Lukas' Blog - von Lukas Graber

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28.02.2013 Aufrufe

22 33. Eintrag (Fr, 22.02.08) getauften Triebwerken wird der Wasserstoff mit Luft verbrannt. Es handelt sich hierbei allerdings nicht um einen typischen (SC-) RAMJET, sondern eher um ein Raketentriebwerk mit der Option, durch Staudruck verdichtete Luft direkt in die Brennkammer einzuleiten. Dazu wird die komprimierte Luft zuerst abgekühlt, um die Dichte zu erhöhen, aber ohne, dass sie sich verflüssigt. Über Turbopumpen wird die Luft in die Brennkammer eingeblasen. Die Antriebsleistung für den Kompressor wird einerseits dem Luftkühler entnommen und andererseits in einem Vorbrenner erzeugt. Die Abgase des Vorbrenners werden auch in die Brennkammer geleitet, was im Prinzip einem Triebwerk nach dem Hauptstromverfahren entspricht. Das Triebwerk funktioniert bereits im Stillstand auf der Piste und soll, im Falle von ”http://www.reactionengines.co.uk/sabre.html” ”Sabre”, einem etwas grösseren Triebwerksmodell, einen Schub von 2000 kN entwickeln. Im Falle von Sabre ist es sogar möglich, Flüssigsauerstoff einzuspritzen, wenn die Atmosphäre verlassen werden soll. Für den Passagierjet (mit Scimitar) ist das wohl nicht der Fall. Was könnte denn der spezifische Impuls sein? Nehmen wir vereinfachend an, dass der Brennkammerdruck und die Temperaturen ungefähr die gleichen sind, wie für ein H2-LOX-Raketentriebwerk. Das Vulcain-2-Triebwerk der Ariane 5 hat einen spezifischen Impuls Isp = 4256 Ns/kg. Es verbrennt im Verhältnis LOX:H2 = 6,1:1 im Total, doch in der Brennkammer sogar 7.1:1, was den für uns relevanten Wert darstellt. Der Unterschied im Falle von Vulcain ist übrigens darin begründet, dass das Triebwerk als Nebenstrommotor mit Abgaswiedereinblasung die ”fetten” Abgase des Gasgenerators nicht in die Brennkammer einbringt. Ihr ahnt schon, worauf ich hinaus will: Der Luftsauerstoff wird der Atmosphäre entnommen, womit der spezifische Impuls dramatisch steigt. Pro Kilogramm Edukte entstehen 4256 Newtonsekunden. In diesem Kilogramm stecken aber 7.1/(8.1 - 1) = 877 Gramm Sauerstoff. Der spezifische Impuls beträgt also 7.1 * 4256 Ns/kg = 30’218 Ns/kg. Im Vergleich dazu beträgt der spezifischer Treibstoffverbrauch des Triebwerks CF6 von General Electric, welches beispielsweise bei der Airbus A330 zum Einsatz kommt, SFC = 17.4 g/(kNs) = 17.4E-6 kg/(Ns) auf Reiseflughöhe. Der reziproke Wert dividiert durch die Erdbeschleunigung entspricht gerade dem spezifischen Impuls Isp = 1/(SFC * 9.81 m/s2) = 5’858 Ns/kg. Nun ist auch vollkommen klar, weshalb die Reichweite des Passagierjets so traumhaft ist: Im Prinzip wäre etwa die sechsfache Reichweite im Vergleich zum A330 möglich, was also sogar eine Weltumrundung non-stop möglich machen würde. Leider ist es aber mit ”http://de.wikipedia.org/wiki/Wasserstoffspeicherung” Wasserstoff so eine Sache. Auch im flüssigen Zustand (Schmelztempera- 52

tur 20.4 K) hat er bloss eine Dichte von 71 kg/m 3 . Vielleicht wird er sogar gasförmig bei 30..60 MPa gespeichert. Beides bedingt gigantische Tankvolumina, was bei einem Flugzeug doppelt schlecht ist: Erstens steigt der Reibungswiderstand durch den voluminösen Flugkörper und zweitens haben grosse Tanks auch eine höhere Leermasse. Daneben ist Wasserstoff auch sonst sehr unpraktisch (Probleme mit kryogenen Temperaturen, Diffusion durch alle möglichen Materialien, explosive Gemische mit Luft...). Und dann kommt noch hinzu, dass er gar nicht so einfach zu gewinnen ist. Falls man ihn beispielsweise durch Elektrolyse gewinnen würde, wäre der Primärenergieaufwand und dadurch CO2-Ausstoss untragbar beim heutigen (globalgemittelten) Strommix. Eigentlich noch interessanter finde ich ein anderes Projekt auf der Webseite von Reaction Engines Limited: Skylon, ein orbitalfähiges Raumflugzeug. Mit einem dermassen hohen spezifischen Impuls in der Atmosphäre und einem immer noch sehr hohen spezifischen Impuls im Vakuum ist ein ”http://en.wikipedia.org/wiki/SSTO” SSTO-Konzept durchaus realistisch. Es ist meines Erachtens wesentlich realistischer als mit SCRAMJET- Motoren, bei denen die Verbrennung in Überschallströmung ablaufen muss - was man immer noch nicht im Griff hat, u.a. wegen Defiziten in CFD-Algorithmen (kompressible, turbulente Mehrphasenströmung mit Energieübertragung durch Stofftransport, Wärmeleitung und Strahlung kombiniert mit chemischen Reaktionen) und Engpässen bei der notwendigen Rechnerkapazität. Die Zukunft bleibt spannend! 53

