als PDF - Gut Training
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Referent: Peter Knebel<br />
Bewegung und <strong>Training</strong>: 5. Vorlesungseinheit<br />
Protokollführende: Ulf Ottweiler und Ivo Krause<br />
1 Einleitung<br />
Wie verbessert man die Beweglichkeit?<br />
Das Thema der Beweglichkeit ist eines der am Wenigsten erforschten Gebiete in<br />
der Sportwissenschaft. Anerkannte Definitionen und Eingrenzungen des Begriffes<br />
und seine Einordnung in die <strong>Training</strong>slehre unterscheiden sich deutlich voneinander<br />
und widersprechen sich zum Teil. So ist es für den Sporttreibenden und Übungsleiter<br />
schwierig, aus den theoretischen Diskussionen konkrete <strong>Training</strong>sanleitungen<br />
abzuleiten. In der Vorlesung wurde ein neuer Ansatz vorgestellt, der den<br />
Einfluss der neuronalen Steuerungsprozesse auf die Güte der Beweglichkeit betont<br />
und empfiehlt, Beweglichkeit auch <strong>als</strong> ein biologisches Phänomen zu sehen<br />
und dementsprechend zu behandeln.<br />
Im nachfolgenden zweiten Kapitel wird der Einfluss des Zentralen Nervensystems<br />
(ZNS) betrachtet. Es wird eine in der Vorlesung empfohlene Definition vorgestellt<br />
und mit anderen Definitionen aus der Literatur verglichen. Im dritten Kapitel soll<br />
ein kurzer Überblick über verwendete Begrifflichkeiten gegeben werden. Im vierten<br />
und fünften Kapitel wird auf die Überprüfung der Beweglichkeit in Form von<br />
Tests und auf ihre Trainierbarkeit eingegangen.<br />
2 Beweglichkeit <strong>als</strong> funktioneller Teil der allgemeinen motorischen<br />
Leistungfähigkeit<br />
Um die Rolle der Beweglichkeit im Kontext der motorischen Fähigkeiten besser<br />
verstehen zu können, wird sie in Anlehnung an die Arbeit von Hossner (1995) <strong>als</strong><br />
Modul, <strong>als</strong> gewissermaßen integrierender Teil eines Ganzen – nämlich aller motorischen<br />
Basisfähigkeiten – verstanden. Hierbei ist nicht nur der verbindende Charakter,<br />
sondern vor allem die Unverzichtbarkeit für die sportliche Leistungsfähigkeit<br />
und die Gesunderhaltung des Bewegungsapparats von besonderer Bedeutung.<br />
Vergleiche z.B. die „Modultechnik im Motormanagement“: Auch wenn alle<br />
anderen Module ihre Leistungsfähigkeit behalten, funktioniert der Formel-Eins-
Wagen beim Start nicht, wenn das Modul „Startsteuerung“ gestört ist. Das Auto<br />
bleibt schlicht und ergreifend stehen.<br />
Eine häufige Fehleinschätzung betrifft z.B. die Meinung, dass sich Kraft und Beweglichkeit<br />
nicht wechselseitig beeinflussen oder, wenn überhaupt, dann nur negativ.<br />
Dies ist im Allgemeinen f<strong>als</strong>ch und lässt sich anschaulich widerlegen: Es ist<br />
richtig, dass eine stark auftrainierte, verkürzte Muskulatur die Beweglichkeit des<br />
zugehörigen Gelenkes verschlechtern kann. Andererseits ist ebenso erwiesen,<br />
dass zum vollen Strecken eines Gelenkes ein Muskel gehört, der diese Streckung<br />
vollbringen kann. Hat man z.B. einseitig zu wenig Kraft, um den „haltenden“<br />
Muskeltonus des Gegenspielers zu überwinden, ist dies für die spezielle Beweglichkeit<br />
durchaus nachteilig. Selbstverständlich erscheint es auch sinnvoll, den<br />
