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motorische Schnelligkeit - Gut Training

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Bewegung und <strong>Training</strong>: 6. Vorlesungseinheit<br />

Referent: Dr. Thomas Pauer<br />

Protokollführende: Katharina Eckert, Nicole Knebel, Patricia Ott,<br />

Martina Prech und Kathrin Stöfken<br />

1 Einleitung<br />

Wie verbessert man die <strong>motorische</strong> <strong>Schnelligkeit</strong>?<br />

<strong>Schnelligkeit</strong> ist die „Fähigkeit, auf einen Reiz bzw. ein Signal hin schnellstmöglich<br />

zu reagieren und <strong>motorische</strong> Aktionen in einem unter den gegebenen Bedingungen<br />

minimalen Zeitabschnitt zu vollziehen“ (Weineck, 1994, S. 395).<br />

<strong>Schnelligkeit</strong> gehört in vielen Sportarten zu den leistungsbestimmenden Faktoren.<br />

Der Entwicklung der <strong>Schnelligkeit</strong> wird aber in der <strong>Training</strong>spraxis zu wenig Bedeutung<br />

zugemessen.<br />

2 Theoretische Grundlagen und methodische Grundsätze<br />

Die Ausprägung der <strong>Schnelligkeit</strong> ist abhängig von der Art der Muskelfasern<br />

(schneller Fasertyp: FT = fast twitch oder Typ II-Fasern), ihrer Elastizität, Dehnbarkeit,<br />

Entspannungsfähigkeit, dem Erwärmungszustand und der Ermüdung.<br />

Daraus ergibt sich für die Bedeutung einer gründlichen Aufwärmarbeit (Dauer von<br />

15 – 30 Minuten, Körpertemperatur von ca. 38,5°). Als <strong>Training</strong>sform ist die Wiederholungsmethode<br />

zu wählen, bei der bei höchsten Intensitäten die entsprechenden<br />

Fasern angesprochen und ein kurzes Zeitprogramm ausgebildet und<br />

durch regenerative Pausen eine vollständige Erholung geleistet werden soll. Zur<br />

Orientierung gilt, dass pro 10 gelaufenen Metern minimal eine Pause von einer<br />

Minute eingelegt werden soll, damit besonders die Kreatinphosphatspeicher (KP)<br />

aerob wieder aufgefüllt werden können und damit eine anaerobe Glycolyse verhindert<br />

wird. Ein weiterer Effekt dieser <strong>Training</strong>sform ist die Steigerung der Muskel-Energiespeicher<br />

(KP um 20 %, Glycogen um 60 %). Der Grad der Belastung<br />

lässt sich durch Ammoniak messen, das nur bei höchsten Intensitäten (bei einer<br />

Aktivierung der Typ II b-Fasern) maximal erhöht ist, über die Ermüdung erhält man<br />

durch eine Laktat-Messung Aufschluss.


Unterteilung der <strong>motorische</strong>n <strong>Schnelligkeit</strong><br />

Als „reine“ Formen der <strong>Schnelligkeit</strong> gelten Reaktions-, Aktions-, Frequenzschnelligkeit.<br />

Als „komplexe“ Formen gelten die Schnellkraftausdauer, Kraftschnelligkeit<br />

und die maximale Schnellkraftausdauer. Der Kraftanteil ist bei den reinen Formen<br />

gering, bei den komplexen dagegen erhöht. Die reinen Formen sind stärker vom<br />

zentralen Nervensystem (ZNS) und genetischen Faktoren abhängig und lassen<br />

sich im frühen Schulkindalter und der ersten puberalen Phase gut trainieren. Die<br />

komplexen <strong>Schnelligkeit</strong>sformen lassen sich später optimal entwickeln.<br />

»Reine«<br />

Erscheinungsformen<br />

»Komplexe«<br />

Erscheinungsformen<br />

Reaktionsschnelligkeit<br />

Einfach- Auswahlreaktionen<br />

Schnellkraftausdauer<br />

3<br />

<strong>Schnelligkeit</strong><br />

bei azyklischen<br />

Bewegungen<br />

Aktionsschnelligkeit<br />

1<br />

Kraftschnelligkeit<br />

4<br />

bei zyklischen<br />

Bewegungen<br />

Frequenzschnelligkeit<br />

2<br />

maximale<br />

<strong>Schnelligkeit</strong>sausdauer<br />

5<br />

Abb. 1: Die <strong>Schnelligkeit</strong>sfähigkeiten aus sportpraktischer und trainingswissenschaftlicher Sicht (Roth,<br />

1999, S. 255)<br />

Reaktionsschnelligkeit<br />

Die Reaktionsschnelligkeit kann als eine angeborene Eigenschaft des Menschen<br />

betrachtet werden und ist nur in minimalem Umfang trainierbar:<br />

...ist die Fähigkeit, auf einen Reiz in kürzester Zeit zu reagieren, z.B. auf einen<br />