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getauften Triebwerken wird der Wasserstoff mit Luft verbrannt. Es handelt<br />

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eher um ein Raketentriebwerk mit der Option, durch Staudruck verdichtete<br />

Luft direkt in die Brennkammer einzuleiten. Dazu wird die komprimierte<br />

Luft zuerst abgekühlt, um die Dichte zu erhöhen, aber ohne, dass sie<br />

sich verflüssigt. Über Turbopumpen wird die Luft in die Brennkammer<br />

eingeblasen. Die Antriebsleistung für den Kompressor wird einerseits dem<br />

Luftkühler entnommen und andererseits in einem Vorbrenner erzeugt. Die<br />

Abgase des Vorbrenners werden auch in die Brennkammer geleitet, was<br />

im Prinzip einem Triebwerk nach dem Hauptstromverfahren entspricht.<br />

Das Triebwerk funktioniert bereits im Stillstand auf der Piste und soll, im<br />

Falle <strong>von</strong> ”http://www.reactionengines.co.uk/sabre.html” ”Sabre”, einem<br />

etwas grösseren Triebwerksmodell, einen Schub <strong>von</strong> 2000 kN entwickeln.<br />

Im Falle <strong>von</strong> Sabre ist es sogar möglich, Flüssigsauerstoff einzuspritzen,<br />

wenn die Atmosphäre verlassen werden soll. Für den Passagierjet (mit<br />

Scimitar) ist das wohl nicht der Fall.<br />

Was könnte denn der spezifische Impuls sein? Nehmen wir vereinfachend<br />

an, dass der Brennkammerdruck und die Temperaturen ungefähr die gleichen<br />

sind, wie für ein H2-LOX-Raketentriebwerk. Das Vulcain-2-Triebwerk<br />

der Ariane 5 hat einen spezifischen Impuls Isp = 4256 Ns/kg. Es verbrennt<br />

im Verhältnis LOX:H2 = 6,1:1 im Total, doch in der Brennkammer sogar<br />

7.1:1, was den für uns relevanten Wert darstellt. Der Unterschied im<br />

Falle <strong>von</strong> Vulcain ist übrigens darin begründet, dass das Triebwerk als<br />

Nebenstrommotor mit Abgaswiedereinblasung die ”fetten” Abgase des<br />

Gasgenerators nicht in die Brennkammer einbringt. Ihr ahnt schon, worauf<br />

ich hinaus will: Der Luftsauerstoff wird der Atmosphäre entnommen,<br />

womit der spezifische Impuls dramatisch steigt. Pro Kilogramm Edukte<br />

entstehen 4256 Newtonsekunden. In diesem Kilogramm stecken aber<br />

7.1/(8.1 - 1) = 877 Gramm Sauerstoff. Der spezifische Impuls beträgt<br />

also 7.1 * 4256 Ns/kg = 30’218 Ns/kg. Im Vergleich dazu beträgt der<br />

spezifischer Treibstoffverbrauch des Triebwerks CF6 <strong>von</strong> General Electric,<br />

welches beispielsweise bei der Airbus A330 zum Einsatz kommt, SFC =<br />

17.4 g/(kNs) = 17.4E-6 kg/(Ns) auf Reiseflughöhe. Der reziproke Wert<br />

dividiert durch die Erdbeschleunigung entspricht gerade dem spezifischen<br />

Impuls Isp = 1/(SFC * 9.81 m/s2) = 5’858 Ns/kg. Nun ist auch vollkommen<br />

klar, weshalb die Reichweite des Passagierjets so traumhaft ist:<br />

Im Prinzip wäre etwa die sechsfache Reichweite im Vergleich zum A330<br />

möglich, was also sogar eine Weltumrundung non-stop möglich machen<br />

würde.<br />

Leider ist es aber mit ”http://de.wikipedia.org/wiki/Wasserstoffspeicherung”<br />

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