einseitig trainierten, verkürzten Muskel durch Stretching wieder etwas zu „längen“.<br />
Aber ohne einen im ausgewogenen Verhältnis auftrainierten Gegenspieler wird<br />
man diese muskuläre Dysbalancen nicht beheben können, was eine Einschränkung<br />
der Beweglichkeit zur Folge haben kann. Die Beweglichkeit ist <strong>als</strong>o wie in<br />
Abbildung 1 zu sehen, wechselseitig beeinflusst von den verschiedenen motorischen<br />
Fähigkeiten.<br />
Abb. 1: Beweglichkeit im Kontext der motorischen Fähigkeiten (Quelle: Knebel, 2001, n. unveröffentlicht)<br />
Die kleinste funktionelle Einheit des Bewegungsapparates wird <strong>als</strong> Arthron bezeichnet.<br />
Dies ist die Kopplung von Zentralem Nervensystem, Gelenk und Skelettmuskel.<br />
Somit kann man die Beweglichkeit in folgende arthro-funktionelle Abhängigkeiten<br />
einteilen: Gelenkigkeit, Plastizität und Dehnfähigkeit.<br />
Gelenkigkeit Plastizität Dehnfähigkeit<br />
Bau und Funktionszustand<br />
der knöchernen Gelenkpartner<br />
einschließlich des<br />
gefügesichernden<br />
Bindegewebes<br />
der steuernden und<br />
kontrollierenden<br />
neuronalen Prozesse<br />
von Muskeln und muskulärem<br />
Bindegewebe<br />
Abb. 2: Beweglichkeit: Arthro-funktionelle Abhängigkeiten (Quelle: Knebel, 2001, n. unveröffentlicht)
Das Entscheidende gegenüber anderen Darstellungen (vgl. z.B. Grosser & Starischka,<br />
1998, S.153) ist die Hi nzufügung der Plastizität des ZNS. Sie kennzeichnet<br />
die variable Anpassungsfähigkeit aller am Bewegungsvollzug beteiligten neuronalen<br />
Prozesse, die in der Literatur in diesem Zusammenhang meist vergessen<br />
werden. Dass diese von Bedeutung sind, zeigt sich z.B. darin, dass das Zentrale<br />
Nervensystem durch gezielte Schmerzreaktionen auf die Beweglichkeit einwirken<br />
kann. So ist ein verletzter Muskel in seiner Beweglichkeit nicht nur physikalisch<br />
eingeschränkt, sondern wird auch durch das Empfinden eines Schmerzes gehemmt.<br />
Die zwei anderen Subkategorien der Beweglichkeit, die Gelenkigkeit und Dehnfähigkeit<br />
sind dadurch charakterisiert, dass die Dehnfähigkeit gut trainierbar ist, die<br />
Gelenkigkeit aber nur geringfügig. Die Dehnfähigkeit ist das Modul in der Beweglichkeit,<br />
das von einem gezielten <strong>Training</strong> am meisten profitiert. Der Muskel <strong>als</strong><br />
viskoelelastisches Element ist das Organ, das trainiert werden kann. Das betrifft:<br />
• die Myofibrillen <strong>als</strong> kontraktile Elemente der Muskelfasern<br />
• die parallelgeschalteten bindegewebigen Anteile der Myofibrillen (z.B. Fascien)<br />
und<br />
• die in Serie geschalteten bindegewebigen Anteile der Myofibrillen (z.B. Sehnen)<br />
(nach Martin, Carl & Lehnertz, 1991).<br />
Zur Gelenkigkeit wird das gefügesichernde Bindegewebe (z.B. Gelenkkapsel,<br />
Bänder, Knorpel, Menisci, Bandscheiben) gezählt. Wenn man Gelenkigkeit überhaupt<br />
trainieren möchte, ist bereits im frühesten Kindesalter damit anzufangen, da<br />
die Wachstumsphase ausgenutzt werden muss. Wichtig kann dies im Hochleistungsbereich<br />
der Sportarten Rhythmische Sportgymnastik, Turnen oder Ballet<br />
sein. Ob die damit verbundenen dauerhaften Umstellungen des Körpers aber angemessen<br />
