Wie ein Filter der Außenluft
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30 · DER MALER UND LACKIERERMEISTER 4/2007<br />
<strong>Wie</strong> <strong>ein</strong> <strong>Filter</strong><br />
<strong>der</strong> <strong>Außenluft</strong><br />
Putz, Mörtel und Farbauswahl an historischen Gebäuden<br />
Historische und beson<strong>der</strong>s unter Denkmalschutz stehende Gebäude erfor<strong>der</strong>n für die<br />
Putzerneuerung <strong>ein</strong> sorgfältiges Vorgehen bei <strong>der</strong> Materialauswahl und <strong>der</strong> Applikationstechnik.<br />
Die technischen Eigenschaften <strong>ein</strong>es Beschichtungssystems, bestehend aus Putzbeschichtung<br />
und Farbanstrich, müssen den oft feuchte- und salzbelasteten Untergründen gerecht werden.<br />
Gleichzeitig bestehen hohe Anfor<strong>der</strong>ungen an die Oberflächenstruktur,<br />
die dem historischen Bestand entsprechen sollte.<br />
Dr. Michael<br />
Figgemeier<br />
Dipl.-Mineraloge,<br />
1993 Promotion<br />
in <strong>der</strong> Bau- und<br />
Werkstoffchemie,<br />
Prof. D. Knöfel,<br />
Universität – Gh<br />
– Siegen. 1994 bis 2003 Anwendungstechniker<br />
in <strong>der</strong> Baustoffindustrie. Seit 2004<br />
eigenständiges Gutachterbüro und Labor für<br />
Baustoffanalyse & Bauphysik in Remseck.<br />
Seit 4/2006 Öffentlich bestellt und vereidigter<br />
Sachverständiger <strong>der</strong> IHK Stuttgart.<br />
Oft besteht bei hochwertigen Gebäuden<br />
die Denkmalpflege darauf, den<br />
historischen Bestand an Putzmörteln<br />
zu erhalten bzw. die Restputzschichten<br />
zu konservieren.<br />
In den Fällen, in denen dieses nicht<br />
mehr möglich ist, sollten die ausreichend<br />
stabilen Restflächen als Teil<br />
<strong>der</strong> historischen Originalsubstanz erhalten<br />
und in <strong>ein</strong> neues Mörtel- und<br />
Farbkonzept <strong>ein</strong>gearbeitet werden.<br />
For<strong>der</strong>ungen, die oft nicht erfüllt wer-<br />
Abb. oben: Haarkalkmörtel aus<br />
dem 16. Jahrhun<strong>der</strong>t vom Nordflügel,<br />
Schloss Neuenbürg.<br />
den können, da Feuchte- und Salzbelastungen<br />
o<strong>der</strong> auch nutzungsbedingte<br />
Verän<strong>der</strong>ungen des Gebäudes<br />
grundsätzlich an<strong>der</strong>e Materialien erfor<strong>der</strong>n.<br />
Bis zum Ende des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />
wurden fast ausschließlich<br />
kalkgebundene Putz- und Mörtel<br />
sowie Anstrichstoffe verwendet. Die
Kalkfarben wurden zur Verbesserung<br />
<strong>der</strong> Witterungsbeständigkeit im<br />
Außenbereich mit unterschiedlichen<br />
organischen Stoffen (z.B. Kas<strong>ein</strong>, Eiweißstoffe)<br />
modifiziert. Mit dem Aufschluss<br />
von Silikatverbindungen gelang<br />
es erstmals 1878 (Keimfarben)<br />
hochbeständige Silikatfarben herzustellen.<br />
Darüber hinaus wurden Leim,<br />
Öl o<strong>der</strong> mit Naturharzen modifizierte<br />
Farben verwendet, die aber aufgrund<br />
<strong>der</strong> aufwendigen Herstellungsverfahren<br />
in <strong>der</strong> Regel für den großflächigen<br />
Außen- o<strong>der</strong> Innenanstrich k<strong>ein</strong>e Verwendung<br />
fanden.<br />
Entsprechend dem vorgefundenen<br />
historischen Bestand werden in <strong>der</strong><br />
Instandsetzung überwiegend Luftkalk<br />
gebundene Putze- wie Anstrichstoffe<br />
für den Außenbereich gefor<strong>der</strong>t. Beson<strong>der</strong>s<br />
nach den negativen Erfahrungen<br />
aus den 60’ und 70’iger Jahren<br />
des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts mit dem Einsatz<br />
von stark zementhaltigen Materialien<br />
ist die Kalk- und Lehmeuphorie<br />
in <strong>der</strong> Denkmalpflege ungebrochen.<br />
„Außenputze und Anstrich sind <strong>der</strong><br />
beste Schutz für das Mauerwerk“.<br />
Dieser Feststellung von Kiesow [1] ist<br />
zuzustimmen. Die Aussage schließt<br />
<strong>ein</strong>, dass die Außenbeschichtung<br />
auf <strong>ein</strong>em Mauerwerk infolge <strong>der</strong><br />
Bewitterung <strong>ein</strong>e Verschließschicht<br />
darstellt. Diese Feststellung gilt unabhängig<br />
von ihrem Alter für alle Bauten.<br />
Eine Verschleißschicht bzw. die<br />
Außenbeschichtung muss je nach<br />
Belastungsgrad in <strong>ein</strong>em bestimmten<br />
