DSS-Heft 80-2006
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Der Einigungsvertrag vom 31.08.1990 wurde der DDR-Regierung vorgeschrieben.<br />
Danach konnte die Bonner Generalität die NVA-Soldaten entsprechend<br />
der ideologischen Vereinigungsvorgaben behandeln. General Schönboom<br />
brachte deutlich zum Ausdruck, „dass er keine Nachfolge antritt und<br />
damit keine Obhutpflicht gegenüber den NVA-Soldaten übernommen hat.“.<br />
In einem Beitrag, Auf dem Weg zur Einheit ein schönes Stück vorangekommen,<br />
schreibt Generalleutnant von Scheeven: „Vom Oktober 1990 bis März 1991<br />
wurden die durch den Beitritt der DDR dem Bundeswehrkommando Ost unterstellten<br />
Landstreitkräfte wie vorgesehen aufgelöst.“ 21<br />
Der Bundespräsident von Weizsäcker brachte am 29.04.1991 zum Ausdruck:<br />
„Die Einheit der Truppe fördert die Einheit der Deutschen.“ In der Bundeswehr<br />
wurde diese These auf eigene Weise umgesetzt. Seit 1990, dem Jahr der<br />
Vereinigung, sind Zehntausende Angestellte, Betriebsleiter, Wissenschaftler,<br />
Lehrer, Militärs, Polizisten, Richter, Staatsanwälte und andere Personen nur<br />
deswegen aus dem Dienst entlassen worden, weil sie in der DDR ihren verfassungsmäßigen<br />
Pflichten loyal nachkamen. Die meisten von ihnen unterliegen<br />
einem Berufsverbot. Aus dem beigetretenen Bevölkerungsteil von 21 Prozent<br />
sind in Führungspositionen der Politik 4-5 Prozent, in der Wirtschaft<br />
2-3 Prozent und in der Bundeswehr 0 Prozent vertreten. Insofern gab die<br />
Bundeswehr tatsächlich das Beispiel für die neokoloniale Übernahme der<br />
DDR.<br />
Die permanente Verweigerung der Statusfragen für NVA-Soldaten ist ein Indiz<br />
für die Aufrechterhaltung des alten Feindbildes und die Verwahrlosung<br />
militärischer Tugenden. Das ist ein Wesenszug, den keine andere Armee im<br />
gleichen Maß aufweist wie die Nachfolgearmee der Wehrmacht.<br />
Die NVA wurde von westdeutschen Politikern, Militärs und ostdeutschen<br />
Parteigängern beseitigt, denen im Gegenzug ihre materielle Sicherheit geboten<br />
wurde. Ausrüstungen und Liegenschaften der NVA wurden von der Bundesregierung<br />
verwertet. „Insgesamt ermittelten kompetente Insider einen Wert<br />
des Sachvermögens der NVA in Höhe von 200 Milliarden DM. Dabei sind<br />
Hafenanlagen der Volksmarine, Flugplätze, Werkstätten – die durch die<br />
Volksmarine übernommen wurden – sowie stationäre Nachrichtenanlagen,<br />
stationäre Medizintechnik u.a. nicht enthalten.“ 22 Seit dem 03.10.1990 haben<br />
21 Truppenpraxis, <strong>Heft</strong> 06/1994, S. 478.<br />
22 S. Wenzel, Was war die DDR Wert?, Und wo ist dieser Wert geblieben?, Versuch einer<br />
Abschlussbilanz, Berlin <strong>2006</strong>, S. 175.<br />
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