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Der Offizier 3/12 - Die Österreichische Offiziersgesellschaft

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<strong>Der</strong> <strong>Offizier</strong> • Nr. 3/20<strong>12</strong> • Zeitschrift der Österreichischen <strong>Offizier</strong>sgesellschaft<br />

„Ich selbst habe meine Haltung<br />

zur Wehrpflicht immer wieder<br />

erläutert – nicht geändert …“<br />

Titelbild: BMLVS/Hammler


www.eurofighter.com<br />

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n o t h i n g c o m e s c l o s e


I n h a l t<br />

4 Brief des Präsidenten<br />

7 Bundesheer beendet Hilfseinsatz<br />

Tagesbefehl des Oberbefehlshabers<br />

8 Geballte Ladung für die Wehrpflicht<br />

Eine Enquete inklusive Blick zum Schweizer<br />

Nachbarn<br />

<strong>12</strong> Zumindest die Verunsicherung hat<br />

ein Ende<br />

Schul-, Steuer- und Wehrpflicht sind<br />

Eckpfeiler unserer Republik<br />

14 <strong>Die</strong> gesellschaftliche Bedeutung des<br />

Zivildienstes<br />

<strong>Der</strong> Salzburger Landesrettungskommandant<br />

erhebt warnend seine Stimme<br />

16 Im <strong>Offizier</strong> zu Gast<br />

Zehn Fragen an ein neues Mitglied der ÖOG:<br />

Dr. Beatrix Karl, Bundesministerin für Justiz<br />

20 Darabos gegen Darabos, …?<br />

Simmering gegen Kapfenberg war einst<br />

Brutalität, aber war war das schon<br />

22 Militäraffinität und<br />

Moderner Fünfkampf<br />

Gedanken im Nachgang zu Olympia<br />

24 Leserbriefe<br />

25 Arnold Schwarzenegger is back<br />

26 Zwei Gastkommentare in der<br />

Qualitätspresse<br />

28 CIOR-Summer Congress 20<strong>12</strong><br />

30 Mediensplitter<br />

<strong>Der</strong> <strong>Offizier</strong><br />

Impressum: Medieninhaber:<br />

Österreichische <strong>Offizier</strong>sgesellschaft, Schwarzenbergplatz 1, A-1010 Wien<br />

Herausgeber und Chefredakteur: Bgdr i.R. Mag. phil. M. Gänsdorfer<br />

Erscheinungsort: Wien.<br />

Mitarbeiter dieser Ausgabe:<br />

Hptm HR Dr. E. Paulus; E. G. Dorfer; Dr. A. Werdenfels;<br />

Marketing: Dr. Franz Palla (palla.franz@aon.at)<br />

Rechnungswesen, Rechts- und Steuerbelange: ObstIntD G. Langer<br />

Hersteller:<br />

Ing. F. Feilhauer A-2620 Neunkirchen, Seebensteiner Straße 1<br />

Fotos: Titelbild: BMLVS/Hammler; A. Bruckner; red, Urrisk<br />

Namentlich gezeichnete Beiträge müssen sich nicht mit der Redaktionsmeinung decken.<br />

Unaufgefordert eingesandte Beiträge bedeuten keine automatische Veröffentlichung.<br />

Internet: www.oeog.at • e-mail: deroffizier@oeog.at<br />

Zulassungsnummer: 027033917M • ZVR-Zahl: 795014511<br />

Offenlegung gemäß § 24 und § 25 Mediengesetz:<br />

<strong>Die</strong> Zeitschrift „<strong>Der</strong> <strong>Offizier</strong>“ befindet sich zu 100% im Eigentum der Österreichischen<br />

<strong>Offizier</strong>sgesellschaft, A-1010 Wien, Schwarzenbergplatz 1.<br />

<strong>Die</strong> Richtung der überparteilichen Zeitschrift ist durch die Statuten der ÖOG bestimmt und bezweckt Information in Wort und<br />

Bild zu wehr-, verteidigungs- und sicherheitspolitischen Belangen.<br />

E d i t o r i a l<br />

„… und die Österreicherinnen und Österreicher<br />

sind verantwortungsbewusste und mündige Bürger,<br />

die einer Stimmempfehlung nicht bedürfen.“ <strong>Die</strong> Anwesenden<br />

beim Festakt zum Tag der Leutnante haben<br />

es wohl verstanden: <strong>Der</strong> Oberbefehlshaber will sich in<br />

keine Kampagne einspannen lassen. <strong>Die</strong> Würde des<br />

Amts und sein Amtsverständnis lassen das nicht zu …<br />

Mindestens so klar verständlich war seine<br />

Botschaft, dass er seine Überzeugung von<br />

der Sinnhaftigkeit der Wehrpflicht nicht geändert<br />

habe. Im Gegensatz zum Verteidigungsminister, für<br />

den vor zwei Jahren auf demselben Platz zum gleichen<br />

Anlass die Wehrpflicht ja noch in Stein gemeißelt war<br />

und für den sie heute „mega-sinnlos“ ist. Aber das<br />

macht eben den feinen Unterschied zwischen einem<br />

Staatsmann und einem Politiker aus, der auf der Suche<br />

nach Stimmen Jungerwachsener populistisch seine<br />

Überzeugung wechselt. So Letzterer überhaupt je<br />

eine hatte. Wie es zumindest um das aussieht, was er<br />

so innerhalb eines Jahres in Sachen Wehrsystem von<br />

sich gegeben hat, kann man im Inneren dieser Ausgabe<br />

nachvollziehen.<br />

Nicht nur der Oberbefehlshaber weist darauf<br />

hin, dass unser Heer ziemlichen Reformbedarf<br />

hat. Viele Fachleute bestätigen diese Notwendigkeit,<br />

wurde doch die Umsetzung der Ergebnisse<br />

der Zilk’schen Bundesheer-Reformkommission längst<br />

zu Grabe getragen. Als wir einst in einem Cover dargestellt<br />

haben, wie diese Reform „den Bach hinunter<br />

ging“, haben uns manche vermeintliche Reformgewinnler<br />

der Miesmache bezichtigt. Heute sitzen sie<br />

in den Sesseln ministerieller Führungsetagen vor den<br />

Trümmern ihrer Reformarbeit, an deren Scheitern aus<br />

ihrer Sicht freilich stets die „anderen“ Schuld waren.<br />

Und wenn sie weiterhin meinen, ohne gesetzliche<br />

Änderungen und ohne entsprechende budgetäre Bedeckung<br />

ihrem „wenig militäraffinen Reformminister“<br />

Vorschub leisten und ohne seriöse Voraussetzungen<br />

die Flucht in ein theoretisches Berufsheer antreten zu<br />

müssen, so ist ihr Scheitern wiederum vorprogrammiert.<br />

Nicht das ihrer militärischen Laufbahn freilich<br />

…<br />

Am 20. Jänner 2013 wird unser Volk entscheiden,<br />

ob – wie Schiller einst schrieb – der<br />

Wahn ein kurzer und die Reu’ eine lange sein wird.<br />

Dass die Chimäre vom billigen Berufsheer dann ein<br />

Ende haben möge,<br />

hofft Ihr<br />

3-20<strong>12</strong> <strong>Der</strong> <strong>Offizier</strong> 3


Sehr geehrte Damen und Herren!<br />

Das Österreichische Bundesheer<br />

hat Tausende Profis. Das einzige, was<br />

nicht professionell ist, ist die derzeitige<br />

politische Führung dieses Heeres.<br />

Bundesminister für Landesverteidigung<br />

Mag. Norbert Darabos konnte<br />

bis vor kurzem hoffen, als „180°-Grad-<br />

Wendehals-Minister“ in die Geschichte<br />

einzugehen. Er hat eine für ihn „in<br />

Stein gemeißelte“ Allgemeine Wehrpflicht<br />

verlassen und sich zum Berufsheer<br />

bekehrt. Nun möchte er als<br />

Bundesminister für Landesverteidigung<br />

auch dann weitermachen, wenn<br />

am 20. Jänner 2013 die Volksbefragung<br />

für die Allgemeine Wehrpflicht<br />

ausgeht. Er würde damit endgültig<br />

zum „360°-Grad-Wendehals-Minister“.<br />

Eine derart gefährliche Übung,<br />

an der sich sogar ein Uhu das Genick<br />

brechen würde, ist für einen österreichischen<br />

Minister offensichtlich völlig<br />

problemlos.<br />

Nun zum sachlichen Gehalt der<br />

bevorstehenden Volksbefragung! <strong>Die</strong><br />

Österreichische <strong>Offizier</strong>sgesellschaft<br />

fordert seit Langem eine Reform des<br />

Österreichischen Bundesheeres auf Basis<br />

der verfassungsgesetzlichen Grund-<br />

D e r Prä s i d e n t<br />

Brief des Präsidenten<br />

lagen – d. h. „Allgemeine Wehrpflicht<br />

mit Milizsystem“ für alle männlichen<br />

Staatsbürger mit der Möglichkeit, einen<br />

zivilen Ersatzdienst zu leisten.<br />

Zentraler Kern einer Reform ist neben<br />

der ausreichenden budgetären Dotierung<br />

vor allem die Wiedereinführung<br />

von Volltruppenübungen für einen<br />

Teil der Grundwehrdiener auch nach<br />

dem Präsenzdienst. Vorbilder für funktionierende<br />

Armeen mit Allgemeiner<br />

Wehrpflicht sind in Mitteleuropa<br />

Norwegen, Finnland und die Schweiz.<br />

In der Bundesrepublik Deutschland<br />

und in Schweden<br />

ist durch die<br />

Abschaffung der<br />

Wehrpflicht die<br />

Situation leider<br />

sehr kritisch geworden.Demokratiepolitisch<br />

denkende EU-<br />

Bürger sollten es<br />

für problematisch halten, wenn wir in<br />

näherer Zukunft nur mehr in Russland,<br />

Indien, China und der Türkei<br />

Staaten mit Allgemeiner Wehrpflicht<br />

hätten.<br />

<strong>Die</strong> Österreichische <strong>Offizier</strong>sgesellschaft<br />

