PH Publico 1 - Pädagogische Hochschule Burgenland
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Statt fester Berufe, die für das gesamte Arbeitsleben<br />
ausgeübt werden, ist heute ein<br />
höheres, flexibles Niveau der Beruflichkeit<br />
erforderlich. Kennzeichend sind nicht geringere<br />
berufliche Anforderungen, sondern<br />
eine zunehmende Professionalisierung der<br />
Arbeitswelt, die durch hohe Verantwortung,<br />
Reflexion, Selbständigkeit, ständiges Neu-<br />
und Umlernen gekennzeichnet ist (Chatzkel<br />
2004). (Dass dies nicht nur positive Seiten<br />
hat, zeigt die Gesundheitsstatistik, die eine<br />
ständig anwachsende Rate psychischer Erkrankungen<br />
ausweist, welche als Folge zunehmenden<br />
psycho-sozialen Stresses zu betrachten<br />
sind ? einerseits hohe psychische<br />
Arbeitsbelastungen und andererseits die mit<br />
der wirtschaftlichen Dynamik (u.a. auch Globalisierung)<br />
einhergehende fehlende längerfristige<br />
Sicherheit der Arbeitsplätze und damit<br />
Lebensperspektiven).<br />
Mit der Flexibilisierung und zunehmenden<br />
Professionalisierung der Arbeitswelt sowie<br />
der Dynamisierung gesellschaftlicher Entwicklung<br />
geht einher, dass Lernen als lebenslanger<br />
Prozess die berufliche Entwicklung<br />
begleitet. Die Berufsbiografie wird pluralisiert,<br />
denn niemand kann wohl heute damit<br />
rechnen, einen einmal erlernten Beruf sein<br />
Leben lang überhaupt oder in der Weise auszuüben,<br />
die er einstmals erlernt hat. Damit<br />
verbunden ist auch ein nun erforderlicher anderer<br />
Umgang mit Wissen. Statt der Weitergabe<br />
von Traditionen (Wissen, kulturelle und<br />
religiöse Werte und Anschauungen) ist heute<br />
die eigenständige Orientierung in einer dynamisch<br />
sich verändernden Welt erforderlich<br />
(Handlungsfähigkeit, selbständiger Wissenserwerb,<br />
aktive Wissensnutzung, Wissensproduktion<br />
? Konstruktion).<br />
Wissen hat im gesellschaftlichen Maßstab<br />
einen ganz neuen Stellenwert erfahren: es<br />
bestimmt den persönlichen Lebensweg, den<br />
gesellschaftlichen Status und damit wirtschaftliche<br />
Faktoren sowie soziale Anerkennung,<br />
das Selbstkonzept und die Wertorientierung.<br />
PISA und IGLU haben auf den<br />
Zusammenhang zwischen Bildung und sozialer<br />
Schicht aufmerksam gemacht. Heute<br />
gilt erst recht: Wissen bedeutet Lebenserfolg,<br />
jedenfalls in der Regel. Deutlich ist auch der<br />
Zusammenhang zwischen Arbeitslosigkeit<br />
und Bildungsgrad, Gesundheit und Bildungsgrad<br />
usf.), wie man allenthalben lesen kann.<br />
Da die Arbeitsanforderungen in der jeweiligen<br />
Gesellschaft maßgeblich den Bildungsauftrag<br />
der Schule bestimmen, wird ersichtlich, dass<br />
sich auch die entsprechende Lernkultur bzw.<br />
die Lerninhalte in erheblichem Maße ändern<br />
müssen.<br />
1.3. Alte Forderungen? Neue Bedingungen<br />
Die internationalen Schulleistungstests haben<br />
mit Blick auf die neuen Lernanforderungen<br />
auf wesentliche Lernprobleme in unseren<br />
Schulen<br />
aufmerksam gemacht.<br />
Dies betrifft<br />
insgesamt<br />
unbefriedigendeLernergebnisse,<br />
ein Qualitätsdefizit<br />
beim<br />
Wissen, welches<br />
nicht für die Bewältigung<br />
von<br />
Anwendungsanforderungen<br />
zur Verfügung<br />
steht, sondern<br />
bestenfalls memoriert<br />
werden<br />
kann und damit<br />
träge oder<br />
weitgehend<br />
ungenutzt bleibt. Schulisches Lernen findet<br />
kaum als kumulativer Prozess selbständigen<br />
Wissenserwerbs (im Sinne des Erwerbs von<br />
Grundbildung ? Tenorth 2004, vgl. auch Benner<br />
2005) statt (Bildungskommission 2003).<br />
Insgesamt führt dies zur Kritik an Schule,<br />
welche unter Berücksichtigung der eigenen<br />
Bildungsgeschichte vieler Menschen sehr<br />
23<br />
4. Was bedeutet Neue Lernkultur für den Unterricht?