Energieverbrauch Luftweben (AiF 15599 N) - Institut für Textiltechnik ...
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Ermittlung der <strong>für</strong> die Entstehung von Kernplatzern<br />
bei ringgesponnenen Coregarnen qualitätskritischen<br />
Prozessstufen<br />
(Auszug aus <strong>AiF</strong> 15820 N: Erhöhung der Produktqualität von hochelastischen Core-<br />
Garnen durch die Entwicklung eines Online-Qualitätssicherungssystems,<br />
Laufzeit: 01.10.2008 – 31.03.2011)<br />
Dipl.-Ing. Patrycja Bosowski, Dr.-Ing. Bernhard Schmenk, Dipl.-Ing. Christoph Ha-<br />
cker, Dr.-Ing. Karl-Heinz Lehmann, Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dipl.-Wirt. Ing. Thomas Gries<br />
1
Inhaltsverzeichnis<br />
1 Einleitung ..................................................................................................... 3<br />
2 Ausgangssituation und Anlass <strong>für</strong> das Forschungsprojekt........................... 4<br />
2.1 Ringgesponnenes Coregarn (Corespungarn) ............................................. 5<br />
2.1.1 Garneigenschaften von ringgesponnenen Coregarnen ............................... 7<br />
2.1.2 Spulprozess ................................................................................................. 8<br />
3 Forschungsziel und Lösungsweg ................................................................. 9<br />
3.1 Forschungsziel ............................................................................................. 9<br />
3.1.1 Angestrebte Forschungsergebnisse ............................................................ 9<br />
3.2 Lösungsweg um das Forschungsziel zu erreichen ...................................... 9<br />
4 Systematische Erfassung der Fehler bzw. Gründe <strong>für</strong> das<br />
Auftreten von Kernplatzern ........................................................................ 11<br />
5 Prozess- Fehlermöglichkeits-Einflussanalyse (FMEA)............................... 13<br />
5.1 Vorgehensweise bei der Prozess-FMEA <strong>für</strong> die Coregarn-herstellung ...... 14<br />
5.1.1 Strukturanalyse .......................................................................................... 16<br />
5.1.2 Funktionsanalyse ....................................................................................... 16<br />
5.1.3 Fehleranalyse ............................................................................................ 17<br />
5.1.4 Maßnahmenanalyse .................................................................................. 19<br />
5.1.5 Bewertungsanalyse ................................................................................... 21<br />
5.2 Systemanalyse des Spulprozesses ........................................................... 23<br />
5.2.1 Fehleranalyse des Spulprozesses ............................................................. 24<br />
5.2.2 Bewertungsanalyse des Spulprozesses .................................................... 26<br />
5.3 Zusammenfassung der Ergebnisse aus der Prozess-FMEA ..................... 29<br />
6 Danksagung ............................................................................................... 31<br />
7 Literaturverzeichnis .................................................................................... 32<br />
2
1 Einleitung<br />
Der Marktanteil von elastischen Textilien im Bekleidungssektor steigt kontinuierlich<br />
an. Elastanhaltige Textilien weisen einen hohen Tragekomfort und eine ausgezeich-<br />
nete Passform auf. Die Erzeugung und Verarbeitung von elastischen Materialien er-<br />
fordern ein spezifisches Know-how und ein hohes Qualitätsbewusstsein [GrS04].<br />
Um die bekleidungsphysiologischen Eigenschaften elastischer Textilien zu gewähr-<br />
leisten, werden zur Herstellung Kombinationsgarne aus Elastan und Hartfaser-<br />
materialen (entweder Stapelfasern oder Filamente) verwendet (Abb. 2-1). Kombinati-<br />
onsgarne mit einer Kern-Mantelstruktur, die in modifizierten Ring-, Luft- oder Rotor-<br />
spinnprozessen hergestellt werden, bezeichnet man als Coregarne.<br />
Fehler in elastanhaltigen textilen Flächen wie Geweben oder Gestricken fallen im<br />
Warenbild störend auf. Fehler in der Flächenware sind entweder Folgefehler aus<br />
dem Spinnereiprozess oder entstehen bei der Flächenherstellung selbst.<br />
Da über die Fehlerursachen und die Fehlervermeidung bei der Flächenherstellung<br />
eine Anzahl von Untersuchungen vorliegt, wurden in dem dieser Veröffentlichung zu-<br />
grundeliegendem Forschungsvorhaben die Fehlerursachen und die Fehlererkennung<br />
im Wesentlichen beim Ringspinnen und beim Spulen untersucht. In die Systematik<br />
zur Erfassung der Fehler bzw. Gründe <strong>für</strong> das Auftreten von Kernplatzern wurde aber<br />
auch das Weben einbezogen.<br />
3
2 Ausgangssituation und Anlass <strong>für</strong> das Forschungsprojekt<br />
Bei den Coregarnen liegt der Elastankern nach der Herstellung nicht immer in der<br />
Garnmitte oder ist nicht vollständig abgedeckt (Abb. 2-1).<br />
Elastanfilament<br />
Stapelfasern<br />
Abb. 2-1: Mikroskopie des Elastanfilaments und der Stapelfasern<br />
Eine fehlende Abdeckung des Elastans hat zur Folge, dass das Elastan ungeschützt<br />
den herstellungsspezifischen Einflüssen, wie Abrasion durch Maschinenteile und<br />