sieht staatspolitische bzw.<br />

staatsrechtliche, wehrpolitische und<br />

moralische Argumente für die Beibehaltung<br />

der Allgemeinen Wehrpflicht<br />

in Österreich.<br />

Zunächst zu den staatspolitischen<br />

bzw. staatsrechtlichen Argumenten:<br />

Unsere Bundes-Verfassung sieht<br />

noch immer die Allgemeine Wehrpflicht<br />

nach den Grundsätzen eines<br />

Das einzige, was nicht<br />

professionell ist, ist die<br />

derzeitige politische<br />

Führung dieses Heeres.<br />

Milizsystems im Rahmen einer umfassenden<br />

Landesverteidigung vor. Eine<br />

Verfassungsmehrheit zur Änderung<br />

dieser Rechtslage ist nicht in Sicht.<br />

Hinzu kommt das Bundes-Verfassungsgesetz<br />

aus dem Jahre 1955 über<br />

die immerwährende Neutralität Österreichs.<br />

<strong>Die</strong>ses Gesetz stellt nicht<br />

nur Verfassungsrecht dar, sondern ist<br />

durch Notifikation an fast alle Staaten<br />

der Welt seit langem ein internationaler<br />

völkerrechtlicher Vertrag. Eine Änderung<br />

dieser verfassungsrechtlichen<br />

und völkerrechtlichen Situation ist<br />

nicht absehbar.<br />

<strong>Die</strong>s bedingt<br />

allerdings die<br />

Einhaltung der<br />

v ö l k e r r e c h t -<br />

lichen Pflichten<br />

eines Neutralen,<br />

nämlich Bündnisfreiheit<br />

und<br />

eigene, ausreichende<br />

Verteidigungsanstrengungen.<br />

<strong>Die</strong> Alternative, nach Abschaffung der<br />

Neutralität der NATO beizutreten, ist<br />

eine Option, die die österreichische<br />

Bevölkerung in ihrer großen Mehrheit<br />

ablehnt.<br />

<strong>Die</strong> verfassungsgesetzlichen Kernaufgaben<br />

der Landesverteidigung sind<br />

neben der Aufrechterhaltung der territorialen<br />

Souveränität nach wie vor<br />

die ebenso wichtigen Assistenzaufgaben<br />

im Inland, nämlich Grenzsicherung,<br />

Schutz kritischer Infrastruktur<br />

(„Objektschutz“) sowie sehr zentral<br />

die Hilfe in Katastrophenfällen außergewöhnlichen<br />

Umfanges. Alle diese<br />

Einsatzaufgaben, die nicht nur recht-<br />

4 <strong>Der</strong> <strong>Offizier</strong> 3-20<strong>12</strong>


lich, sondern auch tatsächlich gegeben<br />

sind, erfordern im Anlassfall sehr<br />

hohe Mannstärken, die mit einem Berufsheer<br />

in Österreich nie erreichbar<br />

sein werden. Es darf daran erinnert<br />

werden, dass die Schweizer Armee im<br />

Jahre 2011 mit nahezu 7.000 Soldaten<br />

eine Sicherung nur des Flughafens<br />

Zürich-Kloten geübt hat.<br />

Nun zu den wehrpolitischen Argumenten,<br />

die für die Beibehaltung<br />

der Allgemeinen Wehrpflicht sprechen:<br />

Seriöse und, wie ich meine, sehr<br />

sparsame Berechnungen im Generalstab<br />

haben schon vor zwei Jahren ergeben,<br />

dass ein Berufsheer in Österreich<br />

als Minimum ein Jahresbudget<br />

von 2,6 Milliarden Euro verlangt. In<br />

diesem Zusammenhang ist interessant,<br />

dass bereits der Vorsitzende der<br />

Bundesheerreformkommission, Altbürgermeister<br />

Dr. Helmut Zilk, 1%<br />

des Bruttoinlandsproduktes als Heeresbudget<br />

gefordert hatte. Das wären<br />

damals bereits rund 2,8 Milliarden<br />

Euro gewesen. Im Büro von Bundesminister<br />

Darabos wurde verlangt,<br />

die Zahlen auf das damals bestehende<br />

Budgetniveau von 2,2 Milliarden<br />

Euro herunterzurechnen. Allerdings<br />

stehen zur Zeit nach den von Darabos<br />

freudig begrüßten Einsparungen<br />

nur mehr rund<br />

1,8 Milliarden<br />

Euro Jahresbudget<br />

zur Verfügung,<br />

davon allein<br />

mehr als 1,2<br />

Milliarden Euro Personalkosten. Ein<br />

Berufsheer mit diesem Budget passt<br />

in maximal drei Stadionsektoren und<br />

Wer soll das bezahlen?<br />

Wer hat so viel Geld?<br />

D e r Prä s i d e n t<br />

reicht ausschließlich für kleinere Auslandseinsätze.<br />

Im derzeit laufenden Pilotversuch<br />

des Ministers sollen je 115 Pioniermilizsoldaten<br />

in zwei Pionierbatallionen,<br />

die ihre Übungspflicht noch aus der<br />

Allgemeinen Wehrpflicht mitgebracht<br />

haben, plötzlich<br />

zusätzlich 5.000<br />

Euro pro Jahr<br />

Prämie bekommen,<br />

wenn sie<br />

jährlich üben<br />

statt alle zwei<br />

Jahre. Das ist<br />

grotesk. Jeder<br />

nimmt für dieses Zusatzgeld notfalls<br />

Urlaub und hat seine Übungspflicht<br />

schneller absolviert als geplant. <strong>Die</strong>ser<br />

Pilotversuch kann nichts darüber aussagen,<br />

ob sich in Zukunft ohne Wehrpflicht<br />

9.500 neue Zeitsoldaten mit<br />

ausreichender Qualifikation melden<br />

werden. <strong>Die</strong>se Zeitsoldaten werden<br />

auf jeden Fall wesentlich teurer sein als<br />

Grundwehrdiener mit einem Taggeld<br />

von rund 350 Euro pro Monat. Ein<br />

wichtiger Aspekt ist auch, dass in einer<br />

Berufsarmee alle Soldaten verpflichtet<br />

sein werden, jederzeit in gefährliche<br />

Auslandseinsätze zu gehen. <strong>Die</strong><br />

Berufsplanung dieser jungen Männer,<br />

die nach<br />

spätestens sechs<br />

Jahren und unvorhersehbaren<br />

Kampfeinsätzen<br />

im Ausland ins<br />

Zivilleben entlassen werden, bleibt<br />

völlig unklar. <strong>Die</strong> Bildungsqualität der<br />

einfachen Zeitsoldaten sinkt daher in<br />

allen Berufsarmeen drastisch ab. <strong>Die</strong><br />

politische Absicht, in der deutschen<br />

Bundeswehr 8,5 Milliarden Euro<br />

einzusparen und aus 45.000 Interessenten<br />

pro Jahr tausende Zeitsoldaten<br />

auswählen zu können, ist kläglich gescheitert.<br />

<strong>Der</strong>zeit werden in der BRD<br />

bis zu 3 Milliarden Euro zusätzlich<br />

in die Werbung<br />

von Freiwilligen<br />

gesteckt.<br />

Gleichzeitig gibt<br />

es in Deutschland<br />

jetzt nur<br />

mehr 33.000<br />

Bundesfreiwilligendienstleistende<br />

statt vorher 99.000 Zivildiener.<br />

In Bayern, mit traditionell guter Arbeitsmarktlage<br />

und guten Chancen<br />

im Zivilberuf, sind die Nachwuchssorgen<br />

der Bundeswehrverbände besonders<br />

groß. In Schweden prozessieren<br />

100 Militärärzte gegen ihre weitere<br />

<strong>Die</strong>nstpflicht, weil sie nicht einsehen,<br />

warum sie dienen sollen, wenn<br />

alle anderen nicht einmal mehr zum<br />

Grundwehrdienst eingezogen werden.<br />

Es wird auch in Österreich keinesfalls<br />

zumutbar sein, dass nach der Einführung<br />

einer Berufsarmee die bisherigen<br />

Berufs- und Milizsoldaten plötzlich<br />

Auslandsdienstverpflichtungen haben<br />

sollen. Völlig undenkbar ist, dass bisherige<br />

Milizsoldaten, die sich während<br />

der Allgemeinen Wehrpflicht<br />

gemeldet haben, weiterhin übungsund<br />

einsatzpflichtig bleiben. <strong>Die</strong> von<br />

Bundesminister Darabos immer wieder<br />

als leuchtende Beispiele genannten<br />

Berufsarmeen der westlichen Welt<br />

haben bei den einfachen Zeitsoldaten<br />

Deutschland ist NATO-<br />

Mitglied und hat<br />

Anspruch auf Beistandsverpflichtung!<br />

3-20<strong>12</strong> <strong>Der</strong> <strong>Offizier</strong> 5


großteils junge Burschen mit schlechtem<br />

bis gar keinem Schulabschluss.<br />

Außerdem werden im großen Umfang<br />

einschlägig Vorbestrafte angeworben.<br />

<strong>Die</strong>s stellt nicht nur eine unfaire<br />

Ausbeutung sozial benachteiligter<br />

Jugendlicher dar, sondern ist auch<br />

ein moralisches Armutszeugnis und<br />

<strong>Die</strong> Kernaufgaben des<br />

Bundesheeres liegen<br />

nach wie vor im Inland<br />

und erfordern hohe<br />

Mannstärken, die ohne<br />

Allgemeine Wehrpflicht<br />

nicht erreichbar sind.<br />

eine latente Gefahr für die Demokratie.<br />

<strong>Die</strong> jüngste Studie des deutsches<br />

Bundeswehrverbandes zeigt, dass 75%<br />

der Führungskräfte in der Bundeswehr<br />

kein Vertrauen mehr in die politische<br />

Führung haben und sich großteils<br />

nicht mehr zur Bundeswehr melden<br />

würden, wenn sie noch einmal die<br />

Wahl hätten. Viele raten bereits ihren<br />

Kindern ab, zur Bundeswehr zu gehen.<br />

Über diese Entwicklung können<br />

offizielle Beschönigungen nicht hinwegtäuschen.<br />

<strong>Die</strong> Armeen in Belgien, Ungarn<br />

und Slowenien sind so gut wie unsichtbar<br />

geworden. Mangels ausreichender<br />

Mannstärken konnte bei der<br />

Schlammkatastrophe in Ungarn kein<br />

Heereskontingent mehr aufgeboten<br />

werden.<br />

<strong>Die</strong> Kernaufgaben des Bundesheeres<br />

liegen nach wie vor im Inland und<br />

erfordern hohe Mannstärken, die ohne<br />

Allgemeine Wehrpflicht nicht erreichbar<br />

sind. <strong>Die</strong> bisher sehr angesehenen<br />

<strong>Die</strong>nstleistungen österreichischer Soldaten<br />

im Ausland werden teilweise zu<br />

über 50 % von Milizsoldaten erbracht.<br />

<strong>Der</strong>zeit ist das durchschnittliche Bil-<br />

D e r Prä s i d e n t<br />

dungsniveau österreichischer Soldaten<br />

im Vergleich zu anderen Armeen<br />

deutlich höher. In Österreich dienen<br />

Akademiker aller Sparten, Handwerker,<br />

Gesellen und Meister aller Sparten,<br />

die genauso wie kaufmännische<br />

Berufe alle ihre zivilen Kenntnisse positiv<br />

in die Armee einbringen. <strong>Die</strong>se<br />

soziale Schichtung verändert sich in<br />

einer Berufsarmee sofort. <strong>Die</strong> Vorteile<br />

des sozialen Lernens in der Allgemeinen<br />

Wehrpflicht, die Chance,<br />

mit allen Berufsschichten bekannt zu<br />

werden und Netzwerke fürs Leben zu<br />

knüpfen, gehen verloren. Wenn der<br />

Grundwehrdienst derzeit mit viel zu<br />

vielen Einrückungsterminen schlecht<br />

organisiert ist, ist dies nicht die Schuld<br />

der Grundwehrdiener, sondern einer<br />

Politik, die nur auf vordergründige Effekthascherei<br />

aus ist.<br />

Moralische Argumente sind nicht<br />

in Mode, umso notwendiger erscheint<br />

es, die Moral nicht völlig unter den<br />

Tisch fallen zu lassen: Seit dem ausgehenden<br />

Mittelalter über den 30-Jährigen<br />

Krieg bis hin zur Französischen<br />

Revolution waren Jahrhunderte lang<br />

Söldnerheere im Einsatz. <strong>Die</strong> deutsche<br />

Nationalversammlung in der Paulskirche<br />

in Frankfurt am Main hat 1848<br />

unter anderem für die Allgemeine<br />

Wehrpflicht und gegen ein Berufsheer<br />

der Fürsten votiert und dies zweifellos<br />

aus Gründen der Moral und Gerechtigkeit.<br />

Bob Herbert hat in der New York<br />

Times vor ca. zwei Jahren geschrieben,<br />

dass die USA weder im Irak noch in<br />

Afghanistan stünden, hätten sie noch<br />

die Allgemeine Wehrpflicht und er<br />

hat hinzugefügt, dass das Prinzip der<br />

Freiwilligenarmee den Rechtsstaat arg<br />

beschädigt hat. Auch der erste Verteidigungsminister<br />

von Barack Obama,<br />

Robert Gates, hat sich durchaus kritisch<br />

über die Entwicklung der Einstellung<br />

der Soldaten in der US-Berufsarmee<br />

geäußert. <strong>Die</strong> Herren Alt-<br />

bundeskanzler Helmut Schmidt und<br />

Helmut Kohl haben ebenfalls auf die<br />

Problematik von Berufsarmeen für<br />

die Demokratie hingewiesen. Kriege<br />

werden wieder leichter führbar, die<br />

Politik entscheidet sich leichter für<br />

Kriegseinsätze, wenn sie nicht auf die<br />

Bevölkerung Rücksicht nehmen muss,<br />

vor allem, wenn sie keine Freiwilligen<br />

für konkrete Einsätze anwerben muss.<br />

Sehr geehrte Damen und Herren,<br />

nur die Allgemeine Wehrpflicht sichert<br />

in einem Kleinstaat wie Österreich<br />

die Erfüllung sämtlicher Inlandsaufgaben.<br />

Das gilt vor allem für den<br />

Bereich der sicherheitspolitischen Assistenzleistungen<br />

wie Grenzsicherung,<br />

Objektschutz, Schutz kritischer Infrastruktur,<br />

Sicherungsmaßnahmen bei<br />

Flächenausfall von Strom, Gas und<br />

Wasser etc. <strong>Die</strong> kostengünstigste Lösung<br />

dieser Aufgaben ist es, Soldaten<br />

kurz auszubilden und sie im Anlassfall<br />

wieder einzuberufen, statt teure<br />

Berufssoldaten ständig bereitzuhalten,<br />

obwohl voraussichtlich nicht sehr<br />

oft Einsatzszenarien auftreten. Mit<br />

der Einführung einer Berufsarmee<br />

würden 14.000 zum Großteil höchst<br />

motivierte junge Zivildiener verloren<br />

gehen. <strong>Die</strong> soziale Solidarität würde<br />

argen Schaden nehmen. Ein Berufsheer<br />

ist teuer, politisch problematisch<br />

und dient hauptsächlich den Interessen<br />

jener Eliten, die robuste Einsätze<br />

zur Lösung politischer Probleme<br />

im Ausland bevorzugen. Wie sehr die<br />

mehr oder weniger verlorenen Kriege<br />

in Afghanistan und im Irak dem Westen<br />

international vor allem auch moralisch<br />

geschadet haben, sollte uns allen<br />

bewusst sein.<br />

Entscheiden wir uns daher am 20.<br />

Jänner 2013 für ein reformiertes Bundesheer<br />

mit allgemeiner Wehrpflicht.<br />

6 <strong>Der</strong> <strong>Offizier</strong> 3-20<strong>12</strong>


Ei n s a t z<br />

Bundesheer beendet Hilfseinsatz<br />

St. Lorenzen, <strong>12</strong>. September 20<strong>12</strong> -<br />

„Pioniere, wie immer!“, riefen die 160<br />

Soldaten aus Melk und aus Graz zum<br />

Abschied noch über den Hauptplatz<br />

von Trieben. Dann marschierten sie unter<br />

tosendem Applaus der Menschen zu<br />

ihren Fahrzeugen. Unter großer Anteilnahme<br />

der Bevölkerung wurde der Hilfseinsatz<br />

des Bundesheeres im obersteirischen<br />

Paltental beendet. Pioniere aus<br />

Tagesbefehl des Herrn Bundespräsidenten<br />

Dr. Heinz Fischer anlässlich<br />

der Beendigung des Katastrophenhilfe-Assistenzeinsatzes<br />

des Bundesheeres<br />

in der Steiermark.<br />

Soldaten und Soldatinnen!<br />

Wehrpflichtige des Miliz- und Reservestandes!<br />

Angehörige der Heeresverwaltung!<br />

Im Zeitraum von 22.06. bis<br />

13.09.20<strong>12</strong> standen rund 700 Soldatinnen<br />

und Soldaten des Bundesheeres<br />

in der Steiermark im Assistenzeinsatz,<br />

um der durch die schweren Unwetter<br />

des heurigen Sommers zu Schaden<br />

gekommenen Bevölkerung zu helfen.<br />

Das Bundesheer stellte dabei<br />

in bewährter Weise seine hohe<br />

Leistungsbereitschaft und -fähig-<br />

Niederösterreich und der Steiermark<br />

ziehen dieser Tage als Letzte ab und hinterlassen<br />

ein beeindruckendes Werk.<br />

„Nehmen Sie vor allem das Bewusstsein<br />

mit nach Hause, dass Sie hier Menschen<br />

Zuversicht gegeben haben und<br />

einer Region einen Neubeginn“, gab<br />

Oberst Ernst Trinkl vom Militärkommando<br />

Steiermark den Soldaten mit auf<br />

Tagesbefehl<br />

keit eindrucksvoll unter Beweis und<br />

seine Soldatinnen und Soldaten erwarben<br />

sich dabei höchsten Respekt<br />

für ihre gewissenhafte und professionelle<br />

Leistung.<br />

Ich darf festhalten, dass im<br />

Rahmen dieses Assistenzeinsatzes<br />

durch die eingesetzten Soldatinnen<br />

und Soldaten, davon mehr als 400<br />

Grundwehrdiener, <strong>12</strong>5.000 Mannstunden<br />

erbracht und neben vielen<br />

anderen Einsatzaufgaben, 28 Brücken,<br />

15 Krainerwände und 23<br />

sogenannte Querwerke errichtet wurden.<br />

Meine Damen und Herren,<br />

als Oberbefehlshaber ist es mir daher<br />

ein besonderes Anliegen, Ihnen<br />

allen, die Sie getreu dem Motto<br />

„Schutz und Hilfe“ ihren <strong>Die</strong>nst als<br />

den Heimweg. (aus einem Bericht www.<br />

bundesheer.at /Redaktion MilKdo St)<br />

<strong>Der</strong> Oberbefehlshaber des Bundesheeres,<br />

Bundespräsident Dr. Heinz Fischer,<br />

erließ nach Beendigung einen Tagesbefehl,<br />

