Prof. Dr. Eberhard Wille, "Neuverblisterung von Arzneimitteln - VfA
Prof. Dr. Eberhard Wille, "Neuverblisterung von Arzneimitteln - VfA
Prof. Dr. Eberhard Wille, "Neuverblisterung von Arzneimitteln - VfA
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Die Verknüpfung der empirischen Relevanz mit den aufgestellten Wirkungshypothesen der<br />
Verblisterung lassen aufgeführte Schlussfolgerungen zu:<br />
• Auf die Adherence der Patienten gehen <strong>von</strong> demographischen und ökonomischen<br />
Faktoren nur geringe oder gar keine Auswirkungen aus; vor allem scheint der Zusammenhang<br />
zwischen Alter und Adherence gering oder nicht nachweisbar.<br />
• Einen nachweisbaren Einfluss auf die Verbesserung der Adherence besitzen verhaltensbedingte<br />
Faktoren, d.h. der Umgang des jeweiligen Patienten mit seiner<br />
Krankheit bzw. seine geistige Verfassung sowie die Interaktion mit den medizinischen<br />
Leistungserbringern. Die Verblisterung entfaltet hier keine, unter Umständen<br />
sogar eine negative Wirkung auf diese wesentliche Determinante. Durch die<br />
gemeinsame, „anonyme” Verpackung diverser Arzneimittel kann bei Patienten<br />
das Wissen um die einzelnen Medikamente verloren gehen (vgl. Lauterbach /<br />
Gerber / Lüngen 2004, S. 4 und Nunney / Raynor 2001, S. R46). Zu den Folgen<br />
dieser Distanzierung fehlen bisher noch wissenschaftliche Untersuchungen.<br />
• Krankheits- und medikationsbezogene Faktoren hängen zusammen und beeinflussen<br />
sich gegenseitig. Die Verblisterung verspricht im Hinblick auf ihre antizipierte<br />
Wirkung insbesondere eine Vereinfachung der Handhabung und ermöglicht<br />
somit die Vermeidung <strong>von</strong> Fehlern bei der Dosierung (zeitlich wie quantitativ).<br />
Vor allem hinsichtlich der Anzahl der einzunehmenden Arzneimittel und der<br />
Komplexität der Dosierung unterscheiden sich die Studienergebnisse. Es gilt zumindest<br />
nicht grundsätzlich die Annahme, dass die Einnahme mehrerer Medikamente<br />
zu einer Verschlechterung der Adherence führt.<br />
• Die Verblisterung erzwingt den dauerhaften Besuch einer Apotheke - zumindest<br />
was die ärztlich verschriebenen, verblisterten Arzneimittel angeht. Die Anzahl der<br />
Apotheken, <strong>von</strong> denen ein Patient die Medikamente bezieht, weist eine negative<br />
Korrelation mit der Compliance auf. Insofern dürfte <strong>von</strong> der Verblisterung ein positiver<br />
Einfluss ausgehen, allerdings sind auch diese Effekte <strong>von</strong>einander zu trennen;<br />
eine Complianceverbesserung auf Grund des Aufsuchens einer Apotheke<br />
kann sich auch ohne die Verblisterung einstellen.<br />
„The most appropriate strategies to improve adherence depend on establishing the cause<br />
for each individual, and tailoring the method to the perceived cause” (Fincham 1988 nach<br />
Rivers 1992, S. 104). Die Verblisterung berührt im Wesentlichen die Kategorie der rein<br />
medikamentenspezifischen Faktoren. Sie kann somit nur in diesen Fällen eine Adherenceverbesserung<br />
hervorrufen. Zusammenfassend bleibt jedoch festzuhalten, dass die<br />
Verblisterung auf zahlreiche in der Theorie benannten Einflussfaktoren keine direkten Wir-<br />
15