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Programmheft ansehen - Gürzenich Orchester

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klingen an, bis sich – mit einer wehmütigen Kantilene des Fagotts<br />

und der Oboe – der Vorhang über die varietéhafte musikalische<br />

Collage senkt. Katerstimmung macht sich breit, die Virtuosität<br />

erstarrt, und ernst und betroffen erahnt man hinter der zunächst<br />

für Nonsense gehaltenen Tempovorschrift Presto tragico am Ende<br />

des Satzes den doppelten Boden. Die fröhliche Ausgelassenheit<br />

liegt lange zurück oder war gar nur eine Vision, erst recht in<br />

Anbetracht der tagesaktuellen Realität: Die Uraufführung des<br />

im August 1939 beendeten Werks fand am 9. Dezember 1940 –<br />

ein halbes Jahr nach der Kapitulation Frankreichs – mit dem Quintette<br />

à Vent de Paris und dem Komponisten am Klavier in der<br />

Pariser Salle Chopin statt.<br />

Seinem befreundeten Komponistenkollegen Georges Auric, der ebenfalls<br />

der Group des Six angehörte, ist die 1947/48 komponierte<br />

Sinfonietta gewidmet. Diese Kammersinfonie in vier Sätzen wurde<br />

von der BBC in Auftrag gegeben und am 24. Oktober 1948 mit dem<br />

Philharmonia Orchestra unter Roger Désormière im Rundfunk aus der<br />

Taufe gehoben. Themen aus Poulencs ein Jahr zuvor verworfenem<br />

Streichquartett fanden Eingang in die neoklassische Sinfonie, deren<br />

deutlich an Ballettmusik erinnernder Gestus nun auch wieder neoromantische<br />

Allusionen zulässt. In den dezidiert tänzerischen Passagen<br />

blinzelt neben Strawinsky und Mozart eben auch Tschaikowsky<br />

durch die Partitur, die wie selbstverständlich auch wieder alltagsmusikalische<br />

Einflüsse integriert.<br />

Das von Claude Rostand stammende Diktum, Poulenc sei »Mönch<br />

und Lausbub«, ließe sich – bezogen auf sein Äußeres – leicht durch<br />

beinahe jede Fotografie des Komponisten belegen, es charakterisiert<br />

aber auch treffend seine kompositorische Doppelgesichtigkeit aus<br />

kultiviertem Klamauk und strenger Simplizität.

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