Prof. Dr. Eberhard Wille, "Neuverblisterung von Arzneimitteln - VfA
Prof. Dr. Eberhard Wille, "Neuverblisterung von Arzneimitteln - VfA
Prof. Dr. Eberhard Wille, "Neuverblisterung von Arzneimitteln - VfA
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
sich um einen wirtschaftlich agierenden Betrieb handelt, geschieht dies vermutlich im<br />
Wesentlichen nach Ertragsgesichtspunkten in Abhängigkeit des Einstands- und des Abgabepreises;<br />
letzterer unterliegt bisher überwiegend der Preisbindung der zweiten Hand. Es<br />
besteht bei hohen Umsätzen insofern ein erhebliches Potenzial, die Einkaufspreise durch<br />
Verhandlungen zu senken; vor allem, als die Fertigarzneimittel niedrige variable Herstellungskosten<br />
aufweisen. Das Verblisterungsunternehmen schöpft hierdurch die Renten der<br />
Arzneimittelhersteller ab. 20 Die Einführung eines Teilsortiments für die Verblisterung<br />
kommt der Einführung einer Positivliste für Teile der Patienten gleich. Bei der Zusammensetzung<br />
einer solchen Positivliste dominieren aber vermutlich nicht Qualitätsaspekte,<br />
sondern vor allem Kostengesichtspunkte.<br />
Eine weitere Verzerrung des Wettbewerbs ergibt sich bei der Abgabe an den Endverbraucher.<br />
Da ein Verblisterungsunternehmen mit exklusiv ausgesuchten Partnerapotheken<br />
kontrahiert, schließt dies andere vom Angebot der Verblisterung de facto aus. Verschreibt<br />
ein Arzt ein Rezept, so kann derzeit nahezu jede Apotheke den Kunden zeitnah mit den<br />
entsprechenden <strong>Arzneimitteln</strong> beliefern. Verordnet er hingegen explizit die Verblisterung<br />
bestimmter Arzneimittel, so verengt sich die Auswahl der Apotheken auf die<br />
Partnerapotheken, da das alternative Angebot der händischen Verblisterung durch die<br />
Apotheke auf Grund der hohen variablen Kosten mittelfristig entfallen dürfte.<br />
In diesem Kontext stellt sich auch die Frage nach der Verbindlichkeit der ärztlichen Verschreibung<br />
eines Blisters. Eine Verbindlichkeit schränkt die Apothekenwahlfreiheit der<br />
Patienten auf die Partnerapotheken ein. Erfolgt die Abgabe eines Blisters auf Wunsch des<br />
Patienten aber nach freier ärztlicher Verordnung, so könnte der Patient zumindest weiterhin<br />
zwischen den Apotheken wählen, die Beeinträchtigung fiele geringer aus. Insbesondere<br />
im letzteren Fall ergibt sich dann ein Problem bei der Erstattung der Blister, da eine derartige<br />
Regelung des „Verblistern-Könnens” implizit den Rückschluss zuließe, dass keine<br />
qualitative Differenz zwischen den Versorgungsformen besteht. Es ließe sich dann kaum<br />
begründen, warum die GKV die Kosten der Verblisterung übernehmen sollte.<br />
Bisher besaßen Arzneimittelgroßhändler und Apotheken nur ein geringes Interesse daran,<br />
Einfluss auf das Verschreibungsverhalten <strong>von</strong> Ärzten zu nehmen. Da aber die explizite<br />
20 Beim derzeit einzigen deutschen Verblisterungsunternehmen, der assist Pharma, einer Tochter des Importunternehmens<br />
kohlpharma, besteht darüber hinaus die Möglichkeit der Verwendung re- und parallelimportierter<br />
Arzneimittel. Für diese entfiele dann das bisher aufwendige Umkonfektionieren <strong>von</strong> Importware<br />
(vgl. <strong>von</strong>derLinde 2004). Darüber hinaus sind Apotheken sogar nach §129 Abs. 1 SGB V zur Abgabe <strong>von</strong><br />
preisgünstigen Importarzneimitteln verpflichtet. Assist Pharma betont allerdings, dass es dies zum derzeitigen<br />
Stand nicht beabsichtigt.<br />
56