Hand hat, son<strong>de</strong>rn Pfer<strong>de</strong>besitzer <strong>und</strong><br />
Reitwilliger sich mündlich überein gekommen sind, dass von nun an das Pferd regelmäßig, auf<br />
Abruf o<strong>de</strong>r gelegentlich durch <strong>de</strong>n reitwilligen bewegt <strong>und</strong> dafür best<strong>im</strong>mte Gegenleistungen<br />
(Geldzahlungen, Beteiligungen an Kosten, Beritt) erbracht wer<strong>de</strong>n.<br />
Ein Reitbeteiligungsvertrag ist kein gesetzlich geregelter Vertrag, son<strong>de</strong>rn eine Mischform aus<br />
verschie<strong>de</strong>nen Vertragstypen, je nach<strong>de</strong>m, was die Vertragsparteien konkret miteinan<strong>de</strong>r<br />
vereinbaren.<br />
Gera<strong>de</strong> bei solchen Verträgen, die nicht gesetzlich geregelt sind, können Streitigkeiten entstehen,<br />
insbeson<strong>de</strong>re nach einem Unfall. Um diese zu vermei<strong>de</strong>n <strong>und</strong> um nachweisen zu können, was<br />
genau vereinbart wur<strong>de</strong>, sollte man einen schriftlichen Vertrag schließen.<br />
Da je<strong>de</strong>r Vertrag so individuell sein sollte wie die Bedürfnisse seiner Vertragspartner, sollte man<br />
sich vorher rechtzeitig in Ruhe überlegen, welche Punkte man regeln möchte.
Dabei sollte man natürlich be<strong>de</strong>nken, dass man sich nicht zu To<strong>de</strong> regelt, schließlich hat man <strong>im</strong><br />
I<strong>de</strong>alfall ja korrespondieren<strong>de</strong> Interessen <strong>und</strong> muss auch für künftige Än<strong>de</strong>rungen flexibel<br />
bleiben können. Natürlich sollten auch diese Än<strong>de</strong>rungen schriftlich festgehalten wer<strong>de</strong>n.<br />
Wird einem Pfer<strong>de</strong>mä<strong>de</strong>l ein Vertragswerk von <strong>de</strong>n Ausmaßen <strong>de</strong>s Einkommenssteuergesetzes<br />
vorgelegt, so verliert sogar Wendy persönlich das Interesse an <strong>de</strong>r Reitbeteiligung.<br />
Selbstre<strong>de</strong>nd variieren die Anfor<strong>de</strong>rungen an die regelungsdichte je nach <strong>de</strong>m Vertragszweck. So<br />
wird man Wendy eher weniger Pflichten auferlegen müssen, als vielleicht <strong>de</strong>r Berufsreiterin<br />
Ehrgeiz. An<strong>de</strong>rerseits wird auch Wendy sicher gehen wollen, dass sie das Pferd nicht nur<br />
knud<strong>de</strong>ln <strong>und</strong> striegeln, son<strong>de</strong>rn auch galoppieren darf.<br />
Was sollte nun <strong>de</strong>nn konkret vertraglich fixiert wer<strong>de</strong>n?<br />
‐ Name, Anschrift <strong>und</strong> Telefonnummer bei<strong>de</strong>r Vertragspartner<br />
‐ Art <strong>und</strong> Umfang <strong>de</strong>r Nutzung <strong>de</strong>s Pfer<strong>de</strong>s, eventuelle Anfor<strong>de</strong>rungen, Beschränkungen<br />
‐ Kostenbeteiligung (Fälligkeit, Zahlungsweise)<br />
‐ Art <strong>und</strong> Umfang <strong>de</strong>r Pflege von Pferd <strong>und</strong> Zubehör o<strong>de</strong>r von zu leisten<strong>de</strong>r Stallarbeit<br />
‐ Befugnisse <strong>de</strong>r Reitbeteiligung <strong>im</strong> Notfall, Name <strong>und</strong> Telefonnummer <strong>de</strong>s<br />
Notfalltierarztes<br />
‐ Versicherung (wer ist wie versichert, wer muss wen versichern, was passiert <strong>im</strong><br />
Scha<strong>de</strong>nsfall, wer haftet <strong>im</strong> Innenverhältnis, also zwischen <strong>de</strong>n Vertragsparteien)<br />