Startschuss.<br />

Sie ist also durch die „Zeitspanne zwischen Reizgebung und <strong>motorische</strong>r Reaktion“<br />

(Mühlfriedel 1983,S.94) definiert. Die Reaktionszeiten bei verschiedener Reizdarbietung<br />

(optisch, akustisch, taktil) sind verschieden. Auf akustische und optische<br />

Reize reagiert der Mensch in der Regel am schnellsten, da die entsprechenden<br />

Rezeptoren kurze Reizleitungswege zu den verarbeitenden Regionen (Kleinhirn,<br />

Kortex usw.) haben. Indirekt kann durch die Steigerung der Konzentrations-<br />

und Koordinationsfähigkeit eine Verbesserung der Reaktionsschnelligkeit erreicht<br />

werden.<br />

<strong>Training</strong> der Reaktionszeit<br />

• spezifische Schulung einfacher Reaktionen<br />

(drei Methoden nach Zaciorski 1968, siehe Grosser 1991, S. 100-101)<br />

Bei einfachen Reaktionen wird auf feststehende Signale (z.B. Startsignalen<br />

beim Sprint, Schwimmen, Eisschnelllauf) mit feststehenden Bewegungsausfüh-


ungen reagiert. Ein <strong>Training</strong> einfacher Reaktionen führt zu eindeutigen Programmen<br />

und damit zu Antizipationsmöglichkeiten.<br />

• Wiederholungsmethode (Reaktionszeit stabilisieren):<br />

Hier besteht ein systematischer Wechsel von Belastungs- und Erholungsphasen.<br />

Die Wiederholungsmethode ist durch eine hohe Belastungsintensität und<br />

geringere Umfänge gekennzeichnet. Die Pausen führen zur vollständigen Erholung.<br />

Bei dieser Methode erfolgt der nächste Lauf bzw. Start erst dann,<br />

wenn eine optimale Wiederherstellung gewährleistet ist. Dazu sind verschiedene<br />

Erholungszeiten notwendig. Dabei gilt: pro zehn gelaufene Meter ist eine<br />

Erholungspause von einer Minute bis zum nächsten Lauf einzulegen. Es ist sicherzustellen,<br />

dass einerseits eine vollständige Erholung eintritt, andererseits<br />

aber die Erregbarkeit des ZNS nicht durch eine zu lange Pause beeinträchtigt<br />

wird<br />

• „aktive Pause“ (Gehen, Lockerungsübungen)<br />

– Teilmethode (nur ein Reiz)<br />

– sensorische Methode (Reiz sollte variiert werden)<br />

• spezielle Schulung komplexer Reaktionen (Wahrnehmungs- und Antizipationstraining)<br />

Bei komplexen Reaktionen (auch Auswahlreaktionen genannt) wird auf vielfältige,<br />

vorausschaubare oder nicht vorausschaubare Reize, Signale (z.B. Gegnerverhalten<br />

im Sportspiel, Judo, Vorwegnahme der Flugbahn des Balles im Volleyball) mit<br />

einer zumeist bekannten Bewegung reagiert, wobei in vielen Situationen mehrere<br />

Entscheidungsmöglichkeiten verfügbar sind. Die Entscheidung fällt bei erfahrenen<br />

Sportlern schon über die Antizipation. Die Antizipation ist ein psychischer Vorgang,<br />

bei dem durch nur wenige Informationen über Beginn und Begleiterscheinungen<br />

bestimmter Situationen ihr weiterer Verlauf und das Resultat im Voraus<br />

konstruiert werden. Der Ausprägungsgrad der Antizipation ist sowohl bei einfachen,<br />

als auch bei komplexen Reaktionen abhängig von denjenigen Bewegungserfahrungen,<br />

die als feste Programme gespeichert sind, so dass bei der Realisierung<br />

von Reaktionen nur noch eine gewisse Variabilität erforderlich ist, die zur<br />

Anpassung an die jeweilige Situation führt.<br />

Aktionsschnelligkeit<br />

...ist die Fähigkeit, azyklische, d.h. einmalige Bewegungen mit höchster Geschwindigkeit<br />

gegen geringe Widerstände auszuführen.<br />

<strong>Training</strong> der Aktionsschnelligkeit:<br />

• Grundsätzliches:<br />

– große Nähe zum Technik- und Koordinationstraining<br />

– Bewegungsausführungen mit maximaler oder submaximaler Geschwindig-<br />

keit<br />

– <strong>Training</strong>sübungen jeweils sehr kurz (maximal sechs Sekunden)