Zyklus erneuert werden. Putz und<br />
Anstrich wirken wie <strong>ein</strong> <strong>Filter</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Außenluft</strong> und sind im Laufe <strong>der</strong> Zeit<br />
starken Verän<strong>der</strong>ungen unterworfen.<br />
Feuchtigkeit, Schadsalze und Staub<br />
dringen in das Gefüge <strong>ein</strong> und führen<br />
im Wechsel mit Durchfeuchtung und<br />
Trocknung zu <strong>ein</strong>er Zermürbung bzw.<br />
<strong>ein</strong>er Gefügeverän<strong>der</strong>ung. Die UV –<br />
Strahlungsanteile <strong>der</strong> Sonne verän<strong>der</strong>n<br />
die Bindemittel und die Pigmente<br />
<strong>der</strong> Farbbeschichtung. Der historische<br />
Bestand an <strong>der</strong> Außenbeschichtung<br />
ist in s<strong>ein</strong>er originalen Zusammensetzung<br />
durch die über oft jahrhun<strong>der</strong>te<br />
lange Bewitterung nicht mehr vorhanden.<br />
Eine Zeugnisfunktion [2] für den<br />
historischen erhaltenswerten Originalbestand<br />
liegt in den meisten Fällen<br />
nicht mehr vor.<br />
Bei <strong>der</strong> Auswahl <strong>ein</strong>es neuen Putzund<br />
Anstrichsystems ist vor allem auf<br />
die technischen Erfor<strong>der</strong>nissen des<br />
Mauerwerks <strong>ein</strong>zugehen. Die Feuchteund<br />
Salzbelastungen, die Festigkeit<br />
und Art des Mauerwerks spielen<br />
dabei <strong>ein</strong>e wichtige Rolle. Die im Lauf<br />
von Jahrzehnten o<strong>der</strong> Jahrhun<strong>der</strong>ten<br />
Ansicht „Schloss Neuenbürg” nach <strong>der</strong> Fassadeninstandsetzung<br />
nach vier Jahren Standzeit.<br />
angereicherten Schadsalze können<br />
neu angelegte Putzflächen schnell<br />
zerstören, wenn sie in ihren Eigenschaften<br />
an die Belastungen des<br />
Mauerwerks nicht angepasst sind.<br />
Die optischen Eigenschaften können<br />
unabhängig vom Bindemittel in <strong>der</strong><br />
Regel mit Hilfe von geeigneten Zuschlagsstoffen<br />
nachgestellt werden.<br />
Die Vielzahl unterschiedlichster Belastungen<br />
auf die Außenputzbeschichtung<br />
durch innere wie äußere Einflüsse<br />
können oft durch den abgestimmten<br />
Einsatz hydraulischer Bindemittel,<br />
sowie Zuschlagstoffe o<strong>der</strong> Mörtelzusätze<br />
erreicht werden. Ausschließlich<br />
mit Luftkalkmörtel hergestellte Bindemittel<br />
werden oft den Bedingungen<br />
am Objekt nicht gerecht. Die langsame<br />
Erhärtung und die Empfindlichkeit<br />
gegenüber Feuchtigkeit und<br />
Schadsalzbelastungen schränken die<br />
Verwendung von Luftkalken o<strong>der</strong><br />
Wasserkalken (NHL2) erheblich <strong>ein</strong>.<br />
Beim Anstrichsystem auf Kalkmörtel ist<br />
darauf zu achten, dass die hygrischen<br />
Eigenschaften dem Putzsystem entsprechen.<br />
Beson<strong>der</strong>s <strong>der</strong> Einsatz <strong>ein</strong>er<br />
nachträglichen Hydrophobierung <strong>der</strong><br />
Fassade hat bei Kalkputzsystemen<br />
zu Schäden führt.<br />
Die folgenden Objektbeispiele verdeutlichen,<br />
dass bei <strong>ein</strong>em sinnvollen<br />
Vorgehen von <strong>der</strong> Voruntersuchung,<br />
Planung bis zur handwerklichen Umsetzung<br />
dem historischen Gebäude<br />
gerecht werdende Beschichtungssystem<br />
gefunden werden können,<br />
ohne auf den technischen Fortschritt<br />
in <strong>der</strong> Farb- und Mörteltechnik zu verzichten.<br />
Das unter dem Anspruch des<br />
Denkmalschutzes stehende Gebäude<br />
ist auch Ausdruck des technischen<br />
Fortschritts. Die verbesserte Außenbeschichtung<br />
sichert auf Dauer den<br />
Bestand des Gebäudes und erhält<br />
die Originalität des Baudenkmals.<br />
Schloss Neuenbürg,<br />
Neuenbürg –<br />
Nordschwarzwald<br />
Der Kernbau am Schlossberg in<br />
Neuenbürg geht auf das Jahr 1000<br />
zurück. Verschiedene Grafengeschlechter<br />
von Tübingen, Calw –<br />
Vaihingen und die Marktgrafen von<br />
Baden und Württemberg zeigten auf<br />
dem Schlossberg Flagge. Die Grafen<br />
von Württemberg erwarben 1320 die<br />
alte Burg und ließen sie umbauen<br />
und als Amtssitz für die umgebenden<br />
Gem<strong>ein</strong>den <strong>ein</strong>richten. Im 14. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />
entstanden das Kastell, Wehrgänge,<br />
Schalentürme und Halsgraben.<br />