in dem die beeindruckenden<br />

Leistungen unserer Soldaten gewürdigt<br />

werden.<br />

Soldatinnen und Soldaten für unsere<br />

Mitbürger leisten, Dank und<br />

Anerkennung für die erbrachten Leistungen<br />

auszusprechen.<br />

Gleichzeitig möchte ich Sie ersuchen<br />

auch weiterhin mit vollem Einsatz<br />

Ihre oftmals schwierigen und gefahrvollen<br />

Aufgaben zu erfüllen, um<br />

dadurch auch ein sichtbares Zeichen<br />

zu setzen, dass das Bundesheer jederzeit<br />

solidarisch an der Seite der Bürgerinnen<br />

und Bürger des Landes steht.<br />

Es lebe das Bundesheer der Republik<br />

Österreich!<br />

OTS-Originaltext Presseaussendung<br />

unter ausschließlicher inhaltlicher<br />

Verantwortung des Aussenders.<br />

OTS0019 20<strong>12</strong>-09-22 10:00 221000 Sep <strong>12</strong><br />

BPK0001 0236.<br />

3-20<strong>12</strong> <strong>Der</strong> <strong>Offizier</strong> 7<br />

Foto: www.bundesheer.at/Grebien


We h r p o l i t i k<br />

<strong>Die</strong> GÖD/FCG hatte zur Enquete geladen:<br />

Alle Fotos: Andreas Bruckner<br />

Geballte Ladung fü<br />

Ungünstiger hätte der Zeitpunkt<br />

wohl kaum mehr sein können.<br />

Für einen Donnerstag um<br />

11:15 Uhr. Kein Feiertag und zur<br />

Primetime. Dennoch sollte der<br />

6. September ein Feiertag für die<br />

Wehrpflicht werden, den man mit<br />

einer Enquete begehen wollte. Mit<br />

prominenten Teilnehmern aus der<br />

Politik und den Blaulichtorganisationen.<br />

Dass es ein Fest mit vielen<br />

Gästen wurde, war nicht vorherzusehen.<br />

<strong>Der</strong> Saal des Raiffeisenforums quoll<br />

über und die Besucher drängten sich<br />

gar um Stehplätze. <strong>Der</strong> Vorsitzende der<br />

Gewerkschaft Öffentlicher <strong>Die</strong>nst, als<br />

Korporal gedient, hatte aus seiner staatspolitischen<br />

Verantwortung heraus gerufen.<br />

(BILD Nr. 3427). Schließlich ist er<br />

nicht nur Gewerkschafter, sondern auch<br />

Zweiter Präsident des Nationalrats. Und<br />

der bildet bekanntlich die Vertretung<br />

des Volkes, von dem in einer Demokratie<br />

das Recht auszugehen hat. Ein Recht,<br />

das die Allgemeine Wehrpflicht in der<br />

Bundes-Verfassung festgeschrieben hat<br />

und an dem sich Regierende zu orien-<br />

tieren haben. Weil der derzeitige Organwalter<br />

für Landesverteidigung dies nicht<br />

so sieht und die Regierung in Fragen der<br />

Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben<br />

lähmt, scheint es notwendig, dass das<br />

Volk aufsteht. <strong>Der</strong> Anstoß dazu sollte<br />

von einem der höchstrangigen Volksvertreter<br />

erfolgen.<br />

<strong>Die</strong> Reihe der politischen Honoratioren<br />

konnte sich sehen lassen. (BILD<br />

oben Mitte): Vizekanzler und Außenminister,<br />

die Innenministerin und<br />

ihr Staatssekretär, Nationalratsabgeordnete,<br />

Spitzengewerkschafter. Ein ehemaliger<br />

Nationalratspräsident und Verteidigungsminister,<br />

der tatsächlich noch<br />

einer war, wurde vermutlich auch deshalb<br />

von den Anwesenden mit besonderem<br />

Applaus begrüßt: Dr. Robert<br />

Lichal. Und als besonderer Gast sollte<br />

der Schweizer Bundesrat – quasi der<br />

benachbarte Amtskollege des österreichischen<br />

Verteidigungsministers – Ueli<br />

Maurer seine Sicht der Dinge zur Frage<br />

der Allgemeinen Wehrpflicht präsentieren.<br />

Schließlich hat sich das österrei-<br />

von Manfred<br />

chische Volk ja vor ein paar Jahren zu<br />

einer Neutralität nach dem Vorbild der<br />

Schweiz entschlossen. Und die nimmt<br />

diese sehr ernst. Mit Allgemeiner Wehrpflicht<br />

und Miliz. Mit einer großen<br />

Zahl an Bürgern in Uniform.<br />

Nach dem Vorbild der<br />

Schweiz …<br />

„Sicherheit ist das größte Gut“ erklärte<br />

Bundesrat Maurer und für die Erhaltung<br />

dieses Guts sei die Bevölkerung<br />

verantwortlich und „das könne man<br />

nicht an bezahlte Soldaten übergeben!“.<br />

Dass sich die Armee aus der Bevölkerung<br />

rekrutiert, sei deswegen so wichtig,<br />

weil heutzutage die Krisen nicht auf<br />

dem Schlachtfeld stattfinden, sondern<br />

mitten in der Bevölkerung. Daher sei<br />

es wichtig, dass bei solchen Krisen der<br />

Bürger in Uniform auftrete und kein<br />

bezahlter Soldat. „Das ist etwas ganz<br />

Zentrales“. <strong>Die</strong> Wehrpflicht sichere zudem<br />

die demokratische Kontrolle der<br />

Streitkräfte.<br />

8 <strong>Der</strong> <strong>Offizier</strong> 3-20<strong>12</strong>


We h r p o l i t i k<br />

r die Wehrpflicht<br />

Gänsdorfer<br />

Ein weiterer Vorteil sei das zivile<br />

Know-how, das aus der Bevölkerung in<br />

die Armee fließe und das es bei einem<br />

bezahlten Heer nicht gebe. Vorteile<br />

sieht Maurer auch bei der Rekrutierung:<br />

In einer bezahlten Armee stehe das Militär<br />

bei der Personalrekrutierung mit der<br />

Wirtschaft im Wettbewerb und da sei es<br />

anzuzweifeln, dass es dabei die besten<br />

Köpfe bekommen würde.<br />

Ein Berufsheer sei in Krisenzeiten zu<br />

klein und in normalen Zeiten zu groß,<br />

so Maurer. „<strong>Der</strong> Bürger habe Rechte<br />

und Pflichten. Eine dieser Pflichten<br />

ist die allgemeine Wehrpflicht“, so der<br />

Schweizer Minister und lieferte damit<br />

die Begründung eines „Bedarfsheeres“.<br />

Dass man sich in der Schweiz in<br />

Geldfragen besonders auskennt, ist allgemein<br />

bekannt. <strong>Die</strong>s gilt auch für das<br />

Militär: „Wir haben die Frage der Finanzierung<br />

des Heeres von verschiedenen<br />

Standpunkten her berechnet. Es<br />

gibt keine billigere Variante wie die der<br />

Allgemeinen Wehrpflicht – alles ande-<br />

re sei teurer und weniger effizient“, so<br />

Maurer. Dass man dabei in Summe pro<br />

Jahr gerade so viel aufwende, wie in der<br />

Schweiz für Autoblechschäden aufgebracht<br />

wird, sei als Versicherungsprämie<br />

für den Steuerzahler verträglich. <strong>Die</strong><br />

Schweiz hat ein deutlich höheres Verteidigungsbudget<br />

als Österreich. <strong>Der</strong><br />

Schluss, dass die Schweizer schlechtere<br />

Autofahrer wären ist wohl nicht zulässig.<br />

Sie nehmen Landesverteidigung einfach<br />

ernst. In der Schweiz wird derzeit<br />

auf Initiative des Parlaments über eine<br />

Erhöhung des eingefrorenen Verteidigungsbudgets<br />

von 4,4 (3,66 Mrd. Euro)<br />

auf fünf Mrd. Schweizer Franken (4,16<br />

Mrd. Euro) diskutiert.<br />

Vizekanzler und Innenministerin<br />

ÖVP-Chef Michael Spindelegger,<br />

selbst Milizoffizier, kam auf die bevorstehende<br />

Volksbefragung über die<br />

Wehrpflicht zu sprechen und begründete<br />

sie damit, dass Darabos ständig<br />

gegen die in der Verfassung verankerte<br />

3-20<strong>12</strong> <strong>Der</strong> <strong>Offizier</strong><br />

Wehrpflicht agiere. Es werden Projekte<br />

beworben, die die Verfassung aushöhlen.<br />

Angesichts dieser Verunsicherung<br />

und Demotivation der Truppe und der<br />

Bevölkerung „brauchen wir die Befragung“.<br />

„Das ist kein Zustand. Wir brauchen<br />

eine Entscheidung.“<br />

Es sei den jungen Menschen zumutbar,<br />

wenn sie einen Beitrag für das Land<br />

und die Gemeinschaft leisten, so Spindelegger.<br />

Und geschadet habe es auch<br />

keinem. <strong>Der</strong> Bürger solle nicht ständig<br />

auf den Staat warten, sondern auch selber<br />

einen Beitrag leisten.<br />

Dass sich die Ausführungen der<br />

österreichischen Innenministerin im<br />

Rahmen der Enquete eher auf die Fragen<br />

der inneren Sicherheit und des Zivildienstes<br />

konzentrierten, lag auf der<br />

Hand. Sie kritisierte, dass Verteidigungsminister<br />

Darabos ständig neue<br />

Zahlen präsentiere und wies die jüngsten<br />

Daten aus dem Kabinett, wonach<br />

nur wenige Grundwehrdiener im Katastropheneinsatz<br />

sind, zurück. Beim


Alle Fotos: Andreas Bruckner<br />

Hochwasser 2002 in Niederösterreich<br />

seien 85 Prozent der eingesetzten Soldaten<br />

(11.000 von 13.000) Rekruten<br />

gewesen. Mit den Plänen von Darabos<br />

würde sich die Zahl der Kadersoldaten<br />

halbieren und es wären alle Milizsoldaten<br />

mit einem Schlag weg, so Mikl-<br />

Leitner. „Ein Berufsheer bedeutet deutlich<br />

mehr an Kosten und deutlich weniger<br />

an Sicherheit.“<br />

<strong>Die</strong> Leistungsträger<br />

Neben den Honoratioren aus der<br />

Politik kamen im Rahmen der Enquete<br />

Repräsentanten aus Militär, Rettungswesen,<br />

Feuerwehr zu Wort. Darunter<br />

auch ehemalige Grundwehr- bzw. Zivildiener.<br />

<strong>Der</strong> Präsident der Österreichischen<br />

<strong>Offizier</strong>sgesellschaft, Eduard Paulus,wies<br />

dabei auch Darabos‘ Ruf nach einem<br />

„Profi-Heer“ zurück. Das Bundesheer<br />

verfüge über Zehntausende Profi-Soldaten.<br />

„Das einzige, was in diesem Heer<br />

nicht professionell ist, ist die politische<br />

Führung!“<br />

Milizverbands-Präsident Michael<br />

Schaffer bezeichnete den Ressortchef als<br />

We h r p o l i t i k<br />

„Totengräber der Landesverteidigung“.<br />

Werner Kerschbaum vom Roten Kreuz<br />

warnte vor einer „drastischen Reduktion<br />

der Leistungen der Rettungsorganisationen“,<br />

wenn der Zivildienst ohne tauglichen<br />

Ersatz abgeschafft wird. „Besorgt“<br />

zeigte sich auch Gemeindebund-Vorsitzender<br />

Mödlhammer. „Mit der Einführung<br />

eines bezahlten Freiwilligen-Jahres<br />

werde der unglaubliche Schatz an<br />

Freiwilligenarbeit in Österreich infrage<br />

gestellt“. Und Werner Kerschbaum vom<br />

Roten Kreuz ergänzte, dass ein bezahltes<br />

„Freiwilligen-Jahr“ nichts mit Freiwilligenarbeit<br />

zu tun habe. „Das wäre eine<br />

Desavouierung von Freiwilligen“ und<br />

es sei auch „der falsche Weg für eine Zivilgesellschaft“.<br />

Wenn man heute den<br />

Zivildienst bezahle, werde „morgen vielleicht<br />

die Feuerwehr und übermorgen<br />

der Blutspender die Hand aufhalten“.<br />

Resümee<br />

Dass Allgemeine Wehrpflicht und<br />

der Zivildienst als Wehrersatzdienst<br />

nicht nur Bürgerpflicht sind, sondern<br />

wesentliche Säulen des gesellschaftlichen<br />

Zusammenlebens in Sicherheit und<br />

Wohlfahrt sind, war wohl allen Besuchern<br />

der Enquete schon davor bewusst.<br />

Wenn nun – bei allen Reformnotwendigkeiten<br />

im Bundesheer und beim Zivildienst<br />

– diese Säulen zum Einsturz<br />

gebracht werden, drängt sich die Frage<br />

nach dem „cui bono“ auf. Einige wenige<br />

Funktionäre einer politischen Partei<br />

und ihre Helfer? Eine kleinformatige<br />

Zeitung im Ringen um Leserreichweite<br />

bei Jungerwachsenen? Ist es gar ein Versuch<br />

des politischen Stimmenfangs, weil<br />

jemandem die Zielgruppe 17-24jähriger<br />

davon zu laufen scheint?<br />

<strong>Die</strong> Veranstaltung hat jedenfalls<br />

klar gezeigt, wie ein komplexes Thema<br />

wie das des Wehrdienstes auf einfache<br />

Fragen und Antworten „heruntergebrochen“<br />

werden kann.<br />

Und dabei kann nicht deutlich genug<br />

betont werden, dass verantwortungsvolle<br />

Politik sich am Gemeinwohl<br />

zu orientieren hätte und nicht an den<br />

Interessen der Splittergruppe einer politischen<br />

Partei. Ob gegen Letzteres ein<br />

Land aufzustehen in der Lage ist, wird<br />

sich am 20. Jänner 2013 weisen.<br />

10 <strong>Der</strong> <strong>Offizier</strong> 3-20<strong>12</strong>


Aufgeschnappt:<br />

„Es werden Projekte beworben, die die Verfassung<br />

aushöhlen!“<br />

(M. Spindelegger, Vizekanzler)<br />

„Unser Heer hat zehntausende Profis. Das einzige,<br />

was in diesem Heer nicht professionell ist, ist die<br />

politische Führung!“<br />

(E. Paulus, Präsident ÖOG)<br />

„92 Prozent der Ortschefs sind für die Beibehaltung<br />

der Wehrpflicht!“<br />

(H. Mödlhammer, Präsident Gemeindebund)<br />

„Wenn man heute den Zivildienst bezahle, werden<br />

morgen vielleicht die Feuerwehr und übermorgen<br />

der Blutspender die Hand aufhalten!“<br />

(W. Kerschbaum, Generalsekretär Rotes Kreuz)<br />

„Durch den Wehrdienst bleibt das Heer in der Bevölkerung<br />

verankert!“<br />

(J. Mikl-Leitner, Innenministerin)<br />

„Für die Sicherheit hat der Bürger selbst einzustehen.<br />

Das kann man nicht an bezahlte Söldner<br />

delegieren!“ (U. Maurer, BR Schweiz)<br />

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We h r p o l i t i k<br />

Zumindest die Verunsi<br />

Schul-, Steuer-, und Wehrpflicht s<br />

Nach dieser Volksbefragung<br />

werden<br />

wir wissen, wie es<br />

weitergeht und die<br />

Verunsicherung hat<br />

ein Ende. <strong>Die</strong> beiden<br />

Regierungsparteien<br />

vertreten gegensätzlich<br />

unterschiedliche<br />

Standpunkte, nur Befragungstermin<br />

und<br />

-text konnten gerade<br />

noch einvernehmlich<br />

beschlossen werden.<br />

<strong>Die</strong> „neue Sicherheitsstrategie“, mit<br />

einer umfassenden Bedrohungs- und<br />

Gefährdungsanalyse, liegt seit März<br />

2011 in einem Unterausschuss im Parlament.<br />

<strong>Die</strong>ses Dokument sollte eigentlich<br />

die Grundlage für die öffentliche<br />

Diskussion und letztlich für die<br />

politischen Entscheidungen zur Wehrpflicht<br />

sein. Stattdessen wird im Wege<br />

einer Volksbefragung über die Organisation<br />

des Bundesheeres entschieden,<br />

ohne vorher über die tatsächlichen Bedrohungen,<br />

Gefährdungen oder Auswirkungen<br />

zu diskutieren.<br />

Wird da das „Pferd nicht vom<br />

Schwanz her aufgezäumt?“<br />

Schul-, Steuer- und Wehrpflicht<br />

sind Eckpfeiler unserer Republik. Mir<br />

wäre zweifelsohne lieber gewesen, über<br />

solche Werte nicht abstimmen zu müssen,<br />

denn es ist ein bedenkliches Zeichen,<br />

wenn politisch heikle Fragen<br />

einfach weiter gereicht werden. Wir<br />

könnten nämlich auch darüber abstimmen,<br />

ob wir Steuern zahlen wollen oder<br />

nicht. Aber es steht fest, dass der Verteidigungsminister<br />

mit seinen karriere-<br />

Foto: A. Bruckner<br />

orientieren Zuarbeitern unverdrossen<br />

an der Abschaffung der Wehrpflicht<br />

festhält, obwohl in der Verfassung und<br />

in der Regierungsvereinbarung genau<br />

das Gegenteil steht. <strong>Die</strong> Entscheidung<br />

für eine Volksbefragung ist daher eine<br />

„Notbremsung“, um die fortwährende<br />

Demontage des Bundesheeres bis zur<br />

Nationalratswahl durch den eigenen<br />

Verteidigungsminister zu beenden.<br />

Das Bundesheer rekrutiert derzeit<br />

den Nachwuchs weitgehend aus dem<br />

Kreis der Präsenzdiener und das funktioniert<br />

durchaus zufriedenstellend. Man<br />

könnte es einfach so beschreiben: Sie<br />

lernen uns kennen, wir lernen sie ken-<br />

Wilhelm Waldner, Vorsitzender Bun<br />

nen. Das gibt nicht nur eine demokratische<br />

Durchmischung des Kaderpersonals,<br />

sondern auch eine Verankerung<br />

des Bundesheeres in der Bevölkerung.<br />

<strong>Die</strong> Bedenken des über alle Parteigrenzen<br />

hinweg beliebten und anerkannten<br />

Generalstabschefs Entacher<br />

werden vom Verteidigungsminister ganz<br />

einfach negiert. Da wird von einer Berufsarmee<br />

amerikanischen Zuschnitts<br />

geträumt und da passen halt Grundwehrdiener<br />

nicht dazu. Ich habe auch<br />

den Eindruck, dass manche dieser karriereorientierten<br />

Zuarbeiter es nicht erwarten<br />

können, endlich „Krieg führen<br />

zu können“, „Verantwortung“ zu über-<br />

<strong>12</strong> <strong>Der</strong> <strong>Offizier</strong> 3-20<strong>12</strong>


