Prof. Dr. Eberhard Wille, "Neuverblisterung von Arzneimitteln - VfA

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28.02.2013 Aufrufe

Tabelle 1 (fortgesetzt): Potenzielle Einflussfaktoren der Adherence, deren empirische Relevanz sowie der Einfluss der Verblisterung Kategorie/ Bezug Einflussfaktor Empirische Signifikanz und Wirkung auf die Adherence 14 Hypothese bzgl. der ceteris paribus Wirkung der Verblisterung auf den Einflussfaktor Verhalten / Arzt-Patienten-Verhältnis; Positiv (4; 1; 0) Ø Fähigkei- Patientenzufriedenheit (>) ten Wissen, Verständnis und Nicht nachweisbar bis positiv (3; 6; 0) u.U. negativer Einfluss, da Überzeugungen bzgl. Verblisterung Distanz zu den Krankheit und Arzneimittel (>) Arzneimitteln erhöht Psychischer Stress (>) Nicht nachweisbar bis negativ (0; 5; 4) Ø Körperliche Defizite (>) Abh. von der Art der Defizite; nicht z.T. durch veränderte Verpa- nachweisbar bis negativ [visuell (0; 4; ckungsform positiv (in 2), Probleme beim Öffnen von Be- Deutschland aber eher geringhältnissen (0; 1; 3)] fügig, da vorwiegend Einzeldosisblister) a) Die Literaturangaben beziehen sich, sofern nicht anderweitig vermerkt, auf Vik / Maxwell / Hogan (2004), die eine Literaturübersicht über die Einflussfaktoren der Nonadherence bieten. Zusätzlich zur jeweiligen Wirkungsrichtung steht die Anzahl der Studien in Klammern und zwar in der Reihenfolge positiv, nicht nachweisbar, negativ. b) Bei den Hypothesen hinsichtlich der Wirkung der Verblisterung auf die Adherence wird im Ausgangsstadium von einem Patienten ausgegangen, der ausschließlich miteinander verblisterbare Arzneimittel einnimmt und als „Selbstversorger” keine fremde Hilfe in Anspruch nimmt. c) Vgl. AARP 1993 nach SVRKAiG 2001, Zf. 37. d) Vgl. Nunney / Raynor / Knapp 2004. e) Vgl. Cooper / Love / Raffoul 1982. f) Vgl. AARP 1989 nach Office of Evaluation and Inspections 1990, S. 10; insbes. bei geringen Einkommen. g) Vgl. Kiortsis et al. 2000. Quelle: Eigene Darstellung; die Einteilung basiert auf MacLaughlin et al. 2005, S. 235 bzw. Balkrishnan 1998; die Angaben hinsichtlich der empirischen Relevanz gehen im Wesentlichen auf Vik / Maxwell / Hogan 2004 sowie die in der Legende angegebenen Quellen zurück.

Die Verknüpfung der empirischen Relevanz mit den aufgestellten Wirkungshypothesen der Verblisterung lassen aufgeführte Schlussfolgerungen zu: • Auf die Adherence der Patienten gehen von demographischen und ökonomischen Faktoren nur geringe oder gar keine Auswirkungen aus; vor allem scheint der Zusammenhang zwischen Alter und Adherence gering oder nicht nachweisbar. • Einen nachweisbaren Einfluss auf die Verbesserung der Adherence besitzen verhaltensbedingte Faktoren, d.h. der Umgang des jeweiligen Patienten mit seiner Krankheit bzw. seine geistige Verfassung sowie die Interaktion mit den medizinischen Leistungserbringern. Die Verblisterung entfaltet hier keine, unter Umständen sogar eine negative Wirkung auf diese wesentliche Determinante. Durch die gemeinsame, „anonyme” Verpackung diverser Arzneimittel kann bei Patienten das Wissen um die einzelnen Medikamente verloren gehen (vgl. Lauterbach / Gerber / Lüngen 2004, S. 4 und Nunney / Raynor 2001, S. R46). Zu den Folgen dieser Distanzierung fehlen bisher noch wissenschaftliche Untersuchungen. • Krankheits- und medikationsbezogene Faktoren hängen zusammen und beeinflussen sich gegenseitig. Die Verblisterung verspricht im Hinblick auf ihre antizipierte Wirkung insbesondere eine Vereinfachung der Handhabung und ermöglicht somit die Vermeidung von Fehlern bei der Dosierung (zeitlich wie quantitativ). Vor allem hinsichtlich der Anzahl der einzunehmenden Arzneimittel und der Komplexität der Dosierung unterscheiden sich die Studienergebnisse. Es gilt zumindest nicht grundsätzlich die Annahme, dass die Einnahme mehrerer Medikamente zu einer Verschlechterung der Adherence führt. • Die Verblisterung erzwingt den dauerhaften Besuch einer Apotheke - zumindest was die ärztlich verschriebenen, verblisterten Arzneimittel angeht. Die Anzahl der Apotheken, von denen ein Patient die Medikamente bezieht, weist eine negative Korrelation mit der Compliance auf. Insofern dürfte von der Verblisterung ein positiver Einfluss ausgehen, allerdings sind auch diese Effekte voneinander zu trennen; eine Complianceverbesserung auf Grund des Aufsuchens einer Apotheke kann sich auch ohne die Verblisterung einstellen. „The most appropriate strategies to improve adherence depend on establishing the cause for each individual, and tailoring the method to the perceived cause” (Fincham 1988 nach Rivers 1992, S. 104). Die Verblisterung berührt im Wesentlichen die Kategorie der rein medikamentenspezifischen Faktoren. Sie kann somit nur in diesen Fällen eine Adherenceverbesserung hervorrufen. Zusammenfassend bleibt jedoch festzuhalten, dass die Verblisterung auf zahlreiche in der Theorie benannten Einflussfaktoren keine direkten Wir- 15