In <strong>der</strong> Mitte des 16. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />
wurde mit dem Bau des Schlosses in<br />
s<strong>ein</strong>er jetzigen Form begonnen. Der<br />
Innenausbau und die Erweiterung in<br />
Form <strong>ein</strong>es Lustgartens wurde unter<br />
<strong>der</strong> Fe<strong>der</strong>führung des Baumeisters<br />
H<strong>ein</strong>rich Schickhardt vorangetrieben.<br />
Die Absicht, die Burg als Landesresidenz<br />
zu nutzen, wurde aber verworfen<br />
und erst 1726 mit dem Einzug<br />
des staatlichen Forstamtes wie<strong>der</strong><br />
als Beamtenresidenz <strong>ein</strong>gerichtet.<br />
Die Stadt Neuenbürg richtete 100<br />
Jahre später bis 1940 <strong>ein</strong>en Teil s<strong>ein</strong>er<br />
Verwaltung im Südflügel <strong>ein</strong>. Später<br />
wurden nach Auszug <strong>der</strong> Verwaltung<br />
Wohnungen <strong>ein</strong>gerichtet, die bis 1990<br />
genutzt wurden. Im Zuge des langjährigen<br />
Umbaus von 1995 bis 2002<br />
wurden <strong>ein</strong> Museum, gastronomische<br />
Einrichtungen sowie Veranstaltungsräume<br />
geschaffen. Die Außenfassade,<br />
des unter Denkmalschutz stehenden<br />
Gebäudes, wies großflächige Putzschäden<br />
in Form von Feuchte- und<br />
Salzausblühungen auf. Durch die<br />
zahlreichen baulichen Verän<strong>der</strong>ungen<br />
hatten sich statische und materialtechnisch<br />
bedingte Risse im Mauerwerk<br />
gebildet.<br />
DER MALER UND LACKIERERMEISTER 4/2007 · 31
Achtelsbach – westliche Kirchturmseite<br />
mit geschädigter Putzfläche.<br />
Putzkonzeption<br />
Als denkmalpflegerische Auflage<br />
sollten Teile des noch an <strong>der</strong> Fassade<br />
verbliebenen historischen Kalk –<br />
Haarputzes erhalten und die Sockel-<br />
zone nach ersten Untersuchungen<br />
mit <strong>ein</strong>em Sanierputz nach WTA Ri<br />
überarbeitet werden.<br />
Nach genauer Befundanalyse durch<br />
chemische und mineralogische Untersuchungen<br />
am Altbestand konnte<br />
in enger Zusammenarbeit mit dem<br />
Architekt, Bauherr und <strong>ein</strong>em auf<br />
„historische“ Mörtelkonzepte spezialisierten<br />
Werktrockenmörtelhersteller<br />
<strong>ein</strong> Mörtelkonzept erarbeiten werden.<br />
Ziel war es, <strong>ein</strong> <strong>ein</strong>heitliches Putzkonzept<br />
unter Beibehaltung des historischen<br />
Putzmörtels zu schaffen.<br />
Die Eigenfestigkeit des Neuputzes<br />
muss dem Altbestand entsprechen<br />
und durfte nach Putzerhärtung k<strong>ein</strong>e<br />
Risse durch Materialspannungen<br />
zwischen Alt- und Neuputz aufweisen.<br />
Die Belastung <strong>der</strong> Sockelzone mit<br />
Schadsalzen wies in allen Bereichen<br />
<strong>ein</strong>en geringen bis mittleren Grad auf.<br />
Die Feuchte im Mauerwerk und Putz<br />
ließ sich auf Undichtigkeiten in <strong>der</strong><br />
Dachentwässerung und auf am Sockel<br />
anstehendes Wasser zurückführen.<br />
Durch die Instandsetzung <strong>der</strong> Fallrohre<br />
und Dachrinnen sowie die Pflasterung<br />
am Gebäudesockel konnten die<br />
wichtigsten Feuchtequellen beseitigt<br />
werden, so dass im Rahmen des<br />
Gesamtkonzeptes auf <strong>ein</strong>en Sanierputz<br />
verzichtet werden konnte. Nach<br />
Entfernung des nicht mehr tragfähigen<br />
Altputzes wurde das Mauerwerk<br />
ger<strong>ein</strong>igt. Die verbleibenden historischen<br />
Putzmörtel auf <strong>der</strong> Fassade<br />
wurden belassen und zur Anbindung<br />
an den Neuputz leicht hinterschnitten.<br />
Der alte Haarkalkputz wies als<br />
Luftkalkmörtel <strong>ein</strong>e nur geringe<br />
Eigenfestigkeit auf. Der neue Außenputz<br />
musste rissfrei an den Altbestand<br />
angeschlossen werden und entsprechend<br />
ähnliche Festigkeiten aufweisen.<br />
Die Gesamtfläche sollte abschließend<br />
<strong>ein</strong>e F<strong>ein</strong>putzlage erhalten,<br />
die sowohl für die Neuputz- wie<br />
die Altputzflächen geeignet war.<br />
Auch die Sockelzone sollte mit diesem<br />
F<strong>ein</strong>putz überarbeitet werden,<br />
ohne dass sich später in <strong>der</strong> Fläche<br />
<strong>ein</strong>e Abzeichnung zeigt. Weiterhin<br />
musste auf jegliche wasserabweisende<br />
Zusatzstoffe verzichtet werden,<br />
um den fortwährenden Carbonatisierungsvorgang<br />
des alten Luftkalkmörtels<br />
nicht zu unterbrechen.