nehmen, um sich in höheren Kommandofunktionen<br />

im sicheren Hinterland<br />

zu bewähren.<br />

Mehrmals wurden die anfangs errechneten<br />

Kosten für das „Darabos-Berufsheer“<br />

reduziert, um die fröhliche<br />

Botschaft verkünden zu können, dass<br />

künftig mehr Profis nicht mehr kosten.<br />

Dass der mit der Wehrpflicht als siamesischer<br />

Zwilling verbundene Zivildienst<br />

dann auch zur Diskussion steht, führt<br />

zwischenzeitlich beim Sozialminister zu<br />

ähnlich fröhlichen Rechenübungen.<br />

Gerade die Einsatzbilanzen aus<br />

dem letzten Winter und aus den aktu-<br />

We h r p o l i t i k<br />

cherung hat ein Ende<br />

ind Eckpfeiler unserer Republik<br />

desheergewerkschaft in der GÖD<br />

ellen Einsätzen in der Steiermark und<br />

in Kärnten zeigen, dass diese Ergebnisse<br />

ohne Präsenzdiener niemals erreichbar<br />

gewesen wären. Unverdächtig<br />

ist hier die Feststellung aus dem Verteidigungsministerium<br />

aus dem Jahre<br />

2010: „Ohne Wehrpflicht wären derartige<br />

Einsätze jedoch nicht in diesem<br />

Ausmaß möglich“.<br />

<strong>Die</strong> derzeitige Einsatzfähigkeit im<br />

In- und Ausland wird daher bei einem<br />

„Darabos-Berufsheer“ ohne deutliche Erhöhung<br />

der Geldmittel nicht gehalten<br />

werden können. Seriöse Experten gehen<br />

von einer Verdoppelung des bisherigen<br />

Budgets aus. Das heißt für mich, wenn<br />

die Forderung nach einem Berufsheer<br />

ernst genommen wird, und der bisherige<br />

Leistungsumfang beibehalten werden<br />

soll, dann ist es halt doppelt so teuer.<br />

Ich kann nicht erkennen, dass die allgemeinen<br />

wirtschaftlichen Rahmenbedingungen<br />

es in den kommenden Jahren<br />

möglich machen, das Budget zu verdoppeln.<br />

Wird auf ein Berufsheer umgestellt,<br />

wird es dieses notwendige Geld<br />

nicht geben. Und ohne das notwendige<br />

Geld, kommt dies einer Auflösung des<br />

Bundesheeres gleich.<br />

Einsätze wie 2002 wären mit einem<br />

Berufsheer – so Experte Entacher –<br />

schlichtweg nicht möglich. Ärgerlich<br />

ist, dass der Verteidigungsminister und<br />

seine „Experten“ ständig nach einem<br />

Profiheer rufen, obwohl das derzeitige<br />

Bundesheer bereits jetzt schon zu einer<br />

erheblichen Zahl aus „Profis“ besteht.<br />

Gerade unser derzeitiges Mischsystem<br />

auf Basis der Wehrpflicht, bestehend<br />

aus Profis aus dem Kreis der Berufssoldaten,<br />

Milizsoldaten und Grundwehrdienern<br />

stellt jederzeit sicher, dass – so<br />

General Entacher – wir ziemlich alles<br />

abdecken können, was daherkommt.<br />

Meiner Meinung nach wollte die<br />

Regierungspartei SPÖ mit ihrem Ver-<br />

teidigungs- und Sportminister Darabos<br />

- der übrigens noch im Jahre 2010<br />

überzeugend und engagiert genau das<br />

Gegenteil vertreten hat – die Abschaffung<br />

der Wehrpflicht – bis zu den kommenden<br />

Nationalratswahlen im nächsten<br />

Jahr als Forderung beibehalten. <strong>Der</strong><br />

Bürgermeister von Wien hat – weil zu<br />

kurz vor der Wahl begonnen – erfolglos<br />

versucht, mit diesem Bundesthema den<br />

drohenden Verlust der absoluten Mehrheit<br />

im Landtag in Wien abzuwenden.<br />

Betroffen macht aber, dass sich hochrangige<br />

Mitarbeiter des Ressorts in dieses<br />

politische Spiel einspannen lassen. <strong>Die</strong>se<br />

Kameraden sollten sich fragen, warum<br />

der Generalstabschef konsequent<br />

eine andere Linie vertritt.<br />

Damit kein falscher Eindruck entsteht:<br />

Meine Ausführungen bedeuten<br />

keinesfalls, dass wir „wie es <strong>Die</strong>nstnehmervertretern<br />

gerne unterstellt wird“ -<br />

gegen jede Veränderung und gegen jede<br />

Reform eintreten. Selbstverständlich<br />

wird das Bundesheer sich weiter entwickeln<br />

müssen, um auf die jeweiligen sicherheitspolitischen<br />

Herausforderungen<br />

die passenden Antworten zu haben.<br />

Hier werden wir auch einen konstruktiven<br />

Beitrag zu leisten haben. Das war in<br />

der Vergangenheit so und das wird auch<br />

in Zukunft so sein!<br />

<strong>Die</strong> Gewerkschafter und Personalvertreter<br />

aus dem Bundesheer haben<br />

sich in der Resolution vom 2. Dezember<br />

2010 überparteilich und einstimmig<br />

zur Wehrpflicht bekannt. Wir werden<br />

uns daher auch verstärkt in die öffentliche<br />

Diskussion einbringen und nicht<br />

die Seiten wechseln. Wir stehen gemeinsam<br />

mit allen vernünftigen Kräften<br />

in diesem Land auf, für ein „Ja zur<br />

Wehrpflicht!“<br />

3-20<strong>12</strong> <strong>Der</strong> <strong>Offizier</strong> 1 3


Foto: ORK <strong>Die</strong><br />

Durch die Diskussionen über die<br />

Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht,<br />

ist die Bedeutung des Zivildienstes<br />

in ein völlig neues Licht gerückt. <strong>Die</strong><br />

vielen Zivildienstleistenden bekommen<br />

nach Jahrzehnten nun zu Recht seit Monaten<br />

eine öffentliche Wertschätzung<br />

und Anerkennung für ihre wichtigen<br />

Aufgaben in verschiedenen Bereichen<br />

des Gesundheits- und Sozialsystems.<br />

<strong>Die</strong> Zivildiener leisten derzeit sehr<br />

wertvolle <strong>Die</strong>nste beispielsweise für<br />

Kranke, Pflegebedürftige und Menschen<br />

mit Behinderungen. Viele Leistungen<br />

im österreichischen Gesundheits-<br />

und Sozialsystem sind derzeit in<br />

dieser Form nur durch den Zivildienst<br />

möglich.<br />

Österreich kann auch sehr stolz auf<br />

sein Rettungs- und Sanitätsdienstsystem<br />

sein. <strong>Die</strong>ses hochverfügbare und effiziente<br />

System funktioniert nur aufgrund<br />

des gemeinsamen Einsatzes von ehrenamtlichen<br />

und hauptberuflichen Mitarbeitern<br />

und von Zivildienern. In diesem<br />

We h re r s a t z d i e n s t<br />

gesellschaftliche<br />

des Zivildienstes<br />

Punkt hinkt auch der Vergleich mit anderen<br />

europäischen Ländern. Es ist hier<br />

nicht nur die rasche Eintreffzeit eines<br />

Rettungsfahrzeuges, die Österreich von<br />

anderen Ländern wesentlich unterscheidet,<br />

sondern auch der breite Umfang in<br />

welchem der Rettungs- und Sanitätsdienst<br />

in Österreich sichergestellt ist.<br />

Beispielsweise ist es bei uns vollkommen<br />

selbstverständlich, dass beeinträchtigte<br />

und gebrechliche Menschen auch<br />

vom Sanitätsdienst zu Untersuchungen<br />

und Behandlungen transportiert werden,<br />

während in anderen Staaten die<br />

Angehörigen diese Transporte organisieren<br />

und bezahlen müssen.<br />

Wird die allgemeine Wehrpflicht<br />

abgeschafft und damit auch der Zivildienst,<br />

dann gibt es nur wenige mögliche<br />

Alternativen. <strong>Der</strong> Ersatz durch<br />

hauptberufliche Mitarbeiter ist aufgrund<br />

der hohen Mehrkosten von rund<br />

140 Millionen Euro österreichweit nur<br />

für die beim Roten Kreuz tätigen Zivildiener<br />

für die Länder, Gemeinden und<br />

Sozialversicherungsträger nicht finanzierbar.<br />

Auch freiwillige und unbezahlte<br />

Mitarbeiter können diese Aufgaben<br />

nicht übernehmen, weil sie tagsüber ihrem<br />

Zivilberuf nachgehen und schon<br />

jetzt einen erheblichen Teil der Leistungen<br />

des Rettungs- und Sanitätsdienstes,<br />

insbesondere während der Nacht, an<br />

Wochenenden und an Feiertagen übernehmen.<br />

<strong>Der</strong> seit Monaten vom Roten Kreuz<br />

geforderte „runde Tisch“ mit allen Betroffenen<br />

wurde jetzt zumindest für die<br />

Träger der Rettungsdienste eröffnet. Das<br />

derzeit diskutierte Modell des bezahlten<br />

„freiwilligen“ Sozialjahres muss vor dem<br />

Hintergrund der Erfahrungen in der<br />

Bundesrepublik Deutschland kritisch<br />

hinterfragt werden.<br />

Zeitgleich mit dem Wegfall der<br />

Wehrpflicht in Deutschland wurde der<br />

Bundesfreiwilligendienst eingerichtet.<br />

Parallel dazu blieb das bereits existierende<br />

Freiwillige Soziale Jahr bestehen. Zur<br />

Hochzeit leisteten 136.000 junge Deutsche<br />

ihren Zivildienst, hauptsächlich in<br />

Pflege- und Betreuungsdiensten. Bundesfreiwilligendienst<br />

und Freiwilligen<br />

Sozialem Jahr ist es bis dato gelungen,<br />

rund 75.000 dieser Stellen zu besetzen.<br />

Auch die derzeit diskutierte Bezahlung<br />

des sogenannten „freiwilligen“ Sozialdienstes<br />

muss im Hinblick auf die<br />

möglichen Auswirkungen auf den ehrenamtlichen<br />

Bereich sehr kritisch gesehen<br />

und betrachtet werden. Bei unseren<br />

Nachbarn gibt es für die Freiwilligen<br />

die sich für den Bundesfreiwilligendienst<br />

entscheiden nur ein Taschengeld<br />

mit rund 350,-- Euro. Jedenfalls wäre<br />

das Wording für den Freiwilligen sozialen<br />

<strong>Die</strong>nst zu überdenken. <strong>Der</strong> Begriff<br />

der Freiwilligkeit wurde ohnehin in den<br />

letzten Monaten sehr strapaziert.<br />

14 <strong>Der</strong> <strong>Offizier</strong> 3-20<strong>12</strong>


We h re r s a t z d i e n s t<br />

Bedeutung<br />

<strong>Der</strong> Zivildienst in Österreich ist ein<br />

über Jahrzehnte erprobtes System und<br />

lässt sich nicht von heute auf morgen ersetzen.<br />

Alternativen müssen gemeinsam<br />

mit allen relevanten Partnern erarbeitet<br />

werden. Als humanitäre Organisation<br />

ist es uns wichtig, dass all jene Leistungen,<br />

die Zivildiener heute für unsere<br />

Gesellschaft erbringen, auch in Zukunft<br />

gewährleistet sind – und zwar mindestens<br />

in gleicher Qualität.<br />

Von besonderer gesellschaftlicher<br />

Bedeutung ist, dass die vielen jungen<br />

Männer, die jährlich den Zivildienst<br />

absolvieren, im Rahmen ihrer Ausbildung<br />

und Tätigkeit eine wichtige Persönlichkeitsentwicklung<br />

erfahren. Im<br />

Rettungs- und Krankentransportdienst<br />

„<strong>Die</strong> allgemeine Wehrpflicht<br />

und somit der Zivildienst<br />

sollen als bewährtes und<br />

sinnvolles System mit ihren<br />

gesellschaftspolitisch wertvollen<br />

Inhalten erhalten<br />

bleiben.“<br />

kommen Zivildienstleistende mit Menschen<br />

aus allen Gesellschaftsschichten<br />

zusammen und werden mit vielen Formen<br />

des menschlichen Leidens konfrontiert.<br />

Sie helfen in Not geratenen Menschen<br />

unabhängig ihrer Rasse, Religion<br />

und politischer Ansichten in gleicher<br />

Weise, genauso wie es ihnen durch ihre<br />

freiwilligen und hauptberuflichen Kollegen<br />

vorgelebt wird. Dadurch lernen sie<br />

Toleranz, Wertschätzung sowie Achtung<br />

und Respekt vor der Einzigartigkeit der<br />

Persönlichkeit jedes Menschen. So gesehen<br />

gibt der Zivildienst jährlich tausenden<br />

jungen Menschen die Gelegenheit<br />

zu lernen, was den Menschen wirklich<br />

ausmacht.<br />

von Anton Holzer<br />

Nicht zuletzt deshalb entscheidet<br />

sich rund die Hälfte der jungen Männer<br />

nach ihrem Zivildienst dazu, als<br />

ehrenamtliche Mitarbeiter weiter beim<br />

Roten Kreuz tätig zu bleiben. Letzteres<br />

gilt im Übrigen auch für die Heeressanitäter,<br />

die ihre Praxis beim Roten Kreuz<br />

absolvieren.<br />

<strong>Der</strong> Zivildienst aber auch der Praxisdienst<br />

der Heeressanitäter sind für<br />

das Rote Kreuz eine wichtige Rekrutierungsquelle.<br />

Zivildiener und Heeressanitäter<br />

erleben ihren <strong>Die</strong>nst als positiv,<br />

sinnstiftend und bereichernd. Ohne diese<br />

Erfahrungen würden diese jungen<br />

Menschen nicht auf die Idee kommen,<br />

sich freiwillig und unentgeltlich für andere<br />

Menschen zu<br />

engagieren. <strong>Die</strong><br />

Gewinnung neuer<br />

Mitarbeiter wird<br />

das Rote Kreuz<br />

bei Wegfall des Zivildienstes<br />

vor erheblicheHerausforderungenstellen.<br />

Insgesamt<br />

geht es daher bei<br />

der Frage, ob die<br />

allgemeine Wehrpflicht<br />

und damit<br />

der Zivildienst abgeschafft<br />

wird oder<br />

nicht, nicht um<br />

das Rote Kreuz,<br />

sondern um unsere<br />

Gesellschaft,<br />

um unser Gesundheits-<br />

und Sozialsystem.<br />

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3-20<strong>12</strong> <strong>Der</strong> <strong>Offizier</strong> 1 5<br />

Foto: ORK<br />

Anton Holzer, verheiratert mit LH Gabi<br />

Burgstaller, ist ehrenamtlicher Landesrettungskommandant<br />

des Salzburger<br />

Roten Kreuzes. Er ist seit 32 Jahren<br />

ehrenamtlich beim Roten Kreuz tätig.<br />

Beruflich ist er seit über <strong>12</strong> Jahren<br />

Leiter des Blutspendedienstes des<br />

Salzburger Roten Kreuzes und Mitglied<br />

der Geschäftsleitung im Landesverband<br />

Salzburg.


Zehn Fragen an<br />

Im O f f i z i e r z u Ga s t<br />

Dr. Beatrix Karl, Bunde<br />

In der Österreichischen<br />

<strong>Offizier</strong>sgesellschaft herrscht<br />

große Freude, dass Sie ihr<br />

seit geraumer Zeit durch ihre<br />

Mitgliedschaft in der OG Steiermark<br />

angehören. Was hat<br />

Sie bewogen, Mitglied zu werden?<br />

<strong>Die</strong> Zukunft des Österreichischen<br />

Bundesheeres liegt mir am Herzen und<br />

ich bin betroffen, wenn ich von immer<br />

mehr <strong>Offizier</strong>en und Unteroffizieren,<br />

aber auch Angehörigen des Milizstandes<br />

tiefe Frustration und Enttäuschung über<br />

manche aktuelle Entwicklungen beim<br />

Bundesheer spüre.<br />

Muss man da gleich Mitglied<br />

in einer Organisation wie der<br />

<strong>Offizier</strong>sgesellschaft sein?<br />

Es ist ein Kennzeichen reifer Demokratien,<br />

dass sich neben den offiziellen<br />

Instanzen und Funktionen eine Bürgergesellschaft,<br />

wenn Sie wollen eine „Civil<br />

Society“ entwickelt. <strong>Die</strong> ÖOG sehe ich<br />

als einen Teil einer solchen Gesellschaft,<br />

die in unserer Zeit immer wichtiger<br />

wird. Sie ist mit ein wichtiges partizipatorisches<br />

Element in der Politik, wo es<br />

darum geht, für und mit dem Volk eine<br />

gemeinschaftsnotwendige Ordnung zu<br />

schaffen. Da ist es für mich eine besondere<br />

Verpflichtung, allein schon durch<br />

meine Mitgliedschaft sich zu ihr zu bekennen.<br />

Hier befinde ich mich übrigens<br />

auch in guter Gesellschaft. So ist z.B.<br />

Landeshauptmann a. D. Waltraud Klasnic<br />

Mitglied der OG Steiermark und<br />

meine Kollegin in der Bundesregierung,<br />

Frau Mag. Mikl-Leitner, Mitglied in der<br />

OG Niederösterreich.<br />

Wenn man einer solchen Organisation<br />

zugehört, muss<br />

man sich ja auch mit ihren<br />

Zielen identifizieren. Welche<br />

sind hier für Sie die wesentlichen?<br />

Wenn die ÖOG als das „Sicherheitspolitische<br />

Gewissen Österreichs“<br />

bezeichnet wird, ist das ein sehr hoher<br />

Anspruch. Ich sehe aber durchaus in den<br />

Auftritten der ÖOG das Bemühen, diesem<br />

Anspruch gerecht zu werden. Dass<br />

dies nicht als Appendix der Ressortführung<br />

erfolgt und mitunter sehr kritisch<br />

zu deren Vorhaben geschieht, ist bemerkenswert.<br />

Das Eintreten für ein Bundesheer,<br />

das nach den Grundsätzen der<br />

Miliz organisiert ist und daher auf der<br />

allgemeinen Wehrpflicht beruht – übrigens<br />

im Einklang mit unserer Bundes-<br />

Verfassung – imponiert mir. Ebenso die<br />

Art und Weise, sich hier bemerkbar zu<br />

machen und in der Öffentlichkeit Gehör<br />

zu verschaffen.<br />

Was lässt Sie von der Allgemeinen<br />

Wehrpflicht so überzeugt<br />

sein?<br />

Ich bin – genauso wie der Oberbefehlshaber<br />

des Bundesheeres, Bundespräsident<br />

Heinz Fischer und unser Vizekanzler<br />

Michael Spindelegger – eine<br />

Verfechterin der Wehrpflicht. Für die<br />

Anforderungen, die das Österreichische<br />

Bundesheer zu erledigen hat, und unter<br />

den budgetären Rahmenbedingungen,<br />

unter denen das Verteidigungsministerium<br />

seit Jahren leidet, gibt es keine Alternative<br />

zur allgemeinen Wehrpflicht. <strong>Die</strong><br />

Erfahrungen, die andere europäische<br />

Staaten mit der Abschaffung der Wehrpflicht<br />

gemacht haben, überzeugen<br />

mich keineswegs. Nur durch die Einbeziehung<br />

aller jungen Männer – aus allen<br />

Bildungs- und Gesellschaftsschichten<br />

– erreicht man eine breite Akzeptanz<br />

für das Bundesheer in der Bevölkerung.<br />

Sehr wohl kann ich mir aber eine große<br />

Reform des Präsenzdienstes vorstellen,<br />

die einen stärkeren Fokus auf die Hilfe<br />

bei und nach Katastrophen richtet.<br />

16 <strong>Der</strong> <strong>Offizier</strong> 4-2007<br />

Foto: zVfg. BMJ


Im O f f i z i e r z u Ga s t<br />

sministerin für Justiz<br />

Wie sehen Sie denn da die<br />

derzeit anlaufenden Pilotprojekte<br />

im Heer, die darauf<br />

abzielen, den Österreichern<br />

ein Berufsheer mit einer ergänzendenFreiwilligenmiliz<br />

schmackhaft zu machen?<br />

Manche Kritiker meinen, dies<br />

sei sogar verfassungswidrig.<br />

Jetzt in einigen Bundesländern<br />

– unabgesprochen – Berufsheer-Experimente<br />

– sogenannte Pilotprojekte - zu<br />

starten, finde ich als kontraproduk-<br />

tiv und schließe mich den Worten von<br />

ÖVP-Wehrsprecher Oswald Klikovits<br />

an, der in diesem Zusammenhang von<br />

„nutzlosen Planspielen“ sprach.<br />

Wenn wir angeblich in einem<br />

der reichsten Länder der Welt<br />

leben, kann doch die Finanzierung<br />

eines Wehrsystems<br />

das ausschlaggebende Argument<br />

sein. Sehen Sie da nicht<br />

auch andere Gründe, die für<br />

die allgemeine Wehrpflicht<br />

sprechen?<br />

WS 1986/87 - WS 1990/91: Diplomstudium der Rechtswissenschaften an der<br />

Karl-Franzens-Universität Graz<br />

21.01.1991: abschluss des Diplomstudiums der Rechtswissenschaften<br />

SS 1991 - WS 1995/96: Doktoratsstudium der Rechtswissenschaften an der<br />

Karl-Franzens-Universität Graz<br />

15.11.1995: abschluss des Doktoratsstudiums der Rechtswissenschaften mit<br />

ausgezeichnetem Erfolg<br />

01.<strong>12</strong>.1991: Bestellung zur Universitätsassistentin am Institut für Arbeitsrecht<br />

und Sozialrecht an der Karl-Franzens-Universität Graz<br />

01.09.1999 - 31.08.2002: APART (Austrian programme for advanced research and<br />

technology) - Stipendiatin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften<br />

am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Sozialrecht, München<br />

01.03.2001: Bestellung zur assistenzprofessorin<br />

21.01.2003: Verleihung der lehrbefugnis als Universitätsdozentin für die<br />

Fächer arbeitsrecht, Sozialrecht und Europarecht durch die Rechtswissenschaftliche<br />

Fakultät der Karl-Franzens-Universität Graz – Titel der Habilitationsschrift:<br />

„<strong>Die</strong> Auswirkungen des europäischen Wettbewerbsrechts sowie der<br />

Freiheiten des Waren- und <strong>Die</strong>nstleistungsverkehrs auf die Sachleistungssysteme<br />

am Beispiel der sozialversicherungsrechtlichen Krankenbehandlung in Österreich“<br />

seit 01.03.2003: außerordentliche Universitätsprofessorin für Arbeitsrecht, Sozialrecht<br />

und Europarecht an der Karl-Franzens-Universität Graz<br />

01.01.2005 - 31.01.2007: Mitglied des „European Committee of Social Rights“<br />

des Europarats<br />

01.04.2006 - Jänner 2010: Mitglied des hochschulrates der Pädagogischen<br />

hochschule Steiermark<br />

30.11.2006 - Jänner 2010: abgeordnete zum nationalrat<br />

01.<strong>12</strong>.2008 - Jänner 2010: Sprecherin der ÖVP für Wissenschaft und Forschung<br />

