PH Publico 1 - Pädagogische Hochschule Burgenland
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„Der Begriff ’Sozialpädagogik’ wurde<br />
erstmals in Deutschland verwendet. Von<br />
Deutschland verbreitete sich Sozialpädagogik<br />
als Begriff mit den dazugehörigen Theorien<br />
und Modellen über das gesamte Europa.<br />
Sozialpädagogik bzw. äquivalente Begriffe<br />
sind heute in (Kontinental)Europa daher<br />
überwiegend bekannt.” 1<br />
Nicht nur der Begriff, sondern auch die<br />
Wurzeln der Sozialpädagogik finden sich in<br />
(Kontinental) Europa. In Frankreich hatten<br />
schon beispielsweise im 17. Jahrhundert<br />
zahlreiche Gesellschaften mit sozialpädagogischen<br />
Zielsetzungen gewirkt. Explizit findet<br />
man den Namen Sozialpädagogik zuerst<br />
im Jahre 1835 beim deutschen Philosophen<br />
Adolf Disterweg. Auch Paul Natorp, einer<br />
der bedeutendsten Theoretiker der Sozialpädagogik,<br />
hat in seinem Werk „Sozialpädagogik”<br />
(1904) die Förderung der Sozialisation,<br />
das heißt die Vergesellschaftlichung des Individuums<br />
als Ziel der Sozialpädagogik bezeichnet.<br />
„Die Themen dieser Wissenschaft<br />
sind” – sagte Natorp – „die soziale Grundlegungen<br />
der Bildung, wie auch die Erziehung<br />
für die soziale Lebenshaltung.” 2<br />
In diesem Aufsatz wird versucht, die Lage der<br />
Sozialpädagogik in Europa zusammenfassend<br />
zu schildern sowie in einer Kurzfassung ihre<br />
Entwicklung dazustellen: Dabei soll auch das<br />
wissenschaftliche Selbstverständnis der Sozialpädagogik<br />
behandelt sowie eine Übersicht<br />
der europäischen Ausbildungsmöglichkeiten<br />
und der Praxis gegeben werden.<br />
1 Karin Lauermann, „Ausbildung für Sozialpädagogik<br />
in Europa” in Schauen was ’rauskommt, Hg. Martin Heinrich und<br />
Ulrike Greiner (Berlin-Hamburg-Münster: LIT Vrlg, 2006), 439-<br />
440.<br />
2 Pelle Hallstedt and Mats Högström, The Recontextualisation<br />
of Social Pedagogy (Malmö: Holmbergs, 2005), 30-31.<br />
1. Sozialpädagogik in Europa<br />
Bela Teleki<br />
Ausbildung und Praxis der Sozialpädagogik<br />
in Europa<br />
In diesem Abschnitt werden die Begriffe der<br />
Sozialpädagogik in Wissenschaft und Praxis<br />
beschrieben.<br />
1.1. Das Begriffssystem der Sozialpädagogik<br />
Sozialpädagogik ist – nach dem Ungarischen<br />
Großlexikon 3 - „ein spezieller Zweig der Erziehungswissenschaft,<br />
die sich mit der außerfamiliären<br />
und außerschulischen Erziehung,<br />
Pflege, wie auch Sozialisation und Rehabilitation<br />
beschäftigt. Ihre Zielgruppen sind in<br />
der ungünstigen Umständen aufwachsende<br />
Kinder und Jugendliche, wie auch hilfesuchende<br />
Erwachsene.” Das <strong>Pädagogische</strong> Lexikon<br />
zählt als Adressaten auch noch „alte<br />
Leute und Flüchtlinge” zu der Zielgruppe<br />
der Sozialpädagogik.” 4 Andererseits bezeichnet<br />
die Sozialpädagogik „den gesamten Bereich<br />
der professionellen Hilfe, mit denen<br />
vornehmlich im sozialen Bereich liegende<br />
Probleme einzelner Menschen oder Gruppen<br />
von Menschen bearbeitet werden sollen,<br />
mit dem Ziel, diese Probleme zu lösen oder<br />
wenigstens ihre Folgen zu mildern. Diese<br />
Arbeitsdefinition von Sozialpädagogik bietet<br />
auch eine ausreichende Trennschärfe, um sie<br />
z. B. gegenüber Gesundheitsberufen, den erziehenden<br />
und lehrenden Berufen sowie zur<br />
Seelsorge abzugrenzen.” 5<br />
Die Sozialpädagogik ist somit eine multidisziplinäre<br />
und komplexe Wissenschaft,<br />
befindet sie sich doch „zwischen traditionsreichen<br />
Wissenschaften, wie der Theologie,<br />
der Rechtswissenschaft, der Medizin und der<br />
3 Magyar Nagylexikon. 16 kötet, Szociálpedagógia (Budapest:<br />
Magyar Negylexikon Kiadó, 2003), 859.<br />
4 Pedagógiai Lexikon. III. kötet, Szociálpedagógia (Budapest:<br />
Karaban, 1997), 400-401.<br />
5 Katja Grimm und Reiner Vock, Sozialpädagogik in<br />
der beruflichen Integrationsförderung (Münster: Waxmann Vlg.,<br />
2007), 23.<br />
85<br />
9. Ausbildung und Praxis der Sozialpädagogik in Europa