LBZ31.pdf - Lilienberg
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6<br />
Von Dominique Roland Gerber*<br />
GEDankEn<br />
ideen für morgen, oder:<br />
ausprobieren, tausendfach<br />
Die Wahrscheinlichkeit, den Gewinn für<br />
einen Sechser im Schweizer Zahlenlotto<br />
einzukassieren, liegt bei 1 zu 8 Millionen,<br />
für den Sechser mit Plus-Zahl sogar bei 1<br />
zu 24 Millionen. Die Chancen auf den<br />
grossen Erfolg stehen also realistisch eingeschätzt<br />
nicht besonders gut.<br />
Vor einem marktwirtschaftlichen Hintergrund<br />
betrachtet, müsste davon ausgegangen<br />
werden, dass bei solch niederschmetternden<br />
Gewinnaussichten das<br />
Lottogeschäft dem Untergang geweiht<br />
ist. Das Gegenteil trifft zu! Es läuft auf<br />
Hochtouren, und es scheint in wirtschaftlich<br />
schwierigen Zeiten einen Teilnehmerrekord<br />
nach dem anderen zu geben. Und<br />
die Gewinnmeldungen lassen die letzten<br />
Zweifler verstummen. Im März 2010 beispielsweise<br />
freute sich ein Spieler über<br />
einen Gewinn von knapp 36 Millionen<br />
Franken. Ergo, trotz miserabler Gewinnaussichten<br />
beteiligt sich regelmässig eine<br />
beeindruckende Anzahl von Glückssuchern<br />
an diesem Spiel. Sie demonstrieren<br />
damit einen toleranten und spielerischsorglosen<br />
Umgang mit Unsicherheit und<br />
lassen sich trotz höchstwahrscheinlichen<br />
Misserfolgen nicht von der Teilnahme<br />
abhalten.<br />
Diese unbelastete Einstellung gegenüber<br />
dem Risiko und diese beeindrucken-<br />
de Frustrationstoleranz sollte ganz allgemein<br />
im unternehmerischen Denken<br />
und speziell im Innovationsprozess vorherrschen.<br />
In einer Studie wird davon<br />
ausgegangen, dass aus 3000 Rohideen<br />
schliesslich ein einziges, erfolgreiches<br />
Produkt respektive eine Dienstleistung<br />
resultiert. Das heisst, die Chancen auf<br />
den grossen Erfolg sind hier markant besser<br />
als im Zahlenlotto.<br />
Eine weitere Studie schätzt, dass 50<br />
Prozent der Forschungs- und Entwicklungskosten<br />
in die erfolgreichen Produkte<br />
investiert werden. In Anlehnung an das<br />
Lottoszenario würde das bedeuten, dass<br />
50 Prozent des Einsatzes als Gewinn an<br />
den Spieler zurückfliessen könnten. Das<br />
sind geradezu berauschende Gewinnaussichten.<br />
Und trotzdem scheinen wir im<br />
Innovationslotto keine Teilnehmerrekorde<br />
zu brechen, auch in wirtschaftlich anspruchsvolleren<br />
Zeiten nicht. Das ist eine<br />
verpasste Chance! Hier ein paar Thesen,<br />
wie wir zu neuen Mitspielern und in der<br />
Folge zu neuen Ideen kommen können.<br />
Kultur des Ausprobierens<br />
Nur wenn es gelingt, statistisch gesehen<br />
3000 Rohideen zu generieren, besteht<br />
die reale Chance, dass wir auf die eine<br />
erfolgversprechende Lösung stossen. In<br />
Dominique Roland Gerber<br />
dieser frühen Phase des Prozesses muss<br />
das Augenmerk ganz klar auf die Menge<br />
der Ideen gerichtet werden. Der Geistesblitz,<br />
der den Chef am Morgen unter der<br />
Dusche trifft, reicht nicht aus. Hier zeichnet<br />
sich ein Paradigmenwechsel ab, der<br />
besagt, dass alle Mitarbeitenden in die<br />
spielerisch geprägte Ideenfindung mit<br />
einbezogen werden müssen. Jede und<br />
jeder soll angehalten werden, über das<br />
Mitdenken hinauszugehen, für die eigene<br />
Idee Verantwortung zu übernehmen<br />
und diese einem «Reality Check» zu unterwerfen.<br />
Das Ausprobieren einer neuen<br />
Idee stellt den einzigen Weg dar, um<br />
valable Indizien bezüglich Machbarkeit<br />
zu erhalten. Die Kultur des Ausprobierens<br />
bedingt eine normative Umgebung, in<br />
der es keine Angst vor Misserfolgen gibt<br />
und die einzelnen Experimente als unausweichliche<br />
Teilschritte hin zum Durchbruch<br />
verstanden werden.<br />
Kritischer Umgang<br />
mit der Vergangenheit<br />
Nicht nur die Umwelt verändert sich in<br />
immer höherer Kadenz, auch das Konsumentenverhalten<br />
unterliegt einer ausgeprägten<br />
Dynamik. Das bedeutet in Bezug<br />
auf den Innovationsprozess, dass Rezepte<br />
aus der Vergangenheit oft sehr be-