Prof. Dr. Eberhard Wille, "Neuverblisterung von Arzneimitteln - VfA
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sprechenden Kaufes der Arzneimittelpackungen fiskalisch keine Rolle, ob die Patienten die<br />
Arzneien tatsächlich einnehmen oder nicht. Aus ihrem Blickwinkel handelt es sich hierbei<br />
um „versunkene Kosten” 17 , die bereits beim Kauf bzw. der Erstattung anfielen, d.h. unabhängig<br />
<strong>von</strong> der tatsächlichen Einnahme des Arzneimittels durch die Patienten.<br />
Sofern hingegen Unternehmen aus Großverpackungen oder nicht zuordnenbaren Einzeldosisverpackungen<br />
verblistern, könnte dies zu einer Reduzierung der verworfenen Arzneimittel<br />
und zu einer Senkung der Kosten je Tablette führen. Dabei dürfte der erstgenannte<br />
Effekt netto relativ gering ausfallen, da in der Regelversorgung hauptsächlich<br />
Dauermedikamente verabreicht werden. Der Kostensenkungseffekt je Tablette resultiert<br />
ausschließlich aus den Möglichkeiten, erstens andere Verpackungsgrößen bzw. billigere<br />
Präparate systematisch patientenunspezifisch zu verwenden und damit Kostendegressionseffekte<br />
je Einzeldosis zu erzielen und zweitens aus ihnen auseinzeln zu können.<br />
Diese beiden Ausgaben senkenden Effekte sind aber im Grundsatz <strong>von</strong> den Wirkungen der<br />
Verblisterung zu trennen, denn sie könnten sich auch unabhängig <strong>von</strong> ihr einstellen. Die<br />
individuelle Verblisterung kann diese lediglich inkorporieren.<br />
Dynamisch betrachtet besteht die Möglichkeit der Vermeidung eines Kostenanstiegs durch<br />
die Verblisterung für die Krankenkassen, wenn auch nur unter bestimmten Bedingungen<br />
und in sehr geringem Maße. Falls im Rahmen der üblichen Regelversorgung der behandelnde<br />
Arzt auf Grund der Noncompliance die bestehende Medikation abändert und statt<br />
dessen teurere Arzneimittel verschreibt, führt dies einerseits zum Verwurf des Restbestandes<br />
der ursprünglichen Packung (keine direkte Auswirkung auf die Ausgaben der<br />
GKV, s.o.), aber gleichzeitig zu einer mittel- und längerfristigen Erhöhung der Arzneimittelkosten<br />
in der Regelversorgung. Dieser zusätzliche Aufwand resultiert aus dem frühzeitigen<br />
Kauf eines neuen Medikamentes sowie aus den gestiegenen Kosten auf Grund der<br />
Verschreibung eines teureren Arzneimittels. Die Verblisterung vermeidet unter gegebenen<br />
Annahmen diesen Ausgabenanstieg. Verschreibt der Arzt aber als Folge der<br />
Noncompliance im Rahmen der Regelversorgung ein günstigeres Medikament, so wirkt<br />
sich letztgenannter Effekt entgegengesetzt und somit langfristig Kosten senkend aus. Die<br />
Verblisterung führt dann zu keiner Kostenersparnis.<br />
17 Die angloamerikanische Literatur bezeichnet Kosten, die keine Auswirkungen auf das weitergehende Handeln<br />
eines Akteurs entfalten und die dieser nicht mehr beeinflusst, als sog. „sunk costs”.<br />
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