Besondere Möglichkeiten von Musik im ... - Audiva
Besondere Möglichkeiten von Musik im ... - Audiva Besondere Möglichkeiten von Musik im ... - Audiva
Lichtes in Oktaven umrechnet, nur einen Wahrnehmungsspielraum von etwa einer Oktave (von Violett bis Purpur) hat (vgl. Berendt 1998, S. 38/ vgl. Berendt 1993, S. 20). Unser Ohr mißt Frequenzen mit großer Genauigkeit. Auch ein musikalisch ungeübter Mensch kann die Stimmigkeit einer Oktave erstaunlich genau er- kennen. Sucht man auf einem Monochord genau die Mitte der Saite, so wird man sie mit Hilfe des Ohres leichter und genauer bestimmen können (indem man die Oktave sucht) als mit dem Auge. In einer Oktave sind bis zu 231 verschiedene, gerade noch unterscheidbare Tonwahrnehmungen möglich; wir neigen aber dazu, sie auf die Töne unseres gewohnten Tonsystems „zurechtzuhören“ (vgl. Berendt 1998, S. 79). 6 Erstaunlich ist die Toleranz des Ohres bezüglich Verzerrungen: Wir können die vom Telefon relativ stark verzerrte Stimme eines Menschen als eine be- kannte Stimme wiedererkennen (vgl. Berendt 1998, S. 406). Ebenfalls beeindruckend ist, daß Säuglinge nach der Geburt Lieder oder Musikstücke wiedererkennen, die sie im Mutterleib gehört haben: Sie müssen sie intrauterin ganz anders wahrgenommen haben als nach der Geburt. Eine besondere Bandbreite weist das Ohr auch in dem dynamischen Wahr- nehmungsspielraum auf. „Die Hörzellen reagieren schon auf Reizenergien, die ca. zehnmillionenmal kleiner sind als z.B. die Energie, die beim Berühren eines Gegenstandes den Tastsinn anspricht. Von allen Sinnen ist der Hörsinn der sensibelste...“ (van Deest 1997, S. 22). Andererseits kann das Ohr sehr große Lautstärken ertragen. Laut Berendt liegt die höchste tolerierbare Lautstärke millionenfach über der leisesten 6 Berendt schreibt, das Zurechthören beziehe sich auf „die Töne der üblichen Tonleiter und den Halbtonschritten zwischen ihnen“ (Berendt 1998, S. 79). Doch möchte ich darauf hinweisen, daß es auch andere Tonsysteme gibt und daß es darauf ankommt, auf welches Tonsystem man geprägt ist, in welcher Weise man zurechthört. - Dies mag angesichts der Tatsache, daß das europäische Tonsystem sich weitgehend durchgesetzt hat, nicht wichtig erscheinen, kann aber eine Rolle spielen, wenn man sich mit außereuropäischer Musik befaßt. (Vgl. hierzu auch: Werner, Kathrin: Aspekte afrikanischer Musik am Beispiel 12
wahrnehmbaren. „Würden wir aber die niedrigste Tolerabilität des Auges millionenfach verstärken, wir würden sofort - geblendet - erblinden“ (Berendt 1998, S. 74). Das Ohr ist also äußerst sensibel und gleichzeitig sehr strapazierfähig. Der faszinierendsten Eigenschaft des Ohres ist sich vermutlich kaum jemand bewußt: „Unser Gehörsinn ist in der Tat ein Wunder und übertrifft das Sehvermögen in vielerlei Hinsicht. Wenn ein Maler beispielsweise drei Farbtöne miteinander vermischt, kann unser Auge das Resultat nur als eine einzige neue Farbe wahrnehmen. Wenn Klarinette, Flöte und Oboe zusammen erklingen, kann unser Ohr die daraus resultierende Mischung als neuen Klang wahrnehmen, wie auch die drei Instrumente, die diesen Klang hervorbringen, voneinander unterscheiden“ (George Leonard zitiert in Be- rendt 1997, S. 177). Je nach Übung kann man aus einem Orchester jedes Instrument heraushören. - Diese Fähigkeit ist nicht nur für Musiker wichtig, sondern für jeden Men- schen in Situationen, in denen er von Geräuschen umgeben ist und einem Gespräch folgen will, z.B. in der Kneipe, am Arbeitsplatz oder auch in der Schule (Lehrerstimme von Nebengeräuschen trennen). Manchmal bemerkt man, daß diese Filterleistung bei hohem Geräuschpegel und zunehmender Müdigkeit immer schwieriger wird... Wichtig für diese Filterfähigkeit ist auch die schnelle Deutung und Einord- nung der unterschiedlichen Geräusche. In einer Kneipe gibt es z.B. viele „typische“ Nebengeräusche, die in den Zusammenhang „Kneipe“ gehören und denen man deshalb keine Aufmerksamkeit schenken muß. - Türenklap- pern, Gläserklirren, Stimmengewirr etc. kann man sofort einordnen und ge- trost ausblenden - sogar, wenn sich die Geschehnisse hinter dem Rücken abspielen. „Das Charakteristikum des Ohres ist nicht, alles zu hören, sondern zu wissen, was es hören muß“ (Tomatis 1973, S. 54). Ghanas und ihre Behandlung im Musikunterricht der Geundschule, unveröffentlichte Examensarbeit, Universität Hannover, S.50/51). 13
- Seite 1 und 2: Johann Wolfgang Goethe-Universität
- Seite 3 und 4: Inhaltsverzeichnis Einleitung......