Für die Sockelzone wurde <strong>ein</strong> Putzmörtel<br />
mit hohem Porenanteil entwickelt,<br />
<strong>der</strong> aufgrund s<strong>ein</strong>er hydraulischen<br />
Bindung beson<strong>der</strong>s beständig<br />
gegenüber Feuchte- und Salz<strong>ein</strong>wan<strong>der</strong>ungen<br />
ist. Ein Teil <strong>der</strong> Zuschlagstoffe<br />
besteht aus mineralischen<br />
Leichtzuschlägen, so dass <strong>der</strong> Putzmörtel<br />
nur <strong>ein</strong>e geringe Eigenfestigkeit<br />
bei gleichzeitiger hoher Beständigkeit<br />
in <strong>der</strong> stärker belasteten Sockelzone<br />
aufweist. Im Gegensatz zu <strong>ein</strong>em<br />
Sanierputz enthält <strong>der</strong> Mörtel k<strong>ein</strong>e<br />
wasserabweisenden Zusatzstoffe und<br />
ist <strong>ein</strong>geschränkt kapillaraktiv.<br />
Der Unterputz oberhalb <strong>der</strong> Sockelzone<br />
ist ähnlich dem historischen Altputz<br />
aus <strong>ein</strong>em Luftkalk mit geringen<br />
hydraulischen Bindemittelanteilen aufgebaut.<br />
Der Putz verfügt zur Verbesserung<br />
<strong>der</strong> Witterungsbeständigkeit<br />
über <strong>ein</strong>en geringen Kas<strong>ein</strong>anteil und<br />
Luftporenbildner. Die <strong>ein</strong>gesetzten<br />
Methycellulosen erlauben <strong>ein</strong>e gute<br />
Maschinengängigkeit trotz <strong>der</strong> relativ<br />
groben Zuschlagskörnungen von 0 bis<br />
4 mm. Die Unterputzdicke von 3 cm<br />
erfor<strong>der</strong>te <strong>ein</strong>e zweilagige Arbeitsweise<br />
mit <strong>ein</strong>er Zwischenstandzeit<br />
von vier Wochen. Der aus dem histo-<br />
rischen Bestand erhaltene Haarkalkmörtel<br />
wurde mit Kalkwasser vorgenässt,<br />
um mit dem frischen alkalischen<br />
Putzmörtel <strong>ein</strong>e verbesserte Flankenhaftung<br />
zu erzielen.<br />
Anschließend wurde über die Alt- und<br />
Neuputzflächen <strong>der</strong> Luftkalkmörtel<br />
in <strong>ein</strong>er mittleren Schichtdicke von<br />
1,5 cm angetragen. Zum Ausgleich<br />
des unterschiedlichen Saugverhaltens<br />
von Alt- und Neuputz mussten<br />
alle Flächen gut vorgenässt werden.<br />
Als Abschluss wurde <strong>ein</strong>e R<strong>ein</strong>silikatfarbe<br />
in zwei Arbeitsgängen angetragen.<br />
Vor den abschließenden Anstricharbeiten<br />
musste <strong>der</strong> Putzaufbau<br />
zu ca. 80 Prozent abgebunden s<strong>ein</strong>.<br />
Dies wurde durch Prüfung des Carbonatisierungsgrad<br />
sichergestellt. Der<br />
Putzaufbau mit dem gefor<strong>der</strong>ten<br />
Erhalt des historischen Mörtels hat<br />
sich seit 1999 bewährt. Mit dem an<br />
den historischen Befund angelehnten<br />
Werktrockenmörtel konnten alle For<strong>der</strong>ungen<br />
seitens <strong>der</strong> Bautechnik und<br />
<strong>der</strong> Denkmalpflege erfüllt werden.<br />
Die rationelle Maschinenverarbeitung<br />
erlaubte <strong>ein</strong>e wirtschaftliche Arbeitsweise<br />
an den mehr als 2 000 m2 großen Fassadenflächen.<br />
Oberputzabplatzungen und<br />
starke Rissbildung im Bereich <strong>der</strong><br />
Gerüstankerlöcher, die mit <strong>ein</strong>em<br />
Kunststoffdeckel verschlossen wurden.<br />
Die Flächen sind rissefrei und die<br />
Sockelzone weist k<strong>ein</strong>e Salz- o<strong>der</strong><br />
Feuchteschäden auf, wie <strong>ein</strong>e Begehung<br />
nach vier Jahren Standzeit<br />
zeigte. Nur unmittelbar am Übergang<br />
zum Verbundpflaster sind geringe<br />
Putz- und Farbablösungen sichtbar.<br />
Kath. Kirche Achtelsbach,<br />
Rh<strong>ein</strong>land - Pfalz<br />
Der Kernbau <strong>der</strong> Katholischen Kirche<br />
in Achtelsbach hat im Laufe <strong>der</strong> Jahrhun<strong>der</strong>te<br />
vielfach bauliche Verände-
Mit dem Meißel lässt sich <strong>der</strong> Anstrich<br />
vom Untergrund leicht ablösen.<br />
rungen erfahren. Im Jahr 2003 wurde<br />
als letzte Maßnahme die Westseite<br />
des Turms instand gesetzt. Die<br />
schräge Lage <strong>der</strong> Turmwestseite<br />
erfor<strong>der</strong>te <strong>ein</strong>en Teilaustausch des<br />
Mauerwerks und die Behebung von<br />
großflächigen Putzschäden.<br />