– keine oder nur geringe Zusatzlasten (höchstens 5% des Eigengewichts)<br />

• allgemein entwickelnde Übungen (sportartunspezifisch):<br />

– Sprungübungen (Beine, Hüfte)<br />

– Schlag- und Wurfübungen (Schultern, Arme)<br />

– schnelle Drehungen, Rollen, Fall- und Aufstehübungen (Ganzkörper)<br />

• speziell entwickelnde Übungen (sportartspezifisch)<br />

– Wettkampfmethode<br />

– Techniktraining (Variation der Ausführgeschwindigkeit)<br />

– mittlere bis submaximale Geschwindigkeit<br />

(zwei bis sechs Serien á 6-20 Wiederholungen)<br />

– maximale/supramaximale Geschwindigkeiten<br />

(drei bis fünf Serien á höchstens sechs Wiederholungen),<br />

z.B. Bergabläufe<br />

<strong>Schnelligkeit</strong>sleistungen, die auf der Aktionsschnelligkeit basieren, können nur<br />

durch Präzisions-Messtechniken registriert werden (z.B. Kasseler Beschleunigungstest).<br />

Sport<strong>motorische</strong> Tests mit ihrem grobdiagnostischen Anspruch sind<br />

für die Leistungsdiagnostik nur bedingt einsetzbar.<br />

Frequenzschnelligkeit<br />

...ist die Fähigkeit, zyklische, d.h. sich wiederholende gleiche Bewegungen mit<br />

höchster Geschwindigkeit gegen geringe Widerstände auszuführen.<br />

<strong>Training</strong> der Frequenzschnelligkeit<br />

Wichtig: optimale Zusammenarbeit zwischen Agonist und Antagonist.<br />

• Die elementare Frequenzschnelligkeit und die Fähigkeit, bei azyklischen<br />

reaktiven Bewegungen äußerst schnell arbeiten zu können, sind vor allem<br />

durch Frequenzübungen mit kleinen Amplituden trainierbar<br />

• Grundsätzliches (siehe Aktionsschnelligkeit)<br />

• allgemein entwickelnde Übungen (sportartunspezifisch)<br />

• Sprungübungen, Laufübungen<br />

• speziell entwickelnde Übungen (sportartspezifisch)<br />

• „Sprint-ABC“ (Dribbling, Skippings, Fußtapping im Sitzen...)<br />

• Fliegende Sprints, Ins-and-Outs, Steigerungsläufe<br />

• supramaximale Sprints<br />

3 Einflussfaktoren auf die <strong>Schnelligkeit</strong><br />

Schnelle Bewegungen hängen von verschiedenen endogenen und exogenen Faktoren<br />

ab:


Abb. 1: Einflussfaktoren der <strong>Schnelligkeit</strong> (Geese & Hillebrecht, 1995, S. 11)<br />

4 Methodische Grundsätze<br />

• für alle <strong>Training</strong>sformen des <strong>Schnelligkeit</strong>strainings gilt, dass die Wiederholungsmethode<br />

die geeignete <strong>Training</strong>sform ist<br />

• die Übungsintensität ist so zu wählen, dass hohe und höchste Intensitätsgrade<br />

erreicht werden<br />

• die Übungsdauer ist so zu wählen, dass die Geschwindigkeit infolge von<br />

Ermüdung nicht absinkt<br />

• Pausen müssen optimale Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit gewährleisten<br />

• mit dem <strong>Schnelligkeit</strong>straining ist frühzeitig zu beginnen<br />

• elementares <strong>Training</strong> ist prinzipiell vor dem komplexen <strong>Schnelligkeit</strong>straining<br />

durchzuführen (Bewegungsbeherrschung)<br />

• <strong>Schnelligkeit</strong>straining hat prinzipiell unter optimalen Motivations- und Leistungsbedingungen<br />

stattzufinden<br />

• <strong>Schnelligkeit</strong>straining ist nur mit maximalem bzw. submaximalem Tempo effektiv<br />

• auf Grund der hohen Verletzungsgefährdung ist einem <strong>Schnelligkeit</strong>straining<br />

stets ein intensives und umfassendes Aufwärmen vorzuschalten


• um eine frühzeitige Leistungsbarriere zu vermeiden, ist das <strong>Schnelligkeit</strong>straining<br />

vielseitig und abwechslungsreich zu betreiben<br />

• auf Grund der maximalen Übungsintensität können im <strong>Schnelligkeit</strong>straining<br />

nur Übungen verwendet werden, die der Sportler exakt beherrscht<br />

• im <strong>Schnelligkeit</strong>straining ist zu berücksichtigen, dass auch andere Faktoren,<br />

welche die <strong>Schnelligkeit</strong> beeinflussen (Kraft, Koordination, Ausdauer, Beweglichkeit)<br />

ausreichend und parallel mittrainiert werden<br />

• das <strong>Schnelligkeit</strong>straining hat ganzjährig zu erfolgen. Längere Pausen beeinträchtigen<br />

alle <strong>Schnelligkeit</strong>skomponenten<br />

5 Literatur<br />

Roth, K. & Willimczik, K. (1999). Bewegungswissenschaft. Hamburg: Rowohlt<br />

Geese & Hillebrecht (1995). <strong>Schnelligkeit</strong>straining. Aachen: Meyer & Meyer<br />

Weineck, J. (2000). Optimales <strong>Training</strong>. Erlangen: Spitta-Verlag. 11. Auflage

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