PH Publico 1 - Pädagogische Hochschule Burgenland
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Aus Sicht unserer Erhebungen und Beobachtungen<br />
ist Unterrichtsplanung im besten Fall<br />
Lehrplanung, fast ausnahmslos jedoch keine<br />
Planung mit Blick auf das lernende Kind. Da<br />
auch in der Fachliteratur die Frage nach der<br />
Planbarkeit oder Didaktisierbarkeit des Lernens<br />
alternativ beantwortet wird, kann nicht<br />
verwundern, dass in der Schulpraxis vor allem<br />
die beiden weiter oben diskutierten gegensätzlichen<br />
Modelle angetroffen werden.<br />
Im ersten Fall Lehren ohne Lernen und im<br />
zweiten Lernen ohne Lehren.<br />
Genau diese Alternative wird im <strong>Pädagogische</strong>n<br />
Paradox thematisiert. Deshalb sehen<br />
wir die Ursache für die oben gezeigte Diver-<br />
genz zwischen Theorie und Praxis des Unterrichts,<br />
zwischen Ideal und Wirklichkeit in<br />
der fehlenden Überwindung des <strong>Pädagogische</strong>n<br />
Paradoxes, allerdings auch im Fehlen<br />
einer wissenschaftlichen Brücke zwischen<br />
Didaktik und Lernpsychologie, wie sie die<br />
psychologische Didaktik (Lompscher 1994,<br />
Aebli 1970, Oser & Sarasin 1995, Oser &<br />
Baeriswyl 2001) darstellt.<br />
3. Das Lernen lernen lehren - aber wie?<br />
3.1. Das Paradox von Lehren und Lernen<br />
und seine Auflösung<br />
Das „<strong>Pädagogische</strong> Paradox“ (Luhmann &<br />
Schorr 1982) ist nicht neu, schon Humboldt<br />
(1794) und Diesterweg (1838) thematisieren<br />
es im Zusammenhang mit dem Konzept<br />
der ‚Selbsttätigkeit’. Eigentlich besagt es,<br />
dass Lernen nicht gelehrt werden kann: Der<br />
Schüler kann nur als Subjekt lernen, nie als<br />
Objekt, der Lehrer (als Subjekt) kann auf ihn<br />
aber nur als Objekt einwirken. Die Wechselwirkung<br />
zweier Subjekte ist nicht definiert,<br />
andererseits können Subjekte nicht gleichzeitig<br />
Objekt sein. Genau das geschieht aber<br />
im Rahmen von Unterricht: Der Schüler ist<br />
Objekt pädagogischer Einwirkungen (des<br />
Subjekts Lehrer) und zugleich Subjekt seines<br />
eigenen Aneignungsprozesses im Unterricht.<br />
Damit agieren zwei Subjekte im Unterricht,<br />
aber sie agieren in gewisser Weise nebeneinander.<br />
Im Rahmen der Subjekt-Objekt-Relation<br />
ist die konkrete Interaktion zweier indi-<br />
vidueller Subjekte ausgeschlossen (Abb. 3).<br />
Abb. 3: <strong>Pädagogische</strong>s Paradox 16<br />
3.2. Lernen als Vorgang und als Tätigkeit<br />
Um das soeben beschriebene Paradox theoretisch<br />
auflösen zu können, bedarf es der<br />
nochmaligen Hinwendung zum Lernbegriff.<br />
Vor allem interessiert uns die Frage nach<br />
dem Unterschied zwischen dem natürlichen<br />
Vorgang des Lernens und dem kulturell bedingten<br />
Lernen (Lerntätigkeit).<br />
Zimbardo und Gerrig (2004, 243) kennzeichnen<br />
Lernen allgemein als einen „Prozess,<br />
der in einer relativ konsistenten Änderung<br />
des Verhaltens oder des Verhaltenspotenzials<br />
resultiert“ und auf Erfahrung basiert.<br />
16 Da dieses Paradox vor allem in der Theorie diskutiert<br />
wird, ohne eine klare empirische Evidenz zu haben, praktisch<br />
funktioniert Unterricht trotz des Paradoxes, spricht Tenorth (2006)<br />
in diesem Zusammenhang von einer Letaltheorie.<br />
31<br />
4. Was bedeutet Neue Lernkultur für den Unterricht?