DSS-Heft 80-2006

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36 Zu Beginn der 80er Jahre begann eine neue offensive Phase des Kalten Krieges. Durch die Nachrüstung bei den NATO-Mittelstreckenwaffen und den sowjetischen Einmarsch in Afghanistan wurde die Rückkehr zur Konfrontation offenkundig. Der angebotene Tausch – Reduzierung westlicher Kernwaffen gegen eine Verringerung der sowjetischen Panzer – bedeutete für die NATO gefährliche Nachteile und war für die USA nicht annehmbar. Die Entspannungsdiplomatie wurde durch die Politik Frieden durch Stärke abgelöst. Vorschläge des Warschauer Vertrages über Maßnahmen zur Verhinderung eines Krieges wiesen die Atlantiker ab. Daraufhin beschloss der Militärrat der Vereinten Streitkräfte im Mai 1980 weitere Maßnahmen zur Vervollkommnung der Verteidigungsbereitschaft. Maßstäbe für die Landesverteidigung der DDR setzte das Manöver Waffenbrüderschaft 80. Dabei demonstrierten die Stäbe und Truppen der NVA den erreichten Stand der Gefechtsbereitschaft, ihre Fähigkeit zum Zusammenwirken im Koalitionsbestand, die Ergebnisse der Gefechtsausbildung sowie die Beherrschung neuer Waffensysteme und der Kampf- und Sicherstellungstechnik. Im Dezember 1980 erfolgte die militärpolitische Bewertung der Entwicklung in der Volksrepublik Polen und ihrer Armee. Als Schlussfolgerung daraus ergaben sich für die NVA zusätzliche Aufgaben für ihren Einsatz in der ersten strategischen Staffel der Vereinten Streitkräfte. Es war notwendig geworden, die Gefechtsbereitschaft qualitativ ohne zahlenmäßige Erhöhung der Kräfte und Mittel weiter zu entwickeln. 14 Mit der Realisierung dieser Aufgabe erreichte die NVA in den Jahren 1980/85 den bedeutendsten Zuwachs an Kampfkraft und Geschlossenheit. Das wurde durch folgende Hauptmaßnahmen erreicht: � strukturelle Veränderungen innerhalb der Verbände und Truppenteile. � Einführung neuer, effektiver Waffensysteme sowie verbesserter Ausrüstungen; � Umdislozierungen von Truppenteilen und Einheiten; � Inkraftsetzen dem neuen Kriegsbild entsprechender Gefechtsvorschriften; � Befähigung der Stäbe und Truppen zum schnellen und variantenreichen Übergang in höhere Stufen der Gefechtsbereitschaft sowie der Mobilmachung; � komplexe Befähigung der Offiziere und Unteroffiziere zum optimalen Einsatz der von ihnen geführten Truppen und der dabei einzusetzenden Waffensysteme auf dem Gefechtsfeld; 14 Die Realisierung dieser Aufgabe erfolgte in der NVA durch DDR-spezifische Maßnahmen.

� Veränderungen des Auffüllungssystems der Einheiten mit Grundwehrdienstleistenden und Reservisten; � Intensivierung der Ausbildung durch neue, präzisierte Ausbildungsdokumente, effiziente Methodiken und rationelle Nutzung der Zeitfonds in Verbindung mit Trainern und Simulatoren; � komplexe Vorbereitung und Durchführung von Manövern, Truppenübungen, Kommandostabsübungen und Stabsdienstausbildungen mit den Stäben und Truppen aller Teilstreitkräfte; � Optimierung der Nutzungsregeln der Bewaffnung, Technik und Ausrüstung sowie deren Wartung und Pflege. Verteidigungsszenario und operative Aufgabe Die NVA verfügte auf der Basis der Militärdoktrin des Warschauer Vertrages und eigener Aufklärungsergebnisse über ein aktuelles Verteidigungsszenario. Der Charakter eines möglichen Krieges in Zentraleuropa, die Varianten seines Beginns, das Ausmaß und die Intensität der Kampfhandlungen, der wahrscheinliche Verlauf und die Dauer bestimmten den Prozess der Organisation und Sicherstellung der Landesverteidigung in der DDR. Es gehörte zu den militärischen Aufgaben, die realen Gruppierungen der NATO aufzuklären, deren Aktivitäten zu kontrollieren, ihre strategischen Konzepte zu analysieren und ihre wahrscheinlichen Optionen zu bestimmen. Schon Carl von Clausewitz schrieb dazu: Das „ist eben so notwendig, denn man führt den Krieg nicht mit einem abstrakten Gegner, sondern mit einem Wirklichen, den man immer im Auge haben muss“. 15 Und Moltke lehrte, „das für das eigene Handeln nachteiligste Verhalten des Feindes zugrunde legen.“ Die Beurteilung der Absichten des wahrscheinlichen Gegners erfolgte stets anhand der konkreten Aufklärungsergebnisse. Somit waren die Bündnisstrategien der NATO (MC 14/1, 14/2, 14/3) keine überzogene Bedrohungswahrnehmung. Es sei auf Folgendes hingewiesen: � Das strategische Konzept der Massiven Vergeltung sah vor, auf stärkere konventionelle Kräfte zu verzichten und die Kriegshandlungen fast ausschließlich auf die nukleare Macht zu stützen. Eine strategische Verteidigung mit konventionellen Kräften war nicht geplant. � Nach der Strategie der flexiblen Reaktion sollte der massive nukleare Schlag nicht vordergründig zur Anwendung kommen. Man plante, den Einsatz der Kräfte und Mittel lagebezogen und flexibel durchzuführen. 15 C. v. Clausewitz, Vom Kriege, Berlin 1957, S. 132. 37

