Höffer Rostock Version 14.10.96 - BStU - Bund.de
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Telefone und Wanzen observiert. Die Intensität dieser Maßnahmen dürfte aber angesichts <strong>de</strong>r<br />
hohen Beanspruchung zur Sicherung <strong>de</strong>r MfS-Objekte sehr stark zurückgegangen sein.<br />
Darunter litten natürlich <strong>de</strong>r Informationsfluß und die Vorabkenntnis wichtiger Vorgänge. Die<br />
bisherige "Hauptwaffe" im Kampf gegen <strong>de</strong>n "Feind", <strong>de</strong>r Einsatz von IM, wur<strong>de</strong> immer wir-<br />
kungsloser. Dennoch versuchten zumin<strong>de</strong>st Teile <strong>de</strong>s Staatssicherheitsdienstes, die bisherige<br />
Arbeitsweise beizubehalten. Noch am 6. November erwog man in völliger Verkennung <strong>de</strong>r<br />
Lage, die Protestbewegung durch das Abschieben von Antragstellern auf ständige Ausreise,<br />
die als Wortführer agierten, zu schwächen. 97<br />
Den Endpunkt <strong>de</strong>r zweiten Phase stellten in <strong>Rostock</strong> die Ereignisse am 9. November dar. An<br />
diesem Tag drohten die Entwicklungen noch einmal außer Kontrolle zu geraten. In<br />
Vorbereitung <strong>de</strong>r Donnerstags-Demo trafen sich erneut Vertreter <strong>de</strong>s Neuen Forums und <strong>de</strong>s<br />
Rates <strong>de</strong>r Stadt. 98 An diesem Tag wur<strong>de</strong> auch die "Sicherheitspartnerschaft" zwischen <strong>de</strong>r<br />
Bürgerbewegung und <strong>de</strong>r Volkspolizei in <strong>Rostock</strong> offiziell aus <strong>de</strong>r Taufe gehoben. Laut<br />
Vereinbarung sollte die Polizei in Absprache mit einer neu gegrün<strong>de</strong>ten Bürgerinitiative die<br />
Demonstration absichern und <strong>de</strong>n Verkehr regeln. Hatte das MfS <strong>de</strong>n Polizisten schon zuvor<br />
nicht mehr voll vertraut, so dürfte diese Teileinbindung in die Organisation <strong>de</strong>r<br />
Demonstration <strong>de</strong>m ohnehin angespannten Verhältnis zwischen Polizei und Geheimdienst<br />
einen weiteren Riß zugefügt haben. Die Isolierung <strong>de</strong>s Staatssicherheitsdienstes nahm auch<br />
von dieser Seite her weiter zu.<br />
Die beson<strong>de</strong>re Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>s 9. November rührt auch daher, daß es in <strong>Rostock</strong> am frühen<br />
Abend zu einer durch die SED organisierten "Manifestation für die Erneuerung <strong>de</strong>s<br />
Sozialismus" mit rund 6.000 Mitglie<strong>de</strong>rn und Sympathisanten kam – entgegen <strong>de</strong>r<br />
Ankündigung von Ernst Timm vom 1. November, daß keine Gegenveranstaltungen zu <strong>de</strong>n<br />
Demonstrationen mehr durchgeführt wür<strong>de</strong>n. Es bestand die Gefahr einer Konfrontation zwischen<br />
Tausen<strong>de</strong>n von Menschen. Durch Abstimmung zwischen <strong>de</strong>n jeweiligen Organisatoren<br />
war die SED-Kundgebung been<strong>de</strong>t, bevor sich die nun schon traditionelle Donnerstags-Demo<br />
formiert hatte. Zu <strong>de</strong>n etwa 12.000 Teilnehmern <strong>de</strong>r Andachten in fünf <strong>Rostock</strong>er Kirchen<br />
stießen in <strong>de</strong>r Innenstadt Zehntausen<strong>de</strong> hinzu. Schließlich versammelten sich gegen 20.30 Uhr<br />
rund 40.000 Menschen auf <strong>de</strong>m Ernst-Thälmann-Platz vor <strong>de</strong>m Rathaus. Im Vorfeld gingen<br />
<strong>de</strong>r Staatssicherheit Informationen zu, daß das Gebäu<strong>de</strong> <strong>de</strong>r BVfS das Ziel <strong>de</strong>s<br />
Protestmarsches bil<strong>de</strong>n sollte, "wozu auch die während <strong>de</strong>r Gebetsandachten vorgetragenen<br />
Angriffe gegen das MfS wesentlich beitrugen", wie ein Bericht <strong>de</strong>r Abteilung XX vom 11.<br />
November festhält. Weiter heißt es darin: "Im Vergleich zu an<strong>de</strong>ren Demonstrationen wer<strong>de</strong>n<br />
97 Vgl. Abt. XX, Bericht, 6.11.1989; <strong>BStU</strong>, ASt <strong>Rostock</strong>, 209 (unerschlossenes Material).<br />
98 Die nachfolgen<strong>de</strong>n Details entstammen <strong>de</strong>n zusammenfassen<strong>de</strong>n Berichten <strong>de</strong>r Abt. XX vom 10.11. und<br />
11.1.1989; <strong>BStU</strong>, ASt <strong>Rostock</strong>, 209 (unerschlossenes Material).