erscheinen, ist eine persönliche Entscheidung zwischen Trainer und<br />
Athlet bzw. Erziehungsberechtigtem. Mit einem frühen intensivem Gelenkigkeitstraining<br />
kann eine Veränderung an Knochen oder Bindegewebe erreicht werden,<br />
nur wird sich diese im Gegensatz zu den zur Dehnfähigkeit hinzu zählenden<br />
Komponenten nicht mehr zurückentwickeln, sodass es während oder nach der aktiven<br />
Sportzeit zu gesundheitlichen Problemen kommen kann.<br />
„Die im Sport weitverbreitete Ansicht, maximale Aktionsradien bzw. Schwingungsweiten in<br />
den Gelenken seien ein Indiz für die Güte der Beweglichkeit, stellt eine verhängnisvolle<br />
Fehlinterpretation der Merkmale einer guten Beweglichkeit dar. Anzustreben sind optimal<br />
funktionelle Beweglichkeiten, die unter allen Bedingungen des Sporttreibens jederzeit<br />
steuer- und kontrollierbar sind“ (Knebel, 2001).<br />
So kann man zu folgender Definition gelangen:<br />
Beweglichkeit ist die Fähigkeit, Bewegungen mit optimaler arthro-funktioneller<br />
Schwingungsweite ausführen zu können (Knebel, z. Zt. unveröffentlicht).
Bei dieser Definition wurde versucht, die verschiedensten wissenschaftlichen Erkenntnisse<br />
aus der Geschichte der Beweglichkeitsforschung zusammenzuführen.<br />
So wurde 1986 die Beweglichkeit „<strong>als</strong> Komponente der passiven Energieübertragung<br />
angesehen“ (Bös & Wohlmann, 1986). Die Autoren vermochten nicht, die<br />
Beweglichkeit in ein sinngebendes Organigramm der motorischen Basisfähigkeiten<br />
einzuordnen (vgl. dazu Abbildung 1). Im Lehrplan des DTB wird Beweglichkeit<br />
(Flexibilität) oder Gelenkigkeit <strong>als</strong> Schwingungsweite der Gelenke definiert, wobei<br />
die maximale Amplitude ein Maßstab für die Güte der Flexibilität ist (Lehrplan<br />
DTB, 1986). Dies ist keine überzeugende Definition, denn im Falle einer Hypermobilität,<br />
ausgelöst durch eine Schulterluxation, ist die erreichbare maximale<br />
Amplitude, im Sinne des Sporttreibens, kein Maß für die Güte der Beweglichkeit.<br />
Die geforderte Beweglichkeit muss sich an den Anforderungen der Sportarten orientieren.<br />
Im Vergleich dazu erscheint es besser, dem Ansatz zuzustimmen, bei dem man<br />
die Beweglichkeit damit erklärt, „Bewegungen willkürlich und gezielt mit der erforderlichen<br />
bzw. optimalen Schwingungsweite der beteiligten Gelenke ausführen zu<br />
können“ (Martin, Carl & Lehnertz, 1991). Die Güte der Beweglichkeit wird hier<br />
nicht <strong>als</strong> allgemeingültige, sportartunspezifische Größe aufgefasst. Vielmehr bezieht<br />
sich die „optimale Schwingungsweite“ auf die speziellen Anforderungen einer<br />
Sportart. Die Beweglichkeiten zweier typischer Spitzensportler aus den Bereichen<br />
Fußball und Schwimmen unterscheidet sich im Einzelnen deutlich. Dennoch sind<br />
beide für ihre Sportarten optimal beweglich.<br />
Im Sportwissenschaftlichen Lexikon wird „Beweglichkeit <strong>als</strong> der Bewegungsspielraum<br />
in den Gelenken oder Gelenksystemen definiert“ (Röthig, 1992). Bei dieser<br />
Betrachtung fehlen einfache aussagekräftige Überprüfungs- und Kontrollmöglichkeiten.<br />