‐ Anpassung/Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Vertrages (Voraussetzungen, Verfahren, Grenzen)<br />
‐ Beendigung <strong>de</strong>s Vertrages (Kündigungsgrün<strong>de</strong>, -fristen, Vertragslaufzeit)<br />
Dass auch die Reitbeteiligung das Pferd vor <strong>de</strong>m Reiten putzt, ist zwar selbstverständlich, es<br />
muss daher nicht vertraglich geregelt wer<strong>de</strong>n. Gleiches gilt für das Putzen von Sattel- <strong>und</strong><br />
Zaumzeug. Gr<strong>und</strong>sätzlich sollte auch geregelt wer<strong>de</strong>n, ob <strong>und</strong> wie die Reitbeteiligung <strong>im</strong> Stall<br />
mithilft. Wenn eine Mithilfe <strong>im</strong> Stall wünscht wird, sollte man Regelungen treffen, was <strong>im</strong> Falle<br />
<strong>de</strong>r Nichtreitbarkeit <strong>de</strong>s Pfer<strong>de</strong>s passiert.<br />
Insbeson<strong>de</strong>re, wenn <strong>de</strong>r Pfer<strong>de</strong>besitzer selten bei seinem Pferd sein kann, sollte er daran <strong>de</strong>nken,<br />
was die Reitbeteiligung unternehmen muss, darf o<strong>de</strong>r kann, wenn das Pferd in seiner<br />
Abwesenheit eine Kolik bekommt. Ab welcher Gefährdung ist die Reitbeteiligung berechtigt,<br />
einen Tierarzt einzuschalten o<strong>de</strong>r soll sie sich hier gr<strong>und</strong>sätzlich an <strong>de</strong>n Stallbetreiber halten?<br />
Die bestehen<strong>de</strong>n Versicherungen sollten überprüft <strong>und</strong> ggfs. ergänzt wer<strong>de</strong>n. Eine<br />
Tierhalterhaftpflichtversicherung für das Pferd gebietet <strong>de</strong>r ges<strong>und</strong>e Menschenverstand. Ob auch<br />
die Reitbeteiligung mitversichert ist bzw. wer<strong>de</strong>n kann, kann bei <strong>de</strong>r Versicherung erfragt wer<strong>de</strong>n.<br />
Die Tierhalterhaftpflichtversicherung <strong>de</strong>ckt aber nur Schä<strong>de</strong>n ab, die Dritten entstehen, nicht<br />
jedoch solche, die <strong>de</strong>m Pfer<strong>de</strong>besitzer o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Reitbeteiligung entstehen. Deshalb ist eine<br />
Unfallversicherung für die Reitbeteiligung sinnvoll. Diese ersetzt dann die Schä<strong>de</strong>n, die <strong>de</strong>r<br />
Reitbeteiligung selbst entstehen. Auch bezahlt die Tierhalterhaftpflichtversicherung nur dann,<br />
wenn durch die Tiergefahr, mithin das unberechenbare tier-typische Verhalten <strong>de</strong>s Pfer<strong>de</strong>s, einem<br />
An<strong>de</strong>rem ein Scha<strong>de</strong>n entsteht. Bei einem Reiterfehler kann <strong>de</strong>r Reiter selbst in Haftung<br />
genommen wer<strong>de</strong>n. Es kann daher <strong>de</strong>r Abschluss einer entsprechen<strong>de</strong>n<br />
Privathaftpflichtversicherung sinnvoll sein. Vor Abschluss einer Versicherung sind nicht nur die<br />
Preise, son<strong>de</strong>rn insb. auch <strong>de</strong>r genaue Leistungsumfang nach <strong>de</strong>n jeweiligen Allgemeinen<br />
Versicherungsbedingungen zu vergleichen <strong>und</strong> daraufhin zu überprüfen, ob sie <strong>de</strong>n gewünschten<br />
Schutz auch tatsächlich bieten. In <strong>de</strong>m Reitbeteiligungsvertrag kann alternativ o<strong>de</strong>r kumulativ<br />
hierzu auch ein – sorgfältig formulierter – Haftungsausschluss vereinbart wer<strong>de</strong>n, da die<br />