20.07.2009 - Jänner 2010: Generalsekretärin des ÖaaB<br />

26.01.2010 – 20. 04. 2011: Bundesministerin für Wissenschaft und Forschung<br />

seit 21.04.2011: Bundesministerin für Justiz<br />

3-20<strong>12</strong> <strong>Der</strong> <strong>Offizier</strong> 1 7


Natürlich! Darüber hinaus gibt es<br />

eine Reihe an Faktoren, die ganze Bände<br />

politischer Analysen füllen würden.<br />

Denken Sie etwa an die Herausbildung<br />

eines neuen Prekariats – eine Gefahr für<br />

unsere Gesellschaft, die Sie in einer der<br />

Ausgaben Ihrer Zeitschrift auch klar aufgezeigt<br />

haben. Es gibt eine Reihe an sozialpädagogischen<br />

Aspekten und es gibt<br />

ein für mich ganz wesentliches Motiv:<br />

Aus der allgemeinen Wehrpflicht ergibt<br />

sich neben den in unserem politischen<br />

System vorhandenen Kontrollmechanismen<br />

eine Art „demokratischer Kontrolle“<br />

durch die Gesellschaft. Schließlich<br />

– ich habe das schon an anderer Stelle<br />

angesprochen – soll das Militär kein<br />

Fremdkörper in der Gesellschaft sein,<br />

sondern ein integraler Bestandteil.<br />

Das führt uns direkt zur Frage<br />

des Vertrauens. Eines Vertrauens,<br />

das allerdings keine<br />

Einbahnschiene sein darf.<br />

Wie wichtig ist dieser Aspekt<br />

für Sie?<br />

Äußerst! Es ist übrigens aus meiner<br />

Sicht eine gemeinsame Notwendigkeit<br />

für Repräsentanten des Bundesheeres<br />

und jenen der Justiz: beide benötigen<br />

ein hohes Ansehen in der Bevölkerung<br />

und ein Vertrauensverhältnis mit den<br />

Bürgerinnen und Bürgern. Wenn die<br />

Bevölkerung das Vertrauen in ihre Militärs<br />

und in ihre Justiz verliert, ist das<br />

meist ein schlechtes Zeichen für einen<br />

Staat! Ich arbeite in meinem Ressort an<br />

einer großen Vertrauensoffensive für die<br />

Justiz. Ob der Verteidigungsminister in<br />

den vergangenen Jahren viel dazu beigetragen<br />

hat, in der Öffentlichkeit mehr<br />

Im O f f i z i e r z u Ga s t<br />

Vertrauen in das Bundesheer herzustellen,<br />

möchte ich dahingestellt lassen.<br />

Manche unserer Mitglieder<br />

haben sich gefragt, ob es neben<br />

dem wichtigen Vertrauen<br />

und dem Militärstrafrecht<br />

zwischen den Aufgaben der<br />

Justiz und jenen der Landesverteidigung<br />

noch andere Gemeinsamkeiten<br />

gibt. Sehen<br />

Sie welche?<br />

Bei genauerem Überlegen wird klar,<br />

dass beide das gleiche Ziel verfolgen: das<br />

Ziel, die Sicherheit in unserem Land zu<br />

verteidigen.<br />

<strong>Die</strong> Angehörigen der ÖOG wissen<br />

was es heißt, für Sicherheit zu kämpfen.<br />

Viele von Ihnen haben das schon in<br />

Einsätzen beispielsweise an der ehemaligen<br />

Staatsgrenze zu Jugoslawien oder<br />

im Ausland am eigenen Leib erlebt. Dafür<br />

zolle ich Ihnen meinen größten Respekt.<br />

Doch auch die Justiz verteidigt<br />

die Sicherheit in diesem Land, wenn<br />

auch mit anderen „Waffen“. Sie tut das<br />

in Gerichtssälen. Statt mit Sturmgewehren<br />

sind es Gesetze, mit denen die Justiz<br />

die Gegner des Rechtstaates besiegt. Für<br />

den einen oder anderen mag dieser Vergleich<br />

weithergeholt, ja vielleicht sogar<br />

unangebracht erscheinen. Doch ich bitte<br />

Sie, die Macht des Rechtstaates nicht<br />

zu unterschätzen. Denn Rechtlosigkeit<br />

öffnet Tür und Tor für Kriminalität und<br />

führt so immer zu Konflikten und zu<br />

Unsicherheit. Und die Bereinigung von<br />

Konflikten und der Erhalt von Sicherheit<br />

muss unser gemeinsames Anliegen<br />

sein. Nur wenn Justiz und Militär zu-<br />

sammenarbeiten können Friede und Sicherheit<br />

gesichert werden.<br />

Gemeinsames Anliegen ja,<br />

sehen Sie konkrete Beispiele<br />

in der Gegenwart?<br />

Denken Sie zum Beispiel an den<br />

Arabischen Frühling. Kurz nach Zusammenbruch<br />

der alten Regime haben<br />

die Militärs für Frieden gesorgt und<br />

das Ausbrechen neuerlicher Gewalt in<br />

der Region verhindert. Doch gleich die<br />

nächsten Schritte auf dem Weg zur Demokratie<br />

waren dann die politische Reorganisation<br />

und die Ausarbeitung einer<br />

neuen Verfassung.<br />

Denn nur durch die Schaffung und<br />

Kontrolle neuer gesetzlicher Normen,<br />

die das Zusammenleben der Gesellschaft<br />

regeln, kann längerfristig Friede<br />

gewährleistet werden.<br />

<strong>Die</strong> Arbeitsüberlastung an österreichischen<br />

Gerichten ist<br />

evident. Sie haben mittlerweile<br />

einige Schritte eingeleitet,<br />

um die Situation zu verbessern.<br />

In einigen Staaten, darunter<br />

etablierte Demokratien,<br />

gibt es im Fall militärischer<br />

Straftaten eine eigene Militärgerichtsbarkeit.<br />

Wäre das<br />

nicht eine willkommene Entlastung<br />

Ihres Ressorts?<br />

Es gibt ja in einigen Staaten – wie in<br />

der Schweiz, Frankreich, Italien, Israel<br />

oder den USA – eine eigene Militärgerichtsbarkeit.<br />

Ich finde es durchaus richtig,<br />

dass wir in Österreich auch die Vergehen<br />

nach dem Militärstrafgesetz an<br />

zivilen Gerichten verhandeln. Eine eigene<br />

Militärgerichtsbarkeit könnte den<br />

Eindruck in der Bevölkerung entstehen<br />

lassen, dass „die sich das schon richten“<br />

– ganz nach dem Motto „eine Krähe<br />

schlägt der anderen kein Auge aus“. Es<br />

gibt ja auch keine anderen Sondergerichte<br />

– etwa für Ärzte oder Polizisten.<br />

Im Sinne der Objektivität und der Akzeptanz<br />

der Entscheidungen durch alle<br />

Beteiligten im Verfahren, halte ich das<br />

jetzige System für gut und richtig.<br />

Frau Bundesminister, wir danken<br />

für dieses Gespräch!<br />

18 <strong>Der</strong> <strong>Offizier</strong> 3-20<strong>12</strong>


We h r p o l i t i k<br />

Verantwortung hat einen Namen<br />

3-20<strong>12</strong> <strong>Der</strong> <strong>Offizier</strong> 1


St re i t g e s p rä c h<br />

Simmering gegen Kapfenberg, das war nach Travnicek einst Brutalität. Aber was<br />