Wärmeentwicklungen ausgesetzt ist, was zum Bruch des Elastans führen kann. Nach<br />
dem Ausrüsten und Färben unter Temperatureinfluss relaxiert das Textil. Dadurch<br />
wird die Ware verdichtet. Erst nach dem letzten Ausrüstungschritt wird ein fehlender<br />
Elastankern in Form von gebrochenem Elastan anhand von Streifigkeiten oder Feh-<br />
lerstellen erkannt.<br />
Es ist das Ziel des dieser Arbeit zugrundeliegenden Forschungsprojektes, Elastan-<br />
fehler, die noch vor der Flächenherstellung, also im Garn entstehen, zu erkennen<br />
und dadurch hohe Folgekosten in den weiteren Verarbeitungsschritten zu vermeiden.<br />
Stellenweise fehlende oder gerissene Elastanseelen in Coregarnen, genannt Kern-<br />
platzer, sind die häufigsten Fehlerursachen, die vor der Flächenherstellung auftreten<br />
und zu Qualitätseinbußen im Endprodukt führen. Kernplatzer sind aufgrund der vor-<br />
handenen Garnstruktur optisch nicht oder nur schwierig erkennbar. Deshalb werden<br />
mögliche Fehlerursachen in den Prozessstufen der Coregarnherstellung systema-<br />
tisch analysiert und darauf aufbauend ein sensorbasiertes Online-<br />
Überwachungssystem zur Detektion von Kernplatzern entwickelt.<br />
Die Betrachtungen in dieser Veröffentlichung beschränken sich auf die Ermittlung der<br />
<strong>für</strong> die Entstehung von Kernplatzern bei ringgesponnenen Coregarnen<br />
qualitätskritischen Prozessstufen.<br />
4
2.1 Ringgesponnenes Coregarn (Corespungarn)<br />
Corespungarne werden auf einer um die Zuführung des Elastanfilaments ergänzten<br />
Ringspinnmaschine hergestellt. Das Mantelfasermaterial aus Stapelfasern wird in<br />
Form einer Flyerlunte in das Streckwerk eingeführt. Gleichzeitig wird das<br />
Elastanfilament von der Elastanspule abgewickelt und unter definierter Vorspannung<br />
bei 3- bis 4-fachem Verzug (dem Coreverzug) dem Ausgangswalzenpaar des<br />
Streckwerks zugeleitet (Abb. 2-2) [Ams02].<br />
Ein zu hoher Coreverzug führt zu Filamentbrüchen und damit zur Wickelbildung<br />
[Art02].<br />
Abb. 2-2: Herstellungsprinzip eines Corespungarns<br />
Einführungsaggregat<br />
Elastaneinführung in den<br />
Spinnprozess<br />
Die Zuführung des Elastanfilaments ist so zu gestalten, dass eine möglichst hohe<br />
Abdeckung und Aufschiebefestigkeit erreicht wird. Abb. 2-3 zeigt REM-Aufnahmen<br />
von ringgesponnenen Coregarnen.<br />
Abb. 2-3: REM-Aufnahme eines ringgesponnenen Coregarns im entspannten (links)<br />
5
und gestreckten Zustand (rechts)<br />
Neben den konventionellen Ringspinnmaschinen zur Coregarnherstellung werden<br />
von der Rieter Maschinenfabrik AG, Winterthur unter dem Namen<br />
ComforSpin®Maschinen <strong>für</strong> das Verdichtungsspinnverfahren angeboten [Rie05].<br />
Ringgesponnenes Coregarn besitzt eine Kern-Mantel-Struktur, wie auch in Abb. 2-4<br />
zu erkennen ist. Garne mit Kern-Mantel-Struktur besitzen eine relativ geringe Deh-<br />
nung von 10 % bis 50 %.<br />
Kern- und Mantelkomponente können nicht voneinander getrennt werden, ohne die<br />
Komponenten dabei zu zerstören. Allerdings ist es möglich, dass aus unterschiedli-<br />
chen Gründen nur das Elastanfilament innerhalb des Coregarns bricht, ohne dass<br />
das gesamte Kombinationsgarn einen Bruch erleidet.<br />
Abb. 2-4: Garnstruktur eines ringgesponnenen Coregarns<br />
Das als Kern verwendete Elastanmaterial sieht aus wie ein Monofilament, ist aber<br />
meistens ein Multifilament, bei dem die einzelnen Filamente miteinander verklebt<br />
sind. Die am besten bekannten Elastanmarken sind Lycra® von Invista (früher Du-<br />
Pont de Nemours) und Dorlastan® von Asahi Kasei (früher Bayer AG Leverkusen).<br />
Die herausragenden Eigenschaften des Elastans sind die elastische Dehnbarkeit bei<br />
einer Höchstzugkraftdehnung von 400 % bis 800 % und die hohe Rücksprungkraft.<br />
Nachteile des von Natur aus blanken Elastans werden oft erst nach der Verarbeitung<br />
im Fertiggewebe offenbar. Deshalb zielten die in [Bau07] vorgenommenen Untersu-<br />
chungen auf die Zusammenhänge zwischen den Eigenschaften des Elastans und<br />
den Verarbeitungsbedingungen ab. Elastan ist<br />
licht- und verletzungsempfindlich<br />
6
unbeständig gegen Alterungserscheinungen<br />
wenig chemikalienbeständig und nur schwer färbbar.<br />
Den geschilderten Untersuchungen zufolge wurde die Festigkeit je<br />
nach Elastantyp unabhängig von den Lagerbedingungen innerhalb von 1,5 Jahren<br />
nur um zwischen 5% und 15% abgebaut. Die Höchstzugkraftdehnung blieb konstant.<br />
Ringgesponnene Coregarne müssen umgespult werden. Auch dabei erfolgt eine<br />
Garnreinigung und zur Verbesserung des Laufverhaltens evtl. die Paraffinierung des<br />
Garns. Die Garnreinigung schließt die Erkennung des Elastans nicht ein.<br />
2.1.1 Garneigenschaften von ringgesponnenen Coregarnen<br />
Je nach Verwendung des Elastanfilaments wird zwischen harten und weichen Core-<br />
garnen unterschieden. Harte Coregarne werden überwiegend als Nähgarne (Nm 9<br />
bis 80) mit Elastanfilamenten im Titerbereich zwischen 78 dtex und 156 dtex verwen-<br />
det, während weiche Coregarne <strong>für</strong> Gestricke und elastische Gewebe (Nm 50<br />
bis 120) mit Elastanfilamenten von 22 dtex und 44 dtex verwendet werden. [Wil00]<br />
Im Gegensatz zu harten Coregarnen haben weiche Coregarne eine hohe elastische<br />