- Seite 5 und 6: 5.3.6 Anwendbarkeit innerhalb und a
- Seite 7 und 8: Einleitung Zum Zeitpunkt der Festle
- Seite 9 und 10: 1. Rund ums Hören 1.1 Einstieg -Am
- Seite 11 und 12: Lärmbelästigungen nehmen immer me
- Seite 13 und 14: Nach Spreng sind Schalleinwirkungen
- Seite 15 und 16: Der Weg zum Hören ist auch ein Weg
- Seite 17: ganz andere Bedeutung haben muß al
- Seite 21 und 22: • Lokalisation • Diskrimination
- Seite 23 und 24: 2. Funktionelle Zusammenhänge des
- Seite 25 und 26: Abb.2 (li): Gehörknöchelchen im M
- Seite 27 und 28: Abb. 8: Cortisches Organ; Originalv
- Seite 29 und 30: „charakteristischen Frequenz“ o
- Seite 31 und 32: zur Formatio reticularis, die für
- Seite 33 und 34: Die Hörbahn ist durch ihre reiche
- Seite 35 und 36: Nach Esser ist zentrale Fehlhörigk
- Seite 37 und 38: wütend werden. Es fragt oft nach.
- Seite 39 und 40: weitere neuronale Gebiete erregt. D
- Seite 41 und 42: Aufmerksamkeitsspanne, Aufmerksamke
- Seite 43 und 44: Ein Kernpunkt ist, daß man die Hö
- Seite 45 und 46: Hörbeeinträchtigungen führen. F
- Seite 47 und 48: mündliche Aussage im Seminar am 15
- Seite 49 und 50: Testwörtern bei Warnke. 13 Im erst
- Seite 51 und 52: tung, paßt aber gut in den Prüfun
- Seite 53 und 54: tiefer als der erste Ton war. - Wic
- Seite 55 und 56: Zusammenhang von Mittelohrentzündu
- Seite 57 und 58: lockt, durch Musik stimuliert wird
- Seite 59 und 60: Rhythmik und afrikanischer Musik ha
- Seite 61 und 62: Musik besteht aus verschiedenen Ele
- Seite 63 und 64: 5. Hörtraining und Klangtherapie 5
- Seite 65 und 66: Umschulung kann zu einem neurologis
- Seite 67 und 68: „auditiv und visuell“ eingestel
Lichtes in Oktaven umrechnet, nur einen Wahrnehmungsspielraum <strong>von</strong> etwa<br />
einer Oktave (<strong>von</strong> Violett bis Purpur) hat (vgl. Berendt 1998, S. 38/ vgl.<br />
Berendt 1993, S. 20).<br />
Unser Ohr mißt Frequenzen mit großer Genauigkeit. Auch ein musikalisch<br />
ungeübter Mensch kann die St<strong>im</strong>migkeit einer Oktave erstaunlich genau er-<br />
kennen. Sucht man auf einem Monochord genau die Mitte der Saite, so wird<br />
man sie mit Hilfe des Ohres leichter und genauer best<strong>im</strong>men können (indem<br />
man die Oktave sucht) als mit dem Auge.<br />
In einer Oktave sind bis zu 231 verschiedene, gerade noch unterscheidbare<br />
Tonwahrnehmungen möglich; wir neigen aber dazu, sie auf die Töne<br />
unseres gewohnten Tonsystems „zurechtzuhören“ (vgl. Berendt 1998, S.<br />
79). 6<br />
Erstaunlich ist die Toleranz des Ohres bezüglich Verzerrungen: Wir können<br />
die vom Telefon relativ stark verzerrte St<strong>im</strong>me eines Menschen als eine be-<br />
kannte St<strong>im</strong>me wiedererkennen (vgl. Berendt 1998, S. 406).<br />
Ebenfalls beeindruckend ist, daß Säuglinge nach der Geburt Lieder oder<br />
<strong>Musik</strong>stücke wiedererkennen, die sie <strong>im</strong> Mutterleib gehört haben: Sie<br />
müssen sie intrauterin ganz anders wahrgenommen haben als nach der<br />
Geburt.<br />
Eine besondere Bandbreite weist das Ohr auch in dem dynamischen Wahr-<br />
nehmungsspielraum auf. „Die Hörzellen reagieren schon auf Reizenergien,<br />
die ca. zehnmillionenmal kleiner sind als z.B. die Energie, die be<strong>im</strong><br />
Berühren eines Gegenstandes den Tastsinn anspricht. Von allen Sinnen ist<br />
der Hörsinn der sensibelste...“ (van Deest 1997, S. 22).<br />
Andererseits kann das Ohr sehr große Lautstärken ertragen. Laut Berendt<br />
liegt die höchste tolerierbare Lautstärke millionenfach über der leisesten<br />
6 Berendt schreibt, das Zurechthören beziehe sich auf „die Töne der üblichen Tonleiter und<br />
den Halbtonschritten zwischen ihnen“ (Berendt 1998, S. 79). Doch möchte ich darauf<br />
hinweisen, daß es auch andere Tonsysteme gibt und daß es darauf ankommt, auf welches<br />
Tonsystem man geprägt ist, in welcher Weise man zurechthört. - Dies mag angesichts der<br />
Tatsache, daß das europäische Tonsystem sich weitgehend durchgesetzt hat, nicht wichtig<br />
erscheinen, kann aber eine Rolle spielen, wenn man sich mit außereuropäischer <strong>Musik</strong><br />
befaßt. (Vgl. hierzu auch: Werner, Kathrin: Aspekte afrikanischer <strong>Musik</strong> am Beispiel<br />
12