Man kann zwar z.B mit einem. Winkelmesser eine Aussage über die quantitative<br />
Schwi ngungsweite eines Gelenkes machen, weiß aber noch nichts über<br />
die qualitative Beweglichkeit, d.h. welche speziellen Einflussfaktoren diese<br />
Schwingungsweite ermöglichen oder begrenzen und wie diese möglicherweise zu<br />
verbessern sind.<br />
Vergleicht man die vorgestellten Definitionen, sieht man, dass sie sich zum Teil<br />
widersprechen und andere Schwerpunkte setzen. Insgesamt ist der vorangestellten<br />
Definition von Knebel (2001) zuzustimmen.<br />
Begriffserklärungen und Einfluss biologischer und anatomischer Faktoren<br />
auf die Beweglichkeit<br />
Nach der Begriffsdefinition im vorigen Kapitel bleiben noch die biologischen bzw.<br />
anatomischen Einflussfaktoren der Beweglichkeit anzusprechen und vielleicht zu<br />
klären. Dazu zählen:<br />
• Form und Kongruenz von Gelenkkopf und Pfanne (Formelemente des Gelenkes),<br />
d.h. das Zueinanderpassen der Knochenteile. Beispiel: eingeschränkte<br />
Beweglichkeit bei fortgeschrittener Arthrose, einerseits durch
Schmerzhemmung, aber auch durch bewegungshemmende, mechanische<br />
Reibung, die bis zur Blockierung des Gelenkes führen kann<br />
• Dicke und Elastizität von Gelenkknorpel, Gelenkkapsel und Bändern<br />
(Formelemente des Bindegewebes)<br />
• Kraft, Elastizität und Masse der Muskulatur, sowie Elastizität der Sehnen.<br />
• Gelenkstoffwechsel<br />
• Muskeltonus und Muskelentspannungsfähigkeit (neuro-physiologische<br />
Steuerungsprozesse)<br />
• Psychische Gespanntheit und Verspannung.<br />
sowie auch (nach Weineck, 1996):<br />
• Abhängigkeit von Alter und Geschlecht (Hormone)<br />
• Abhängigkeit vom Erwärmungszustand (sowohl Innen-, <strong>als</strong> auch<br />
Außentemperatur)<br />
• Abhängigkeit von der muskulären Ermüdung (Biochemische Vorgänge, z.B.<br />
langsameres Lösen der Brückenbindungen von Aktin/Myosin)<br />
• Abhängigkeit von Arbeitsamplitude des Muskels (einseitig chronisch verkürzte<br />
Muskulatur).<br />
Abb. 3: Biologische Einflussfaktoren der Beweglichkeit (Quelle: Knebel, 1985, modifiziert)
3 Methoden zur Beweglichkeitsförderung<br />
Möchte man Beweglichkeit trainieren, sollte man sich vorher genau darüber klar<br />
sein, welche spezifische Beweglichkeit überhaupt gebraucht wird. Man unterscheidet:<br />
• Allgemeine vs. spezielle Beweglichkeit<br />
• Aktive vs. passive Beweglichkeit<br />
• Statische vs. dynamische Beweglichkeit<br />
Die allgemeine Beweglichkeit bezeichnet ein komplexes Niveau an Beweglichkeit<br />
in den wichtigsten Gelenksystemen, wobei für den Leistungssportler gilt, dass er<br />
das durchschnittliche Maß für eine außergewöhnliche sportliche Leistung immer<br />
überschreiten wird. Im Gegensatz dazu beschreibt die sogenannte spezielle Beweglichkeit<br />
die Fähigkeit, sportartenspezifischen Beweglichkeitsanforderungen gerecht<br />
zu werden, z.B. die akzentuierte Hüftgelenksbeweglichkeit beim Hürdenläufer.<br />
Von aktiver Beweglichkeit spricht man, wenn das Erreichen der maximal möglichen<br />
Bewegungsamplitude ohne fremde Hilfe das Ziel ist, <strong>als</strong>o alleine durch Kontraktion<br />
des Agonisten. Leistungshemmend wirkt hier die überwindende Kraft und<br />