In der aktuellen Diskussion um die allgemeine Wehrpflicht<br />

zeigt sich, dass Österreich über geschätzte<br />

3.765.356 Experten für Landesverteidigung verfügt.<br />

Grund genug, die kontroversiellen Argumente aus<br />

hohen und höchsten Kreisen der politischen Führung<br />

zusammen zu fassen und zur Diskussion zu stellen.<br />

Bundesminister Norbert Darabos im „archivarischen<br />

Streitgespräch“ mit Bundesminister Norbert Darabos.<br />

Experte 1 *), Befürworter der<br />

allgemeinen Wehrpflicht:<br />

“Wieso sollen wir von einem Kurs abgehen,<br />

der sich gerade für einen kleinen<br />

neutralen Staat wie Österreich jahrzehntelang<br />

außerordentlich gut bewährt<br />

hat? Das Mischsystem aus Berufssoldaten,<br />

Freiwilligen (Zeitsoldaten), Miliz<br />

und Grundwehrdienern funktioniert.<br />

Das Bundesheer bewältigt alle seine<br />

personalintensiven Einsätze wie etwa<br />

den Katastrophenschutz im Inneren, den<br />

Assistenzeinsatz im östlichen Grenzraum,<br />

die Auslandsmissionen vom<br />

Westbalkan bis zum Golan, oder die permanente<br />

Luftraumüberwachung zu 100<br />

Prozent. Wie die Erfahrungen der letzten<br />

20 Jahre zeigen, funktioniert es<br />

aber in vielen Ländern, die ihr Wehrsystem<br />

geändert haben, nicht so<br />

einwandfrei. Viele Berufsarmeen in Europa<br />

haben enorme Aufbringungsprobleme.<br />

In Schweden rechnen Experten mit<br />

massiven Schwierigkeiten bei der<br />

Personalrekrutierung.“<br />

Experte 2 **), Gegner der<br />

allgemeinen Wehrpflicht:<br />

“<strong>Der</strong>zeit sind in einem auf die nicht<br />

mehr existente Bedrohung des Kalten<br />

Krieges ausgerichteten Massenheer 60<br />

Prozent der etwa 24.000 Grundwehrdiener<br />

als Systemerhalter und somit als<br />

Fahrer, Köche, Kellner oder Schreiber<br />

eingesetzt.<br />

Ein gewaltiger Apparat ist damit beschäftigt,<br />

die restlichen 40 Prozent der<br />

Darabos gegen<br />

Rekruten in kürzester Zeit zur Abwehr<br />

eines Feindes auszubilden, den es in dieser<br />

Form nicht mehr gibt. Vollkosten<br />

für die Grundwehrdiener: mehr als 200<br />

Mio. Euro pro Jahr. Mit der angepeilten<br />

Personalstärke sind alle derzeit vorstellbaren<br />

Einsätze abgedeckt. Das umfasst<br />

natürlich auch Assistenzeinsätze zur Katastrophenhilfe<br />

mit einem Bedarf von<br />

<strong>12</strong>.500 (Profi-) Soldaten. Garantiert ist<br />

darüber hinaus ein Auslandskontingent<br />

von mindestens 1100 Soldaten. <strong>Die</strong><br />

Luftraumüberwachung ist zu 100 Prozent<br />

gewährleistet.<br />

Ich plädiere daher für ein Heer<br />

mit ausschließlich bestens ausgebildeten<br />

Profi-Soldaten und starker Milizkomponente.<br />

Mein Modell sieht<br />

8500 Berufssoldaten (2000 <strong>Offizier</strong>e<br />

– statt derzeit 2900 – und 6500<br />

Unteroffiziere), 7000 Zeitsoldaten<br />

sowie 9300 Milizsoldaten vor.”<br />

Experte 1 *), Befürworter der<br />

allgemeinen Wehrpflicht:<br />

“Auch die von Wehrpflichtgegnern<br />

gerne ins Treffen geführten Pläne des<br />

Nato-Mitgliedstaates Deutschland sind<br />

kein Grund, an unserem Erfolgsmodell<br />

zu rütteln.<br />

Zum einen weiß noch niemand,<br />

wie die deutsche Oxymoron-Debatte<br />

(“freiwillige Wehrpflicht”) ausgehen<br />

wird. Oder kann man etwa die<br />

präferierte Variante (Aussetzen<br />

der Wehrpflicht und Reduktion der<br />

von Christian<br />

Truppenstärke) als vorläufiges Endergebnis<br />

bezeichnen? Im Sinne der neuen<br />

Oxymora-Kultur gewiss.<br />

Zum anderen ist die Situation<br />

im einwohnerreichsten EU-Land mit<br />

der in Österreich überhaupt nicht<br />

zu vergleichen. Ohne Grundwehrdiener<br />

könnten etwa nicht mehr zumindest<br />

10.000 Soldaten für den<br />

Katastrophenfall (z. B. Hochwasser<br />

2002) bereit gestellt werden.<br />

<strong>Die</strong> Wehrpflicht ist darüber hinaus<br />

die notwendige Basis für die Rekrutierung<br />

von Berufssoldaten. Aber nicht<br />

nur das: Ein Berufsheer würde auch<br />

das Ende der Miliz bedeuten, weil sie<br />

sich aus den Grundwehrdienern rekrutiert.<br />

Das hätte massive negative Auswirkungen<br />

auf die Auslandseinsätze: 56<br />

Prozent der österreichischen Soldaten<br />

im Ausland werden durch die Miliz gestellt.<br />

20 <strong>Der</strong> <strong>Offizier</strong> 3-20<strong>12</strong><br />

Foto.bundesheer.at


war das schon ?<br />

St re i t g e s p rä c h<br />

Darabos, …?<br />

M. Kreuziger<br />

Eine Abschaffung der Wehrpflicht<br />

würde auch bedeuten, dass<br />

es keinen Zivildienst mehr gibt.”<br />

Experte 2 **), Gegner der<br />

allgemeinen Wehrpflicht:<br />

“Gerade die ohne Grundwehrdiener<br />

absolvierten Einsätze im Jahr 2011<br />

(Evakuierung von Österreichern<br />

aus Nordafrika, Teilnahme an der<br />

EU-Battlegroup, Entsendung einer Reserveeinheit<br />

in den Nordkosovo) zeigen,<br />

dass die Herausforderungen völlig andere<br />

sind als zu Zeiten der Bipolarität.<br />

Eine konventionelle militärische Bedrohung<br />

durch Panzer gibt es nicht mehr.<br />

<strong>Die</strong> Bedrohungen sind komplexer<br />

und unvorhersehbarer geworden, sie<br />

treten kurzfristig ein. Internationaler<br />

Terrorismus, das “Scheitern” von Staaten,<br />

Angriffe auf IT-Systeme, die Bedrohung<br />

strategischer Infrastruktur oder<br />

der Klimawandel – das sind einige der<br />

Gefahren, für deren Abwehr wir uns<br />

wappnen müssen.<br />

<strong>Die</strong> Miliz soll deutlich aufgewertet<br />

werden: zwei Wochen verpflichtende<br />

Übungen pro Jahr, auf Knopfdruck einsetzbar,<br />

finanzielle Anreize und bessere<br />

Ausstattung. Dazu kommen 6500 Zivilbedienstete<br />

statt wie bisher 8400.<br />

Damit erreichen wir eine drastische<br />

Reduktion des Verwaltungsapparats, eine<br />

notwendige pyramidenförmige Personalstruktur<br />

und eine Senkung des langsam<br />

aber stetig steigenden Durchschnittsalters<br />

des Berufskaders um zumindest<br />

fünf Jahre (von derzeit 41 auf 36).”<br />

Experte 1 *), Befürworter<br />

der allgemeinen Wehrpflicht:<br />

“Ein Berufsheer mit gleichem Leistungsspektrum<br />

wäre auch um einiges<br />

teurer. Das bisherige Budget müsste<br />

verdoppelt werden – angesichts<br />

des generellen Sparzwanges ein illusorischer<br />

Gedanke. – Es gibt also etliche<br />

Gründe, die gegen ein Berufsheer<br />

und zugleich für eine Beibehaltung<br />

des bisherigen Systems sprechen.”<br />

Experte 2 **), Gegner der<br />

allgemeinen Wehrpflicht:<br />

“Das Heer gehört grundlegend reformiert,<br />

um es an die Herausforderungen<br />

der Zukunft anzupassen – andernfalls<br />

droht ein Verlust an Leistungsfähigkeit.<br />

Wir brauchen einen Wendepunkt<br />

in der Geschichte des Bundesheeres,<br />

um den Wendepunkten in der Weltgeschichte<br />

endlich gerecht zu werden.”<br />

Experte 1 *), Befürworter der<br />

allgemeinen Wehrpflicht:<br />

“<strong>Die</strong> Wehrpflicht ist darüber hinaus<br />

die notwendige Basis für die<br />

Rekrutierung von Berufssoldaten. Aber<br />

nicht nur das: Ein Berufsheer würde<br />

auch das Ende der Miliz bedeuten, weil<br />

sie sich aus den Grundwehrdienern re-<br />

krutiert. Das hätte massive negative<br />

Auswirkungen auf die Auslandseinsätze:<br />

56 Prozent der österreichischen Soldaten<br />

im Ausland werden durch die Miliz<br />

gestellt.<br />

Eine Abschaffung der Wehrpflicht<br />

würde auch bedeuten, dass es keinen<br />

Zivildienst mehr gibt. Denn ein Staat<br />

darf seine Bürger nicht zu Zwangsarbeit<br />

verpflichten. Das steht in Artikel 4 der<br />

Menschenrechtskonvention. Eine<br />

Ausnahme gilt für militärische<br />

<strong>Die</strong>nstleistungen.<br />

Ohne Zivildiener würde das Gesundheits-<br />

und Sozialsystem ins Wanken<br />

geraten, erhebliche zusätzliche<br />

Kosten würden entstehen. Das Rote<br />

Kreuz schätzt sie auf etwa 200 Millionen<br />

Euro.”<br />

*) Experte 1: Norbert Darabos,<br />

DER STANDARD, Printausgabe,<br />

3.9.2010<br />

<br />

**) Experte 2: Norbert Darabos,<br />

DER STANDARD; Printausgabe,<br />

27.10.2011<br />

<br />

Quellenangabe: gesudere.at/blog<br />

Autorenvermerk:<br />

„OStvdRes Christian M. Kreuziger,<br />

freier Journalist, war Milizunteroffizier<br />

beim Jagdkommando und hat als Initiator<br />

Seminare „Überlebenstraining für Journalisten<br />

in Kriegs-, Krisen- und Katastrophengebieten<br />

gestaltet.“<br />

3-20<strong>12</strong> <strong>Der</strong> <strong>Offizier</strong> 2 1


Olympisches<br />

Militäraffinität und M<br />

Gedanken im Nachgang zu den<br />

Im Schatten der vergangenen<br />

Olympischen Spiele in London<br />

gab es einen nicht unbemerkten sportlichen<br />

Erfolg, der Anlass zur Reflexion<br />

über einen spezifischen Aspekt des<br />

Heeressportes gibt, der gerade erst sein<br />

50jähriges Bestehen feierte. Tom Daniel,<br />

Zugsführer im Heeresleistungszentrum<br />

Seebenstein, erkämpfte mit einem<br />

fulminanten Wettkampf den sechsten<br />

Rang im Modernen Fünfkampf, bestehend<br />

aus den Teildisziplinen Fechten,<br />

Schwimmen, Reiten und Combined,<br />

einer Kombination aus Laufen und<br />

Schießen. Entdecker, langjähriger Trainer<br />

und Wegbegleiter von Tom Daniel<br />

ist Oberst Horst Stocker.<br />

<strong>Der</strong> Moderne Fünfkampf, der<br />

aufgrund der Komplexität<br />

und der vielfältigen Anforderungen an<br />

die Athleten, vielfach als die schwierigste<br />

Sportart der Welt gilt, wurde in den<br />

ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts<br />

nahezu ausschließlich von <strong>Offizier</strong>en betrieben.<br />

Nach dem Zweiten Weltkrieg<br />

begründeten junge <strong>Offizier</strong>e wie Peter<br />

Lichtner-Hoyer (Olympiateilnehmer in<br />

Rom 1960) die Tradition des Modernen<br />

Fünfkampfes im Bundesheer, zu dessen<br />

Leistungszentrum sich in den 70er Jahren<br />

die Theresianische Militärakademie<br />

entwickelt hatte, geprägt von <strong>Offizier</strong>en<br />

als Spitzentrainer wie Oberst Hans<br />

Schackl (Weltmeister im Militärischen<br />

Fünfkampf), Oberst Walter Marik<br />

(Weltklasse Fechter im Säbel und Degen)<br />

oder Oberst Fritz Resch (Olympiateilnehmer<br />

im Vielseitigkeitsreiten 1972<br />

im München). Ein Biotop in dem Sportoffiziere<br />

der TherMilAk als Weltklasseathleten<br />

Generationen von <strong>Offizier</strong>sanwärtern<br />

zum Sport motivieren konnten<br />

und immer wieder auch <strong>Offizier</strong>e<br />

zum Spitzensport brachten und förder-<br />

ten. <strong>Der</strong> junge Fähnrich Stocker war einer<br />

von ihnen und schaffte es schließlich<br />

zur Olympiateilnahme 1984 in Los Angeles,<br />

zahlreichen Teilnahmen an Welt-<br />

und Europameisterschaften und nicht<br />

zuletzt zu sechs Staatsmeistertiteln. Stocker<br />

studierte Sportwissenschaften und<br />

ist seit 2007 Leiter des Referates Körperausbildung<br />

an der TherMilAk. Seit<br />

2000 arbeitet er mir Tom Daniel, mittlerweile<br />

auch Militärweltmeister, und<br />

regelmäßig unter den Top Ten der Welt<br />

klassifiziert.<br />

So weit so gut? Oder doch nicht.<br />

Ein näherer Blick auf die aktuellen<br />

Rahmenbedingungen wirft viele<br />

Fragen auf. <strong>Der</strong> Moderne Fünfkampf<br />

ist wie auch das Reiten oder Fechten<br />

längst keine „militärisch geförderte<br />

Sportart mehr“, was deshalb bedauerlich<br />

ist, weil damit das Bundesheer<br />

in typischen militäraffinen Sportarten<br />

kaum durch „echte“ Berufssoldaten bei<br />

sportlichen Großereignissen, vor allem<br />

aber bei Olympischen Spielen, vertreten<br />

werden kann. <strong>Die</strong> sogenannten militärischen<br />

Schwerpunktsportarten, also<br />

Fallschirmspringen, Orientierungslauf,<br />

Militärischer Fünfkampf, Schießen und<br />

Biathlon sind bei Olympia nicht vertreten.<br />

Da das ÖBH beim Schießen nur<br />

Großkaliber fördert, verbleibt nur Biathlon<br />

als olympische Disziplin. Damit<br />

gibt es auch kaum mediale Aufmerksamkeit<br />

und keinen relevanten Imagetransfer.<br />

Wenn das Motto des Heeressportes<br />

lautet, „Sport schafft Leistung“<br />

trifft dies in der medialen Außenwirkung<br />

für die Streitkräfte selbst nur mehr<br />

sehr eingeschränkt zu, abgesehen davon,<br />

dass das ÖBH Heimstätte für über<br />

190 „Staatssportler in Uniform“ ist. <strong>Die</strong><br />

Zeit, da <strong>Offizier</strong>e oder Unteroffiziere zur<br />

Weltelite in verschiedenen gerade auch<br />

olympischen Sportarten zählten, die<br />

insbesondere im Militär ihre Wurzeln<br />

haben, scheint vorbei zu sein. Ob das<br />

der Weisheit letzter Schluss ist, darf an<br />

dieser Stelle bezweifelt werden.<br />

Oberst Stocker ist damit einer<br />

der Letzten seiner Art, ein<br />

Berufsoffizier der zumindest eine Zeit<br />

lang im Rahmen des <strong>Die</strong>nstes professionell<br />

trainieren konnte, es sportlich<br />

22 <strong>Der</strong> <strong>Offizier</strong> 3-20<strong>12</strong><br />

Foto: zVfg<br />

von G. G<br />

Tom Daniel, Zgf im Heeresleistungszentrum Seebenstein mit


sehr weit brachte und heute sein Know<br />

How den Militärakademikern weitergeben<br />

kann und auch im Spitzensport<br />

als Trainer eine fixe Größe ist. Letzteres<br />

aber nicht im <strong>Die</strong>nst, denn das ist ja<br />

nicht mehr vorgesehen. Außer einiger<br />

weniger Sonderurlaube, für die Olympiavorbereitung<br />

sogar eine ganze Woche,<br />

trainiert Stocker mit Daniel außerhalb<br />

der <strong>Die</strong>nstzeit, es ist ja sein „Privatvergnügen“.<br />

Olympisches<br />

oderner Fünfkampf<br />

Olympischen Spielen in London<br />

ustenau<br />

Obst Mag. Horst Stocker, <strong>Offizier</strong>, Spitzensportler, Spitzentrainer<br />

