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PH Publico 1 - Pädagogische Hochschule Burgenland

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Abduktive Schlüsse sind dadurch gekennzeichnet,<br />

dass sie zwar möglich, aber nicht<br />

notwendig sind. Im abduktiven Schlussfolgern<br />

werden also Hypothesen über mögliche<br />

bzw. wahrscheinliche Rahmenbedingungen<br />

erstellt, innerhalb derer eine bekannte Regel<br />

zu einem bekannten Resultat führen kann.<br />

Abduktive Schlüsse bedürfen als Hypothesen<br />

immer einer Überprüfung (vgl. Prokopf<br />

& Ziebertz, 2005).<br />

Dies kann am Beispiel detektivischer Arbeit<br />

deutlich werden (vgl. Riegel, 2007): Es liegt<br />

hier ein Resultat vor, nämlich der Anlass, der<br />

dazu führt, dass ein Detektiv engagiert wird.<br />

Ein guter Detektiv hat ein kriminologisches<br />

Grundwissen, einen Überblick über verschiedene<br />

Regelhaftigkeiten in seinem Repertoire.<br />

Die Aufgabe des Detektivs besteht nun darin,<br />

durch Nachforschungen und Kombinieren<br />

von Indizien den Fall zu lösen. D. h. der<br />

Detektiv entwickelt ein mögliches Szenario<br />

und liefert zur Untermauerung dieses Szenarios<br />

Beweise. An diesem Beispiel können wir<br />

erkennen, dass einerseits die Überprüfung<br />

abduktiver Schlüsse notwendig ist und dass<br />

andererseits in der Abduktion Neues entstehen<br />

kann. „Durch Abduktion werden bisher<br />

unverbundene Elemente als Erklärung für<br />

bisher unerklärte Phänomene zusammengebracht“<br />

(Heil, 2006, 81). „In der Abduktion<br />

werden erklärende Hypothesen zu überraschenden<br />

Tatsachen gebildet. Das Ergebnis<br />

bleibt vorerst hypothetisch. Die Abduktion<br />

beschreibt somit ein kreatives Wahrnehmungsurteil“<br />

(Riegel, 2007).<br />

Zusammenfassung und Ausblick<br />

Abduktive Korrelation geht davon aus, dass<br />

es schon vor der ersten Religionsstunde zu<br />

einer Verschränkung von Glauben und Leben<br />

gekommen ist. Nach den Überlegungen<br />

und Erkenntnissen der abduktiven Korrelation<br />

ist eine solche bereits vollzogen, noch<br />

bevor religiöse Erziehung beginnt, ja sogar<br />

bevor sie beginnen kann. Das Beispiel von<br />

Jakub am Beginn meines Artikels soll das<br />

verdeutlichen.<br />

Was bedeutet all das nun für den Religionsunterricht?<br />

Was heißt das für religiöse<br />

Erziehung im Allgemeinen? Zuerst möchte<br />

ich dazu anmerken, dass sich jede Religionslehrerin,<br />

jeder Religionslehrer bewusst<br />

sein sollte, dass es bei der Vorbereitung einer<br />

Religionsstunde im Grunde um das Planen<br />

von Unvorhersehbarem geht. Es geht darum<br />

wahrzunehmen, was von den Schülerinnen<br />

und Schülern in einem bestimmten Kontext<br />

eingebracht wird. Der abduktive Modus verweist<br />

auf das Überraschende, Ungewisse,<br />

nicht Planbare. Der Unterrichtsverlauf somit<br />

bleibt letztendlich offen. Das heißt nicht,<br />

dass eine gute Vorbereitung, didaktisches und<br />

methodisches Geschick nicht mehr erforderlich<br />

sind, dass eine fundierte theologische<br />

Vorbildung unwichtig wäre. Im Gegenteil.<br />

Es braucht die Arbeit an einem bestimmten,<br />

relevanten Thema. Was es nicht braucht, ist<br />

das sture Festhalten an einem bestimmten<br />

Weg. Es geht um das Ernstnehmen des subjektorientierten<br />

konstruktivistischen Verfahrens.<br />

„Abduktion ist der Prozess der Bildung<br />

von Hypothesen in Anbetracht von erklärungsbedürftigen<br />

Tatsachen (z. B. den Glaubensaussagen<br />

Jugendlicher). Ausgehend von<br />

überraschenden Äußerungen Jugendlicher<br />

über ihren Glauben werden darin verwobene<br />

Traditionskontexte aufgedeckt. Somit kann<br />

individueller Glaube von religiösen Traditionen<br />

her gedeutet werden und umgekehrt“<br />

(Ziebertz, 2004, S 211).<br />

Abduktive Religionspädagogik geht von der<br />

immer schon zeichenhaft ausgedeuteten Lebenswelt<br />

aus, in der auch die jüdisch-christliche<br />

Tradition ihren kulturellen Platz hat und<br />

immer neu in verschiedene Zusammenhänge<br />

transformiert wird. Primäre Aufgabe der<br />

religiösen Bildung wäre es also aus abduktiver<br />

Perspektive nicht, Religion als eine quasi<br />

fremd gewordene Tradition neu zu lehren.<br />

Vielmehr kommt es darauf an, Kompetenzen<br />

zu entwickeln (zunächst auf Seiten der<br />

Lehrenden und dann auf Seiten der Lernen-<br />

99<br />

10. In den alltäglichen Erfahrungen lesen lernen

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