Prof. Dr. Eberhard Wille, "Neuverblisterung von Arzneimitteln - VfA
Prof. Dr. Eberhard Wille, "Neuverblisterung von Arzneimitteln - VfA
Prof. Dr. Eberhard Wille, "Neuverblisterung von Arzneimitteln - VfA
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Diese Bedingungen dürften nur für wenige Patienten erfüllt sein und es erscheint zweifelhaft,<br />
dass diese Personenkreise Blisterpackungen auf Grund der aktiven Selbstselektion<br />
nachfragen oder Ärzte diese verschreiben, da die Ärzte ein aktives Filtern kaum bewerkstelligen<br />
können. Ärzte unterschätzen das Ausmaß der Nonadherence und können nonadherente<br />
Patienten nicht identifizieren: „…physicians do not estimate compliance any better<br />
than if they simply rely on chance as a predictor” (Caron / Roth 1971 nach Morris /<br />
Schulz 1992, S. 284). Richten Angehörige, Freunde, ambulante Pflegedienste oder Apotheken<br />
die Medikamente, so treten bei der Zusammenstellung der Arzneimittel bereits<br />
geringere Mängel auf; für diese Gruppe entfällt das Vergessen einzelner Medikamente als<br />
Ursache der Noncompliance nahezu vollständig, sofern die Medikamente verordnungsgemäß<br />
gerichtet wurden.<br />
Falls die Verblisterung aus einem Teilsortiment erfolgt, hängt es <strong>von</strong> der konkreten Ausgestaltung<br />
des Systems ab, ob die Aut-Idem-Freigabe oder der explizite Aut-Idem-Ausschluss<br />
eine Voraussetzung der Verblisterung darstellt. Gibt einerseits der Arzt die Aut-<br />
Idem-Substitution frei und der Apotheker entscheidet über das abzugebende Präparat, so<br />
kann letzterer ein preisgünstiges Präparat aus dem verblisterbaren Teilsortiment im Rahmen<br />
eines Blisters abgeben. Andererseits können Ärzte beispielsweise durch entsprechende<br />
Vermerke in der Verordnungssoftware bereits bei der Verschreibung dazu animiert<br />
werden, explizit bestimmte Präparate zu verschreiben, die einen Teil des Verblisterungssortiments<br />
bilden. In beiden Fällen stünde es den Ärzten jedoch weiterhin frei, nicht im<br />
Rahmen des Teilsortiments verblisterbare Medikamente zu verschreiben.<br />
In Deutschland macht der Arzt derzeit aktiv vom Aut-Idem-Ausschluss in ca. 10 % der<br />
Rezeptverordnungen Gebrauch (vgl. SVR 2005, Zf. 818). Dieser Prozentsatz lässt sich auf<br />
die genannten Szenarien übertragen, da der verschreibende Arzt aus medizinischen oder<br />
anderen Gründen die Abgabe eines ganz bestimmten Präparates vorsieht. Die Anzahl der<br />
Patienten, für welche die Ärzte explizit Arzneimittel oder Kombinationen verschreiben, die<br />
Teile des Verblisterungssortiments darstellen, dürfte gering ausfallen.<br />
Die Zuweisung <strong>von</strong> Wahrscheinlichkeiten vermag den „Noncompliancebaum” der Abbildung<br />
2 zu quantifizieren. 8 Im Ergebnis kann da<strong>von</strong> ausgegangen werden, dass im Durchschnitt<br />
nur bei ca. 10 %, wahrscheinlich jedoch bei nicht mehr als 16 % der Patienten die<br />
Verblisterung die Compliance des Individuums beeinflusst. Bezogen auf die Noncomplianten,<br />
denen die Verblisterung potenziell hilft, ergeben sich Anteile zwischen 20 % und<br />
23