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Bildquelle: Concorde Die<br />

Queen Die Brauen einer Königin<br />

Stephen Frears hat über die<br />

Queen einen nicht wichtigen,<br />

aber schönen Film mit einer<br />

grandiosen Helen Mirren inszeniert.<br />

Und wer mag, kann sich<br />

sogar etwas dabei denken.<br />

Dieser Film ist, abgesehen davon,<br />

dass er eine Schönheit ist,<br />

auch eine Merkwürdigkeit. Denn<br />

Stephen Frears, ein linker Regisseur<br />

mit sozialkritischen Filmen<br />

(Mein wunderbarer Waschsalon)<br />

betreibt hier, was doch erstaunen<br />

darf, Sympathiewerbung für das<br />

Symbol des britischen Konservatismus<br />

schlechthin. Wieso?<br />

Drama<br />

Start: 31.08.2007<br />

Die Queen<br />

The Queen<br />

GB 2006 | ca. 100 Min. | o.A.<br />

mit Helen Mirren, James Cromwell<br />

Regie: Stephen Frears<br />

Vertrieb: EuroVideo<br />

Sprache: dt./eng.<br />

Untertitel: dt.<br />

Bild: 16:9 (1.85:1)<br />

Ton: Dolby Digital 5.1, DTS (dt.)<br />

Die Erklärung liefert ein<br />

Schnitt. Lady Di, die nicht als<br />

Kunstfigur vorkommt, Gott möge<br />

ihn salben dafür, an diesem 30.<br />

August 1997 vor diesem Tunnel,<br />

gejagt von den Paparazzi <strong>auf</strong> Motorrädern.<br />

Dann, am Eingang des<br />

Tunnels, der Schnitt und einige<br />

Sekunden Dunkel: Frears hat<br />

uns die Meute gezeigt, die das<br />

Wild zu Tode hetzte. Das ist sein<br />

Gegner, die Vulgarisierung der<br />

Demokratie durch eine mediale<br />

Verwurstungsgesellschaft. Und<br />

gegen diese Obszönität der Demokratie<br />

mobilisiert er die Würde<br />

der zweiten Elizabeth. Die hatte<br />

damals in der monarchischen<br />

Karwoche Probleme mit ihren<br />

Untertanen, als sie der Königin<br />

der Herzen, der sie nicht von<br />

Herzen zugetan war, die öffentliche<br />

Anteilnahme verweigerte<br />

und so in einen Gegensatz zum<br />

Herzens-Hype geriet. Frears interpretiert<br />

diese Verweigerung<br />

an öffentlicher Emotionalität als<br />

konservativen Widerstand gegen<br />

die Zumutungen und Erwartungen<br />

der Mediengesellschaft.<br />

Das ist die Theorie, die Praxis<br />

ist vor allem Helen Mirren und<br />

ein wenig Michael Sheen, dessen<br />

Blair sich zur Queen verhält, wie<br />

der Schulschöne, der nun auch<br />

noch gern der Lieblingslehrerin<br />

Liebling wäre. Die Sinnstiftung<br />

dieses Filmes aber ist – noch einmal<br />

sei es gesagt – Helen Mirren.<br />

Wie die sich im gediegenen Ambiente<br />

bewegt, wie die mit einem<br />

gestischen und mimischen Minimalismus<br />

eine Geschichte erzählt,<br />

das ist umwerfend. Wie sie,<br />

wenn die Königin der Herzen öffentlich<br />

beerdigt werden soll, was<br />

für die Königin des United Kingdom<br />

eine Demütigung bedeutet,<br />

gleichsam die inneren, nur die inneren,<br />

Augenbrauen ein kleines,<br />

ein klitzekleines Stückchen hebt.<br />

Wie sie den prachtvollen Hirsch,<br />

in einer surrealen Märchen-Szene,<br />

mit der Hand leicht ins Leben<br />

zurückscheucht, weil sie nach der<br />

Di-Jagd die unversehrte Schönheit<br />

<strong>neu</strong> wert zu halten weiß.<br />

Wie sie dem Aufkömmling Tony<br />

Blair (Michael Sheen sehenswert<br />

als Mamis Musterschüler)<br />

mit einem winzigen Anhauch<br />

von Ironie begegnet, schließlich,<br />

schon Churchill musste lernen,<br />

wie man ihre Hand nicht zu küssen<br />

hat. Jedes sanfte Neigen des<br />

Kopfes ein Bollwerk gegen den<br />

Boulevard, jede hochgezogene<br />

Braue ein Statement für die Würde.<br />

Und wenn sie weint, einmal,<br />

man bemerkt es kaum, dann<br />

möchten wir mit Schiller in Madrid<br />

ergriffen flüstern: „Die Königin<br />

hat geweint.“<br />

Der Linke Stephen Frears<br />

bringt, nach dieser instrumentalisierten<br />

Hymne <strong>auf</strong> die Monarchin,<br />

sein Weltbild wieder<br />

in die Balance, indem er ihren<br />

Sohn und Nachfolger als einen<br />

rechten Trottel zeigt. Und womöglich<br />

dachte er daran, dass die<br />

britische Monarchie ihre Wiederbelebung<br />

einst dem Umstand<br />

verdankte, dass Oliver Cromwells<br />

Sohn und Nachfolger ein rechter<br />

Trottel war. Und dass es doch einen<br />

Charme hätte, wenn sie aus<br />

dem nämlichen Grunde beerdigt<br />

würde.<br />

henryk GoldberG

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