Dehnung. Das Elastanfilament besitzt eine Bruchdehnung von bis zu 800 % und wird<br />
beim Herstellen mit 300 % bis 400 % vorgedehnt. [NN98]<br />
Abb. 2-5 skizziert nach [Gri94] den idealisierten Verlauf des Kraft-/ Dehnungsverhal-<br />
tens eines elastischen Kombinationsgarns: Der erste Dehnungsanteil mit nur<br />
schwach ansteigender Zugkraft wird als Strukturdehnung klassifiziert. Im weiteren<br />
Dehnungsverlauf steigt die Zugkraft im Bereich der sog. Substanzdehnung steil an<br />
bis zum Bruch der nicht-elastischen Komponente, also die das Coregarn einhüllen-<br />
den Stapelfasern.<br />
7
F [cN]<br />
F H<br />
F V<br />
1 2 3<br />
εstructure<br />
ε [%]<br />
E S<br />
ε<br />
ges<br />
εH Δε<br />
Abb. 2-5: Kraft-Dehnungsverhalten von Elastangarnen<br />
2.1.2 Spulprozess<br />
Zur Reinigung von elastischen Coregarnen bietet Oerlikon Schlafhorst, Mönchen-<br />
gladbach (seit der Maschinengeneration Autoconer 338) an Spulautomaten speziell<br />
den Elastospleißer an (Abb. 2-6) [SGö02].<br />
Abb. 2-6: Elastospleißer<br />
So werden zuerst die Garnenden in einer Luftdüse aufgedreht und die Fasern ver-<br />
einzelt (Auflösedruck) und anschließend in einem Luftstrom miteinander verwirbelt<br />
und verbunden (Spleißdruck). Bei dem Elastospleißer der <strong>für</strong> thermoplastische Garn-<br />
arten verwendet wird, ist der Luftstrom im Gegensatz zu den konventionellen Splei-<br />
ßern temperiert.<br />
Die Optik der Spleißverbindung ist nahezu garngleich. Viel wichtiger ist aber, dass<br />
mit dem Elastospleißer Fadenverbindungen entstehen, die eine hohe Beständigkeit<br />
gegen Wechselbeanspruchung in der Weberei aufweisen.In der Strickerei bleibt die<br />
charakteristische Elastizität der Spleißverbindungen nicht ganz erhalten [NN98].<br />
8
3 Forschungsziel und Lösungsweg<br />
3.1 Forschungsziel<br />
Das Ziel der in dieser Veröffentlichung beschriebenen Arbeit besteht in der Ermittlung<br />
der <strong>für</strong> die Entstehung von Kernplatzern bei ringgesponnenen Coregarnen<br />
qualitätskritischen Prozessstufen. Das ist ein Teilaspekt des übergeordneten Ziels<br />
zur Vermeidung von Ausschussproduktion und Reklamationen in der Prozesskette<br />
<strong>für</strong> hochwertige elastische Textilien. Im Fokus stehen hierbei defekte Garnabschnitte<br />
von Ringspinn-Coregarnen, die durch gerissene bzw. fehlende Elastanseelen cha-<br />
rakterisiert sind. Im Detail besteht das Ziel darin, diese Garnfehler frühzeitig in der<br />
Prozesskette am laufenden Faden zu detektieren, um sie daraufhin eliminieren zu<br />
können. Dieser neue Ansatz zur Qualitätssicherung verhindert, dass Qualitätsmängel<br />
aufgrund fehlender Elastanseelen erst nach der Ausrüstung von Geweben detektiert<br />
werden und eine Zuordnung zur Fehlerursache kaum möglich ist. Während bisher in<br />
erster Linie die Webereien und Wirkereien mit diesen Fehlern konfrontiert wurden,<br />
können in Zukunft bei entsprechendem Einsatz von Online-Überwachungssystemen<br />
die zentralen Prozessstufen Spulerei bzw. Garnreinigung und Flächenbildung (im Be-<br />
reich der Garnzuführung) überwacht und darüber hinaus hinsichtlich möglicher Ursa-<br />
chen <strong>für</strong> Garnschädigungen analysiert werden .<br />
3.1.1 Angestrebte Forschungsergebnisse<br />
Als Voraussetzung <strong>für</strong> die Konzeptentwicklung und <strong>für</strong> die Realisierung eines mehr-<br />
stellenfähigen Online-Überwachungssystems werden die qualitätskritischen Prozess-<br />
stufen ermittelt. Das Online-Überwachungssystem soll schließlich eine lückenlose<br />
Erkennung fehlender bzw. gerissener Elastangarnseelen bei der Herstellung und<br />
Verarbeitung von Core-Garnen zu elastischen Textilien am laufenden Faden ermög-<br />
lichen.<br />
3.2 Lösungsweg um das Forschungsziel zu erreichen<br />
Der vollständige Lösungsweg umfasst acht Schritte (Tab. 3.1). Die in [Ram 06] be-<br />
schriebene Methodik zur Entwicklung von sensorbasierten Online-<br />
Überwachungssystemen wird angewendet. Es wird berücksichtigt, dass der zu über-<br />
wachende Produktkennwert und damit die Messaufgabe klar auf die Fragestellung<br />
9
egrenzt sind, ob die Elastanseele vorhanden ist oder nicht. Mehrere qualitätskriti-<br />
sche Prozesstufen sind zu analysieren.<br />
Tab. 3.1: Schematische Darstellung des Lösungswegs<br />
Prozess - und<br />
System -<br />
analyse<br />
Auswahl<br />
relevanter<br />
Messgrößen<br />
Auswahl<br />
möglicher<br />
Sensoren<br />
Vorgaben <strong>für</strong><br />
indus trietaugliche<br />
Überwachungs -<br />
strategien<br />
Der erste Schritt des in Tab. 3.1 beschriebenen Lösungsweges, die Prozess- und<br />
Systemanalyse, wird im Folgenden beschrieben.<br />
Laborerprobung<br />
und Bewertung<br />
der Sensoren<br />
Validierung des<br />
Online - Messsystems<br />
und Nachweis der<br />
Praxistauglichkeit<br />
Wirtschaftlichkeitsanalyse<br />
Ergebnisaufbereitung und Know-how-Transfer<br />
Übertragbarkeit auf<br />
andere Teilprozesse,<br />
Strategien zur<br />
Fehlervermeidung<br />
10
4 Systematische Erfassung der Fehler bzw. Gründe <strong>für</strong><br />
das Auftreten von Kernplatzern<br />
Zunächst wird eine Systematisierung der bereits bekannten Gründe und Fehler, die<br />
zu Kernplatzern führen, erstellt. Die in der Literatur beschriebenen Fehler und Ursa-<br />