� Veränderungen des Auffüllungssystems der Einheiten mit Grundwehrdienstleistenden<br />

und Reservisten;<br />

� Intensivierung der Ausbildung durch neue, präzisierte Ausbildungsdokumente,<br />

effiziente Methodiken und rationelle Nutzung der Zeitfonds in<br />

Verbindung mit Trainern und Simulatoren;<br />

� komplexe Vorbereitung und Durchführung von Manövern, Truppenübungen,<br />

Kommandostabsübungen und Stabsdienstausbildungen mit den<br />

Stäben und Truppen aller Teilstreitkräfte;<br />

� Optimierung der Nutzungsregeln der Bewaffnung, Technik und Ausrüstung<br />

sowie deren Wartung und Pflege.<br />

Verteidigungsszenario und operative Aufgabe<br />

Die NVA verfügte auf der Basis der Militärdoktrin des Warschauer Vertrages<br />

und eigener Aufklärungsergebnisse über ein aktuelles Verteidigungsszenario.<br />

Der Charakter eines möglichen Krieges in Zentraleuropa, die Varianten seines<br />

Beginns, das Ausmaß und die Intensität der Kampfhandlungen, der wahrscheinliche<br />

Verlauf und die Dauer bestimmten den Prozess der Organisation<br />

und Sicherstellung der Landesverteidigung in der DDR.<br />

Es gehörte zu den militärischen Aufgaben, die realen Gruppierungen der<br />

NATO aufzuklären, deren Aktivitäten zu kontrollieren, ihre strategischen<br />

Konzepte zu analysieren und ihre wahrscheinlichen Optionen zu bestimmen.<br />

Schon Carl von Clausewitz schrieb dazu: Das „ist eben so notwendig, denn<br />

man führt den Krieg nicht mit einem abstrakten Gegner, sondern mit einem<br />

Wirklichen, den man immer im Auge haben muss“. 15 Und Moltke lehrte, „das<br />

für das eigene Handeln nachteiligste Verhalten des Feindes zugrunde legen.“<br />

Die Beurteilung der Absichten des wahrscheinlichen Gegners erfolgte stets<br />

anhand der konkreten Aufklärungsergebnisse. Somit waren die Bündnisstrategien<br />

der NATO (MC 14/1, 14/2, 14/3) keine überzogene Bedrohungswahrnehmung.<br />

Es sei auf Folgendes hingewiesen:<br />

� Das strategische Konzept der Massiven Vergeltung sah vor, auf stärkere konventionelle<br />

Kräfte zu verzichten und die Kriegshandlungen fast ausschließlich<br />

auf die nukleare Macht zu stützen. Eine strategische Verteidigung mit<br />

konventionellen Kräften war nicht geplant.<br />

� Nach der Strategie der flexiblen Reaktion sollte der massive nukleare Schlag<br />

nicht vordergründig zur Anwendung kommen. Man plante, den Einsatz<br />

der Kräfte und Mittel lagebezogen und flexibel durchzuführen.<br />

15 C. v. Clausewitz, Vom Kriege, Berlin 1957, S. 132.<br />

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