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Der Klassiker:<br />
Selma Meerbaum-Eisinger<br />
Schlaflied für die Sehnsucht<br />
O lege, Geliebter,<br />
<strong>de</strong>n Kopf in die Hän<strong>de</strong><br />
und höre, ich sing’ dir ein Lied.<br />
Ich sing’ dir von Weh und von Tod und vom En<strong>de</strong>,<br />
ich sing’ dir vom Glücke, das schied.<br />
Komm, schließe die Augen,<br />
ich will dich dann wiegen,<br />
wir träumen dann bei<strong>de</strong> vom Glück.<br />
Wir träumen dann bei<strong>de</strong> die gol<strong>de</strong>nsten Lügen,<br />
wir träumen uns weit, weit zurück.<br />
Und sieh nur, Geliebter,<br />
im Traume da kehren<br />
wie<strong>de</strong>r die Tage voll Licht.<br />
Vergessen die Stun<strong>de</strong>n, die wehen und leeren<br />
von Trauer und Leid und Verzicht.<br />
Doch dann – das Erwachen,<br />
Geliebter, ist Grauen –<br />
ach, alles ist leerer als je –<br />
Oh, könnten die Träume mein Glück wie<strong>de</strong>r bauen,<br />
verjagen mein wild-heißes Weh!<br />
Selma Meerbaum-Eisinger (* 15. August<br />
1924 in Czernowitz, Bukowina;<br />
† 16. Dezember 1942 im Arbeitslager<br />
Michailowka in <strong>de</strong>r Ukraine) war eine<br />
<strong>de</strong>utschsprachige Dichterin, die als<br />
verfolgte Jüdin achtzehnjährig starb. Ihr<br />
Werk wird mittlerweile zur Weltliteratur<br />
gezählt. (Quelle: Wikipedia)<br />
Rüdiger Heins<br />
Selma<br />
Für Parvaneh Nemati<br />
all die träume<br />
nach <strong>de</strong>n verlorenen<br />
erinnerungen<br />
jenseits<br />
verbotener hügel<br />
schleichen nebel<br />
Dezember 2012 27<br />
www.<strong>eXperimenta</strong>.<strong>de</strong><br />
und<br />
singen<br />
leise lie<strong>de</strong>r<br />
in ein gesicht<br />
von wand zu wand<br />
zu wand<br />
zu wand<br />
aus einem kleid von wut<br />
und agonie dämmern<br />
totenschä<strong>de</strong>l<br />
rastlos vor sich hin<br />
in einem dom<br />
aus nichts erwachen dann<br />
die träume einen augenblick<br />
von hier nach dort<br />
von hier nach