Reitbeteiligung ja bei einem Reitunfall, bei <strong>de</strong>m sie verletzt wird, gr<strong>und</strong>sätzlich Ansprüche gegen<br />
<strong>de</strong>n Tierhalter geltend machen könnte – spätestens eine einstandspflichtige Versicherung wird
versuchen, irgendwo ihre Kosten zurückzuholen. Auch lassen sich so leidige Deckungsprozesse<br />
gegen die eigene Versicherung vermei<strong>de</strong>n.<br />
19. Die Tierhaltung auf <strong>de</strong>m Lan<strong>de</strong><br />
Viele Unterstän<strong>de</strong> stehen nicht nur auf <strong>de</strong>r Wiese, son<strong>de</strong>rn auf verbotenem Gelän<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r in<br />
rechtlichen Grauzonen. Baugenehmigungen gibt es meist nur mit Glück o<strong>de</strong>r Mogelei.<br />
Max Mustermann hält seit zig Jahren seine Pfer<strong>de</strong> auf einer Koppel an einer Landstraße. In <strong>de</strong>r<br />
Mitte, wo eine Baumgruppe Sichtschutz bietet, hat er zunächst einen Unterstand für zwei Pfer<strong>de</strong><br />
<strong>und</strong> ein Heulager errichtet. Später kamen weitere Einstellpfer<strong>de</strong> <strong>und</strong> damit ein größerer<br />
Unterstand sowie eine Grillfläche dazu. Alles illegal weiß Herr Mustermann, aber wieso sollte das<br />
plötzlich jeman<strong>de</strong>n stören, wo es doch schon <strong>im</strong>mer da steht. Nur <strong>im</strong> Winter, wenn die kahlen<br />
Bäume die Verschläge entblößen, regen sich Sorgen. Auf <strong>de</strong>r Straße könnte je<strong>de</strong>rzeit ein<br />
aufmerksamer Mitarbeiter vom Landratsamt vorbeifahren. Auch könnte sein Bauvorhaben<br />
auffliegen, wenn einmal die Pfer<strong>de</strong> ausbrechen <strong>und</strong> Schä<strong>de</strong>n verursachen. Mit dieser Unsicherheit<br />
leben viele Pfer<strong>de</strong>halter. Weil sie nicht „privilegiert“ <strong>im</strong> Sinne <strong>de</strong>s Baurechts sind, einen<br />
Unterstand zu bauen, tun sie dies entwe<strong>de</strong>r „schwarz“ o<strong>de</strong>r versuchen, auf irgend einem Weg das<br />
gelten<strong>de</strong> Recht zu umgehen. Je nach B<strong>und</strong>esland, Landkreis <strong>und</strong> Gemein<strong>de</strong> gibt es<br />
unterschiedliche Regeln – <strong>und</strong> eine unterschiedliche Verwaltungspraxis. Die Einen sagen<br />
Ansammlungen von Schwarzbauten <strong>de</strong>n Kampf an, die An<strong>de</strong>ren geben <strong>de</strong>m Antragsteller sogar<br />
Tipps, wie er das gelten<strong>de</strong> Recht zu seinen Gunsten beeinflussen o<strong>de</strong>r gar umgehen kann. Private<br />
Tierhalter haben allerdings meist schlechte Karten, an<strong>de</strong>rs als Landwirte. Wenn also ein Landwirt<br />
sagt, dass die Pfer<strong>de</strong> zu seiner landwirtschaftlichen Arbeit gehören, wird die Hütte eher<br />
genehmigt. Viele Privatleute beschreiten diesen Umweg über einen Landwirt. Der mel<strong>de</strong>t dann<br />
ganz offiziell die Pfer<strong>de</strong>haltung unter seinem Namen an – <strong>und</strong> alles wird gut. Sollte aber<br />
herauskommen, dass <strong>de</strong>r Landwirt nicht <strong>de</strong>r eigentliche Nutzer ist, wird <strong>de</strong>r Bau wahrscheinlich<br />
nachträglich wie<strong>de</strong>r abgerissen. Bei an<strong>de</strong>ren Tierarten, insbeson<strong>de</strong>re H<strong>und</strong>en, dürfte es schon<br />