chen werden in Abb. 4-1 aufgeführt und systematisiert, um später in einer Fehler-<br />
möglichkeits-Einflussanalyse (FMEA) eine entsprechende Einschätzung treffen zu<br />
können.<br />
Verschiebung<br />
des Elastankerns<br />
im<br />
Garnquerschnitt<br />
Unregelmäßigkeiten<br />
Fehlende oder<br />
reduzierte<br />
Ummantelung des<br />
Elastankerns<br />
Bereits beschädigter<br />
Elastankern<br />
Ungeeignete<br />
Filamenteigenschaften<br />
Beschädigung<br />
am Elastan<br />
Kernplatzer<br />
Einflüsse<br />
thermisch<br />
(Wärmeentwicklung)<br />
mechanisch<br />
(Scher-, Zug- und<br />
Reibkräfte)<br />
Abb. 4-1: Schema zur Systematisierung der Gründe <strong>für</strong> das Auftreten von<br />
Kernplatzern<br />
Jede Beschädigung des Elastankerns, sei es eine Bruchstelle, eine angerissene<br />
Stelle oder eine Schmelzstelle, kann zu Kernplatzern führen. Es ist zu klären, unter<br />
welchen speziellen Voraussetzungen oder Umständen eine Beschädigung am Elas-<br />
tan eintreten kann.<br />
Der Anteil des Elastankerns am Garn ist
1. eine Verschiebung des Elastankerns im Garnquerschnitt hin zum Garnau-<br />
ßenrand bewirken (Abb. 4-2),<br />
2. eine fehlende oder reduzierte Ummantelung des Elastankerns verursa-<br />
chen<br />
3. durch eine Verarbeitung bereits beschädigter sowie mit ungeeigneten Fi-<br />
lamenteigenschaften behafteter Elastanfilamente verursacht werden.<br />
Sobald eine dieser Unregelmäßigkeiten vorliegt, nimmt die Wahrscheinlichkeit zu,<br />
dass das Elastan beschädigt wird.<br />
Abb. 4-2: Position des Elastankerns innerhalb des Coregarns (a) im idealen Zustand<br />
und (b) im nicht erwünschten Zustand<br />
Weitere, Elastanfehler begünstigende Einflüsse im Herstellungsprozess sind<br />
Thermische Einflüsse, wie lokale Wärmeentwicklungen<br />
Mechanische Einflüsse, wie auftretende Scher-, Reib- und Zugkräfte.<br />
Die oben erfolgte systematische Erfassung der Unregelmäßigkeiten, die das Auftre-<br />
ten von Kernplatzern begünstigen, dient der Vorbereitung zur Durchführung der Pro-<br />
zess- Fehlermöglichkeits-Einflussanalyse (FMEA) <strong>für</strong> die Coregarnherstellung.<br />
12
5 Prozess- Fehlermöglichkeits-Einflussanalyse (FMEA)<br />
Die Fehlermöglichkeits-Einflussanalyse (FMEA) ist ein gängiges Verfahren zur vor-<br />
ausschauenden und zielgerichteten Fehlerabschätzung in Produkten und Prozessen.<br />
Der Einsatz dieses Verfahrens ermöglicht neben der frühzeitigen Fehlererkennung<br />
auch eine weiterführende Fehlervermeidung bei der Anwendung eines Prozesses<br />
oder Verwendung eines Produkts. Das ist auch <strong>für</strong> die Qualitätssicherung von Inter-<br />
esse Abb. 5-1 zeigt ein Beispiel <strong>für</strong> eine FMEA-Übersicht aus dem Automobilbau.<br />
Abb. 5-1: FMEA-Übersicht zur Einordnung in die Produktstruktur [Sch09]<br />
Ein entscheidender Vorteil der FMEA gegenüber anderen Verfahren ist die systema-<br />
tische Zusammenstellung von wichtigem Erfahrungswissen über Fehler-<br />
zusammenhänge. So wird es leichter, den Einfluss von Fehlern auf die Qualität von<br />
Produkten und Prozessen zu ermitteln.<br />
In [Tie03] sind die in der Literatur beschriebenen unterschiedlichen Arten der FMEA<br />
zusammengefasst. Der Verband der Deutschen Automobilindustrie e.V. (VDA) hat<br />
eine Einteilung in die<br />
System Produkt-FMEA und die<br />
System Prozess-FMEA<br />
13
eingeführt. Die Anwendung sowohl der System Produkt-FMEA als auch der System<br />
Prozess-FMEA ermöglicht einen ganzheitlichen Ansatz (Abb. 5-1). Dabei wird jeweils<br />
von einem System ausgegangen, bei dem es sich um ein Produkt oder um einen<br />
Prozess handelt. Mit dieser Strukturierung wird das Produkt insgesamt, also sowohl<br />
dessen Bauteile als auch dessen Funktionalitäten betrachtet. Beide Verfahren glei-<br />
chen sich in der Vorgehensweise.<br />
Bei der Planung der FMEA richtet man sich nach den Phasen der Konzeption und<br />
Konstruktion sowie der Serieneinlaufphase beim Produktionsprozess, die in (Abb.<br />
5-1) abstrahiert als die Analysetiefe in der Strukturebene dargestellt sind.<br />
5.1 Vorgehensweise bei der Prozess-FMEA <strong>für</strong> die Coregarn-<br />
herstellung<br />
Das Ziel der Prozess-FMEA ist eine Systematisierung von Fehlerarten, Fehlerursa-<br />
chen und Fehlerorten hinsichtlich des Phänomens `Kernplatzer`(fehlendes Elastan<br />
im Coregarn). Als Schema <strong>für</strong> die durchzuführende Prozess-FMEA wird der entspre-<br />
chende Ausschnitt (Abb. 5-2) aus der FMEA-Übersicht (Abb. 5-1) verwendet.<br />
Abb. 5-2: Schema der Prozess-FMEA (Beispiel)<br />
Das Betrachtungsobjekt der Prozess-FMEA ist der Prozessschritt, der aus einer Pro-<br />
zessstufe des vorliegenden Herstellungsschrittes (Ringspinnen, Spulen und Weben)<br />
besteht. Dazu werden der entsprechende Prozessparameter und das Merkmal bzw.<br />
14
Bauteil festgesetzt sowie dessen Funktionen formuliert. Aus der Funktion des Pro-<br />
zessschritts wird der mögliche Fehler abgeleitet. Jede Funktion enthält eine ange-<br />
passte Fehlfunktion, die als Fehlerursache und Fehlerfolge des Fehlers vom Pro-<br />
zessschritt eingeordnet werden kann.<br />
Die bereits im Schema benannten Komponenten (Funktion, Fehler, Fehlerfolge, Feh-<br />
