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PH Publico 1 - Pädagogische Hochschule Burgenland

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4. Was bedeutet Neue Lernkultur für den Unterricht?<br />

populär und andererseits nicht neu ist (vgl.<br />

zum Wesen der Reformpädagogik ? Oelkers<br />

2004, vgl. auch Leschinsky 2005). Einerseits<br />

finden wir die grundlegenden Forderungen<br />

der Reformpädagogik (humanistische Bildung,<br />

Selbsttätigkeit) bereits bei Humboldt<br />

(1964) und Diesterweg (1838), andererseits<br />

kommt Rother (1964) bereits vor über 40<br />

Jahren zu ähnlichen Resultaten wie die modernen<br />

Schulleistungstests. In ihrem Gutachten<br />

zur Volksschule konstatiert sie, dass die<br />

darin erreichten Lernergebnisse zu gering<br />

ausfallen und der Druck entsteht, die Kulturtechniken<br />

besser zu vermitteln, insgesamt<br />

mehr Leistung zu verlangen und Separierung<br />

als Form des Umgangs mit der Heterogenität<br />

der Lernenden zu favorisieren. Ferner<br />

bemängelt Rother zu wenig innere Differenzierung,<br />

zu wenig Geld für die Grundschule<br />

und insgesamt zu wenig Resonanz auf soziale<br />

Probleme der Schüler, welche sich auch<br />

damals schon auf die schulischen Leistungen<br />

abbildeten.<br />

Ungeachtet der eigentlich bekannten Probleme<br />

der Schule ist heute jedoch die gesellschaftliche<br />

Dimension eine andere als früher:<br />

Da sich die Arbeitsanforderungen erheblich<br />

mit Blick auf die Bildungsvoraussetzungen<br />

der Arbeitnehmer verändert haben, können<br />

auf gesellschaftlicher Ebene diese nicht<br />

mehr ignoriert werden, weil in einer angemessenen<br />

Bildung der Arbeitenden ein bedeutsamer<br />

Standortfaktor besteht. Dies gilt<br />

vor allem für Länder, deren gesellschaftlicher<br />

Reichtum vor allem auf der Fertigung hochwertiger<br />

Industriegüter und entsprechender<br />

Dienstleistungen beruht und die kaum über<br />

Roh- und Energiestoffe verfügen.<br />

Insofern kommt die Forderung nach einer<br />

hohen Bildung aller Menschen innerhalb<br />

der Gesellschaft nun nicht nur von humanistischer<br />

Seite, sondern auch von Seiten der<br />

Wirtschaft, des Staates und konservativer<br />

Kräfte, die in früheren Epochen hier eher<br />

zurückhaltend waren.<br />

24<br />

Für die Schule ist vor allem neu, dass auf<br />

der Grundlage des wissenschaftlichen Fortschritts<br />

das Methodenrepertoire und Unterrichtskonzepte<br />

der Reformpädagogik heute<br />

mit einem erneuerten lernpsychologischen<br />

Verständnis interpretiert werden.<br />

1.4. Neuer Lernbegriff<br />

Lernen wird aus kognitionspsychologischer<br />

Sicht allgemein als habitualisierte, stabile<br />

Verhaltensänderung als Folge der Verarbeitung<br />

von Umweltinformationen aufgefasst,<br />

die der Anpassung des Individuums an die<br />

Umwelt dient (Klix 1976, Edelmann 2000;<br />

Zimbardo und Gerrig 2004). In der Folge<br />

der internen Verarbeitung von Umweltinformationen<br />

werden neue Verhaltensformen<br />

mit Blick auf ein erfolgreiches Agieren in der<br />

Umwelt aufgebaut. Dieses Lernen dient der<br />

flexiblen Anpassung des lernenden Individuums<br />

an die Umwelt (Abb. 2). Der Lernbegriff<br />

hat in den letzten Jahrzehnten einen<br />

Wandel erfahren. Herrschte noch zu Beginn<br />

bis in die Mitte des vergangenen Jahrhunderts<br />

ein behavioristischer Lernbegriff vor,<br />

der Verhaltensänderung als Reaktion auf<br />

Umweltreize (Lernprozess = Black-box) zurückführte,<br />

hat sich in der zweiten Hälfte des<br />

20. Jahrhundert eine sogenannte „Kognitive<br />

Wende“ vollzogen, die mit der Ausarbeitung<br />

keines kognitivistischen Lernbegriffs verbunden<br />

war, wie er oben angedeutet wurde.<br />

Kennzeichen dieses Lernbegriffes ist die<br />

Auffassung von der Verhaltensänderung als<br />

Folge von Informationsverarbeitung. Gegen<br />

Ende des 20. Jahrhunderts, vor allem im<br />

Zusammenhang mit der sich etablierenden<br />

Wissenspsychologie, erfolgte dann eine Hinwendung<br />

zur Auffassung vom Lernen als aktiven<br />

Konstruktionsprozess des Lernenden<br />

mit besonderer Betonung auf die Sinnkonstruktion,<br />

die sich im Rahmen der behavioristischen<br />

und kognitivistischen Methodologie<br />

dem forschungsmethodischen Zugriff<br />

entzog. Das Wesen des konstruktivistischen<br />

Lernbegriffes besteht darin, Lernen als<br />

Funktion der aktiven Konstruktionsleistun-

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