Das Bruchst<strong>ein</strong>mauerwerk <strong>der</strong> Kirche<br />
war immer mit <strong>ein</strong>em Kalkputz geschützt<br />
und entsprechend sollte nach<br />
dem Willen <strong>der</strong> zuständigen Denkmalbehörde<br />
auch die Westseite des<br />
Turms wie<strong>der</strong> mit <strong>ein</strong>em Kalkputz<br />
überarbeitet werden. Aus statischen<br />
Gründen läuft die Westseite pyramidal<br />
nach oben zu und schließt zum<br />
oberen Aufsatz mit <strong>ein</strong>em umlaufenden<br />
Gesims ab. Die Schräglage <strong>der</strong><br />
Fassade führt gegenüber <strong>ein</strong>er senkrechten<br />
Ausbildung zu <strong>ein</strong>er wesentlich<br />
stärkeren Schlagregenbelastung,<br />
so dass <strong>der</strong> bisherige Sanierungsbedarf<br />
vor allem diese Seite <strong>der</strong> Kirche<br />
betraf. Ein zusätzlicher Schlagregenschutz<br />
mit Hilfe <strong>ein</strong>er Wetterschale<br />
(Verschifferung, Holzverschalung) wurde<br />
aus Gründen des Denkmalschutzes<br />
abgelehnt, da die Kirche als<br />
Putzbau erhalten werden sollte.<br />
34 · DER MALER UND LACKIERERMEISTER 4/2007<br />
Putz- und Farbkonzept<br />
In Abstimmung mit dem Bauherr und<br />
dem Architekten wurde mit Unterstützung<br />
<strong>ein</strong>es erfahrenen Institutes<br />
für die Erhaltung von historischen<br />
Bauwerken <strong>ein</strong> Kalkmörtelkonzept<br />
entwickelt. In <strong>der</strong> ersten Phase <strong>der</strong><br />
Instandsetzung wurden aus <strong>der</strong> Fassadenfläche<br />
herausragende Mauerwerksst<strong>ein</strong>e<br />
ausgebaut. Auf <strong>der</strong> begradigten<br />
Oberfläche konnte <strong>der</strong> Angriff<br />
von Schlagregen durch den verbesserten<br />
Wasserablauf deutlich reduziert<br />
werden. Das obere Gesims erhielt<br />
zudem <strong>ein</strong>e Kupferverblechung.<br />
Das neue Putzsystem bestand aus<br />
<strong>ein</strong>em ziegelmehlhaltigen Unterputz<br />
mit <strong>ein</strong>em Bindemittel aus natürlich<br />
hydraulischem Kalk, Luftkalk und<br />
Portlandzement. Der Zementanteil betrug<br />
weniger als fünf M.-Prozent auf<br />
die Gesamtmischung und sollte die<br />
Verarbeitungseigenschaften (Grünstandsfestigkeit)<br />
in <strong>der</strong> ersten Phase<br />
des Mörtelauftrags verbessern. Das<br />
aus <strong>ein</strong>em Schwachbrand gewonnene<br />
Ziegelmehl sollte latenthydraulische<br />
Eigenschaften aufweisen und zur<br />
Verbesserung <strong>der</strong> Haftung des Unterputzes<br />
auf dem Bruchst<strong>ein</strong>mauerwerk<br />
beitragen. Die Festigkeitswerte und<br />
die hygrischen Eigenschaften des<br />
Unterputzes entsprechen dem <strong>ein</strong>es<br />
Luftkalkmörtels. Der Oberputz enthält<br />
als Bindemittel <strong>ein</strong>en natürlich hydraulischen<br />
Kalk (NHL2) und <strong>ein</strong>e Kornlinie<br />
von 0 bis 4 mm. Beide Mörtel<br />
wurden als Werktrockenmörtel geliefert<br />
und maschinell verarbeitet. Der<br />
Sockelbereich erhielt <strong>ein</strong>en ca. 0,5 m<br />
hohen Streifen aus <strong>ein</strong>em überwiegend<br />
zementgebundenen Material. Die<br />
Abschlussbeschichtung besteht aus<br />
<strong>ein</strong>er Dispersions – Silikatfarbe mit<br />
wasserabweisenden Eigenschaften.<br />
Schadensfreie<br />
Zone unmittelbar<br />
unterhalb <strong>der</strong><br />
Gesimsabdeckung.<br />
Nach <strong>ein</strong>er Standzeit <strong>der</strong> Putzbeschichtung<br />
von 2 1/2 Jahren weist<br />
die Westseite erneut erhebliche Putzund<br />
Farbschäden auf. Es haben sich<br />
großflächige Risse und schollenartige<br />
Putzabplatzungen gebildet. Der Anstrich<br />
kreidet von <strong>der</strong> Fassade ab und<br />
auch <strong>der</strong> Zementputz im Sockelbereich<br />
weist Fehlstellen auf. Nur unmittelbar<br />
unter <strong>der</strong> Gesimsabdeckung sind die<br />
Putzflächen ungestört.<br />
Nach Öffnung <strong>der</strong> Fassade durch<br />
<strong>ein</strong>en SV konnte festgestellt werden,<br />
dass Unter- und Oberputz <strong>ein</strong>en<br />
Feuchtegehalt von fünf bis elf M.-Prozent<br />
aufwiesen. Der nasse Unterputz<br />