lerursache usw.) sollen im Folgenden anhand der Vorgehensweise zur Erstellung ei-<br />
ner Prozess-FMEA erarbeitet werden.<br />
Bei der Erstellung der Prozess-FMEA <strong>für</strong> die Bestimmung der qualitätskritischen Pro-<br />
zessstufen der Coregarnherstellung soll in fünf Schritten vorgegangen wer-<br />
den (Abb. 5-3).<br />
Abb. 5-3: Fünf Schritte zur Erstellung der Prozess-FMEA<br />
In den ersten beiden Schritten wird eine Systemanalyse durchgeführt, die eine Auftei-<br />
lung der Herstellungsschritte (Ringspinnen, Spulen und Weben) in die Prozessstufen<br />
vorsieht. Darauf aufbauend werden die Funktionen der Prozessstufen beschrieben.<br />
Bei den abschließenden Schritten drei bis fünf stehen die Fehleranalyse und Risiko-<br />
bewertung im Vordergrund der Betrachtungen. Nach Bestimmung der Fehler, Feh-<br />
lerursachen und Fehlerfolgen der Funktionen soll anhand der Risikoprioritätszahl<br />
(RPZ) versucht werden, die Prozessstufen zu bewerten und ihnen Prioritäten zuzutei-<br />
15
len. Damit wird die Prozessstufe, die als risikoreichste gilt, als qualitätskritisch ein-<br />
gestuft.<br />
5.1.1 Strukturanalyse<br />
Das Ziel einer Strukturanalyse ist die Erstellung einer Übersicht über den betrachte-<br />
ten Prozess.<br />
Im ersten Schritt, der Strukturanalyse, wird das gesamte System, hier jeweils der<br />
Prozessablauf eines jeden der drei Herstellungsschritte (Ringspinnen, Spulen, We-<br />
ben), in seine Merkmale, die Prozessstufen bis hin zu einzelnen Prozessparametern<br />
der Prozessstufen eingeteilt. Dabei entsteht ein Strukturbaum des jeweiligen Herstel-<br />
lungsschritts, untergliedert in Teilschritt – Merkmal/Bauteil – Prozessstufe – Prozess-<br />
parameter (Abb. 5-4). Diese Struktur bildet anschließend die Grundlage <strong>für</strong> die weite-<br />
re Vorgehensweise, in der jedes Merkmal, jede Prozessstufe und jeder Prozesspa-<br />
rameter hinsichtlich seiner Funktion und Fehlfunktion betrachtet werden. Einer Pro-<br />
zessstufe können dabei auch mehrere Prozessparameter zugeordnet werden<br />
(Abb. 5-4).<br />
Darüber hinaus ist eine solche Strukturanalyse eine sinnvolle Grundlage <strong>für</strong> die spä-<br />
tere Erstellung des Ishikawa-Diagramms (s. unten).<br />
Abb. 5-4: Strukturanalyse (Auszug aus dem Herstellungsschritt: Ringspinnen)<br />
5.1.2 Funktionsanalyse<br />
Das Ziel im 2.Schritt, der Funktionsanalyse ist die Erstellung einer Übersicht über die<br />
Funktionalität des Prozesses. In der Funktionsanalyse wird jedem Merkmal, jeder<br />
Prozessstufe und jedem Prozessparameter eine Funktion zugeordnet.<br />
16
Die Ursache-Wirkungsbeziehung zwischen den Funktionen lässt sich durch die Fra-<br />
ge nach dem WIE und WARUM klären. Gemäß der Abb. 5-5 wird die Frage nach<br />
dem WIE mit der untergeordneten Funktion beantwortet. In Gegenrichtung betrach-<br />
tet, kann mit der Frage nach dem WARUM die `Ursachebeziehung` zwischen den<br />
Funktionen beschrieben werden.<br />
Abb. 5-5: Funktionsanalyse (Auszug aus dem Herstellungsschritt Ringspinnen)<br />
5.1.3 Fehleranalyse<br />
Hierauf aufbauend folgt im 3.Schritt die Fehleranalyse, in der die Fehlfunktionen den<br />
einzelnen Funktionen zugeordnet werden. Mögliche Fehlfunktionen können unerfüllte<br />
oder nur teilweise erfüllte Funktionen sein.<br />
Die Fehlerursache des Betrachtungsobjekts liegt in der der Prozessstufe untergeord-<br />
neten Ebene, also bei der Fehlfunktion des Prozessparameters. Die mögliche Fehler-<br />
folge ist dann die sich ergebende Fehlfunktion in der der Prozessstufe übergeordne-<br />
ten Ebene (Abb. 5-6).<br />
Zuletzt müssen die Fehlerarten, Fehlerursachen und Fehlerfolgen nach dem Phäno-<br />
men `Kernplatzer` systematisiert werden. Ursachen bzw. Fehler, die zu Kernplatzern<br />
führen, sind in Kapitel 4 aufgelistet.<br />
17
Die Fehleranalyse wird als Grundlage <strong>für</strong> die Abbildung der Fehlfunktionen im FMEA-<br />
Formblatt zur Maßnahmen- und Bewertungsanalyse genutzt.<br />
Abb. 5-6: Fehleranalyse (Auszug aus dem Herstellungsschritt Ringspinnen)<br />
Mithilfe der Methodik eines Ursache-Wirkungsdiagramms, nach seinem Erfinder Ishi-<br />
kawa-Diagramm genannt, kann die Problematik auf ihre Ursachen zurückgeführt<br />
werden. Damit entsteht eine Übersicht über die Ursache- und<br />
Wirkungszusammenhänge. Die Ursachen werden hierbei in einem Schema in die<br />
fünf Kategorien Mensch, Maschine, Mitwelt, Methode und Material unterteilt [Sch09].<br />
Alle kategorisierten Ursachen führen, in Abb. 5-7 durch Pfeile angedeutet, zum Wir-<br />
kungsproblem des Kernplatzers.<br />
18
Abb. 5-7: Schema des Ishikawa-Diagramms<br />
Die aus der Fehleranalyse hervorgegangenen Fehlerursachen sollen in die Katego-<br />
rien des Ishikawa-Diagramms eingeordnet werden.<br />
5.1.4 Maßnahmenanalyse<br />
Im 4. Schritt wird schließlich die Risikobewertung und Maßnahmenoptimierung<br />
durchgeführt. Für die Risikobewertung werden die Bewertungszahlen B, A, und E<br />
nach den Bewertungstabellen Tab. 5.1 und Tab. 5.2 bestimmt. Dabei bedeuten<br />
B die Bedeutung der Fehlerfolge,<br />
A die Auftretenswahrscheinlichkeit der Fehlerursache und<br />
E die Entdeckungswahrscheinlichkeit der aufgetretenen Fehlerursache.<br />
Nicht unwesentlich ist dabei der Bewertungsgegenstand. Denn es werden zum einen<br />