schwierig sein, <strong>de</strong>r Behör<strong>de</strong> einzure<strong>de</strong>n, die H<strong>und</strong>ezucht gehöre zu <strong>de</strong>m landwirtschaftlichen<br />
Betrieb.<br />
Die Hobbytierhaltung ist ein baurechtlich nichtprivilegiertes Vorhaben. Das Tierschutzgesetz<br />
hilft hier hingegen nicht weiter. Denn die artgerechte Haltung ist Sache <strong>de</strong>s Pfer<strong>de</strong>halters, nicht<br />
<strong>de</strong>r Landratsämter. Wenn man auf legalem Wege Tiere nicht artgerecht halten kann, dann darf<br />
man sie eben gar nicht halten. Eine weitere Voraussetzung ist ein gutes Verhältnis zum<br />
Nachbarn, <strong>de</strong>r gegen die Errichtung <strong>de</strong>r Hütte <strong>und</strong> die dann folgen<strong>de</strong>n Geruchs- o<strong>de</strong>r<br />
Lärmbelästigungen keine Einwän<strong>de</strong> hat.<br />
Der einschlägige § 35 BauGB fin<strong>de</strong>t sich <strong>im</strong> Internet unter http://www.gesetze-<strong>im</strong>internet.<strong>de</strong>/bbaug/__35.html.<br />
In Son<strong>de</strong>rfällen kann auch einmal § 34 (http://www.gesetze-<strong>im</strong>internet.<strong>de</strong>/bbaug/__34.html)<br />
einschlägig sein.<br />
20. Wenn <strong>de</strong>r Reiturlaub zum Horrortrip wird…<br />
Der Alptraum eines je<strong>de</strong>n Urlaubers: überbuchte Hotels, die Trails sind unpassierbar, Sch<strong>im</strong>mel<br />
in <strong>de</strong>r Dusche, <strong>und</strong>efinierbare Flecken auf Matratze o<strong>de</strong>r Bettlaken <strong>und</strong> die Pfer<strong>de</strong> sehen eher so<br />
aus, als müsste man sie tragen.<br />
§ 651 BGB legt <strong>de</strong>n rechtliche Gr<strong>und</strong>stein für Ansprüche in <strong>de</strong>rartigen Fällen. Danach muss <strong>de</strong>r<br />
Veranstalter halten, was er <strong>im</strong> Prospekt, in <strong>de</strong>r Reisebestätigung <strong>und</strong> in möglichen<br />
Zusatzvereinbarungen versprochen hat, ohne sich auf spitzfindige Formulierungen
herauszure<strong>de</strong>n. Man spricht von einem Reisemangel, wenn zugesagte Leistungen nicht erbracht<br />
wer<strong>de</strong>n <strong>und</strong> wenn Fehler o<strong>de</strong>r Mängel auftreten.<br />
Unbequemlichkeiten wie ein überfüllter Strand, schlechtes Wetter o<strong>de</strong>r Wartezeiten be<strong>im</strong> Essen<br />
allein sind nach gelten<strong>de</strong>r Rechtsprechung aber kein Mangel, sofern nicht Fehlplanung, Ausfall<br />
von Küchengeräten o<strong>de</strong>r Personalstreiks die Ursache sind.<br />
Mängel müssen sofort vor Ort schriftlich be<strong>im</strong> Reiseleiter reklamiert <strong>und</strong> <strong>de</strong>m Veranstalter eine<br />
angemessene Frist zur Abhilfe gesetzt wer<strong>de</strong>n. Wichtig ist, die Mängel <strong>de</strong>r Reiseleitung präzise zu<br />
beschreiben, sich diese von <strong>de</strong>r Reiseleitung schriftlich bestätigen zu lassen <strong>und</strong> auf sofortige<br />
Nachbesserung zu bestehen. Diese Abhilfe muss kostenfrei sein. Weigert sich <strong>de</strong>r Reiseleiter,<br />
kann <strong>de</strong>r Urlauber selbst Abhilfe schaffen, beispielsweise also ein vergleichbares Hotel wie das<br />
ausgebuchte suchen. Die zusätzlichen Kosten muss dann <strong>de</strong>r Veranstalter tragen.<br />
Für die ersten Tage <strong>im</strong> Ersatzhotel kann man eine Min<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Reisepreises geltend machen<br />