Tabelle 1 (fortgesetzt): Potenzielle Einflussfaktoren der Adherence, deren empirische Relevanz<br />

sowie der Einfluss der Verblisterung<br />

Kategorie/<br />

Bezug<br />

Einflussfaktor Empirische Signifikanz und Wirkung<br />

auf die Adherence<br />

14<br />

Hypothese bzgl. der ceteris<br />

paribus Wirkung der Verblisterung<br />

auf den Einflussfaktor<br />

Verhalten / Arzt-Patienten-Verhältnis; Positiv (4; 1; 0) Ø<br />

Fähigkei- Patientenzufriedenheit (>)<br />

ten Wissen, Verständnis und Nicht nachweisbar bis positiv (3; 6; 0) u.U. negativer Einfluss, da<br />

Überzeugungen bzgl.<br />

Verblisterung Distanz zu den<br />

Krankheit und Arzneimittel<br />

(>)<br />

<strong>Arzneimitteln</strong> erhöht<br />

Psychischer Stress (>) Nicht nachweisbar bis negativ (0; 5; 4) Ø<br />

Körperliche Defizite (>) Abh. <strong>von</strong> der Art der Defizite; nicht z.T. durch veränderte Verpa-<br />

nachweisbar bis negativ [visuell (0; 4; ckungsform positiv (in<br />

2), Probleme beim Öffnen <strong>von</strong> Be- Deutschland aber eher geringhältnissen<br />

(0; 1; 3)]<br />

fügig, da vorwiegend Einzeldosisblister)<br />

a) Die Literaturangaben beziehen sich, sofern nicht anderweitig vermerkt, auf Vik / Maxwell /<br />

Hogan (2004), die eine Literaturübersicht über die Einflussfaktoren der Nonadherence bieten. Zusätzlich<br />

zur jeweiligen Wirkungsrichtung steht die Anzahl der Studien in Klammern und zwar in der Reihenfolge<br />

positiv, nicht nachweisbar, negativ.<br />

b) Bei den Hypothesen hinsichtlich der Wirkung der Verblisterung auf die Adherence wird im<br />

Ausgangsstadium <strong>von</strong> einem Patienten ausgegangen, der ausschließlich miteinander verblisterbare<br />

Arzneimittel einnimmt und als „Selbstversorger” keine fremde Hilfe in Anspruch nimmt.<br />

c) Vgl. AARP 1993 nach SVRKAiG 2001, Zf. 37.<br />

d) Vgl. Nunney / Raynor / Knapp 2004.<br />

e) Vgl. Cooper / Love / Raffoul 1982.<br />

f) Vgl. AARP 1989 nach Office of Evaluation and Inspections 1990, S. 10; insbes. bei geringen Einkommen.<br />

g) Vgl. Kiortsis et al. 2000.<br />

Quelle: Eigene Darstellung; die Einteilung basiert auf MacLaughlin et al. 2005, S. 235<br />

bzw. Balkrishnan 1998; die Angaben hinsichtlich der empirischen Relevanz gehen<br />

im Wesentlichen auf Vik / Maxwell / Hogan 2004 sowie die in der Legende<br />

angegebenen Quellen zurück.

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