Wenn Sport im Bundesheer eine<br />

Bedeutung haben soll, wird man auf<br />

Dauer nicht darauf verzichten können<br />

die Grundstrukturen von allgemeiner<br />

körperlicher Fitness, Leistungssport<br />

und Spitzensport abzubilden. Rapider<br />

Know How Verlust ist nur eine der unausweichlichen<br />

Folgen. Da wird man<br />

auf Experten wie eben Oberst Stocker<br />

oder Oberst Manfred Zeilinger, ein ehemaliger<br />

militärischer Fünfkämpfer und<br />

exzellenter Sportwissenschafter am Heeressportzentrum,<br />

nicht versichten können.<br />

Nur, diese Karrieren sind praktisch<br />

nicht mehr möglich.<br />

Ein anderer wesentlicher Aspekt<br />

ist die des Images der Streitkräfte<br />

in der Öffentlichkeit. Wenn im<br />

Nachgang zu den Olympischen Spielen<br />

in London die bedauernswerte Situation<br />

des Sommersportes beklagt wird und<br />

große Reformen gefordert werden, sollte<br />

auch das ÖBH gefordert sein, über eine<br />

„Eigenleistung“ nachzudenken. Spitzensport,<br />

so lautet die gängige Meinung,<br />

ist der Ausdruck der Leistungsfähigkeit<br />

einer Nation, und wo Österreich nach<br />

London steht braucht hier nicht weiter<br />

erörtert werden. Wenn sich hier substantiell<br />

etwas verbessern soll, wird an<br />

vielen Schrauben zu drehen sein. Das<br />

Bundesheer wäre gut beraten, im Portfolio<br />

seiner Leistungen an Staat und Gesellschaft,<br />

den Leistungssport vor allem<br />

in den militäraffinen olympischen Disziplinen<br />

nicht gänzlich auszublenden.<br />

So wichtig und professionell die<br />

Betreuung der über 190 „Sportsoldaten“<br />

auch sein mag, Aussage über<br />

die sportliche Spitzenleistungen der<br />

Streitkräfte lassen sie keine zu, und -<br />

ganz ehrlich- sie vertreten sie auch<br />

nicht. Das war der Fall, als seinerzeit<br />

Hptm Peter Lichtner-Hoyer über den<br />

Parcours fegte und die Stadthalle bebte.<br />

Den Reitausbildungszug an der Ther-<br />

MilAk gibt es übrigens noch. Vielleicht<br />

lässt sich daraus ja doch noch einmal<br />

etwas machen. Und dass mit Spitzentrainern<br />

a la Horst Stocker für die olympischen<br />

Spiele 2016 und 2020 im Modernen<br />

Fünfkampf etwas erreicht werden<br />

könnte, wenn man das im ÖBH<br />

ernsthaft wollte, der Nachweis wurde in<br />

London erbracht.<br />

3-20<strong>12</strong> <strong>Der</strong> <strong>Offizier</strong> 2 3


„SAND IN DIE AUGEN …“<br />

<strong>Der</strong> <strong>Offizier</strong> 2­<strong>12</strong><br />

Auf Grund des vorgezogenen<br />

Erscheinungstermines unserer<br />

Ausgabe 4/20<strong>12</strong> ersuchen wir<br />

um Leserzuschriften bis spätestens<br />

25.11.20<strong>12</strong><br />

Wehrdebatte:<br />

Was man lieber verschweigt?<br />

<strong>Die</strong> weltpolitische Lage ist unüberschaubar<br />

und besorgniserregend. Trotz<br />

positiver Prognosen nach 2 Weltkriegen<br />

hat sich die Weltsicherheit in keiner<br />

Weise verbessert und viele oft behauptete<br />

gerechte und der Weltsicherheit<br />

dienenden militärischen Konflikte sind<br />

immanent. Infolge weltweiter zum Teil<br />

unloesbarer Konfliktsherde werden<br />

viele Staaten durch politische oder wirtschaftliche<br />

Zugeständnisse oder zufolge<br />

bestehender Beistands-oder Bündnisverpflichtungen<br />

in mil.Konflikte involviert<br />

und junge Soldaten müssen in Kriegen,<br />

deren Ursachen und Kriegsziele oft nicht<br />

durchschaubar sind, ihr Leben einsetzen.<br />

Das oesterreichische Wehrrecht kennt<br />

jedoch keine Form der Beistandspflicht<br />

für Kampfeinsätze und Entsendung von<br />

Soldaten zu internationalen Einsätzen<br />

gegen ihren Willen sondern nur freiwillige<br />

Friedenseinsätze. Gemäß den verfassungsrechtlichen<br />

Bestimmungen ist die<br />

Bundesregierung im Einvernehmen mit<br />

dem Hauptausschuß des Nationalrates<br />

unter Bedachtnahme auf die Neutralität<br />

ermächtigt, einer internationalen Orga-<br />

✉<br />

nisation auf Ersuchen um Hilfeleistung<br />

durch Entsendung von Einheiten unter<br />

bestimmten Bedingungen zu entsprechen.<br />

Eine der Bedingungen setzt die<br />

freiwillige Meldung jedes einzelnen zu<br />

entsendenden Soldaten voraus. Im<br />

Falle der Einfuhrung eines Berufsheeres<br />

ist jedoch derVersuch der Aufweichung<br />

oder Änderung der Verfassungsrechtlichen<br />

Bestimmungen hinsichtlich der<br />

verpflichtenten Freiwilligenmeldung jedes<br />

Einzelnen und normierter Bedingungen<br />

für die Entsendung von Soldaten im Falle<br />

der Einbindung in internationale Organisatsionsformen<br />

und deren Verfügungsrechte<br />

zu befürchten. <strong>Die</strong> allg. Wehrpflicht<br />

entspricht nicht dem Interesse einiger<br />

Militärrnächte, die nun ihrerseits auf<br />

Staatsregierungen und guten Willen<br />

zeigende Politiker mit schoengefarbten<br />

Argumenten für die Einfuhrung eines Berufsheeres<br />

werben. Das derzeitig gültige<br />

Wehrrecht sichert jedoch die eigenstaatliche<br />

Entscheidungshoheit und das Recht<br />

zur Beurteilung der Zumutbarkeit eines<br />

internationalen Einsatzes und unterbindet<br />

jede Moeglichkeit ,Soldaten ohne ihre<br />

ausdrückliche Zustimmung ins Ausland<br />

zu entsenden.<br />

Mit kameradschaftlichen Grüssen<br />

GenMjr i.R.<br />

Mag. Dr. Johann Wohlmuther<br />

8010 Graz<br />

im September 20<strong>12</strong><br />

www.bundesheer.at<br />

Auf der offiziellen Homepage des BMLVS<br />

lautet es:<br />

„Wir gehen neue Wege - Darabos setzt<br />

erste Schritte Richtung Profiheer.“<br />

Und weiters: „Verteidigungsminister Norbert<br />

Darabos bei der Pressekonferenz:<br />

Auch wenn mit dem Koalitionspartner<br />

die Transformation jetzt nicht möglich<br />

ist, hindert mich das nicht an der Vorbereitung<br />

des Umbaus. Innerhalb von<br />

zwei Jahren soll das Bataillon nur noch<br />

aus 530 Kadersoldaten bestehen und<br />

ohne Grundwehrdiener auskommen.<br />

<strong>Der</strong> Umbau des Jägerbataillons 25 in ein<br />

reines Profi-Bataillon ist eines von drei<br />

Pilotprojekten, das die Umwandlung des<br />

Österreichischen Bundesheeres in eine<br />

,Profiarmee‘ vorbereitet…“<br />

<strong>Der</strong> Minister hätte alles zu tun, den Auftrag<br />

des Gesetzgebers umzusetzen. <strong>Der</strong><br />

schreibt ihm die allgemeine Wehrpflicht<br />

und ein Bundesheer nach den Grundsätzen<br />

der Miliz vor. Ein deutlicheres Eingeständnis<br />

seines verfassungswidrigen<br />

Vorgehens gibt es wohl nicht. Wo bleibt<br />

der Ruf nach einer Ministeranklage?<br />

Und wo bleibt der Staatsanwalt in der<br />

Verfolgung seiner ihr Amt missbrauchenden<br />

Helfer?<br />

P. Huber, 1070 Wien<br />

im August 20<strong>12</strong><br />

Kronen Zeitung; 18 09 <strong>12</strong><br />

Kommentar von KURt SEInItZ:<br />

Sind wir in Südamerika?<br />

Generäle mischen sich derzeit massiv in<br />

die Politik ein. Sind wir schon im (alten)<br />

Südamerika gelandet?<br />

In normalen Demokratien ziehen Generäle<br />

die Uniform aus, wenn sie Politik<br />

machen wollen, wie z. B. die Generäle<br />

de Gaulle oder Eisenhower. Wenn Österreichs<br />

Generalstabschef Entacher<br />

sich im Wahlkampf ganz eindeutig auf<br />

eine Seite der Volksbefragung wirft,<br />

sollte er das Gleiche tun und sich offen<br />

als Politiker outen. Uniformträger haben<br />

in der politischen Auseinandersetzung<br />

nichts verloren! Über Staat und Truppe<br />

dürfen in einer Demokratie ausschließlich<br />

nur Zivilisten das Sagen haben!<br />

Gottlob, wir sind nicht in Südamerika.<br />

Da würde der Leserbriefschreiber ob<br />

seiner Aussagen über die Generalität<br />

bereits im Gefängnis sitzen - ohne<br />

Rechtsbeistand, ohne Verfahren, ohne<br />

Urteilsspruch.<br />

Gottlob leben wir in einem Land, wo<br />

es jedem Menschen frei steht, seine<br />

Meinung zu äußern. General Entacher<br />

„wirft sich nicht auf eine Seite der<br />

Volksbefragung“, Er erklärt aus seiner<br />

Verantwortung als höchster <strong>Offizier</strong> des<br />

Bundesheeres heraus, was Sache ist.<br />

Das ist nicht nur sein Recht sondern<br />

sogar seine demokratisch legitimierte<br />

Pflicht. <strong>Die</strong>se verlangt von ihm als<br />

Beamten (und das ist nach dem Gesetz<br />

auch ein <strong>Offizier</strong>) auf mögliche für<br />

die Republik schädliche Folgen einer<br />

politischen Entscheidung hinzuweisen.<br />

Und darin liegt auch der Unterschied<br />

zu den Politikern: <strong>Der</strong> Beamte (<strong>Offizier</strong>)<br />

tut dies aus Verantwortung gegenüber<br />

und Loyalität zum Staat und nicht aus<br />

Effekthascherei und zur Wählerstimmenoptimierung.<br />

Prof. Mag. Rolf M. Urrisk, Bgdr i.R.<br />

im September 20<strong>12</strong><br />

24 <strong>Der</strong> <strong>Offizier</strong> 3-20<strong>12</strong>


We h r p o l i t i k<br />

Ex-Gouverneur Arnold A. Schwarzenegger in der Belgierkaserne zu Gast:<br />

„Ich bin zutiefst von der<br />

Fotos: bundesheer.at/Stelzer<br />

Wehrpflicht überzeugt!“<br />

Einst hat er mit einem einzigen<br />

Kraftakt eine Panzerschraube gelöst,<br />

wenn diese sich für Kameraden nicht<br />

lockern ließ. 27 Jahre danach kaufte er<br />

sich das Stück, mit dem er einst fuhr, als<br />

er beim Panzerbataillon 4 in Graz seinen<br />

Wehrdienst leistete. <strong>Der</strong> M 47, den er<br />

dabei fuhr, steht heute vor einem seiner<br />

ehemaligen Restaurants in Santa Monica,<br />

Kalifornien. <strong>Der</strong> Terminator hat in<br />

sich einfach gekauft, die Restaurantkette<br />

um gutes Geld verkauft.<br />

Von November 2003 bis Januar<br />

2011 war er der 38. Gouverneur des<br />

mit mehr als 37 Millionen Einwohnern<br />

bevölkerungsreichsten Staates der USA.<br />

Nach zwei Amtsperioden konnte er, da<br />

die kalifornischen Verfassung nur eine<br />

einmalige Wiederwahl zulässt, nicht<br />

mehr kandidieren.<br />

Schwarzenegger wanderte 1968 in<br />

die USA aus. Während in einer breiten<br />

Öffentlichkeit eher seine Karrieren als<br />

Bodybuilder und Filmheld bekannt sind,<br />

ist in seiner österreichischen Heimat fast<br />

verborgen geblieben, dass er sich in den<br />

70er Jahren ein Millionenvermögen als<br />

Immobilienmakler erwirtschaftete. In<br />

der Folge besuchte zwei Community<br />

Colleges, wo er hauptsächlich Kurse aus<br />

Betriebswirtschaften besuchte, zumal es<br />

ihm auf Grund seines Visums nicht erlaubt<br />

war, regelmäßig zu studieren. An<br />

jeder Einrichtung durfte er nur eine begrenzte<br />

Anzahl an Kursen belegen. 1979<br />

schloss er schließlich seine Studien mit<br />

einem Bachelor of Arts in internationaler<br />

Wirtschaftslehre an der University of<br />

Wisconsin-Superior ab.<br />

Auf Heimatbesuch<br />

Im August besuchte Arnold Schwarzenegger<br />

seine militärische Heimat: die<br />

Belgier-Kaserne in Graz. Dort hatte er<br />

von Oktober 1965 bis Juni 1966 seinen<br />

Grundwehrdienst beim Österreichischen<br />

Bundesheer als Fahrer eines M-<br />

47-Kampfpanzers geleistet hat. Grund<br />

für den Besuch waren Filmaufnahmen<br />

für eine Dokumentation des US-amerikanischen<br />

Fernsehsenders CBS.<br />

Nach dem Empfang des prominenten<br />

Gastes lud Streitkräftekommandant<br />

Generalleutnant Günter Höfler in<br />

sein Büro. Dort wurde über das Bundesheer<br />

von damals und heute gesprochen.<br />

Schwarzenegger betonte, dass für ihn<br />

die Ableistung des Grundwehrdienstes<br />

eine sehr wertvolle Erfahrung gewesen<br />

sei. Er habe dabei lernen können, mit<br />

Verantwortung umzugehen und zusammenzuarbeiten.<br />

Er erzählte, dass seine<br />

Mutter einst bei einer Übung mit Sterz,<br />

Semmeln und Wurst vorbeigekommen<br />

war und er schon damals kameradschaftlich<br />

geteilt hatte. <strong>Die</strong> Begegnung<br />

mit gleichaltrigen jungen Menschen<br />

aus unterschiedlichen sozialen Schichten,<br />

Teamwork und Kameradschaft –<br />

das seien Werte, die er aus seiner Wehrpflichtzeit<br />

für sein späteres Leben mitgenommen<br />

habe<br />

Im Rahmen des Gesprächs mit dem<br />

Kommandanten der Streitkräfte ließ der<br />

„Terminator“ durchblicken, dass ihm die<br />

österreichische Debatte um die Wehrpflicht<br />

nicht entgangen sei und meinte<br />

gar: „Ich bin nicht gekommen, um der<br />

österreichischen Regierung diesbezüglich<br />

Tipps zu geben. Aber ich bin zutiefst<br />

vom Sinn der Wehrpflicht überzeugt!“<br />

3-20<strong>12</strong> <strong>Der</strong> <strong>Offizier</strong> 2 5<br />

Fotos: bundesheer.at/Schroettner


<strong>Die</strong> Abschaffung (oder Aussetzung)<br />

der Wehrpflicht ist aufgrund der österreichischen<br />

Realität der einzig mögliche Weg,<br />

um das Bundesheer wieder zu einer militärischen<br />

Organisation zu machen.<br />

Vorab: Unsere Wehrpflicht besteht darin,<br />

dass ein Teil der Wehrpflichtigen eines Jahrgangs<br />

zum Wehrdienst einberufen wird (2010 waren<br />

das etwa 25.000 von 47.000; 13.000 machten Zivildienst<br />

und rund 9000 waren untauglich). Von<br />

den Einberufenen wird weniger als ein Drittel<br />

einer militärischen Ausbildung zugeführt. <strong>Die</strong>se<br />

dauert sechs Monate; nach der Ausbildung, also<br />

wenn er dann einsatzfähiger Soldat wäre, verlässt<br />

der Wehrpflichtige das Heer für immer, ohne irgendwie<br />

jemals militärisch genutzt zu werden.<br />

Dass das militärisch und ökonomisch blanker<br />

Unsinn ist, bedarf eigentlich keiner weiteren<br />

Begründung. <strong>Die</strong> Alternative müsste sein, entweder<br />

den Wehrdienst zu verlängern, um die Ausgebildeten<br />

auch als Soldaten nutzen zu können,<br />

oder die Wehrpflicht abzuschaffen und auf ein<br />

reines Berufsheer zu setzen.<br />

Worüber diskutiert werden sollte<br />

Ausgangsbasis einer Diskussion darüber<br />

sollte die Frage sein, was unser Bundesheer militärisch<br />

tatsächlich kann beziehungsweise was es<br />

können sollte. Tatsache ist, dass unser Bundesheer<br />

durch die jahrzehntelange krasse Unterdotierung<br />

– trotz aller Qualität seines <strong>Offizier</strong>skorps<br />

– heute weder zur Landesverteidigung noch zur<br />

Teilnahme an anspruchsvollen internationalen<br />

Einsätzen (sowohl quantitativ als auch qualitativ)<br />

imstande ist.<br />

Denn die Fähigkeit zur modernen Kriegsführung<br />

ist nicht einmal ansatzweise vorhanden.<br />

Es fehlt an moderner Ausrüstung und Bewaffnung<br />

und mangels derselben natürlich auch an<br />

der entsprechenden Ausbildung dafür. Dazu eine<br />

Auswahl ohne Anspruch auf Vollständigkeit: Abstandslenkwaffen,<br />

Präzisionsbomben, BVR-Lenkwaffen,<br />

Aufklärungsdrohnen für die Aufklärung<br />

aus großen Höhen, Angriffsdrohnen, erweiterte<br />

Flugabwehrsysteme, hochauflösendes Radar, Sensoren<br />

zur Ortung von Artilleriefeuer, elektronische<br />

Ortung durch Flugzeuge, moderne Mobiltelefonie<br />

und taktische Funkaufklärung, Störsender,<br />

Kampfhubschrauber etc.<br />

Angemerkt sei in diesem Zusammenhang<br />

auch noch: Wir haben zwar einige Exemplare<br />

B e r u f s h e e r o d e r We h r p f l i c h t<br />

Zwei Gastkommentare<br />

<strong>Die</strong> Wehrpflicht bringt nichts, kostet aber viel<br />

30.08.20<strong>12</strong> | 18:20 | ERICH REITER (<strong>Die</strong> Presse)<br />

des an sich besten Kampfflugzeuges gekauft, aber<br />

ohne die zur modernen Kriegsführung erforderliche<br />

Ausstattung, weshalb diese Jets nur zur Luftraumüberwachung<br />

einzusetzen sind.<br />

<strong>Der</strong> Sinn der Wehrpflicht war und ist die<br />

Aufstellung eines zahlenmäßig großen Heeres.<br />

Dabei hat man das Heer immer als eine militärische<br />

Organisation verstanden, die nur nebenbei<br />

auch andere Funktionen wie zum Beispiel Katastrophenhilfe<br />

übernimmt. Das Erfordernis eines<br />

Massenheeres zur Territorialverteidigung ist bald<br />

nach dem Ende des Kalten Krieges weggefallen.<br />

Ein kleines, aber modernes Heer<br />

Wir brauchen also kein großes Heer; wir<br />

bräuchten aus militärischen Überlegungen ein<br />

kleines, aber modern ausgestattetes Heer, das<br />

zwei Fähigkeiten besitzt: Erstens gewisse militärische<br />

Kernkompetenzen zu bewahren, die es<br />

befähigen, notfalls die militärischen Kapazitäten<br />

auch wieder hochzufahren. Zweitens die Fähigkeit<br />

zur Teilnahme an internationalen Einsätzen<br />

– sei es aus humanitären Gründen oder/und zur<br />

Sicherung europäischer Interessen.<br />

Dazu könnte man noch anfügen, dass sich<br />

das Bundesheer auf eine allfällige Teilnahme an<br />

einer gesamteuropäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik<br />

vorbereiten soll.<br />

<strong>Der</strong> Neutralitätsschmäh<br />

Ein besonders absurdes Argument für das<br />

Erfordernis der Beibehaltung der Wehrpflicht<br />

ist die Neutralität: Das kleine Österreich könne<br />

ansonst keine ausreichend große Truppe zusammenstellen,<br />

um souverän und unabhängig von<br />

anderen Staaten die Sicherheit des Landes zu gewährleisten.<br />

Wissen die, die so etwas sagen, wirklich<br />

nicht, dass unser auf der Wehrpflicht beruhendes<br />

Bundesheer nicht einmal ansatzweise zur Landesverteidigung<br />

befähigt ist. (Es wäre übrigens<br />

auch in der Zeit des Kalten Kriegs in keinem<br />

Moment in der Lage gewesen, Österreich ohne<br />

fremde Hilfe zu verteidigen.) Wenn das Neutralitätsargument<br />

ernst gemeint ist, dann müssten<br />

die Neutralitätsverfechter – allen voran SPÖ und<br />

Grüne – sofort eine Vervielfachung des Verteidigungsbudgets<br />

zum Aufbau einer aufwendigen autonomen<br />

Verteidigungsfähigkeit verlangen. Das<br />

tun sie aber nicht.<br />

Mit der Reduzierung des Wehrdienstes auf<br />

sechs Monate unter dem damaligen Verteidi-<br />

gungsminister Günther Platter ist auch die Miliz<br />

de facto abgeschafft worden, weil keine Verpflichtung<br />

zu Milizübungen mehr besteht. (Kleine<br />

Milizeinheiten werden symbolhaft noch weitergeführt.)<br />

Seit damals bringt unsere Art der Wehrpflicht<br />

keine Soldaten. Denn wenn sie ausgebildet<br />

sind, verlassen sie das Heer für immer – außer<br />

sie werden Berufssoldaten.<br />

<strong>Die</strong> Wehrpflicht bringt also nichts. Sie kostet<br />

aber viel. Unser Bundesheer ist als und für eine<br />

Wehrpflichtigenarmee organisiert. <strong>Der</strong> Verzicht<br />

auf die Grundwehrdiener würde eine ganz andere<br />

Organisation ermöglichen und wir bräuchten<br />

auch jene Systemerhalter nicht mehr, die ein<br />

System erhalten, das wir nur haben, weil es die<br />

Wehrpflicht gibt.<br />

<strong>Der</strong> Wegfall der Wehrpflicht würde sofort<br />

Geld und Personen zum Umbau des Bundesheers<br />

zu einem modernen Berufsheer freimachen. Das<br />

würde auch zu keinem Verlust an militärischer<br />

Stärke führen, weil unsere Wehrpflicht ja keinerlei<br />

militärische Kapazitäten vermittelt.<br />

Katastrophenhilfe und Zivildienst<br />

Über die Jahre hin würde die Beibehaltung<br />

des jetzigen Verteidigungsbudgets immerhin den<br />

Aufbau eines modern ausgerüsteten Berufsheeres<br />

im Umfang von circa 15.000 Soldaten ermöglichen.<br />

Eine Studie belegt, dass dies aufgrund<br />

der aktuellen Situation – wir haben rund 16.000<br />

Berufs- und Zeitsoldaten, aber in einer falschen<br />

hierarchischen Struktur – möglich wäre. Rund<br />

40Prozent des jetzigen Budgets und etwa 55Prozent<br />

des heutigen Personals wären nämlich in einer<br />

neuen Heeresstruktur nach Wegfall der Wehrpflicht<br />

nicht mehr nötig.<br />

Militärisch ist „unsere“ Wehrpflicht unsinnig.<br />

Bleiben also noch andere Gründe wie Katastrophenhilfe<br />

oder dass die Aufrechterhaltung<br />

des Zivildienstes die Wehrpflicht verlangt. Beides<br />

ist übrigens widerlegt beziehungsweise widerlegbar.<br />

Dass man den Wehrdienst nicht um des Zivildienstes<br />

willen braucht, hat Caritas-Präsident<br />

Franz Küberl dargelegt. Dass ein Profiheer mit einer<br />

starken Pionierkomponente und modernem<br />

Gerät große und rasche Hilfe im Ernstfall leisten<br />

könnte ist wohl zumindest ebenso einsichtig<br />

wie der – angebliche – Masseneinsatz schlecht<br />

ausgerüsteter und nicht ausgebildeter Grundwehrdiener.<br />

26 <strong>Der</strong> <strong>Offizier</strong> 3-20<strong>12</strong>


B e r u f s h e e r o d e r We h r p f l i c h t<br />

in „<strong>Die</strong> Presse“<br />

<strong>Die</strong> Wehrpflicht könnte viel bringen und kostet wenig<br />

- jedenfalls weniger als jedes Berufsheer!<br />

06 08 20<strong>12</strong> / Manfred Gänsdorfer (<strong>Die</strong> Presse)<br />

Hon.-Prof. DDr. Erich Reiter ist ein ehrenwerter<br />

Mann. Er hat vor vielen Jahren im Rahmen<br />

seiner beamteten Tätigkeit im BMLV unschätzbare<br />

<strong>Die</strong>nste geleistet. Stets hat er es verstanden, in sicherheitspolitischen<br />