<strong>und</strong> ggf. eine teilweise Rückzahlung <strong>de</strong>s bezahlten Reisepreises verlangen. Um Ansprüche be<strong>im</strong><br />
Reiseveranstalter anzumel<strong>de</strong>n, gilt eine Frist von einem Monat ab En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Reise. Die<br />
Einreichung einer Mängelliste genügt nicht, <strong>de</strong>r Urlauber muss einen klaren Anspruch auf<br />
Min<strong>de</strong>rung o<strong>de</strong>r auf Scha<strong>de</strong>nsersatz erheben. Diese Frist verlängert sich aber nach einem Urteil<br />
<strong>de</strong>s BGH vom 12.6.2007 - X ZR 87/06 - wenn <strong>de</strong>n Urlauber an <strong>de</strong>r Versäumnis kein<br />
Verschul<strong>de</strong>n trifft, etwa, weil <strong>de</strong>r Veranstalter nicht auf die Frist hingewiesen hat.<br />
Reklamationen sollten zu Beweiszwecken <strong>im</strong>mer schriftlich, ggf. per Einschreiben o<strong>de</strong>r Fax<br />
vorab, erfolgen, möglichst unter Angabe von Zeugen. Dies sind vorzugsweise an<strong>de</strong>re Hotelgäste.<br />
Kommt es zur Gerichtsverhandlung, sind Frem<strong>de</strong> zumeist glaubwürdiger als mitreisen<strong>de</strong><br />
Familienangehörige. Auch Fotos sind als Belege gut geeignet, um Schä<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r Mängel zu<br />
dokumentieren.<br />
Ist <strong>de</strong>r Veranstalter nicht bereit, <strong>de</strong>n Ansprüchen <strong>de</strong>s Urlaubers nachzugeben, sind diese<br />
innerhalb von zwei Jahren nach <strong>de</strong>r Rückkehr gerichtlich geltend zu machen. Welche Min<strong>de</strong>rung<br />
<strong>und</strong> welcher Scha<strong>de</strong>nsersatzbetrag <strong>de</strong>n jeweiligen Mängeln angemessen Rechnung trägt,<br />
entschei<strong>de</strong>t das Gericht <strong>im</strong> Einzelfall. Oftmals überschätzen enttäuschte Touristen – wohl<br />
beeinflusst durch amerikanische Anwaltsserien – die von <strong>de</strong>n Gerichten zugesprochenen<br />
Min<strong>de</strong>rungssätze – wie dies auch bei Schmerzensgeldklagen nicht selten <strong>de</strong>r Fall ist. Eine<br />
Orientierung zur Höhe von Min<strong>de</strong>rungen gibt die vom Landgericht Frankfurt/Main entwickelte<br />
sog. Frankfurter Tabelle, die man in Reisebüros o<strong>de</strong>r bei Anwälten einsehen kann.<br />
21. Was tun bei einem Verkehrsunfall?<br />
Gemäß § 34 StVO hat nach einem Verkehrsunfall je<strong>de</strong>r beteiligte Tierhalter<br />
1. am Unfallort zu bleiben,<br />
2. <strong>de</strong>n Verkehr zu sichern <strong>und</strong> bei geringem Scha<strong>de</strong>n unverzüglich <strong>de</strong>m Verkehr Platz zu<br />
machen,<br />
3. sich über die Unfallfolgen zu vergewissern,<br />
4. Verletzten zu helfen (§ 323c StGB),<br />
5. anwesen<strong>de</strong>n Beteiligten <strong>und</strong> Geschädigten anzugeben, dass er am Unfall beteiligt war (§ 142<br />
StGB) <strong>und</strong><br />
6. auf Verlangen seinen Namen <strong>und</strong> Anschrift anzugeben,<br />
7. solange am Unfallort zu bleiben, bis er zugunsten <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Beteiligten <strong>und</strong> <strong>de</strong>r<br />
Geschädigten die Feststellung seiner Person <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Art seiner Beteiligung durch seine<br />