mit s<strong>ein</strong>er Dicke von 3 bis 4 cm wies<br />
k<strong>ein</strong>e ausreichende Abbindung auf,<br />
wie <strong>der</strong> Nachweis von Kalziumhydrat<br />
zeigen konnte. Der Oberputz war zum<br />
Zeitpunkt <strong>der</strong> Untersuchung abgebunden.<br />
Zwischen Unter- und Oberputz<br />
hatte sich durch die unterschiedliche<br />
Festigkeitsentwicklung <strong>ein</strong> ungünstiges<br />
Spannungsverhältnis entwickelt,<br />
das nachfolgend zu Spannungsrissen<br />
im Oberputz geführt hatte. Über die<br />
Risse konnte vielfach Schlagregenwasser<br />
in die Putzbeschichtung und<br />
das Mauerwerk <strong>ein</strong>dringen. Die St<strong>ein</strong>fugenrisse<br />
in <strong>der</strong> Putzbeschichtung<br />
zeigten bereits den verstärkten Einfluss<br />
von Quell- und Schwindbewegungen<br />
<strong>der</strong> Mauerwerksfugen.<br />
Das <strong>ein</strong>gesetzte Kalkputzsystem ist<br />
den übermäßigen Witterungsbelastungen,<br />
bedingt durch die schräge Lage<br />
des Mauerwerks, auf Dauer nicht<br />
gewachsen. Der Unterputz konnte<br />
nachweislich s<strong>ein</strong>e Endeigenschaften<br />
nicht erreichen, da nach Fertigstellung<br />
im Oktober 2003 die sofortige hohe<br />
Feuchtebelastung die Carbonatisierung<br />
im Unterputz stark verzögerte.<br />
Das hydrophobe Anstrichsystem ist<br />
für das Kalkputzsystem nicht geeignet.<br />
Mit <strong>der</strong> Rissbildung in <strong>der</strong> Oberfläche<br />
wirkte <strong>der</strong> Anstrich als Bremse bei<br />
<strong>der</strong> Rücktrocknung, so dass sich <strong>der</strong><br />
Schadensmechanismus beschleunigte.<br />
Grundsätzlich sollte das Anstrichsystem<br />
in s<strong>ein</strong>en feuchtetechnischen<br />
Eigenschaften dem des Putzsystems<br />
(z. B. Kalkanstrich auf Kalkputz) entsprechen.<br />
Unabhängig vom Anstrichsystem<br />
wären in diesem Fall aufgrund<br />
<strong>der</strong> starken Bewitterung die zum jetzigen<br />
Zeitpunkt sichtbaren Schäden<br />
am Putz aufgetreten. Das WTA –<br />
Merkblatt 2-7-01/D (Kalkputz in <strong>der</strong><br />
Denkmalpflege) gibt die Grenzen <strong>der</strong><br />
Anwendbarkeit für Kalkputze wie<br />
folgt an:<br />
„Entscheidend für die Dauerhaftigkeit<br />
<strong>ein</strong>es Kalkputzsystems sind <strong>ein</strong>e angemessene<br />
Verarbeitung sowie die
Beachtung objektspezifischer Belastungen<br />
und bauphysikalischer Zusammenhänge<br />
Kalkputze sind nur erfolgreich bei<br />
nicht dauerfeuchten Fassaden <strong>ein</strong>zusetzen.<br />
Bei stark feuchtebelasteten<br />
Fassaden und Mauern kann es durch<br />
Bindemittelauswaschungen zu extremen<br />
Kalksinterbildungen auf den<br />
Oberflächen kommen. Es kann k<strong>ein</strong>e<br />
Carbonatisierung stattfinden und somit<br />
k<strong>ein</strong>e ausreichende Festigkeit<br />
bzw. ausreichenden Frostwi<strong>der</strong>stand<br />
aufgebaut werden.<br />
Bei dauer- o<strong>der</strong> wechselfeuchten<br />
Fassaden ist mit Fleckenbildung, mit<br />
<strong>ein</strong>er schnelleren Verschmutzung und<br />
biologischer Besiedlung <strong>der</strong> Putzoberfläche<br />
sowie im Extremfall mit <strong>ein</strong>er<br />
Schädigung des Putzes zu rechnen.<br />
Auch stark bewitterte Fassaden ohne<br />
ausreichenden Dachüberstand sind<br />
problematisch ...“<br />
Der Kalkputz war in diesem Fall<br />
ungeeignet und es wäre hier sinnvoll<br />
gewesen, <strong>ein</strong>e hinterlüftete Wetterschale<br />
aufzubringen, die in <strong>der</strong> Lage<br />
ist, die hohe Schlagregenbelastung<br />
vom Bauwerk abzuhalten. Die technische<br />
Ertüchtigung des Gebäudes<br />
muss hier Vorrang haben. Die For<strong>der</strong>ungen<br />
des Denkmalschutzes auf<br />
<strong>ein</strong>e <strong>ein</strong>heitliche Kalkputzfassade<br />
hätte in diesem Fall gegenüber <strong>ein</strong>er<br />
bautechnisch sinnvolleren Lösung<br />
zurückstehen müssen. Die Instandsetzung<br />
des Putzschadens ist mit<br />
<strong>ein</strong>em Verlust an Originalsubstanz und<br />
zusätzlichen Kosten verbunden.<br />
Gutshof von Richthofen,<br />
Melle – Son<strong>der</strong>mühlen<br />
