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PH Publico 1 - Pädagogische Hochschule Burgenland

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felt versuchen, sich einen Weg durch die,<br />

auf sie einströmende Kritik zu bahnen, sind<br />

Rezepte und Empfehlungen, die die Bildungsmisere<br />

beenden könnten, mehr als<br />

nur willkommen. Die zahlreichen Vorschläge<br />

zur Verbesserung der schulischen Situation,<br />

stellen eine Flut von Anleitungen dar,<br />

die, so scheint es, den Weg zu einer neueren<br />

erfolgreicheren Pädagogik weisen können.<br />

Wenn also die Hirnforschung, nach Meinung<br />

Spitzers, über jene Medizin verfüge, die die<br />

Schule gesunden lässt, so klingt das sehr vielversprechend.<br />

Jeder/ jede Kranke ist froh,<br />

wenn das adäquate Medikament gefunden<br />

wird, dass ihn/sie gesunden lässt. Schafften<br />

doch die Geisteswissenschaften trotz<br />

jahrhundertelangem Bemühen nicht das, was<br />

die Hirnforschung dank ihrer naturwissenschaftlichen<br />

Methoden zu erforschen fähig<br />

war. Denn man weiß jetzt, nach Aussage<br />

des prominenten Hirnforschers Singer, dass<br />

„Keiner“ anders kann, als er ist (vgl. Borck<br />

2006, S. 90f).<br />

Doch Skepsis ist bei solchen Aussagen nicht<br />

nur angebracht, sondern auch notwendig.<br />

Es ist eine Tatsache, dass die Hirnforschung<br />

eine Reihe von Befunden zu bieten hat, die<br />

der pädagogischen Praxis hilfreich sein können.<br />

Das neurobiologische Wissen, hat neben<br />

anderen Faktoren, die Unterrichts- und<br />

Schulentwicklung in Österreichs Schulen in<br />

den letzten Jahren beeinflusst. Vor einigen<br />

Jahren war es undenkbar, dass SchülerInnen<br />

Feedback zu Unterricht geben können, dass<br />

sie in Unterrichtsstunden ihr eigenes Lernen<br />

reflektieren sollen, dass Lernstile im Unterrichtsprozess<br />

berücksichtigt und Lernprofile<br />

erstellt werden, und individuelle Begabungen<br />

nicht als Störungen wahrgenommen werden,<br />

sondern willkommen sind. Der Unterricht<br />

verlief LehrerInnenzentriert, disziplinierend<br />

und unter der nicht überdachten, falschen<br />

Annahme, dass alle SchülerInnen einer Lerngruppe<br />

Lernprozesse synchron vollziehen.<br />

Feedback von Schülerinnenseite wurde sanktioniert.<br />

Unterricht verlief schematisch nach<br />

dem Muster „Belehren- Bewerten - Benoten“<br />

ab, was zu häufiger Unter- und Überforderung<br />

und folglich zu Lernproblemen führte.<br />

An dieser Stelle muss angeführt werden,<br />

dass diese Form von Unterricht nach wie vor<br />

in vielen Klassenzimmern anzutreffen ist, da<br />

eine große Zahl der Lehrenden Unterricht in<br />

dieser Weise selbst erlebt und gelernt haben.<br />

Sie müssten ihre Lehrgewohnheiten in Frage<br />

stellen und sich auf neue unbekannte Wege<br />

und Prozesse einlassen.<br />

Besonderes Augenmerk muss aber dennoch<br />

darauf gelegt werden, dass bei allem Wissen<br />

um das Gehirn von Lernenden, Erziehung<br />

und Sozialisation entscheidende Faktoren<br />

der menschlichen Entwicklung darstellen.<br />

Nicht nur die Gene, sondern die Interaktion<br />

mit der Umwelt und die Auseinandersetzung<br />

mit der Kultur, prägen den Menschen. Davon<br />

ausgehend kann die pädagogische Praxis<br />

sehr wohl relevante Informationen aus der<br />

Hirnforschung erhalten, wie z. B. das Wissen<br />

von Lernbedingungen die dem Lernen förderlich<br />

sind, die Betonung des frühen Lernens<br />

und das Wissen um die Plastizität des<br />

Gehirns (vgl. Speck 2008, S. 178).<br />

Ich kann der Meinung Scheichs zustimmen,<br />

dass die pädagogische Praxis durch neurowissenschaftliche<br />

Erkenntnisse Bestätigung<br />

für ihr Handeln und Ergänzung ihres eigenen<br />

Erfahrungswissens erhält. Das Angebot der<br />

Neurowissenschaften leistet Hilfestellung<br />

und kann eine Form der Sicherheit, bezogen<br />

auf die unterrichtliche Tätigkeit und auch in<br />

der Kommunikation mit Eltern und Vorgesetzten,<br />

geben. <strong>Pädagogische</strong>s Handeln kann<br />

durch das Wissen der Hirnforschung belegt<br />

werden und Professionalisierung erfahren.<br />

Vor allem aber, sehe ich in ihnen die Anregung<br />

für Lehrende, eigenes pädagogisches<br />

Handeln zu hinterfragen und zu reflektieren.<br />

Skeptisch zu betrachten bleibt jedoch vor<br />

allem der Ansatz der Hirnforschung, der<br />

den Menschen auf sein Gehirn reduziert.<br />

Lehren und Lernen sind die Hauptintention<br />

einer Unterrichtsstunde. Doch in der<br />

81<br />

8. Lernen an der Schnittstelle

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