Anwesenheit ermöglicht hat o<strong>de</strong>r eine nach <strong>de</strong>n Umstän<strong>de</strong>n angemessene Zeit zu warten<br />
<strong>und</strong> am Unfallort Namen <strong>und</strong> Anschrift zu hinterlassen, wenn niemand bereit war, die
Feststellung zu treffen bzw. unverzüglich die Feststellungen nachträglich zu ermöglichen,<br />
wenn er sich berechtigt, entschuldigt o<strong>de</strong>r nach Ablauf <strong>de</strong>r Wartefrist vom Unfallort<br />
entfernt hat.<br />
Unfallspuren dürfen nicht beseitigt wer<strong>de</strong>n, bevor die notwendigen Feststellungen getroffen<br />
wor<strong>de</strong>n sind.<br />
Neben diesen Verhaltensvorschriften <strong>de</strong>r StVO sollte <strong>im</strong> eigenen Interesse nach einem<br />
Verkehrsunfall folgen<strong>de</strong>s beachten wer<strong>de</strong>n:<br />
1. notieren Sie sich Namen <strong>und</strong> Anschrift von Zeugen,<br />
2. notieren Sie sich Namen <strong>und</strong> Anschrift <strong>de</strong>s/<strong>de</strong>r am Unfall beteiligten Fahrer (Führerschein)<br />
sowie <strong>de</strong>r Halter <strong>de</strong>r jeweiligen Fahrzeuge (Fahrzeugschein) <strong>und</strong> die Kfz-Kennzeichen bzw.<br />
<strong>de</strong>r beteiligten H<strong>und</strong>ehalter/Reiter/… (Personalausweis) <strong>und</strong> ihrer Tiere (H<strong>und</strong>emarke,<br />
Pfer<strong>de</strong>pass),<br />
3. notieren Sie sich die Versicherungsgesellschaft <strong>und</strong> die Versicherungsnummer <strong>de</strong>r ggf.<br />
beteiligten Fahrzeuge,<br />
4. geben Sie keine Schul<strong>de</strong>ingeständnisse ab, verweisen Sie gegebenenfalls auf eine von Ihrem<br />
Rechtsanwalt vorzunehmen<strong>de</strong> Prüfung <strong>de</strong>r Rechtslage, da Sie sonst Sie Ihren<br />
Versicherungsschutz riskieren,<br />
5. achten Sie darauf, dass Sie Ihre Angaben gegenüber <strong>de</strong>r Polizei auf das Notwendigste<br />
beschränken <strong>und</strong> stellen Sie sicher, dass nicht etwas in das Unfallprotokoll geschrieben<br />
wird, was Sie (so) nicht gesagt haben. Prüfen Sie die sonstigen Angaben <strong>im</strong> Unfallprotokoll,<br />
6. treten Sie etwaige Ansprüche wegen <strong>de</strong>s Unfalls nicht an Abschleppunternehmer o<strong>de</strong>r<br />
sonstige Dritte ab,<br />
7. fertigen Sie eine Unfallskizze an o<strong>de</strong>r fotografieren Sie <strong>de</strong>n Unfallort,<br />
8. verhin<strong>de</strong>rn Sie – wenn Sie nicht von Ihrer Schuld an <strong>de</strong>m Unfall überzeugt sind –<br />
Zahlungen Ihrer Versicherungen an Gegner o<strong>de</strong>r Dritte, da sonst Ihre For<strong>de</strong>rungen auf<br />
diese Versicherer übergehen können. Zahlen Sie Reparatur- o<strong>de</strong>r Tierarztrechnungen also<br />
lieber zunächst selbst. Der Aufwand, Ihren Scha<strong>de</strong>n – also auch Prämienerhöhungen –<br />
zurückzuerhalten, steigt an<strong>de</strong>rnfalls erheblich an o<strong>de</strong>r wird gänzlich vereitelt.<br />
Vor je<strong>de</strong>m Ausritt sollte man jeman<strong>de</strong>m sagen, wo man entlang reiten will (Übliche Reitwege mit<br />
Namen versehen, die von <strong>de</strong>n Stallgenossen verstan<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n - z.B. "Waldr<strong>und</strong>e" o.ä.; Notiz<br />
mit Uhrzeit z.B. auf einer <strong>im</strong> Stall aufgehängten Schultafel hinterlassen), auf je<strong>de</strong>n Fall sollte man<br />