die Bedeutung der Fehlerfolge und zum anderen das Auftreten und die Entdeckung<br />
der Fehlerursache bewertet. Für jede Bewertungszahl B, A und E steht eine Bewer-<br />
tungsskala von 1 bis 10 zur Verfügung.<br />
Allerdings basiert diese Bewertungsmethode auf der dazu vorhandenen Quellenlage<br />
und soll deshalb hier zur besseren Handhabung abgewandelt verwendet werden. Es<br />
soll lediglich <strong>für</strong> jede Bewertungszahl eine Bewertungsskala aus drei Zahlen 9, 6 und<br />
3 vorgegeben werden, die <strong>für</strong> eine höhere, niedrige und neutrale Tendenz stehen.<br />
Die Einzelrisiken werden durch die Bildung des Produktes dieser drei Bewertungs-<br />
zahlen kombiniert. Das Produkt ist die Risikoprioritätszahl RPZ.<br />
19
Zur Maßnahmenoptimierung gehört das Zusammenführen von bereits bestehenden<br />
und denkbaren zukünftigen Maßnahmen zur Behebung der dazugehörigen Fehlfunk-<br />
tionen.<br />
Die Ziele der Maßnahmenanalyse sind somit<br />
Existierende oder möglicheMaßnahmen den Fehlfunktionen zuordnen<br />
Einschätzen des Risikos unter Berücksichtigung der Fehlerfolge und Fehlerursache.<br />
20
Tab. 5.1: Bewertungstabellen <strong>für</strong> Entdeckungs- und Auftretenswahrscheinlichkeit<br />
Tab. 5.2: Bewertungstabelle <strong>für</strong> Bedeutungswahrscheinlichkeit<br />
5.1.5 Bewertungsanalyse<br />
Die Risikoprioritätszahl ist ein Risikomaß und wird anhand der verfügbaren Literatur-<br />
quellen bestimmt. Dabei ist die Festlegung einer allgemeingültigen Grenze <strong>für</strong> die<br />
RPZ nicht sinnvoll.<br />
Die aus der Maßnahmen- und Bewertungsanalyse erarbeiteten Informationen sind<br />
auf dem da<strong>für</strong> vorgesehenen FMEA-Formblatt einzutragen. (vgl. Tab. 5.3)<br />
21
Tab. 5.3: Formblatt <strong>für</strong> Bewertungsanalyse (Auszug aus dem Herstellungsschritt<br />
Ringspinnen als Beispiel)<br />
Anhand der Höhe der Risikoprioritätszahlen werden die Prozessstufen in die Katego-<br />
rien<br />
• Qualitätskritisch<br />
• Nicht qualitätskritisch<br />
eingeteilt.<br />
Als qualitätskritisch wird dabei die Prozessstufe mit der höchsten RPZ identifiziert.<br />
Werden mehrere Prozessstufen als qualitätskritisch bewertet, so müssen alle Fehler-<br />
ursachen mit hoher RPZ betrachtet und entsprechend analysiert werden. Danach er-<br />
folgt eine Einordnung der qualitätskritischsten Prozessstufen hinsichtlich des Fehler-<br />
orts, festgemacht am qualitätskritischen Merkmal.<br />
Coregarne werden mittels des Ringspinnens hergestellt, anschließend gespult<br />
und auf Webmaschinen zur textilen Fläche weiterverarbeitet. Mithilfe einer Pro-<br />
zess-FMEA werden hier beispielhaft die qualitätskritischen Prozessstufen des<br />
Spulens ermittelt.<br />
22
5.2 Systemanalyse des Spulprozesses<br />
Das Spulen ist ein Zwischenschritt nach dem Ringspinnen zur Erzeugung ausrei-<br />
chend großer Garnspulen als Vorlage <strong>für</strong> die Prozesse zur Flächenherstellung. Der<br />
Spulprozess wird zur Qualitätssicherung genutzt. Durch die Kontrolle der Garneigen-<br />
schaften wird die Garnreinigung zur Verbesserung der Garnqualität möglich. So sind<br />
Spulmaschinen bereits mit zahlreichen qualitätssichernden Überwachungssystemen<br />
(VarioPack FX, Autotense FX, ProPack FX) ausgestattet.<br />
Die Konzeption des Spulprozesses beinhaltet die Fehlerbehebung am Garn und da-<br />
mit die Qualitätssicherung des Garns. Der Spulprozess wird in drei Prozesszonen<br />
(Abb. 5-8), aufgeteilt:<br />
1. Aufsteckbereich,<br />
2. Zentralbereich<br />
3. Spulbereich<br />
Zur Durchführung der Prozess-FMEA wurde eine Spulstelle der Spulmaschine Typ<br />
Autoconer 5 der Firma Oerlikon Schlafhorst AG & Co., Mönchengladbach, zugrunde<br />
gelegt. In Abb. 5-8 ist der allgemeine Strukturbaum des Spulprozesses dargestellt.<br />
Die vollständige Strukturanalyse des Spulprozesses befindet sich im Abschlussbe-<br />
richt des Forschungsprojektes.<br />
23
Spulprozess<br />
Herstellungsschritt Merkmal<br />
Spulbereich<br />
Zentralbereich<br />
Aufsteckbereich<br />
Abb. 5-8: Allgemeiner Strukturbaum des Spulprozesses<br />
5.2.1 Fehleranalyse des Spulprozesses<br />
Spulrahmen<br />
Trommelwickelwächterung<br />
Faden-Verlegeeinheit PreciFX<br />
Saugrohr mit<br />
Oberflächensensor<br />
Fadenfangdüse<br />
Paraffineur mit sensorischer<br />
Paraffinrollenüberwachung<br />
Fadenzugkraftregelung<br />
Elektr. Reiniger<br />
Spleißer<br />
Greiferrohr mit Klappe<br />
Restfadenschere<br />
Unterfadensensor<br />
Abzugsbeschleuniger<br />
Schlingenbremse<br />
Kopsabführung<br />
Im Ishikawa-Diagramm Abb. 5-9 sind grob die Ursachen skizziert, die zu Kernplat-<br />
zern beim Spulen führen können. Generell erfordert die Verarbeitung von Coregar-<br />
nen eine Herabsetzung der Spulgeschwindigkeit auf 1000 m/ min und kleinere Fa-<br />
denzugkräfte als bei nicht elastanhaltigen Garnen.<br />
Da das Elastanfilament nach dem Verspinnen nicht mehr in `blanker` Form vorliegt,<br />
entfallen in der Fehleranalyse des Spulprozesses (Tab. 5.4) die Fehlerursachen <strong>für</strong><br />
Kernplatzer, die durch Beschädigungen des blanken Elastanfilamentes entstehen.<br />
Auch Unregelmäßigkeiten durch eine Verschiebung des Elastankerns im Garn treten<br />
beim Spulprozess als Fehlerfolge nur aufgrund der Garnfliehkraft beim Einsatz von<br />
Krüppelkopsen auf.<br />
