DSS-Heft 80-2006
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Ehe wir uns einigen von der professionellen Militärgeschichtsschreibung erzielten<br />
Ergebnissen zuwenden, sind allgemeine Bemerkungen darüber angebracht,<br />
was Militärgeschichte ist, was das MGFA in Potsdam unter Militärgeschichte<br />
versteht. „Die moderne Militärgeschichtsschreibung hat sich durch<br />
inhaltliche und methodische Öffnungen endgültig von dem Vorwurf einer<br />
rein deskriptiven, beziehungsweise anwendungsorientierten Spezialdisziplin“<br />
19 , wie es die frühere Kriegs- und Wehrgeschichte war, befreit. In deutlicher<br />
Erweiterung zu dieser betrachtet sie heute die vielfältigen Verzahnungen<br />
der bewaffneten Macht „mit politischen, wirtschaftlichen, sozialen und nicht<br />
zuletzt alltags-, kultur- und mentalitätsgeschichtlichen Fragestellungen.“ 20 Das<br />
heißt, Militärgeschichte versteht sich als Teil von Gesellschaftsgeschichte und<br />
die Wissenschaftsdisziplin als Teil der Geschichtswissenschaft. Das bedeutet<br />
jedoch nicht, dass wehr- und organisationsgeschichtliche Studien, wie etwa<br />
die von Wilfried Kopenhagen, nicht auch weiterhin ihre Berechtigung hätten.<br />
21<br />
Das Militärgeschichtliche Institut der DDR (MGI) hatte ein ähnliches Wissenschaftsverständnis.<br />
Von Beginn an sprach man am MGI von Militär-, statt<br />
von Kriegsgeschichte, erkannte man es als notwendig, Kriege und Streitkräfte<br />
in ihren gesamtgesellschaftlichen Zusammenhängen zu sehen und die Militärgeschichtswissenschaft<br />
als Teil der Geschichts- und nicht der Militärwissenschaft<br />
zu entwickeln. 22<br />
Keine Übereinstimmung mit dem MGFA gab es im abgeleiteten Sinne hinsichtlich<br />
des Auftrags, den die Militärgeschichte der DDR zu erfüllen hatte.<br />
Ihr war im Rahmen des erweiterten Gegenstandes aufgetragen, die Existenz<br />
der Streitkräfte der DDR historisch zu legitimieren und einen Beitrag zur ideologischen<br />
Ausrichtung nicht nur der Armeeangehörigen, sondern der gesamten<br />
Bevölkerung zu leisten. Dem Autorenkollektiv des MGI einer zu<br />
schreibenden Geschichte der NVA war vom Verteidigungsminister, Armeegeneral<br />
Heinz Hoffmann, aufgetragen worden, eine verständliche und jedermann<br />
einleuchtende Darstellung der führenden Rolle der SED gegenüber und<br />
19 H. Ehlert, M. Rogg (Hrsg.), Militär, Staat und Gesellschaft in der DDR, Forschungsfelder,<br />
Ergebnisse und Perspektiven, Berlin 2003, S. 3, Militärgeschichte der DDR, Bd. 8.<br />
20 Ebenda.<br />
21 Siehe W. Kopenhagen, Die Landstreitkräfte der NVA, 2. Aufl., Stuttgart 1999; derselbe, Die<br />
andere deutsche Luftwaffe, 2. Aufl., Stuttgart 1994; derselbe, Die Motschützen der NVA von<br />
1956 bis 1990, Solingen 1995.<br />
22 Siehe R. Brühl, Militärgeschichtsschreibung in der DDR, Zu Anliegen und Problemen eines<br />
Neubeginns, in: H.- J Beth, R. Brühl, D. Dreetz (Hrsg.), Forschungen zur Militärgeschichte,<br />
Probleme und Forschungsergebnisse des Militärgeschichtlichen Instituts der DDR, Berlin 1998,<br />
S. 9 ff., hier S. 16 ff.<br />
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