damit zusammenhängend die Dehnfähigkeit des Antagonisten. Wird die maximale<br />
Beweglichkeit in einem Gelenk durch äußere Hilfe (Gerät, Partner, Schwerkraft)<br />
erreicht, spricht man von passiver Beweglichkeit. Mit äußerer Kraftzufuhr kann die<br />
pathologische Bewegungsgrenze erreicht werden, deshalb gilt, dass die passive<br />
Beweglichkeit stets größer ist <strong>als</strong> die aktive Beweglichkeit.<br />
Die statische Beweglichkeit ist charakterisiert durch das Halten einer Dehnstellung<br />
über einen vorgegebenen Zeitraum. Wird dagegen eine bestimmte Gelenkstellung<br />
kurzfristig z.B. durch Federn und Nachfedern erreicht, so ist das die dynamische<br />
Beweglichkeit.<br />
4 Wie trainiert man Beweglichkeit?<br />
Dazu sei an die Module der Beweglichkeit erinnert. Gelenkigkeit sollten verantwortungsbewusste<br />
Pädagogen im Regelfall nicht trainieren. Die Plastizität, die steuernden<br />
und kontrollierenden neuronalen Prozesse, werden durch intensives Muskeltraining<br />
verbessert. Die Dehnfähigkeit ist das vorrangig zu trainierende Modul.<br />
Aus der Sportpraxis des vergangenen Jahrhunderts sind eine Vielzahl unterschiedlichster<br />
Dehnübungen bekannt. Mehr oder weniger hat auch sicherlich jede<br />
der Übungen eine Verbesserung der Beweglichkeit zur Folge gehabt. Aus heutiger<br />
sportmedizinischer und trainingswissenschaftlicher Sicht sollte man diese Übungen<br />
aber unbedingt kritisch überdenken. So führen eine Vielzahl von Übungen zu<br />
einer extrem unphysiologischen Beanspruchung der Gelenksysteme und vor allem<br />
der Wirbelsäule. Ein zweiter Punkt ist der, dass viele der Übungen so ausgeführt
werden, dass der zu dehnende Muskel Haltearbeit zu verrichten hat. Es gilt aber,<br />
das nur ein entspannter Muskel auf Länge gebracht, <strong>als</strong>o gedehnt werden kann.<br />
Beachtet man nur diese zwei Aspekte, entfallen bereits zahlreiche der bekannten<br />
Übungen. Man muss <strong>als</strong>o in Kauf nehmen, dass die Abwechslung bei den Dehnübungen<br />
geringer <strong>als</strong> früher ausfällt. Dafür kann man <strong>als</strong> Trainer ruhigen Gewi ssens<br />
beweglichkeitsverbessernde Maßnahmen durchführen.<br />
• Entspannung des zu dehnenden Muskels kann man durch Kontraktion des<br />
Gegenspielers erreichen. Nach dem antagonistischen Prinzip wird dann der<br />
zu dehnende Muskel neuronal gehemmt, was eine willkürliche und unwillkürliche<br />
Kontraktion oder Anspannung ausschließt.<br />
• Der zu dehnende Muskel darf bei der Dehnung keine Haltearbeit leisten<br />
• Unbedingt unphysiologische Beanspruchungen vermeiden!<br />
Trotzdem gibt es für das <strong>Training</strong> spezieller Beweglichkeiten verschiedene Muskeldehntechniken.<br />
Alle haben ihre Vor- und Nachteile, wenn man die Methoden<br />
kritisch hinterfragt und sich überlegt, ob denn tatsächlich das trainiert wird, was<br />
geplant ist und man dem Körper keine unphysiologischen Belastungsspitzen zumutet,<br />
muss man durchaus nicht immer „nur“ stretchen. Einen Überblick gibt das<br />
folgende Schaubild:<br />
DYNAMISCH<br />
BEWEGLICH-<br />
KEITS ÜBUNGEN<br />
GYMNASTIK<br />
z.B.<br />
Schwunggymnastik<br />
sowie alle Arten<br />
von k örperbildende<br />