Generell wird der Spulprozess schon gut überwacht.<br />
24
Abb. 5-9: Ishikawa-Diagramm <strong>für</strong> den Spulprozess<br />
25
Tab. 5.4: Fehleranalyse –Detaillierte Übersicht über die Fehlerursachen beim Spul-<br />
prozess <br />
Unregelmäßigkeit<br />
Z u o r d n u n g d e r F e h l e r u r s a c h e n<br />
Freisetzen des Elastankerns<br />
durch fehlende Ummantelung<br />
SPULPROZESS<br />
Verschiebung desElastankerns<br />
Aufschieber Fliehkraft auf Faden groß<br />
Falsche Wahl des Spleißdrucks Krüppelkopse<br />
Herauslösen der Fasern<br />
Falsche Wahl des Auflösedrucks<br />
Falsche oder beschädigte<br />
Spleißelemente<br />
Falsche Positionierung der<br />
Paraffinrolle und kein Austauschen<br />
Überdehnung des Fadens<br />
Ändernde Fadenzugkraft<br />
(Abzugsbeschleuniger)<br />
Falsche Wahl der Hubbreite<br />
Falsche Wahl der Spulgeschwindigkeit<br />
5.2.2 Bewertungsanalyse des Spulprozesses<br />
Nach der Fehleranalyse folgt die Maßnahmen- und Bewertungsanalyse. Diese Ana-<br />
lyse wird wieder entsprechend der Vorlage des FMEA-Formblatts durchgeführt. Die<br />
qualitätskritischen Prozessstufen der Merkmale werden im Hinblick auf deren Bedeu-<br />
tung zur späteren Auswahl der Messgrößen (physikalischen Größen) detailliert vor-<br />
gestellt.<br />
Der Spulprozess unterscheidet sich grundsätzlich von den beiden anderen zu be-<br />
trachtenden Herstellungsschritten Ringspinnen und Weben. Er enthält nur sehr weni-<br />
ge qualitätskritische Prozessstufen, was nach dem Konzept des<br />
9-Step-Tools eine Fehlerüberwachung zunächst ausschließen würde. Der Spulpro-<br />
zess ist aber schon mit wichtigen Überwachungssystemen ausgestattet und ist dem-<br />
nach zur Anbringung eines zusätzlichen Online-Überwachungssystems zur Detektion<br />
von Kernplatzern prädestiniert.<br />
26
Eine Reihe der bis hierher theoretisch ermittelten Fehlerursachen <strong>für</strong> Kernplatzer<br />
werden tatsächlich schon überwacht. Von der weiteren Betrachtung können solche<br />
Fehlerursachen ausgeschlossen werden und im FMEA-Formblatt der von sensorba-<br />
sierten System zu überwachenden Fehlerursachen unbewertet bleiben [Ram05].<br />
Spleißer<br />
Der Merkmal Spleißer beinhaltet die Prozessstufe Verbinden von zwei Garnenden<br />
und ist in Tab. 5.5 bewertet. Das ist die qualitätskritischste Prozessstufe. In dieser<br />
Prozessstufe müssen die beiden Garnenden nach einem Schnitt zum Ausreinigen<br />
des Garnfehlers durch den Spleißer wieder miteinander verbunden werden.<br />
27
Tab. 5.5: Bewertungsanalyse der qualitätskritischen Prozessstufe „Verbinden von<br />
zwei Garnenden― des Merkmals Spleißer<br />
Ideal ist es, wenn die Hartfasern das Elastanfilament nach dem Spleißvorgang wie-<br />
der vollständig umschließen und das Coregarn seinen elastischen Charakter behält.<br />
In der Praxis dominieren an der Spleißstelle tatsächlich die Hartfasern, so dass die<br />
Elastizität nicht erhalten bleibt.<br />
Obwohl der Elastankern von den Hartfasern an der Spleißstelle gut umhüllt ist,<br />
kommt es vor, dass sich das Elastan im Strickprozess aufgrund mangelnder Elastizi-<br />
tät des Garns aus dem relativ steifen Hartfasermaterial herausarbeitet. Damit würde<br />
ein Kernplatzer entstanden sein. In diesem Fall gilt der Spleißer als Verursacher des<br />
Kernplatzers.<br />
Paraffineur mit sensorischer Paraffinrollenüberwachung<br />
Beim Verstricken passiert das Garn zahlreiche Umlenkstellen in der Strickmaschine<br />
und wird dabei durch Reibung belastet. Der Reibungskoeffizient des Garns kann<br />
durch Paraffinieren innerhalb eines großen Garnfeinheitsbereiches um<br />
40 % bis 50 % reduziert werden. Bei dem Verstricken von Garnen mit zu dünn auf-<br />
getragenem oder fehlendem Paraffin (Tab. 5.6) kann es stellenweise zum Herauslö-<br />
sen von Fasern aus dem Garn kommen. Dadurch werden Beschädigungen des Elas-<br />
tankerns möglich. Es kommt zu Maschinenstillständen und zum drastischen Anstieg<br />
von unerwünschten Fallmaschen und Löchern.<br />
28
Tab. 5.6: Bewertungsanalyse der qualitätskritischen Prozessstufe „Garn mit Paraffin<br />
versehen (Paraffinierung)― des Merkmals Paraffineur mit sensorischer<br />
Paraffinrollenüberwachung<br />
Die Sicherstellung eines konstanten Paraffinauftrags über die gesamte Garnlänge<br />
einer Spule würde eine zusätzliche Qualitätssteigerung bedeuten [Sch08].<br />
5.3 Zusammenfassung der Ergebnisse aus der Prozess-FMEA<br />
Nach der Durchführung der Prozess-FMEA werden in einer Top 8-Liste die quali-<br />
tätskritischen Merkmale zusammengefasst (Tab. 5.7). In Tab. 5.7 sind der Vollstän-<br />
digkeit halber die qualitätskritischen Merkmale aus allen Herstellungsschritten einget-<br />
ragen. Auf die Nennung der qualitätskritischen Prozessstufen wurde in Tab. 5.7 der<br />
Übersichtlichkeit halber verzichtet. In der dritten Spalte der Tab. 5.7werden Produkt-<br />
kennwerte aufgelistet, die zur Qualitätsüberwachung dienen können.<br />
Die Produktkennwerte stellen eine Sammlung von im Wesentlichen physikalischen<br />
Größen dar. In [RAM05] werden „Signale― (Messgrößen) mit der Bilanzhüllentechnik<br />
ermittelt. Die mit der Bilanzhüllentechnik ermittelten Messgrößen regen das „out of<br />
the box―-Denken an und haben größeres Gewicht, als die hier mit Produktkennwer-<br />
ten bezeichneten Größen.<br />