Belangen seiner Zeit voraus<br />

zu sein. Was die Realitäten der österreichischen<br />

Landesverteidigung betrifft sogar weit voraus.<br />

Sein wissenschaftliches Engagement und seine<br />

Vernetztheit im weltweiten Feld sicherheitspolitischer<br />

Theoretiker sind beachtlich. Und wieder<br />

einmal ist er seiner Zeit voraus – zumindest nach<br />

dem, was er im Gastkommentar der Presse vom<br />

31 08 dargestellt hat.<br />

Sein Befund am Zustand des österreichischen<br />

Bundesheeres mag berechtigt sein. Er<br />

widerspiegelt genau das, was Platter, Darabos und<br />

Co. unter kräftiger Mithilfe einiger Uniformierter,<br />

die mitunter den eigenen Futternapf im Auge hatten,<br />

im krassen Gegensatz zum Auftrag des Gesetzgebers<br />

gemacht haben: Das Heer ist alles andere,<br />

als nach den Grundsätzen der Miliz organisiert.<br />

<strong>Die</strong> Vorgenannten haben es geschafft, nach unzähligen<br />

Reformkommissionsstunden ein Heer<br />

zu schaffen, in dem ein ärmelschonerbewaffneter<br />

Apparat 25.000 junge Männer zu den Fahnen eilt,<br />

um sie auszubilden und danach als Karteileichen<br />

zu entlassen. Ohne jeden militärischen Nutzen.<br />

<strong>Der</strong> Herr Professor hat recht: Keine Frage, dass<br />

dies zu diskutieren und zu ändern sei!<br />

Nicht die Wehrpflicht ist am Ist-Zustand<br />

des Bundesheeres schuld<br />

Reiter kritisiert die angeblich nicht einmal<br />

ansatzweise Fähigkeit unseres Heeres zur modernen<br />

Kriegsführung. Es wäre jedoch weit gefehlt,<br />

dafür die Wehrpflicht als Begründung anzunehmen.<br />

Denn eine Berufarmee hätte angesichts der<br />

österreichischen Finanzierungsbereitschaft wohl<br />

kaum eine Stärke, die über jene einer Palastwache<br />

hinausgeht. Eine solche wäre wohl noch weniger<br />

zur modernen Kriegsführung (für welchen<br />

übrigens?) geeignet. Dafür fesch gekleidet und<br />

mit klingendem Spiel von neun Militärkapellen<br />

beim Aufmarschieren begleitet. Zum Gaudium bei<br />

Paraden und für fotografierende Touristen. Bei<br />

sinkenden Budgets. Es kann jedenfalls nicht der<br />

Wehrpflicht angelastet werden, dass unser Heer<br />

in dem Zustand ist, wie es eben ist. Es ist genau<br />

da, wo es die politische Führung mit tatkräftiger<br />

Mithilfe oberster Militärs hingebracht hat.<br />

Reiter stellt richtigerweise fest, dass „der<br />

Sinn der Wehrpflicht die Aufstellung eines zahlenmäßig<br />

großen Heeres ist“. Und genau das ist<br />

es, was im Bedrohungsbild der Gegenwart und<br />

nahen Zukunft gebraucht wird. Nicht unbedingt<br />

zur Territorialverteidigung im Stil der Zeit des<br />

Kalten Krieges. <strong>Die</strong> sich in der Gegenwart stellenden<br />

Herausforderungen im Bedrohungsfall, wo<br />

es gilt Einrichtungen unserer lebensnotwendigen<br />

Infrastruktur zu schützen oder gar nach terroristischen<br />

Anschlägen Aufräumungsarbeit zu leisten,<br />

bedarf im Anlass einer großen Anzahl von Soldaten.<br />

Keines stehenden Heeres, sondern einer im<br />

Bedarfsfall aufzubietenden Miliz, der einzigen Art,<br />

in einem Einsatz die notwendige Nachhaltigkeit<br />

sicherzustellen.<br />

Gestrige Vorstellungen von der Militärmacht<br />

Europa – für welchen Krieg?<br />

In Zeiten, in denen beobachtet werden muss,<br />

dass die Mitglieder der Europäischen Union aus<br />

bekannten Gründen (es sei u.a. an die Affäre Guttenberg<br />

erinnert, den sich der österreichische<br />

Sportminister als Vorbild genommen hat und<br />

dennoch im Amt verharrt) höchst unkoordiniert<br />

abrüsten, anstatt ihre bewaffnete Macht koordiniert<br />

auf ein gemeinsames Ziel zuzusteuern, kann<br />

ein neutraler Kleinstaat – Neutralitätsschmäh hin<br />

oder her – nur der letzte sein, der sein Heer vernachlässigt.<br />

Bekanntlich ist ja die die Mehrheit<br />

der EU-Staaten Mitglied im Militärpakt der Nato<br />

und nutzt die militärische Beistandspflicht ihrer<br />

Mitglieder. Einer Organisation, die höchst reformbedürftig<br />

scheint und bekanntlich nicht aus der<br />

Zeit nach dem Kalten Krieg stammt. Hier drängt<br />

sich geradezu die Frage auf, wer denn hier „gestrige<br />

Vorstellungen“ habe: <strong>Die</strong> Befürworter eines<br />

kleinen Heeres nach dem Milizprinzip, gekoppelt<br />

mit Katastrophenhelfern und Zivildienern<br />

für den Sozialbereich oder „verspätetpubertärromantische<br />

Verfechter einer militärischen europäischen<br />

Großmacht mit österreichischer Beteiligung“,<br />

die in weiter Ferne „europäische Interessen“<br />

durchsetzt? Mit einer Armee, die höchstens<br />

in den Köpfen jener existiert, denen die Heimkehr<br />

unserer Soldaten etwa als von afghanischen „Freiheitskämpfern“<br />

zusammengeschossene Krüppel<br />

oder gar in Särgen egal scheint.<br />

An der Spitze steht der Auftrag …<br />

Wer auch immer in der Frage des Wehrsystems<br />

Position bezieht, möge doch das tun, was<br />

man bereits in der „militärischen Taferlklasse“<br />

gelernt haben sollte. Er möge vom Auftrag ausgehen,<br />

den es zu erfassen gilt. In diesem Fall dem<br />

politischen, vorgegeben vom Parlament. Nicht<br />

dem eines Ministers, dessen Expertise zur Genüge<br />

im In- und im Ausland bekannt ist. Und es ist die<br />

Politik, die auch die Mittel bereitzustellen hat, die<br />

mit dem Ziel in Einklang zu bringen sind. Ob in<br />

der bisher geübten österreichischen Wehr-Praxis<br />

allerdings weiterhin der Weg das Ziel sein kann,<br />

bleibt mehr als fraglich.<br />

3-20<strong>12</strong> <strong>Der</strong> <strong>Offizier</strong> 2 7


Vom 29.7.<strong>12</strong> bis 3.8.<strong>12</strong> fanden in<br />

Kopenhagen der 66. CIOMR-und der<br />

65. CIOR-Sommerkongress statt. Zeitgleich<br />

tagte das NATO Reserve Forces<br />

Committee. Österreich war mit einer<br />

Delegation von 8 <strong>Offizier</strong>en vertreten.<br />

CIOR/CIOMR ist der internationale<br />

Dachverband der (medizinischen)<br />

Reserveoffiziere von 36 NATO/PfP-Nationen<br />

und vertritt die Interessen von<br />

insgesamt 1,3 Millionen Reservisten (in<br />

Österreich Miliz genannt) in den Mitgliedsländern.<br />

Ziel ist, die internationale<br />

Zusammenarbeit und die Interoperabilität<br />

in multinationalen Einsätzen zu<br />

fördern.<br />

Um diese Zielsetzung zu unterstützen,<br />

fanden in Kopenhagen zahlreiche<br />

Übungen und Wettkämpfe statt: eine<br />

CIMIC-Übung, ein „Young Reserve<br />

Officers-Workshop“ zum Thema Führungsverhalten,<br />

eine Erste Hilfe-Wettbewerb<br />

und ein Militärischer Fünfkampf,<br />

an dem 35 Dreier-Teams aus<br />

zahlreichen Nationen (ohne Österreich)<br />

In t e r n a t i o n a l e s<br />

CIOR/CIOMR Summ<br />

teilnahmen. Weiters wurde über die laufenden<br />

Aktivitäten der „Language Academy“<br />

berichtet und das Symposium<br />

„The role of Reserve in current NATO<br />

issues“ mit den Themenschwerpunkten<br />

„Cyber Defence“ und „Postdeployment<br />

and Reintegration“ mit hochrangigen<br />

Referenten durchgeführt.<br />

In einer Video-Botschaft berichtete<br />

Admiral James G. Stavridis (US), SA-<br />

CEUR (NATO), über den NATO Summit<br />

20<strong>12</strong> in Chicago, der Vorsitzende<br />

des NRFC MGen Kjell Ove Skare<br />

(NOR) skizzierte die Zusammenarbeit<br />

zwischen CIOR und NATO und der<br />

Chef des dänischen Generalstabes, Gen<br />

Peter Bartram, erläuterte die aktuellen<br />

Herausforderungen an die dänischen<br />

Streitkräfte. Dänemark ist seit Jahren<br />

intensiv in Afghanistan engagiert – eine<br />

Kranzniederlegung für die Gefallenen<br />

würdigte diesen Einsatz.<br />

Rolle der Reserven<br />

Alle hochrangigen Referenten -u.a.<br />

auch Ambassador BGen (Ret) Dr Flem-<br />

ming (USA) und der frühere belgische<br />

Generalstabschef Admiral (Ret) Willy<br />

Herteleer – betonten vor dem Hintergrund<br />

sinkender nationaler Verteidigungsbudgets<br />

die Sinnhaftigkeit des<br />

internationalen „Pooling and Sharing-<br />

Ansatzes“ im Rahmen der der neuen<br />

„Smart Defence“-Politik.<br />

Dabei kommen den Reserven<br />

im Wesentlichen drei Rollen<br />

zu:<br />

1. Bevorratung von Mannstärken,<br />

die nur dann bezahlt werden müssen,<br />

wenn ein Einsatz notwendig ist. Unter<br />

diesen Effizienzgesichtspunkten ist zum<br />

Beispiel der Anteil der Reserven in den<br />

US-Streitkräften von ursprünglich 30%<br />

auf derzeit ca. 70% angestiegen. Aktuell<br />

wird die US Army Reserve daher nicht<br />

mehr als strategische sondern als operative<br />

Reserve verstanden. Das drückt<br />

sich auch darin aus, dass seit 9/11 ca.<br />

200.000 Reservisten im Irak und Afghanistan<br />

zum Einsatz gebracht wurden.<br />

Das entspricht etwa dem Umfang während<br />

des 2. Weltkrieges.<br />

28 <strong>Der</strong> <strong>Offizier</strong> 3-20<strong>12</strong>


er Congress 20<strong>12</strong><br />

2. <strong>Die</strong> Reservisten sind das wichtigste<br />

Bindeglied des Militärs zur Zivilgesellschaft.<br />

In unsicheren Zeiten sind<br />

der Wille und die Fähigkeit zur Bewältigung<br />

großer Herausforderungen unverzichtbar.<br />

<strong>Die</strong> militärischen Fertigkeiten<br />

der Reservisten erhöhen demnach die<br />

Resilienz der westlichen Wertegemeinschaft.<br />

3. Umgekehrt verfügen die Reservisten<br />

über ziviles Know-how, das für<br />

das Militär unverzichtbar ist. Es wurde<br />

besonders betont, dass die Herausforderungen<br />

der „Cyber Defence“ ohne Zusammenarbeit<br />

mit zivilen Energie-und<br />

IKT-Versorgern nicht bewältigt werden<br />

können. Dabei können Reservisten in<br />

diesen Unternehmen durch ihr Verständnis<br />

für „beide Welten“ eine wertvolle<br />

Ressource sein, die derzeit noch<br />

viel zu wenig genutzt wird.<br />

In t e r n a t i o n a l e s<br />

CIOR Committees<br />

Im Rahmen der verschiedenen Komitees<br />

wurden weitere wichtige Aspekte<br />

diskutiert und entschieden. Das „Council“<br />

verabschiedete den Rechnungsabschluss<br />

des Vorjahres und das nächste<br />

Budget. Außerdem wurden die zukünftigen<br />

Präsidentschaften und Tagungsorte<br />

erörtert. Weiters wurden nach<br />

Vorarbeit durch das „Legal Committee“<br />

die Statuten und die Geschäftsordnung<br />

adaptiert und das offizielle Dokument<br />

über die Zusammenarbeit mit der<br />

NATO zur Kenntnis genommen. Das<br />

„DefSec Committee“ erarbeitete einen<br />

Reserve-Monitor, durch den die nationalen<br />

Reserven hinsichtlich ihrer Stärke<br />

und Aufbietbarkeit verglichen werden<br />

können. Das „PfP Committee“ berichtete<br />

über den Status zur Aufnahme von<br />

Georgien und die Beziehung zu Russland,<br />

das mit dem „International Advi-<br />

Was einer nicht kann, das schaffen viele – dieser Gedanke hat<br />

Raiffeisen zur stärksten Gemeinschaft Österreichs gemacht.<br />

Das schafft Sicherheit – und davon hat jeder Einzelne etwas.<br />

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sory Council“ (IAC) offensichtlich ein<br />

post•sowjetisches Gegenstück zu CIOR<br />

etablieren möchte.<br />

Rahmenprogramm<br />

Das offizielle Konferenzprogramm<br />

umfasste anspruchsvolle Arbeitseinheiten,<br />

die zeitig am Morgen starteten<br />

und bis in den frühen Abend reichten.<br />

Zum Ausgleich gab es am Abend Gelegenheit<br />

zur Kameradschaftspflege im<br />

Rahmen von Stadtbesichtigungen per<br />

Boot, dem Besuch des Royal Danish<br />

Arsenal Museum und einem dänischen<br />

Abend in der Three Crowns Naval<br />

Fortress. Abgeschlossen wurde die Konferenz<br />

mit einer stimmungsvollen Übergabe<br />

der Präsidentschaft und einem<br />

Gala-Dinner.<br />

ObstltdhmfD Mag. Erich Cibulka<br />

3-20<strong>12</strong> <strong>Der</strong> <strong>Offizier</strong> 2


Me d i e n s p l i t t e r<br />

Bundesheer:<br />

Überparteiliche Plattform in<br />

Salzburg für Wehrpflicht<br />

SPÖ-Bürgermeister Schaden und ÖVP-Chef Haslauer als Proponenten<br />

Schaden kritisiert Bundesregierung und befürchtet „abgewracktes“ Berufsheer<br />

Salzburg (APA) - <strong>Die</strong> Schar der Befürworter<br />

von Wehrpflicht und Zivildienst hat einen prominenten<br />

Mitstreiter erhalten: Salzburgs SPÖ-<br />

Bürgermeister Heinz Schaden wird eine überparteiliche<br />

Plattform unterstützen, die bis 20.<br />

Jänner die Werbetrommel für die Wehrpflicht<br />

rühren wird. Bei der Präsentation der Plattform<br />

übte Schaden am Montag scharfe Kritik<br />

an der Bundesregierung. Gegründet wird der<br />

Verein auf Initiative des Salzburger ÖVP-Chefs<br />

LHStv. Wilfried Haslauer.<br />

„Ich erwarte, dass der Verteidigungsminister<br />

keine Freude mit mir haben wird, aber<br />

damit kann ich leben“, sagte Schaden heute<br />

bei einem Pressegespräch. Zu Beginn der<br />

Debatte habe er durchaus Sympathien für ein<br />

Berufsheer aufgebracht, „weil die Wehrpflicht<br />

zumindest Reformbedarf hat“. Inzwischen<br />

teile er aber die Bedenken des Roten Kreuzes<br />

und anderer Organisationen, und er befürchte,<br />

dass sich die Aussage Darabos‘, mit zwei Milliarden<br />

Euro sei ein Berufsheer nicht schlecht<br />

aufgestellt, als Chimäre herausstellen könnte,<br />

„und dann stehen wir mit einem abgewrackten<br />

Heer da“.<br />

Dass die Bundesregierung „die Information<br />

verweigert, ist eine echte demokratiepolitische<br />

Katastrophe“, sparte der Bürgermeister nicht<br />

an Kritik. Ein Kräftemessen vor der Nationalratswahl<br />

bezeichnete er als Unfug. Er sei bei<br />

weitem nicht der einzige in den Reihen der<br />

Sozialdemokratie, der sich für Wehrpflicht und<br />

Zivildienst ausspreche. Eine Abstimmung in<br />

seiner Bezirksorganisation (SPÖ Stadt Salzburg)<br />

sei vor einem halben Jahr „fifty-fifty“ ausgegangen.<br />

Mit der Gründung des Vereins „Salzburg für<br />

Wehrpflicht, Zivildienst, Katastrophenschutz,<br />

Ehrenamt“ hat Haslauer den früheren Landesrettungskommandanten<br />

Gerhard Huber<br />

beauftragt, der auf eine große Erfahrung bei<br />

Katastrophenschutz und Zivildienst verweisen<br />

könne. „Das ist keine Parteigründung, es geht<br />

ausschließlich um die Sache“, sagte Huber.<br />

Ein Vorstand muss erst nominiert werden.<br />

Haslauer bezeichnete die Befragung als<br />

„Nagelprobe, wie ernst wir es mit der direkten<br />

Demokratie meinen. Sie darf nicht bloß eine<br />

Worthülse sein“. Es sei wichtig, „dass nicht in<br />

der Kurzfristigkeit der politischen Auseinandersetzung<br />

etwas zerstört wird, was für das<br />

Land wichtig ist“. <strong>Die</strong> Plattform sei als Signal<br />

zu verstehen, dass die Menschen partweiübergreifend<br />

abstimmen sollten, weil es in allen<br />

Parteien Befürworter und Gegner gebe.<br />

Finanzieren will der Verein seine Überzeugungsarbeit<br />

ausschließlich über Spenden und<br />

Fundraising-Aktionen. Gelder von Parteien<br />

oder der öffentlichen Hand werde es „sicher<br />

nicht“ geben, so Huber. Auf große Plakate<br />

oder Hochglanzbroschüren werde verzichtet,<br />

eine Agentur werde man auch nicht beschäftigen.<br />

Man wolle auf Veranstaltungen Präsenz<br />

zeigen und jeder, der sich beteiligen wolle,<br />

werde dies ehrenamtlich tun. <strong>Der</strong> Verein wird<br />

seine Arbeit auf das Bundesland Salzburg beschränken.<br />

„Unser Arbeitsplatz ist Salzburg“,<br />

so Schaden, das Projekt sei aber „zur Nachahmung<br />

empfohlen“, ergänzte Haslauer.<br />

APA0259 20<strong>12</strong>-10-01/<strong>12</strong>:41<br />

30 <strong>Der</strong> <strong>Offizier</strong> 3-20<strong>12</strong>


Me d i e n s p l i t t e r<br />

Wo man’s erfährt: Zitate aus dem Kurier<br />

29 09: Bundeskanzler a.D.<br />

Dr. Franz Vranitzky im<br />

Interview:<br />

Vranitzky:<br />

Wehrpflicht vorläufig erhalten<br />

<strong>Der</strong> ehemalige Kanzler feiert in Kürze<br />

75. Geburtstag. Er vermisst eine klare<br />

Europapolitik und eine Strategie für<br />

das Heer.<br />

Wird die Volksbefragung über die<br />

Zukunft des Bundesheeres eine Art<br />

Ersatzwahl?<br />

Das kann sein.<br />

Wofür sind Sie?<br />

Man könnte den großen Wurf wagen.<br />

Was hindert Österreich, Allianzen zu<br />

suchen und für eine Verteidigungspolitik<br />

auf europäischer Basis einzutreten.<br />

Dann ist die ganze Debatte<br />

nicht auf Katastrophenschutz und<br />

Zivildienst reduziert. Bevor es ein<br />

solches Konzept nicht gibt, rate ich<br />

von der vorschnellen Abschaffung<br />

der allgemeinen Wehrpflicht ab, die<br />

klaglose Rekrutierung bleibt fraglich.<br />

Gelingt es, die Zahl der Systemerhalter<br />

radikal zu kürzen, den Grundwehrdienern<br />

eine interessante Ausbildung<br />

zu geben mit der Aussicht auf eine<br />

sinnvolle Verwendung als Zeitsoldat<br />

wird die Heereszeit nicht als verlorene<br />

Zeit empfunden werden.<br />

30 09: Bundespräsident<br />

Dr. Heinz Fischer im Interview:<br />

<strong>Die</strong> kommende Volksbefragung<br />

über die Wehrpflicht haben Sie<br />

ausdrücklich begrüßt. Werden Sie<br />

dazu aufrufen, hinzugehen?<br />

Ich habe zu dieser Frage seit vielen<br />

Jahren eine klare Meinung, die sich<br />

nicht geändert hat ....<br />

Sie bleiben Fan der Wehrpflicht?<br />

Ja, aber ich werde mich nicht als<br />

Teil des Wahlkampfes instrumentalisieren<br />

lassen. Darüber, ob ich die<br />

Österreicher aufrufe, sich an der<br />

Volksbefragung zu beteiligen, muss<br />

ich noch nachdenken.<br />

Wenn jene, die für die Wehrpflicht<br />

sind, ein Zitat von Ihnen verwenden<br />

und dies groß plakatieren, würden<br />

Sie sich ärgern oder mehr?<br />

Ich glaube, dass alle so vernünftig<br />

sein werden, den Bundespräsidenten<br />

nicht in diesen Wahlkampf hineinzuziehen;<br />

ich möchte nicht auf einem<br />

Plakat aufscheinen.<br />

….<br />

Sie sind als Oberbefehlshaber des<br />

Heeres oft in Kasernen. Teilen Sie<br />

den Eindruck, der jetzt im<br />

Zuge des „Heeres-Wahlkampfes“<br />

verbreitet wird: <strong>Die</strong><br />

Mehrzahl der Soldaten sind<br />

nur Systemerhalter?<br />

Wenn es so wäre, hätte man<br />

das längst ändern müssen.<br />

Außerdem habe ich Probleme<br />

damit, dass man die Rolle<br />

des Heeres an Feiertagen<br />

lobt, es jetzt aber sehr harsch<br />

behandelt. Auch in einem<br />

Berufsheer wird es notwendig<br />

sein, dass für Soldaten<br />

gekocht wird, dass Uniformen<br />

gebügelt werden und dass<br />

es Lkw- und Jeepfahrer<br />

gibt. Natürlich kann man<br />

sagen, wir haben sehr viel<br />

Geld und übertragen diese<br />

Aufgaben nicht Rekruten,<br />

sondern engagieren uns Köche,<br />

Reinigungsfirmen, Fahrer und lassen<br />

das alles gegen Bezahlung machen.<br />

Aber wenn wir jetzt dafür kein Geld<br />

im System der Wehrpflicht haben,<br />

woher soll es dann in einem Berufsheer<br />

kommen?<br />

Ein Berufsheer käme also teurer?<br />

Dazu habe ich mich gerade geäußert.<br />

Zitat aus<br />

dem profil:<br />

17 09:<br />

… Dass Darabos bei wichtigen<br />

Entscheidungen gerne die „Kronen<br />

Zeitung“ zurate zieht, zeigte sich jüngst<br />

wieder am 7. September. An diesem<br />

Freitag besprach Darabos zunächst<br />

in seinem Büro mit Innenministerin<br />

Johanna Mikl-Leitner den Text für<br />

die Volksbefragung. Einige Stunden<br />

später, um 16 Uhr, empfing er den<br />

Herausgeber der „Krone“, Christoph<br />

Dichand, zu einem Gespräch über<br />

aktuelle Heeresthemen, wie profil<br />

herausfand. „Das war ein länger vereinbarter<br />

Termin und steht mit dem<br />

vorherigen Treffen mit Mikl-Leitner<br />

in keinerlei Zusammenhang“, erklärt<br />

Darabos-Sprecher Stefan Hirsch.<br />

3-20<strong>12</strong> <strong>Der</strong> <strong>Offizier</strong> 3 1


Richtig bemerkt:<br />

Foto: Urrisk<br />

P.b.b. – Verlagspostamt 1010 Wien – Aufgabepostamt<br />

2620 Neunkirchen • 02Z033917M<br />

Unser<br />

Bundesheer<br />

braucht Profis<br />

– vor allem in der<br />

politischen Führung!<br />

Foto: Bundesheer

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