sein Handy mitnehmen – auch um die oben erwähnten Notizen speichern zu können.<br />
Checkliste<br />
1. Sicherheit geht vor<br />
Sichern Sie unverzüglich die Unfallstelle (z.B. mit einem Warndreieck) <strong>und</strong> helfen Sie Dritten.<br />
Achten Sie dabei auch auf Ihre eigene Sicherheit! Ruhe bewahren, auch wenn es um Ihr geliebtes<br />
Pferd geht!<br />
2. Umgang mit <strong>de</strong>r Polizei<br />
Sollte Personenscha<strong>de</strong>n eingetreten o<strong>de</strong>r größerer Sachscha<strong>de</strong>n zu beklagen sein, so ist<br />
unverzüglich die Polizei zu informieren, ebenso, wenn Alkohol o<strong>de</strong>r sonstige Drogen <strong>im</strong> Spiel<br />
sein könnten. Geben Sie an <strong>de</strong>r Unfallstelle keinerlei Erklärungen ab, <strong>und</strong> zwar we<strong>de</strong>r gegenüber<br />
<strong>de</strong>r Polizei noch gegenüber sonstigen Dritten, insbeson<strong>de</strong>re gegenüber <strong>de</strong>m Unfallgegner (Re<strong>de</strong>n<br />
ist Silber, Schweigen ist Gold).<br />
3. Feststellungen vor Ort<br />
Fertigen Sie, auch falls die Polizei hinzugezogen wor<strong>de</strong>n sein sollte, selbst Lichtbil<strong>de</strong>r. Sollte<br />
keine Polizei hinzugezogen wor<strong>de</strong>n sein, so sollten eine Unfallskizze sowie ein Unfallbericht, <strong>de</strong>r<br />
von sämtlichen Unfallbeteiligten unterschrieben wer<strong>de</strong>n sollte, gefertigt wer<strong>de</strong>n. Folgen<strong>de</strong> Daten
müssen unbedingt in Erfahrung gebracht wer<strong>de</strong>n: Name <strong>und</strong> Anschrift von Fahrer <strong>und</strong> Halter<br />
(Ausweise zeigen lassen!) sowie Kennzeichen <strong>und</strong> genaue Bezeichnung <strong>de</strong>s an<strong>de</strong>ren Fahrzeuges<br />
sowie Namen <strong>und</strong> Anschriften etwaiger Zeugen. Bringen Sie möglichst auch die<br />
Haftpflichtversicherung <strong>de</strong>s Unfallgegners in Erfahrung.<br />
4. Abschleppen eines Unfallfahrzeuges<br />
Die Polizei hilft bei <strong>de</strong>r Suche nach einem Abschleppunternehmen gerne weiter. Achten Sie<br />
darauf, dass Fahrzeuge <strong>im</strong> Zweifel huckepack genommen <strong>und</strong> nicht geschleppt wer<strong>de</strong>n, um<br />
weitere Schä<strong>de</strong>n auszuschließen. Passen Sie am Besten bei Auf- <strong>und</strong> Abla<strong>de</strong>n selbst mit auf.<br />
5. Rechtsanwalt<br />
Beauftragen Sie sogleich einen Rechtsanwalt, <strong>de</strong>r sich mit Pfer<strong>de</strong>n <strong>und</strong> <strong>de</strong>m Verkehrsrecht gut<br />
auskennt, <strong>und</strong> zwar auch dann, wenn die Haftungsfrage ein<strong>de</strong>utig erscheint. Nur ein versierter<br />
Rechtsanwalt kann auf gleicher Augenhöhe mit <strong>de</strong>m Sachbearbeiter <strong>de</strong>r Versicherung<br />
korrespondieren. Nur über Ihren Anwalt lässt sich Akteneinsicht in Akten von Gerichten, <strong>de</strong>r<br />
Staatsanwaltschaft <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Polizei nehmen. Die Anwaltskosten sind, sowie <strong>und</strong> soweit eine<br />
Haftung <strong>de</strong>s Unfallgegners besteht, von <strong>de</strong>ssen Versicherung zu übernehmen.<br />
6. Sachverständiger<br />
Sie sind berechtigt, einen Sachverständigen Ihrer Wahl zu beauftragen. Dies muss unbedingt ein<br />
Experte sein, sonst sind Probleme vorprogrammiert. Ihr Anwalt kann sicher mit Adressen helfen.<br />
