PH Publico 1 - Pädagogische Hochschule Burgenland
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5. Die Neue Lernkultur und ihre Bedeutung<br />
fristige Auswirkungen hat. Der Bildungssektor<br />
ist als solches Gebiet zu bezeichnen.<br />
Lernen:<br />
Die Pädagogik bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts<br />
war der Ansicht, dass Schüler einer<br />
Klasse (und damit in etwa einer Altersgruppe)<br />
in der Regel für dieselben Informationen<br />
empfänglich sind und meinte auch zu wissen,<br />
welche Bedeutung der weitergegebenen Information<br />
zukommt. Der Lehrer trägt vor,<br />
die Schüler nehmen auf, verarbeiten, wenden<br />
an.<br />
Die immer genauere Erforschung des Menschen<br />
− hier sei vor allem die Entwicklungspsychologie<br />
genannt – hatte zur Folge, dass<br />
ein immer exakteres Abstimmen der Lehrinhalte<br />
auf den Entwicklungsstand des Kindes<br />
möglich wurde.<br />
Der Lehrplan berücksichtigt entwicklungspsychologische<br />
Forschungen und ist auf den<br />
Erkenntnissen aufgebaut, die besagen, was<br />
das Kind auf der jeweiligen Schulstufe zu<br />
fassen, zu verstehen und zu leisten imstande<br />
ist. Dem Lehrer obliegt es, die Inhalte, die im<br />
Lehrplan verankert sind, methodisch und didaktisch<br />
so aufzubereiten, dass sie das Kind<br />
fassen, verstehen und leisten kann.<br />
Schon mit dem Beginn des 20. Jahrhunderts<br />
setzte eine Wende in der Pädagogik ein, vielfach<br />
als „Paradigmenwechsel“ bezeichnet<br />
(Vgl. Gasser 1999, S. 15 f.).<br />
.Die politischen und gesellschaftlichen Veränderungen,<br />
aber auch der Fortschritt der<br />
Technik, die „zunehmende Verflechtung der<br />
Welt“ (a. a. O.) – all das musste sich auch im<br />
Schulwesen auswirken. Ellen Key rief das<br />
„Jahrhundert des Kindes“ aus (Key, 1921),<br />
die Reformpädagogen plädierten für eine<br />
Pädagogik vom Kinde aus. Der Leitsatz:<br />
„Hilf mir, es selbst zu tun“, brachte Maria<br />
Montessoris Verständnis für das Bedürfnis<br />
des Kindes nach Eigenständigkeit zum Ausdruck.<br />
Bereits vor über hundert Jahren gab<br />
es also Elemente, die heute in der neuen<br />
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Lernkultur wiederzufinden sind.<br />
Einen Angelpunkt bei der Sichtweise des<br />
Unterrichts im Lichte der neuen Lernkultur<br />
stellt die Differenz zwischen Lehren und<br />
Lernen dar. Dieser Unterschied wird in der<br />
pädagogischen Alltagssprache häufig auf<br />
„Frontalunterricht“ versus „Offene Lernformen“<br />
reduziert. Siebert spricht von „Ermöglichungsdidaktik“,<br />
die prinzipiell einer<br />
„Belehrungsdidaktik“ vorzuziehen sei (Vgl.<br />
Siebert 1999, S. 21). Diese Empfehlung beruht<br />
auf dem konstruktivistischen Ansatz,<br />
dass der Mensch nur dann lernt, wenn er intrinsisch<br />
motiviert ist – das heißt, wenn er<br />
aus eigenem Antrieb an der Sache interessiert<br />
ist. Eine Aktivität wird um ihrer selbst willen<br />
ausgeführt, der Beweggrund für das Handeln<br />
liegt nicht außerhalb desselben. In der<br />
Belehrungsdidaktik werden – nach Ansicht<br />
der Vertreter des Konstruktivismus – an die<br />
Person Themen bzw. Inhalte herangeführt,<br />
für die sie (zumindest im Augenblick) nicht<br />
intrinsisch motiviert ist. Das habe zur Folge,<br />
dass Lernen nicht stattfinden kann.<br />
Kultur kann als Gegensatz zur Natur gesehen<br />
werden. „Kultur“ bringt zum Ausdruck, dass<br />
der Mensch in irgendeiner Weise seine Hand<br />
im Spiel hat und in die Natur eingreift. Aus<br />
dem Lateinischen kommend heißt „cultura“<br />
ursprünglich Bearbeitung, Bebauung, Pflege<br />
und bezog sich vor allem auf die Landwirtschaft.<br />
Der Boden wurde „kultiviert“, wovon<br />
man sich – mit Recht – eine Verbesserung<br />
der Erträge erwartete. Wenn der Mensch etwas<br />
verbessern will, kultiviert er es also.<br />
Inzwischen ist mit Kultur die Gesamtheit der<br />
Lebensäußerungen einer größeren Gruppe<br />
gemeint: Wir sprechen von einer Esskultur,<br />
von einer Sprachkultur, von einer Lebenskultur,<br />
von einer Gesprächskultur. Kultur<br />
bezeichnet aber auch den gesamten künstlerischen<br />
Bereich.<br />
Wenn von „Lernkultur“ die Rede ist, bringt<br />
das zum Ausdruck, dass Lernen nicht dem