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PH Publico 1 - Pädagogische Hochschule Burgenland

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1. Neue Lernkultur<br />

Seit Bekanntwerden der Ergebnisse internationaler<br />

Vergleichsstudien zu Schülerleistungen<br />

(TIMSS, PISA, IGLU), die der deutschen<br />

Schule kein gutes Zeugnis ausstellten<br />

(„PISA-Schock“), ist eine Debatte über Veränderungen<br />

im Bildungssystem angestoßen<br />

worden, in deren Rahmen immer auch wieder<br />

das Schlagwort „Neue Lernkultur“ fällt.<br />

Dazu hat entscheidend das Forum Bildung<br />

beigetragen, das zu einem breiten nationalen<br />

Diskurs aufforderte, in dessen Ergebnis<br />

Empfehlungen zu Bildungszielen, -inhalten<br />

und -methoden erarbeitet wurden, die den<br />

heutigen und künftigen Anforderungen entsprechen<br />

sollten.<br />

Da mittlerweile der Begriff der „Neuen<br />

Lernkultur“ einen inflationären Gebrauch<br />

erfährt 13 , soll an dieser Stelle, ausgehend<br />

von einer knappen begrifflichen Reflexion,<br />

der Frage nachgegangen werden, was „Neue<br />

Lernkultur“ für das Lernen und Lehren im<br />

Unterricht konkret bedeutet. Dabei wird<br />

auch danach zu fragen sein, wie eine neue<br />

Lernkultur mit dem (nicht ganz neuen) Problem<br />

des „Lernens des Lernens“, einer weiteren<br />

Fassette der Diskussion nach dem PI-<br />

SA-Schock, zusammenhängt.<br />

Die Beantwortung dieser Fragestellung erfolgt<br />

auf dem Hintergrund des lern- und<br />

entwicklungspsychologisches Ansatzes der<br />

„kulturhistorische Schule“, welche vor allem<br />

mit den Namen von Vygotskij, Lurija<br />

und Leont’ev verbunden ist. Dieser Ansatz<br />

wurde unter einer Fragestellung, die der aktuellen<br />

sehr nahe kommt (Steigerung der<br />

Ergebnisse und Effektivität schulischen Lernens<br />

im Hinblick auf die Aneignung theore-<br />

13 Am 28.04.08 zeigte Google je nach Eingabe 25000 -<br />

230000 Einträge zum Stichwort Neue Lernkultur an.<br />

Hartmut Giest<br />

Was bedeutet Neue Lernkultur für den Unterricht?<br />

tischen Denkens und des im Fachunterricht<br />

thematisierten wissenschaftlichen Wissens),<br />

vor allem von Davydov u.a. durch eine Konzeption<br />

der Lerntätigkeit und ihrer Ausbildung<br />

weiter entwickelt, in zahlreichen Untersuchungen<br />

beforscht und in Schulversuchen<br />

erprobt, welche aus diesem Grund für die<br />

heutige Situation und Diskussion wertvolle<br />

Anregungen liefern kann (Dawydow 1972,<br />

Dawydow, Lompscher & Markowa 1982,<br />

Davydov 1988, 1996, Engeström, Miettinen<br />

& Punamäki 1999, Hedegaard & Lompscher<br />

1999 u.a. - vgl. auch Giest 2007).<br />

Der Grundansatz des in den Untersuchungen<br />

praktizierten Vorgehens besteht darin,<br />

Schülerinnen und Schüler nicht vorrangig<br />

als Objekte pädagogischer Einwirkungen<br />

zu behandeln (der Lehrer präsentiert den<br />

Stoff und die Schüler lernen ihn – oder auch<br />

nicht!), sondern im Unterricht Bedingungen<br />

dafür zu schaffen, dass die Lernenden Subjekte<br />

ihrer eigenen Tätigkeit sein können, d.h.<br />

dass sie auf dem Hintergrund ihrer Lernbedürfnisse<br />

Lernmotive entwickeln, indem sie<br />

sich aktiv (und zunehmend eigenständig) auf<br />

dem Hintergrund ihrer Lernerfahrungen und<br />

Handlungsmöglichkeiten mit einem Lerngegenstand<br />

auseinandersetzen (Giest & Lompscher<br />

2006). Die Aktualität dieses Ansatzes<br />

erweist sich auch im Zusammenhang mit den<br />

gegenwärtig andauernden Bemühungen um<br />

Bildungsstandards und Kerncurricula, in denen<br />

zu erreichende Kompetenzen im Sinne<br />

der Output-Orientierung im Bildungswesen<br />

beschrieben werden. Betrachtet man die<br />

vor allem in Lehrplänen und Materialien der<br />

Bildungsadministration (bis hin zur KMK)<br />

veröffentlichten Bildungsstandards, so fällt<br />

auf, dass diese aus Stoffsicht top-down entwickelt<br />

werden, ohne a) die Sinnproblematik<br />

des Lernens zu thematisieren und b) das Ler-<br />

21<br />

4. Was bedeutet Neue Lernkultur für den Unterricht?

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