PH Publico 1 - Pädagogische Hochschule Burgenland
PH Publico 1 - Pädagogische Hochschule Burgenland
PH Publico 1 - Pädagogische Hochschule Burgenland
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Diese Aneignung geschieht im Wesentlichen<br />
durch Lerntätigkeit.<br />
Lerntätigkeit kennzeichnet spezifisch<br />
menschliches, d.h. kultur-historisch determiniertes<br />
Lernen. Sie ist als spezifische, historisch<br />
nach der Arbeit entstandene Tätigkeit<br />
des Menschen auf seine bewusst und intentional<br />
vollzogene Selbstveränderung gerichtet.<br />
Diese ist zugleich Ergebnis und Voraussetzung<br />
der Aneignung menschlicher Kultur<br />
(gesellschaftlichen Wissens und Könnens ?<br />
Lompscher 1988). Da Lerntätigkeit sich nicht<br />
auf natürliche Weise, genetisch bedingt entwickelt,<br />
muss sie vom Lernenden „kulturell<br />
gelernt“, d.h. in der Tätigkeit (= bewusst und<br />
intentional) angeeignet werden. Das Lernen<br />
lernen bedeutet daher in diesem Kontext wesentlich<br />
Aneignung der Lerntätigkeit.<br />
Die Lerntätigkeit weist Strukturkomponenten<br />
analog zur Arbeit auf (vgl. Abb. 4):<br />
Ziel => Lernziel; Subjekt => Lerner; Gegenstand<br />
=> Lerngegenstand; Mittel =><br />
Lernmittel. Lerntätigkeit ist wie jede Tätigkeit<br />
gegenständliche Tätigkeit. Sie ist ohne<br />
ihren Gegenstand genauso undenkbar wie<br />
ohne ihr Subjekt. Der Lerngegenstand, besser<br />
seine Aneignung, bestimmt die Spezifik<br />
der Lerntätigkeit, ihrer Ziele, Motive, Mittel,<br />
der erforderlichen emotionalen und volitionalen<br />
Voraussetzungen und Bedingungen ihrer<br />
psychischen Regulation. Die spezifische<br />
Dynamik der Lerntätigkeit erwächst aus dem<br />
dialektischen Spannungsverhältnis von Lernsubjekt<br />
und Lerngegenstand: Auf dem Hintergrund<br />
von Lernbedürfnissen entstehen<br />
Lernmotive vor allem dann, wenn ein vom<br />
Lernenden wahrgenommener Sachverhalt<br />
potentiell ein Lernbedürfnis zu befriedigen<br />
vermag, ein Gegenstand auf die Interessen<br />
des Lernenden trifft und so der lernenden<br />
Auseinandersetzung mit ihm Sinn gibt. Dieser<br />
Sinn stiftet mehr oder weniger ein globales<br />
Lernziel und richtet die Lerntätigkeit<br />
auf die Aneignung des Lerngegenstands<br />
(Bewältigung einer bestimmten Lernanforderung).<br />
Auf dem Hintergrund der Lernvor-<br />
aussetzungen des Lernenden, mit dem Lerngegenstand<br />
lernend umzugehen (vor allem<br />
Lernhandlungen zu vollziehen), entstehen<br />
konkrete Lernziele und Lernaufgaben (Lernaufgaben<br />
sind Handlungsanforderungen, die<br />
der Lernende an sich und nicht der Lehrende(!)<br />
stellt). Trifft die Lernanforderung auf<br />
adäquate bereits angeeignete Lernvoraussetzungen,<br />
d.h. liegt sie in der Zone der aktuellen<br />
Leistung des Lernenden, kann sie von<br />
ihm bewältigt werden.<br />
Diese Dynamik kommt aber erst zustande,<br />
wenn die Lerntätigkeit bereits auf einem hohen<br />
Entwicklungsniveau vorliegt, das Lernen<br />
mit Blick auf eine erfolgreiche Bewältigung<br />
der Lernanforderungen bereits gelernt wurde.<br />
Dies kann bei Lernanfängern in einer<br />
spezifischen Domäne und bei Kindern fast<br />
in allen Wissensdomänen nicht vorausgesetzt<br />
werden. Sie müssen das Lernen erst noch lernen.<br />
Lerntätigkeit (vgl. Giest & Lompscher 2006)<br />
Abb. 4: Strukturkomponenten der Lerntätigkeit<br />
Im nächsten Abschnitt sollen konkrete<br />
Schlussfolgerungen für eine neue Lernkultur<br />
im Unterricht gezogen werden, die auf<br />
dem hier gekennzeichneten Ansatz beruhen.<br />
Dabei rückt die Unterrichtsvorbereitung als<br />
wesentliche konzeptionelle Planungstätigkeit<br />
des Lehrers in das Zentrum der Betrachtung.<br />
3.3. Wie überwindet man das <strong>Pädagogische</strong><br />
33<br />
4. Was bedeutet Neue Lernkultur für den Unterricht?