PH Publico 1 - Pädagogische Hochschule Burgenland
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und wenn sie bewusst erlebt werden, so unterliegen<br />
sie nach Roth nicht dem menschlichen<br />
Willen.<br />
Damit Information Bedeutung hat, muss der<br />
Empfänger über entsprechendes Vorwissen<br />
verfügen. Wenn LehrerInnen verbale Information<br />
geben, so werden Schalldruckwellen<br />
produziert, die umgewandelt in Nervenimpulse<br />
in das Gehirn der HörerInnen eindringen,<br />
wo sie als Sprachlaute identifiziert werden.<br />
Danach werden sie in die für Sprache<br />
zuständigen Hirnzentren, dem Wernicke und<br />
Broca Areal gelenkt. Hier werden primäre<br />
und grammatikabhängige Wortbedeutungen<br />
(linke Hirnrinde), sowie die Sprachmelodie<br />
und affektive Bestandteile (rechte Hirnrinde)<br />
analysiert.<br />
Das Gehörte wird in Bezug auf seinen Bedeutungs-<br />
und Handlungskontext, für den<br />
Menschen unbewusst, mit Inhalten des<br />
Sprachgedächtnisses verglichen.<br />
Existiert nun weder Vorwissen noch Bedeutungskontext,<br />
so findet auch keine Bedeutungskonstruktion<br />
statt. Nur unter dem Umstand,<br />
dass das Vorwissen der Lehrenden und<br />
Lernenden zufällig oder eingeübt vorhanden<br />
ist, könnten ungefähr dieselben Bedeutungen<br />
entstehen (vgl. Roth 2006, S. 56ff).<br />
Die Bedeutung des limbischen Systems<br />
für Lehrende und Lernende<br />
Das limbische System war in der kognitiven<br />
Psychologie lange Zeit nicht existent. Dieses<br />
System vermittelt Affekte, Gefühle und<br />
Motivation. Es hat die Funktion der Kontrolle<br />
des Lernerfolgs und ist entscheidend<br />
am Lernerfolg beteiligt, da es bei jeder Lernsituation<br />
bewertet, ob das Hinhören und<br />
Üben lohnenswert ist. Die Entscheidungen<br />
hängen vor allem von in der Vergangenheit<br />
gespeicherten Erfahrungen ab, die Lernende<br />
gemacht haben. Fällt die Bewertung positiv<br />
aus, kommt es über die neuromodularischen<br />
Systeme zur Umgestaltung von in der Großhirnrinde<br />
vorhandenen Wissensnetzwerken,<br />
sodass neues Wissen entstehen kann (vgl.<br />
Roth 2006, S. 58f).<br />
Weitere beeinflussende Faktoren von<br />
Lernprozessen<br />
Erkenntnisse der Neuropsychologie und<br />
Emotionspsychologie belegen, dass unbewusst<br />
und innerhalb von ca. einer Sekunde<br />
die Glaubhaftigkeit des Gegenübers eingeschätzt<br />
wird. Es kommt zu Analysen des<br />
Gesichtsausdrucks, der Tönung der Stimme<br />
und der Körperhaltung. Übertragen<br />
auf Lehr- und Lernprozesse im schulischen<br />
Kontext, stellen SchülerInnen fest (im ersten<br />
Schritt unbewusst), ob Lehrende motiviert<br />
sind und sich mit dem Gesagten identifizieren.<br />
Lehrende selbst sind sich der von ihnen<br />
ausgesandten Signale, so meint Roth, nicht<br />
bewusst. Wissensinhalte, die möglicherweise<br />
schon seit Jahren unverändert vorgetragen<br />
werden, wo also im Vortrag Langeweile und<br />
Gleichgültigkeit mitschwingen, erreichen<br />
nicht die Gehirne der SchülerInnen. Die unbewusst<br />
ausgesandten Signale zu verändern<br />
oder zu versuchen sie willentlich zu beeinflussen,<br />
könnte sich förderlich auf Lernprozesse<br />
auswirken (ebd., S. 60f).<br />
Lernvoraussetzungen der SchülerInnen<br />
Lernen ist Eigenaktivität der Lernenden und<br />
läuft in den einzelnen Gehirnen einer Lerngruppe<br />
sehr unterschiedlich ab. Von welchen<br />
Unterschieden haben Lehrende auszugehen?<br />
Nach Markowitsch gibt es sehr große Unterschiede<br />
Gedächtnisleistungen betreffend.<br />
Merkt sich der eine problemlos Zahlen, tut<br />
sich aber schwer mit dem Einprägen von<br />
Namen, kann sich dies beim anderen gerade<br />
umgekehrt darstellen. Diese individuellen<br />
Fähigkeiten sind als angeboren zu sehen,<br />
und nur begrenzt zu verbessern. Durch das<br />
Erlernen und Üben von Mnemotechniken,<br />
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8. Lernen an der Schnittstelle