PH Publico 1 - Pädagogische Hochschule Burgenland
PH Publico 1 - Pädagogische Hochschule Burgenland
PH Publico 1 - Pädagogische Hochschule Burgenland
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Jede Zeit hat ihre eigenen Idole. Die heutige<br />
ist im Bildungsbereich maßgeblich von den<br />
Idolen der Kontrollierbarkeit, der Steuerbarkeit,<br />
der Transparenz, der validen und zuverlässigen<br />
Leistungsmessung, der Verbesserung<br />
und der Gerechtigkeit geprägt. In den letzten<br />
Jahren wurden vielfältige Anstrengungen<br />
unternommen, das Bildungssystem diesem<br />
Idol zu unterwerfen. Bildungsstandards und<br />
Bildungsmonitorings sind Ausdruck dieser<br />
Entwicklung, die von der Idee lebt, dass die<br />
Leistungsstandserhebung der Qualitätssicherung<br />
dienen würde.<br />
Schon die Prämissen des Vorhabens überzeugen<br />
allerdings kaum, da - und das wissen die<br />
Reformleute auch - empirische Belege für die<br />
Qualitätssteigerung der Schulleistung durch<br />
Bildungsstandards nach wie vor ausstehen<br />
und diese es vielleicht auch nicht so gibt, wie<br />
manche es sich wünschen würden (vgl. Heid<br />
2007). Aber das ist nicht der entscheidende<br />
Punkt, sondern vielmehr die Folgerungen,<br />
die gezogen werden: Die verantwortlichen<br />
Bildungspolitik/innen die schließlich daran<br />
gemessen werden, ob sie etwas verändert<br />
oder bewirkt haben, hindert offenbar nichts<br />
daran irgendwelche Bildungsprogramme<br />
durch- und umzusetzen, die alles sein mögen,<br />
nur eines nicht – evidenzbasiert. Grundlage<br />
sind zumeist Defizitdiagnosen und Zielformulierungen.<br />
Das populärste Argument in<br />
diesem Zusammenhang ist der Verweis auf<br />
das schlechte Abschneiden der österreichischen<br />
Schülerinnen und Schüler im internationalen<br />
Wettbewerb der Schulsysteme. Dieser<br />
Befund kränkte und zugleich bildete er den<br />
Nährboden für das Dogma, dass die österreichischen<br />
Bildungsinstitutionen ineffektiv,<br />
schulisches Lernen unwirksam, und die Lehrerinnen<br />
und Lehrer unprofessionell sind.<br />
Andrea Weinhandl<br />
Bildung in der Lehrer/innen-Bildung?<br />
Einige kurze Anmerkungen<br />
Das bedenkliche daran ist, dass mitunter auch<br />
die Wissenschaft sich diesem Dogma anschließt.<br />
Es zu vertreten - so Roland Reichenbach<br />
- „illustriert offenbar den eigenen Erfolg<br />
unter den wissenschaftlichen und politischen<br />
Peers; sich ihm zu unterwerfen illustriert Vernünftigkeit<br />
und Einsicht; mitzumachen und<br />
ganz im Vokabular des OECD-Bildungsdiskurses<br />
aufzugehen, illustriert internationale<br />
Anschlussfähigkeit“ (Reichenbach 2007, 2).<br />
Es ist deshalb auch nicht erstaunlich, dass<br />
jene wissenschaftlichen Konzepte sich eines<br />
besonderen Erfolgs erfreuen, die vor allem<br />
mit den zeitgemäßen Ansichten und Diskursen<br />
übereinstimmen, beispielsweise mit der<br />
Idee, dass es in der Schul- und Studienzeit<br />
nicht primär um die Bildung des Menschen,<br />
sondern um den Erwerb von Kompetenzen<br />
gehen soll.<br />
Kaum einer, der im pädagogischen Feld tätig<br />
ist, wird etwas gegen Kompetenzen, Kompetenzförderung<br />
oder Kompetenzmessung haben.<br />
Darum geht es auch nicht, sondern um<br />
die enorme Überschätzung der Idee, Bildung<br />
allein auf Kompetenzerwerb und Bildungsziele<br />
möglichst allein als messbare Kompetenzen<br />
zu begreifen.<br />
Nun kann man natürlich einwenden, dass<br />
man den Begriff Kompetenz auch bildungstheoretisch<br />
verstehen kann, sofern man - wie<br />
Heinrich Roth in seiner <strong>Pädagogische</strong>n Anthropologie<br />
von 1971 - die Fähigkeiten, die<br />
ein Mensch auf dem Wege von Erziehung<br />
und Bildung auszubilden hat, als Sach- Sozial-<br />
und Selbstkompetenz definiert. Wenn<br />
man diese unterschiedlichen Dimensionen<br />
des Begriffs den Differenzierungen im Bildungsbegriff<br />
gegenüberstellt, dann entsteht<br />
durchaus eine gewisse Nähe zu den drei Relationen,<br />
die man als durchgehende Merkma-<br />
55<br />
6. Bildung in der Lehrer/innen-Bildung?