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Prof. Dr. Eberhard Wille, "Neuverblisterung von Arzneimitteln - VfA

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Für wesentliche Volkskrankheiten erscheint diese Höhe der Noncompliance als<br />

realistisch. So benennt AARP (1993) nach SVRKAiG (2001) für Diabetes eine<br />

Compliancerate <strong>von</strong> 50-60 % und für Hypertonie <strong>von</strong> 50 % (vgl. ebenda, S. 46).<br />

Diese Berechnungen gehen allerdings da<strong>von</strong> aus, dass der Arzt ex ante nicht erkennt,<br />

welche Patienten sich compliant und welche sich nicht compliant verhalten.<br />

b) Die Bezifferung der beabsichtigen bzw. unbeabsichtigten Nonadherence ergibt sich<br />

aus den gerundeten Mittelwerten der in Tabelle 3 aufgeführten Studien. In diesen<br />

lag die beabsichtige Nonadherence innerhalb eines Intervalls <strong>von</strong> 32,8 % und 71 %,<br />

die unbeabsichtigte Nonadherence zwischen 23 % und 44,8 %. Somit erscheinen<br />

die Annahmen <strong>von</strong> 50 % bzw. 30 % als vertretbar. Die verbleibenden 20 % wurden<br />

Personengruppen zugeordnet, auf die keine der anderen Kategorie zutrifft. So kann<br />

es beispielsweise Individuen geben, die zwar die Arzneien einnehmen wollen, es<br />

aber auf Grund körperlicher Defizite nicht können.<br />

c) Als Hauptursachen der unbeabsichtigt Noncomplianten kommen das Vergessen der<br />

Medikamenteneinnahme sowie Missverständnisse hinsichtlich der Medikamenteneinnahme<br />

in Frage. Bei jeweils zwei der vier in Tabelle 3 genannten Studien<br />

überwiegt einer der beiden Gründe. Daher wird hier <strong>von</strong> einem Verhältnis <strong>von</strong><br />

50 % zu 50 % ausgegangen.<br />

d) Hinsichtlich der Fragestellung, ob Personen eher die gesamte Einnahme vergessen<br />

oder einzelne Medikamente nicht einnehmen, liegen keine Studienergebnisse vor.<br />

Daher wurde hier <strong>von</strong> einer gleichmäßigen Verteilung ausgegangen. Der Effekt auf<br />

das Gesamtergebnis bleibt allerdings relativ gering. Bei einer Veränderung des<br />

Verhältnisses auf 3/1 variiert das Endergebnis um einen Prozentpunkt in beide<br />

Richtungen.<br />

e) Die Aufteilung des Einflusses der Verblisterung bei Personen mit körperlichen oder<br />

kognitiven Defiziten kann ebenfalls nur auf hypothetischen Annahmen beruhen.<br />

Auch hier wird <strong>von</strong> eine gleichmäßige Wahrscheinlichkeitsverteilung unterstellt, da<br />

die Verblisterung für einzelne Patienten eine Vereinfachung der Handhabung nach<br />

sich ziehen, für andere allerdings kaum Auswirkungen entfalten kann.<br />

Als Zwischenergebnis des oberen Teils des Noncompliancebaumes ergibt sich ein prozentualer<br />

Anteil <strong>von</strong> 16 % der Patienten. Beschränkt auf diese Kriterien müssten 100 Patienten<br />

mit Blisterpackungen versorgt werden, um bei 16 Patienten eine Verbesserung der Compliance<br />

zu erzeugen, da eine Vorhersehbarkeit der Noncompliance des Einzelnen nicht existiert.<br />

Bezogen auf die noncomplianten Patienten bliebe aber noch ein Anteil <strong>von</strong> 33 %.<br />

f) Grundsätzlich erbringt die Verblisterung nur einen Compliancevorteil bei Patienten,<br />

die hauptsächlich verblisterbare Arzneimittel verbrauchen. Verschreiben die Ärzte<br />

in großem Ausmaß nicht verblisterbare Arzneien, so mindert dies den Handhabungsvorteil.<br />

Er entfällt oder kehrt sich sogar ins Gegenteil um. Das Verhältnis <strong>von</strong><br />

vier zu eins zu Gunsten der verblisterten Arzneimittel erscheint insofern hoch, als<br />

es durchaus mehrere Patienten gibt, bei denen die mengenmäßige Versorgung mit<br />

nicht verblisterbaren <strong>Arzneimitteln</strong> die ggf. positiven Compliance aufhebt bzw. die<br />

nicht verblisterbaren Arzneimittel die Noncompliance verursachen.<br />

Die Relation verschiebt sich darüber hinaus zu Lasten der verblisterten Arzneimittel<br />

wegen der fehlenden Berücksichtigung nicht verordneter Medikamente. Im Durch-<br />

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