29
Tab. 5.7: Top 8-Liste der Qualitätskritischen Prozessstufen auf Kernplatzer<br />
1<br />
2<br />
3<br />
4<br />
Qualitätskritisches<br />
Merkmal<br />
Ringspinnen<br />
Spinndreieck<br />
Fadenführer<br />
Auflauf des Garns<br />
auf Hülse<br />
Spulen<br />
Spleißer<br />
Einfluss auf das Garn<br />
Beschleunigung,Verlagerung<br />
der Fasern um das Elastanfilament<br />
Reibung, Umlenkung des<br />
Coregarns, Winkelbeschleunigung<br />
Beschleunigung<br />
Reibung, Beschleunigung,<br />
Verlagerung der Fasern um<br />
das Elastanfilament<br />
Produktkennwert nach der<br />
Prozesskomponente<br />
Fadenzugkraft, Fadenabzugsgeschwindigkeit,<br />
Fadendicke<br />
Fadenzugkraft, Fadenabzugsgeschwindigkeit,Fadenoszillation<br />
Fadenoberfläche, Fadenzugkraft<br />
Fadenzugkraft, Fadendicke,<br />
Fadenoberfläche<br />
5 Paraffineur Reibung Fadenoberfläche<br />
Weben<br />
6 Schussfadenspeicher Reibung, Abzugsbeschleunigung<br />
7<br />
8<br />
Vorlegeeinheit<br />
Führungslade<br />
Reibung, Beschleunigung,<br />
Zuführung des Fadens<br />
Reibung, Beschleunigung<br />
Fadenoberfläche, Fadenzugkraft,<br />
Fadengeschwindigkeit,<br />
Fadenlage (Winkel, Lage)<br />
Fadenoberfläche, Fadenzugkraft,<br />
Fadenlage (Winkel, Lage)<br />
Fadenoberfläche, Fadenzugkraft<br />
30
6 Danksagung<br />
Das IGF-Vorhaben „Erhöhung der Produktqualität von hochelastischen Core-Garnen<br />
durch die Entwicklung eines Online-Qualitätssicherungssystemes― / <strong>AiF</strong> 15820 N der<br />
Forschungsvereinigung Forschungskuratorium Textil e.V., Reinhardtstraße 12-14,<br />
10117 Berlin wurde über die <strong>AiF</strong> im Rahmen des Programms zur Förderung der in-<br />
dustriellen Gemeinschaftsforschung und –entwicklung (IGF) vom Bundesministerium<br />
<strong>für</strong> Wirtschaft und Technologie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundes-<br />
tages gefördert.<br />
Das Forschungsvorhaben wurde durch die Bereitstellung von Maschinenteilen, Ver-<br />
suchsmaterialien und Messmitteln unterstützt. Für diese Unterstützung sowie die er-<br />
haltenen Anregungen und die Mithilfe wird folgenden Firmen gedankt:<br />
F.A. Kümpers GmbH & Co KG, 48429 Rheine<br />
HCH Kettelhack GmbH & Co, 48432 Rheine<br />
Industrieverband Veredlung-Garne-Gewebe-Technische-Textilien e.V.,<br />
60329 Frankfurt am Main<br />
JÖRG LEDERER GMBH ELASTIC Garne, 73340 Amstetten<br />
Keyence Deutschland<br />
Oerlikon Schlafhorst, 52531 Übach-Palenberg<br />
Südwolle GmbH & Co KG, 90571 Schwaig bei Nürnberg<br />
Textechno Herbert Stein GmbH & Co KG, 41066 Mönchengladbach<br />
Der Abschlussbericht des Projektes <strong>AiF</strong> 15820 N kann über die Bibliothek des<br />
<strong>Institut</strong>s <strong>für</strong> <strong>Textiltechnik</strong> der RWTH Aachen bezogen werden.<br />
31
7 Literaturverzeichnis<br />
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Gestaltung des Garns im Spinnprozess<br />
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Mittex 109 (2002) H. 4, S. 4-8<br />
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schen Garnen, Denkendorf, Technische Univ., AIF-<br />
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publiziert als: 36th Congress International Federation of Knitting Tech-<br />
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45, Internationale Chemiefasertagung, Dornbirn 20.-22.09.2006, Paper<br />
KT02_13_ED.pdf<br />
Rieter Link, Ring – Coregarn – System – Mit modernster Technologie<br />
gerüstet <strong>für</strong> den Trend der Zukunft<br />
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[Sch08] Scheibe-Heike; Jansen-Waltrud:<br />
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Denkendofer Elastan-Kolloquium, Denkendorf, 5.-6. April 2001<br />
Denkendorf 2001, S. 9.1-9.16<br />
33
Edition <strong>Textiltechnik</strong> · Elastische Textilien<br />
— Gries, Thomas —<br />
Garne, Verarbeitung, Anwendung<br />
Edition <strong>Textiltechnik</strong><br />
176 S. | Deutscher Fachverlag · 2005 |<br />
| 978-3-87150-852-3 |<br />
EUR 128.00* (inkl. MWSt.)<br />
Die steigenden Marktanteile elastischer Textilien<br />
in der Bekleidung erfordern ein besonderes<br />
Know-how bei deren Verarbeitung, eine ent-<br />
sprechende Qualifikation und ein hohes Quali-<br />
tätsbewusstsein. Bisher existiert kein Buch, das<br />
die Herstellung elastischer Textilien von der Fa-<br />
ser über das Garn und die Verarbeitung bis hin<br />
zur Anwendung zusammenfassend beschreibt.<br />
Grundlage <strong>für</strong> dieses Herausgeberwerk sind die<br />
bewährten und gefragten Faserstofftabellen<br />
nach P.-A. Koch, die vom <strong>Institut</strong> <strong>für</strong> Textiltech-<br />
nik der RWTH Aachen herausgegeben werden,<br />
sowie die umfassenden Forschungsarbeiten an<br />
diesem <strong>Institut</strong>. Aufgabe der vorliegenden Publi-<br />
kation mit zahlreichen Experten-Beiträgen aus<br />
Industrie und Forschung ist es, die Vielzahl der<br />
Neuentwicklungen darzustellen und so zu be-<br />
schreiben, dass sie die Praktiker in Industrie und<br />
Handel marktgerecht nutzen können. Vorrangig<br />
angesprochen werden Studierende und Auszu-<br />
bildende sowie Textilfachleute aus den Berei-<br />
chen Garn- und Flächenerzeugung, Textilvered-<br />
lung, Prüfwesen und Konfektion.<br />
34