Auch die Kosten <strong>de</strong>s Sachverständigen sind, soweit die gegnerische Versicherung<br />
einstandspflichtig ist, von dieser zu übernehmen. Beauftragt die Versicherung einen eigenen<br />
Sachverständigen, so gilt oft "wes Brot ich ess, <strong>de</strong>s Lied ich sing". Deshalb sollte auch bei<br />
möglicher Teilschuld ein eigener Sachverständiger beauftragt wer<strong>de</strong>n, auch wenn dann <strong>de</strong>ssen<br />
Kosten möglicherweise anteilig selbst zu tragen sind. Wird hingegen die eigene Versicherung<br />
(z.B. bei einem selbst verschul<strong>de</strong>ten Unfall) in Anspruch genommen, so sehen die zugr<strong>und</strong>e<br />
liegen<strong>de</strong>n Versicherungsbedingungen in aller Regel vor, dass die Versicherung selbst einen<br />
Gutachter zu beauftragen (<strong>und</strong> <strong>de</strong>ssen Kosten zu tragen) hat. Wenn ein solches Gutachten dann<br />
unbefriedigend ausfallt, sollte man mit seinem Anwalt besprechen, ob sich die Kosten für einen<br />
eigenen (Gegen-) Gutachter lohnen.<br />
7. Wertmin<strong>de</strong>rung<br />
Auch <strong>und</strong> gera<strong>de</strong> bei Pfer<strong>de</strong>n kann eine unfallbedingte Wertmin<strong>de</strong>rung eintreten. Die<br />
Geltendmachung <strong>und</strong> Durchsetzung <strong>de</strong>rselben unter <strong>de</strong>m Stichwort sollten Sie Ihrem<br />
Pfer<strong>de</strong>-Anwalt überlassen.<br />
8. Personenscha<strong>de</strong>n<br />
Sollte Personenscha<strong>de</strong>n zu beklagen sein, so kommen unter an<strong>de</strong>rem Ansprüche auf<br />
Schmerzensgeld, Haushaltsführungsscha<strong>de</strong>n sowie Erstattung <strong>de</strong>r Kosten <strong>de</strong>r ärztlichen<br />
Heilbehandlung in Betracht. Vorsicht vor vorschnellen Abfindungsvereinbarungen!<br />
9. Nebenkosten<br />
Der unschuldig Geschädigte ist gr<strong>und</strong>sätzlich so zu stellen, wie er stün<strong>de</strong>, hätte sich <strong>de</strong>r Unfall<br />
nicht ereignet. Oft wer<strong>de</strong>n Positionen übersehen. Die Versicherung wird Sie auf diese Positionen<br />
von sich aus eher nicht hinweisen.<br />
Eine Rechtsschutzversicherung kann die nicht unerheblichen Prozessrisiken, die durch die<br />
Notwendigkeit von Gutachten ggf. verschärft wer<strong>de</strong>n, abfe<strong>de</strong>rn. Denn auch <strong>de</strong>r Prozessgewinner<br />
kann auf beträchtlichen Kosten sitzen bleiben, wenn <strong>de</strong>r Schuldner nicht liqui<strong>de</strong> ist.<br />
Hinweis: Sie dürfen diesen Artikel ohne Verän<strong>de</strong>rungen zum Privatgebrauch o<strong>de</strong>r zum internen<br />
Gebrauch unter Nennung dieses Hinweises <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Adressangaben gerne frei kopieren <strong>und</strong>
weitergeben. Für die kommerzielle Nutzung ist das vorherige Einverständnis <strong>de</strong>s Autors<br />
einzuholen. Bitte übersen<strong>de</strong>n Sie ein Belegexemplar o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n direkten Link.<br />
Fragen zu diesem Beitrag beantwortet <strong>de</strong>r Verfasser nur <strong>im</strong> Rahmen eines Mandates o<strong>de</strong>r in<br />
sonst berufsrechtlich zulässiger Weise.<br />
Frank Richter<br />
Rechtsanwalt<br />
Kastanienweg 75a<br />
69221 Dossenhe<strong>im</strong><br />
Telefonnummer 06221/727-4619<br />
Faxnummer 06221/727-6510<br />
www.richterrecht.com