Der Gutshof <strong>der</strong> Familie von Richthofen<br />
aus dem 16. Jahrhun<strong>der</strong>t wurde<br />
mehrfach umgebaut und erweitert.<br />
Die Revitalisierung des seit <strong>ein</strong>igen<br />
Jahren ungenutzten Gebäudes begann<br />
im Jahr 2003 mit <strong>der</strong> Sanierung<br />
<strong>der</strong> Holzkonstruktion. Der Einfirsthof<br />
ist als Zweistän<strong>der</strong>gebäude angelegt<br />
und grenzt mit s<strong>ein</strong>en Grundmauern<br />
an den Burggraben. Die Westseite des<br />
Gutshof besteht aus <strong>ein</strong>em massiven<br />
Bruchst<strong>ein</strong>mauerwerk. Das Gebäude<br />
war früher <strong>ein</strong> Teil <strong>ein</strong>er Burganlage,<br />
<strong>der</strong>en Grundmauern unter <strong>der</strong> Rasenfläche<br />
liegen.<br />
Der Keller wurde mit <strong>der</strong> Erweiterung<br />
des Wohntraktes angelegt und liegt<br />
auf Höhe des Wasserspiegels vom<br />
Burggraben. Der Kellerraum soll im<br />
Zuge <strong>der</strong> Instandsetzung des Wohntraktes<br />
wie<strong>der</strong> <strong>ein</strong>er Nutzung zugeführt<br />
Westseite des Gutshofes von Richthofen, Melle – Son<strong>der</strong>mühlen.<br />
und die Innenwandflächen geputzt<br />
werden. Nach Begutachtung vor Ort<br />
weist das Mauerwerk im Tiefkeller<br />
<strong>ein</strong>en Feuchtehorizont in <strong>ein</strong>er Höhe<br />
von ca. 80 cm auf. Die Nutzung<br />
des Gewölbekellers erschien nach<br />
dem ersten Befund fraglich und es<br />
wurden umfangreiche Feuchte- und<br />
Salzuntersuchungen am Mauerwerk<br />
durchgeführt. In diesen Fällen ist man<br />
geneigt <strong>ein</strong> Sanierputzsystem nach<br />
WTA Ri 2-9-04/D aufzubringen, um die<br />
sichtbaren Feuchteabzeichnungen an<br />
den Außenwänden zu kaschieren.<br />
Die Untersuchungen an den alten<br />
Mauer- und Fugenmörtel ergaben <strong>ein</strong>e<br />
hohe Belastung an bauschädlichen<br />
Salzen, die sich im Laufe <strong>der</strong> 300<br />
Jahre in den Baustoffen anreichern<br />
konnten. Zum Zeitpunkt <strong>der</strong> Untersuchung<br />
im Frühjahr 2005 war <strong>ein</strong><br />
hoher Wasserstand im Burggraben<br />
festzustellen, so dass sich auf Teilen<br />
<strong>der</strong> Bodenplatte Wasserlachen bilden<br />
konnten.<br />
Bei <strong>der</strong> Empfehlung für <strong>ein</strong>e Putzbeschichtung<br />
waren bauphysikalische<br />
und materialspezifischen Einflussfaktoren<br />
zu beachten:<br />
Bauphysik<br />
Eine Isolierung des Mauerwerks vor<br />
weiterem Feuchtezutritt ist aufgrund<br />
<strong>der</strong> baulichen Situation nicht möglich<br />
bzw. nur mit erheblichen Kosten<br />
verbunden. Die Gewährleistung <strong>ein</strong>er<br />
sicheren Funktion hätte ebenfalls nicht<br />
gegeben werden können. Ein großer<br />
Teil <strong>der</strong> Salze wird durch das vorhandene<br />
Wasser in den Baustoffen in<br />
Lösung gehalten und kann sich nicht<br />
schädigend auf die Bausubstanz auswirken.<br />
Zwischen Wasseraufnahme<br />
und -abgabe hat sich <strong>ein</strong> Gleichgewicht<br />
<strong>ein</strong>gespielt, so dass <strong>der</strong> Keller ab<br />
<strong>ein</strong>er Höhe von > 0.8 m oberflächlich<br />
trocken ersch<strong>ein</strong>t. Die oberflächliche<br />
Trocknung wird durch das unverputzte<br />
Mauerwerk und die offenen Fenster<br />
geför<strong>der</strong>t. Dies ist bei Umnutzung<br />
und Instandsetzung des Kellers zu<br />
bedenken.<br />
Sobald die Fenster geschlossen werden<br />
und <strong>der</strong> Keller an das Raumklima<br />
des Hauses angeschlossen wird, wird<br />
DER MALER UND LACKIERERMEISTER 4/2007 · 35
Der Keller aus massivem Kalkst<strong>ein</strong>mauerwerk grenzt unmittelbar am<br />
Burggraben an. Die blaue Linie entspricht <strong>der</strong> Höhe des Feuchtehorizontes.<br />
das Mauerwerk beginnen abzutrocknen<br />
und verstärkt Feuchte aus dem<br />
Fundament- und Mauerwerk nach sich<br />
ziehen. Die Salze in <strong>der</strong> Verdunstungszone/Trocknungszone<br />
werden verstärkt<br />
auskristallsieren und zu Schäden<br />
an dem Bruchst<strong>ein</strong>mauerwerk<br />
und dem Mauermörtel führen.<br />
Sanierputz/Putzsystem<br />
