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LBZ31.pdf - Lilienberg

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24<br />

Von Peter Meier*<br />

Die kontroversen Fragen, welchen<br />

Nutzen die Personenfreizügigkeit der<br />

Schweizer Bildungspolitik, insbesondere<br />

der Berufsausbildung und dem Hochschulwesen<br />

bringt, und wo umgekehrt<br />

als Folge der Zuwanderung Potenzial für<br />

Konflikte und Probleme besteht, standen<br />

im Zentrum des Gesprächsanlasses vom<br />

2. Juli. Fakt ist: Wegen der Personenfreizügigkeit<br />

werden heute in der Schweiz<br />

mehr höhere Bildungsabschlüsse angestrebt<br />

als früher.<br />

Ex-Nationalrat Rudolf Strahm, Präsident<br />

des Schweizerischen Verbandes für Weiterbildung,<br />

beleuchtete auf <strong>Lilienberg</strong> die<br />

Entwicklung der Migration – vom Saisonnierstatut<br />

1955 bis heute. 80 Prozent der<br />

Saisonniers fanden Arbeit in der Gastund<br />

Landwirtschaft sowie im Baugewerbe.<br />

Sie kamen vor allem aus Südeuropa<br />

und später aus dem Balkan in die Schweiz.<br />

62 Prozent von ihnen hatten keine überobligatorische<br />

Schulbildung. Tiefere Bildung<br />

heisst längerfristig auch vermindete<br />

Arbeitsmarktfähigkeit. Mit einer abgeschlossenen<br />

Lehre ist das Risiko, arbeitslos<br />

zu werden, für einen Zugewanderten<br />

dreimal tiefer, als wenn er zuvor nur die<br />

obligatorische Schulbildung absolviert<br />

hat. Heute sind 60 Prozent der Sozial-<br />

GESPrÄCH<br />

Wegen der Zuwanderung werden<br />

mehr höhere Bildungsabschlüsse angestrebt<br />

hilfebezüger Ausländer und eingebürgerte<br />

Schweizer (mit unterdurchschnittlicher<br />

Bildung). 2011 wanderten netto 78 500<br />

Menschen zu, angeführt von Deutschen<br />

und Portugiesen. Aus Deutschland kommen<br />

vor allem gut qualifizierte Arbeitskräfte.<br />

Mit der Öffnung der Schweiz<br />

gegenüber den EU-8-Staaten (Estland,<br />

Lettland, Litauen, Polen, Slowakei, Slowenien,<br />

Tschechische Republik, Ungarn)<br />

könnten künftig aber wieder sehr viele<br />

weniger Qualifizierte in unser Land kommen.<br />

Man müsse klar festhalten, dass das<br />

Schweizer Bildungssystem gegenüber<br />

dem Ausland nicht kompatibel sei, sagte<br />

Rudolf Strahm. In der Schweiz beträgt die<br />

Maturaquote lediglich 26 Prozent<br />

(Deutschland: 45 Prozent, Frankreich: 51<br />

Prozent). Dafür herrscht im EU-Raum,<br />

anders als in der Schweiz, eine hohe<br />

Jugendarbeitslosigkeit. Die Personenfreizügigkeit<br />

zeige die Mängel unseres Bildungssystems<br />

auf, decke sie aber sogleich<br />

wieder zu. Konkret: «Fehlt in der Schweiz<br />

Spezialistenwissen, so holt man es im<br />

Ausland (Ärzte, Ingenieure, Pflegepersonal<br />

etc.).» Tertiäre B-Abschlüsse werden<br />

heute unterschätzt. Es bestehe das Problem<br />

der Titeläquivalenz mit dem Ausland.<br />

Vielleicht, so Referent Strahm, wäre<br />

ein «Swiss Professional Bachelor and<br />

Master» die Lösung. «Unsere Professoren<br />

fördern den Schweizer Nachwuchs an<br />

den Universitäten zu wenig.»<br />

Tiefere Jugendarbeitslosigkeit<br />

dank Berufslehren<br />

Dr. Patrik Schellenbauer, Kadermitglied<br />

bei Avenir Suisse, wies auf die desaströse<br />

Jugendarbeitslosigkeit in Europa hin. Die<br />

Schweizer Sonderkonjunktur hält trotz<br />

oder wegen der Eurokrise an. Vorwiegend<br />

Hochqualifizierte wandern massiv<br />

zu. Dies beeinflusse das Schweizer Bildungswesen,<br />

das durch die Struktur der<br />

Nachfrage sowie durch Aspiration, Präferenzen,<br />

das Potenzial und die Begabungen<br />

des Einzelnen geprägt werde. Die<br />

Bildungspräferenzen gehen eher in Richtung<br />

Berufe im Dienstleistungs- und sozialen<br />

Bereich; gleichzeitig nehmen die<br />

Individualisierung und Feminisierung der<br />

Bildung zu. Laut Patrik Schellenbauer hat<br />

das Absolvieren einer Berufslehre für einen<br />

Jugendlichen auch sozialisierende<br />

Folgen. Zudem sinkt die Jugendarbeitslosigkeit.<br />

Auch wenn die Schweizer Bevölkerung<br />

im Durchschnitt zwar älter<br />

werde, gebe es dank der Zuwanderung,<br />

beispielsweise in Zürich, mehr Gruppen<br />

von jüngeren (intelligenten) Menschen.

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