BUNDESABGABENORDNUNG

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28.02.2013 Aufrufe

Bei einer Ermessensentscheidung wird der Behörde ein Entscheidungsspielraum zwischen mehreren Möglichkeiten eingeräumt. Ermessensentscheidungen dürfen nur innerhalb der Ermessensgrenzen erfolgen (zB maximal 10 % Verspätungszuschlag). Primär sind die Ermessenskriterien aus dem Zweck der betreffenden Ermessensnorm abzuleiten. Daher wird eine amtswegige Wiederaufnahme (§ 303 Abs 4 BAO) eines Abgabenverfahrens - als Folge des Vorranges des Prinzips der Rechtsrichtigkeit (Gleichmäßigkeit der Besteuerung) vor dem der Rechtsbeständigkeit - idR zu verfügen sein (unabhängig davon, ob sie sich zu Gunsten oder Ungunsten der Partei auswirkt). Nach § 20 BAO sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit (berechtigte Interessen der Partei) und Zweckmäßigkeit (öffentliches Anliegen, insbesondere an der Einbringung der Abgaben) zu treffen; hiebei sind alle in Betracht kommenden Umstände, die eine sachgerechte Ermessensentscheidung beeinflussen könnten, zu berücksichtigen. Die "Billigkeit" gebietet zB die Berücksichtigung von Treu und Glauben sowie des steuerlichen Verhaltens und der wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei. Zur "Zweckmäßigkeit" gehört auch die Berücksichtigung der Verwaltungsökonomie (daher zB keine Haftungsbescheide bei Uneinbringlichkeit beim Haftungspflichtigen, keine amtswegige Wiederaufnahme bei Geringfügigkeit der abgabenrechtlichen Auswirkungen). Amtswegige oder von einem Parteienanbringen abweichende Ermessensentscheidungen sind jedenfalls insbesondere insoweit zu begründen, als dies für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes (durch die Berufungsbehörde, durch den VwGH bzw VfGH) in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist. Ob eine gesetzliche Vorschrift der Behörde Ermessen einräumt, ist aus dem Wortlaut sowie dem Sinn der Norm ersichtlich (zB die Textierung "kann", "darf", "ist zulässig" weist idR auf Ermessen hin). Beispiele für Ermessensentscheidungen: § 110 BAO (Verlängerbarkeit behördlicher Fristen), § 111BAO (Zwangsstrafe), 8

§ 112 BAO (Ordnungsstrafe), § 112a BAO (Mutwillensstrafe), § 135 BAO (Verspätungszuschlag), § 212 BAO (Zahlungserleichterungen), § 224 BAO (Erlassung von Haftungsbescheiden), § 235 BAO (Löschung), § 236 BAO (Nachsicht), §§ 293 und 293b BAO (Berichtigung), § 299 Abs 1 BAO (Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Bescheidinhaltes), § 303 Abs 4 BAO (amtswegige Wiederaufnahme). Im Berufungsverfahren wird auch die richtige Ermessensübung geprüft und neuerlich Ermessen geübt. Hingegen prüft der VwGH nur, ob der Behörde eine Ermessensüberschreitung oder ein Ermessensmissbrauch anzulasten ist. 5. Auslegung von Abgabenvorschriften (§ 3 Abs 5 BAO, §§ 21 bis 23 BAO) 5.1 Allgemeines Die Auslegungsgrundsätze der §§ 6 und 7 ABGB gelten auch im Abgabenrecht. Es bestehen keine Sondermethoden. Auslegungsmethoden: • Grammatikalische Interpretation (eigentümliche Bedeutung der Worte). • Logische (sinngemäße) Interpretation (Bezugnahme auf den Zusammenhang der Worte, Bedachtnahme auf die gesamte gesetzliche Bestimmung, Umkehrschlüsse, Größenschlüsse oder Schlüsse aus dem Fehlen ausdrücklicher Bestimmungen). • Teleologische Interpretation (Bedachtnahme auf die Absicht des Gesetzgebers; hiezu gehört die "wirtschaftliche Betrachtungsweise"). • Historische Interpretation. (Einfache) Gesetze sind möglichst verfassungskonform, Verordnungen sind möglichst gesetzeskonform auszulegen. Im Abgabenrecht besteht kein Analogieverbot. Analogie setzt eine Gesetzeslücke (= eine planwidrige Unvollständigkeit innerhalb des positiven Rechts, gemessen am Maßstab der gesamten Rechtsordnung) voraus. 9

Bei einer Ermessensentscheidung wird der Behörde ein Entscheidungsspielraum<br />

zwischen mehreren Möglichkeiten eingeräumt. Ermessensentscheidungen dürfen nur<br />

innerhalb der Ermessensgrenzen erfolgen (zB maximal 10 % Verspätungszuschlag).<br />

Primär sind die Ermessenskriterien aus dem Zweck der betreffenden<br />

Ermessensnorm abzuleiten.<br />

Daher wird eine amtswegige Wiederaufnahme (§ 303 Abs 4 BAO) eines Abgabenverfahrens - als<br />

Folge des Vorranges des Prinzips der Rechtsrichtigkeit (Gleichmäßigkeit der Besteuerung) vor dem<br />

der Rechtsbeständigkeit - idR zu verfügen sein (unabhängig davon, ob sie sich zu Gunsten<br />

oder Ungunsten der Partei auswirkt).<br />

Nach § 20 BAO sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit (berechtigte<br />

Interessen der Partei) und Zweckmäßigkeit (öffentliches Anliegen, insbesondere<br />

an der Einbringung der Abgaben) zu treffen; hiebei sind alle in Betracht kommenden<br />

Umstände, die eine sachgerechte Ermessensentscheidung beeinflussen könnten,<br />

zu berücksichtigen.<br />

Die "Billigkeit" gebietet zB die Berücksichtigung von Treu und Glauben sowie<br />

des steuerlichen Verhaltens und der wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei.<br />

Zur "Zweckmäßigkeit" gehört auch die Berücksichtigung der Verwaltungsökonomie<br />

(daher zB keine Haftungsbescheide bei Uneinbringlichkeit beim Haftungspflichtigen,<br />

keine amtswegige Wiederaufnahme bei Geringfügigkeit der abgabenrechtlichen<br />

Auswirkungen).<br />

Amtswegige oder von einem Parteienanbringen abweichende Ermessensentscheidungen<br />

sind jedenfalls insbesondere insoweit zu begründen, als dies<br />

für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes (durch die Berufungsbehörde,<br />

durch den VwGH bzw VfGH) in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel<br />

des Gesetzes erforderlich ist.<br />

Ob eine gesetzliche Vorschrift der Behörde Ermessen einräumt, ist aus dem Wortlaut<br />

sowie dem Sinn der Norm ersichtlich (zB die Textierung "kann", "darf", "ist zulässig"<br />

weist idR auf Ermessen hin).<br />

Beispiele für Ermessensentscheidungen:<br />

§ 110 BAO (Verlängerbarkeit behördlicher Fristen),<br />

§ 111BAO (Zwangsstrafe),<br />

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