PH Publico 1 - Pädagogische Hochschule Burgenland
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4. Was bedeutet Neue Lernkultur für den Unterricht?<br />
Paradox?<br />
Die Auflösung des pädagogischen Paradoxes<br />
ist möglich, wenn man die Besonderheiten<br />
menschlicher Tätigkeit betrachtet. Im Rahmen<br />
der Tätigkeitstheorie wird das Subjekt-<br />
Objekt-Verhältnis auf die charakteristisch<br />
menschliche Form der Wechselwirkung mit<br />
der Umwelt konkretisiert. Diese wird als Tätigkeit<br />
(intentionale, aktive Veränderung der<br />
Umwelt) verstanden. Dadurch entsteht das<br />
Verhältnis: Subjekt-Tätigkeit-Objekt.<br />
Das Wesen menschlicher Tätigkeit besteht<br />
in der Kooperation, der gemeinsamen Tätigkeit<br />
von Menschen. Phylogenetisch, wie auch<br />
ontogenetisch gehen gemeinsame Tätigkeit,<br />
Kooperation und Kommunikation der individuellen<br />
Tätigkeit voraus (Vygotskij 2002,<br />
2003). Individuelle Tätigkeit ist angeeignete,<br />
interiorisierte, nach innen verlegte Kooperation,<br />
gewissermaßen die Kooperation mit<br />
sich selbst (Selbsttätigkeit).<br />
Im Rahmen der Kooperation bilden kooperierende<br />
Subjekte ein Gesamtsubjekt, welches<br />
auf dem Vorhandensein einer hinreichend<br />
großen Schnittmenge gemeinsamer Bedürfnisse,<br />
Ziele, Gegenstände und Mittel der Tätigkeit<br />
beruht. Die individuellen Bedürfnisse<br />
sind dabei nur über die Kooperation zu be-<br />
34<br />
friedigen, wodurch die gemeinsame Tätigkeit<br />
von allen Kooperationspartnern als subjektiv<br />
sinnvoll erlebt und über Kommunikation die<br />
Tätigkeit des jeweils anderen Subjekts beeinflusst<br />
und darüber das Subjekt zur Selbstveränderung<br />
veranlasst werden kann.<br />
Diese Position gestattet, die Interaktion, die<br />
Einheit von Lehren und Lernen, Führung<br />
und Selbsttätigkeit herzustellen. In der Kooperation<br />
mit dem Schüler kann der Lehrer<br />
sogar „belehren“, aber dem Wesen nach handelt<br />
es sich dann um eine „Lernhilfe“ und<br />
nicht um „Belehrung“. In gewisser Weise<br />
wird hier pädagogisch mit dem Kind nach<br />
dem Leitsatz von Montessori („Hilf mir, es<br />
selbst zu tun!“) kooperiert (vgl. hierzu aus-<br />
führlich Giest & Lompscher 2006).<br />
Abb. 5: Gemeinsame Tätigkeit als Modus zur<br />
Überwindung des pädagogischen Paradoxes<br />
4. Didaktische Analyse in einer kooperativen<br />
Didaktik<br />
4.1. Grundpositionen<br />
Kern der Unterrichtsvorbereitung ist nach<br />
Wolfgang Klafki (vgl. etwa 1963, 1964a, b,<br />
1985) die didaktische Analyse. Sie stellt eine<br />
Basisvoraussetzung für einen bildungsinten-