Übungen<br />
k omplex<br />
unspezifisch<br />
BEWEGLICHKEITSFÖRDERUNG<br />
STATISCHE<br />
BEWEGLICHKEITSÜBUNGEN<br />
S t atisches<br />
Dehnen<br />
STRETCHING<br />
METHODE<br />
N<br />
Abb. 4: Organigramm der Beweglichkeitsförderung (© Knebel)<br />
Anspannungs-<br />
Entspannungs-<br />
D ehnen<br />
DEHNTECHNIKEN<br />
a ktiv selbstgesteuert<br />
passiv selbstgesteuert<br />
passi fremdgesteuert<br />
spezifisch<br />
ANDERE<br />
MASSNAHMEN<br />
THERAP.<br />
DEHNEN p<br />
PNF<br />
NASAROV<br />
RUF<br />
spezifisch
Das Testen von Beweglichkeit muss genauso kritisch hinterfragt werden wie die<br />
altbekannten Dehnübungen. Es wurde bereits auf die anatomischen Unterschiede<br />
verschiedener Menschen eingegangen. Wird in einem Test die quantitative Beweglichkeit<br />
gemessen, erlaubt dies aufgrund der individuellen Unterschiede keine<br />
Aussage über die Qualität der Beweglichkeit. Somit sollte auf alle Tests, die interpersonell<br />
durchgeführt werden, z.B. zur Talentsichtung, verzichtet werden. Einzige<br />
Ausnahme wäre, wenn man vorher individuell die anatomische Situation untersuchen<br />
und die Beweglichkeit in Abhängigkeit davon einschätzen würde. Intrapersonell<br />
dagegen machen Beweglichkeitstests durchaus Sinn, so zum Beispiel zur<br />
Überprüfung, ob das durchgeführte <strong>Training</strong> zu einer Beweglichkeitsverbesserung<br />
geführt hat oder nicht.<br />
Es ist zu beachten, dass die individuell erreichte Schwingungsweite eines Gelenkes<br />
nicht nur durch eine verbesserte Dehnfähigkeit, sondern auch durch eine höhere<br />
tagesspezifische Motivation, gewachsene Kraft oder im negativen Sinn durch<br />
leichte, fast unbemerkte Verletzungen beeinflusst werden kann. Wie in allen motorischen<br />
Tests ist die Standardisierung auch hier sehr schwierig. Man sollte einen<br />
Beweglichkeitstest immer darauf überprüfen, ob der Test die gewünschte Beweglichkeit<br />
testet und das Ergebnis frei von anatomischen Besonderheiten der Testpersonen<br />
ist.<br />
5 Literatur<br />
Allgemein:<br />
Weineck, J. (1996). Optimales <strong>Training</strong>. Erlangen: spitta<br />
Roth, K. & Willimczik, K. (1999). Bewegungswissenschaft. Reinbek: Rowohlt<br />
Martin, D., Carl, K. & Lehnertz, K. (Red.) (1991). Handbuch <strong>Training</strong>slehre. Schorndorf: Hofmann<br />
Knebel, K.-P. (1985). Funktionsgymnastik. Reinbek: Rowohlt<br />
Tests:<br />
Boekh-Behrens, W.- U. & Buskies, W. Gesundheitsorientiertes Fitnesstraining, Band 1 (S. 119-<br />
123)<br />
Inhalt: Beweglichkeitscheck, Vorteile des Beweglichkeitschecks, Überprüfung der Dehnfähigkeit<br />
von M. iliopsoas, M. rectus femoris und der ischiocruralen Muskulatur<br />
Schneider, W., Spring, K. & Tritschler, Th. (1989). Beweglichkeit- Theorie und Praxis (S.17-25)<br />
Inhalt: Untersuchungstechnik, aktive und passive Beweglichkeit, translatorische Beweglichkeit,<br />
Stopp an der Bewegungsgrenze, Testbeispiele<br />
Knebel, K. P. (1985). Funktionsgymnastik (S. 82- 86). Reinbek: Rowohlt<br />
Inhalt: Beweglichkeit und Beweglichkeitstraining, Biologische Grundlagen, Einflussgrößen der<br />
Gelenkbeweglichkeit, Abhängigkeiten des Bewegungsumfangs (aktive und passive Beweglichkeit)