Mit dem Auftrag <strong>ein</strong>es hydrophobierten<br />
Sanierputzsystems wird die Feuchte<br />
aus dem Mauerwerk ausschließlich<br />
durch den Vorgang <strong>der</strong> Diffusion verdunsten<br />
und den kapillaren Transport<br />
innerhalb des Mauermörtels verlang-<br />
36 · DER MALER UND LACKIERERMEISTER 4/2007<br />
samen, so dass <strong>der</strong> Feuchtehorizont<br />
innerhalb <strong>der</strong> Wand bei gleichem<br />
Feuchtezutritt nach oben wan<strong>der</strong>t.<br />
Die Verdunstungsfläche muss sich um<br />
<strong>ein</strong> Vielfaches vergrößern, um den<br />
jetzigen Ausgleich von Feuchteaufnahme<br />
zu -abgabe <strong>ein</strong>zuhalten und<br />
<strong>ein</strong>e Erhöhung des jetzigen Feuchteniveaus<br />
zu verhin<strong>der</strong>n. Die hohe<br />
Eigenfeuchte des Mauerwerks und<br />
die <strong>ein</strong>gebrachte Feuchte durch den<br />
Putzmörtelantrag kann unter Umständen<br />
die Funktion des Sanierputzsystems<br />
be<strong>ein</strong>trächtigen, indem Salze<br />
zum Zeitpunkt <strong>der</strong> Mörtelapplikation<br />
in den Sanierputz <strong>ein</strong>wan<strong>der</strong>n. Das<br />
Wasseransammlung<br />
unmittelbar<br />
unterhalb des<br />
Betonestrichs.<br />
Mauerwerk sollte vor den Putzarbeiten<br />
oberflächlich trocken s<strong>ein</strong>.<br />
Unter Umständen wird es erfor<strong>der</strong>lich<br />
s<strong>ein</strong> die Standzeiten zwischen den<br />
<strong>ein</strong>zelnen Arbeitsschritten zu verlängern.<br />
Eine dauerhafte Funktion des<br />
Sanierputzes in Form <strong>ein</strong>er trockenen<br />
Oberfläche kann nicht gewährleistet<br />
werden. Es ist nicht bekannt, wie<br />
stark Feuchte über das Mauerwerk<br />
<strong>ein</strong>dringt und über die Baustoffoberfläche<br />
verdunsten muss. Um <strong>ein</strong>en<br />
weiteren Feuchteanstieg durch <strong>ein</strong><br />
Sanierputzsystem im Mauerwerk zu<br />
verhin<strong>der</strong>n, ist es sinnvoll <strong>der</strong> Feuchte<br />
im unteren Sockelbereich <strong>ein</strong>e direkte<br />
Abluftfläche zu verschaffen. Diese kann<br />
erreicht werden, indem <strong>ein</strong> ca. 50 cm<br />
breiter Streifen am Sockel unverputzt<br />
verbleibt. Ein Teil <strong>der</strong> aufsteigenden<br />
Feuchte kann somit unmittelbar im<br />
Fußpunkt <strong>der</strong> Wand abtrocknen.<br />
Die hohen Salzgehalte und Feuchteanteile<br />
werden mittelfristig zu <strong>ein</strong>er<br />
oberflächlichen Zerstörung <strong>der</strong> Putzo<strong>der</strong><br />
Farbschicht führen. Ein Sanierputzsystem<br />
kaschiert lediglich das mit<br />
Feucht- und Schadsalzen belastete<br />
Mauerwerk und verän<strong>der</strong>t an <strong>der</strong><br />
schlechten baulichen Grundsituation<br />
des Kellerraumes nichts. Ein Kalkputzsystem<br />
scheidet aufgrund s<strong>ein</strong>er<br />
Unbeständigkeit gegenüber Dauerfeuchte<br />
aus und wäre nach kurzer<br />
Zeit zu erneuern.<br />
Seitens des Sachverständigen wurde<br />
dem Bauherrn <strong>der</strong> folgende Lösungsvorschlag<br />
unterbreitet: Die ger<strong>ein</strong>igte<br />
Mauerwerksfläche wird lediglich mit<br />
<strong>ein</strong>er Kalkschlämme behandelt und<br />
entsprechend <strong>der</strong> historischen Tradition<br />
geweißelt. Die losen Mauerwerksfugen<br />
sind auszustemmen und mit<br />
<strong>ein</strong>em hydraulischen Kalkmörte (NHL2)<br />
nachzuarbeiten. Geschädigte Oberflächen<br />
können kostengünstig nachgearbeitet<br />
werden. Der Kellerraum<br />
sollte frei belüftet und nicht an das<br />
Raumklima des Wohntraktes angeschlossen<br />
werden. Der Raum kann<br />
für feuchteunempfindliches Lagergut<br />
genutzt werden. �<br />
Literatur<br />
[1] Kiesow, G., Einführung in die<br />
Denkmalpflege, Wissenschaftliche<br />
Buchgesellschaft Darmstadt, 1982.<br />
[2] Künzel, H., Schäden an Fassadenputzen,<br />
Fraunhofer IRB Verlag, Stuttgart,<br />
2. Auflage, 2000.<br />
[3] WTA – Merkblatt 2-7-01/D,<br />
Kalkputz in <strong>der</strong> Denkmalpflege,<br />
Selbstverlag, München, 2001.<br />
[4] WTA – Merkblatt 2-9-04/D,<br />
Sanierputzsysteme, Selbstverlag,<br />
München, 2004.