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PH Publico 1 - Pädagogische Hochschule Burgenland

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3. Ist Bildung ohne Religion möglich?<br />

Schüler zu nötigen, Wissensdaten zu speichern,<br />

auch nicht damit ihm Kenntnisse<br />

mitzuteilen. Unterrichten muss versuchen,<br />

dem jungen Menschen Erkenntnisse zu vermitteln,<br />

d.h. ihn im Lernen selbst erkennen<br />

zu lassen, den Richterstuhl der Wahrheit in<br />

sich selbst anzuerkennen. Lehren kann nicht<br />

die Absicht haben, zu überreden, sondern<br />

muss dem jungen Menschen helfen, sich zu<br />

überzeugen. Überredung hat den Grund des<br />

Für-Wahrhaltens in fremder Vernunft; Überzeugung<br />

ist nur als Ergebnis eigenen Prüfens<br />

vor jenem unendlichen Maß möglich.<br />

In diesem Sinne konnte Sokrates sagen, dass<br />

alles Lernen Wiedererinnerung an die dem<br />

Menschen, jedem Menschen innewohnende<br />

Wahrheit sei, und alles Lehren sich als Hebammenkunst<br />

zu verstehen hätte.<br />

Der hl. Augustinus hat diesen Gedanken weiterentwickelt,<br />

wenn er, modern gesprochen,<br />

schulkritisch fragt, warum man denn die<br />

Kinder überhaupt in die Schule schicke und<br />

skeptisch anmerkt: doch sicher nicht, damit<br />

sie dort lernten, die Worte der Lehrer zu wiederholen.<br />

Das Unterrichtet werden in der Schule habe<br />

doch nur dann einen Sinn, wenn man die Absicht<br />

verfolge, dass beim Hören der Worte<br />

des Lehrers das Licht der Wahrheit in den<br />

Schülern aufleuchte. Diese pädagogische Askese<br />

ist nach Augustinus deshalb gefordert,<br />

weil nur einer unser Lehrer ist: „unus est vester<br />

magister“, wie er das Herrenwort aus dem<br />

Neuen Testament zitiert.<br />

Wenn der Zusammenhang von Religion und<br />

Bildung stimmt, dann erfährt auch Erziehung<br />

ihren definierten Bezug zur Bildung. Erziehung<br />

kann dann nicht die Absicht haben, sich<br />

an bestimmte Verhaltensregeln zu binden.<br />

Erziehung verletzt den Zusammenhang mit<br />

Bildung, und deren Beziehung auf Religion<br />

gleichzeitig, wenn sie sich als Verhaltenssteuerung<br />

begreift. Sie missachtet dann die Würde<br />

des Gewissens im anderen; sie verkennt<br />

ihren Auftrag. Der lautet nicht, dem anderen<br />

16<br />

erst ein Gewissen zu geben, sich womöglich<br />

an die Stelle seines Gewissens zu setzen.<br />

Erziehung kann nur heißen, dem jungen<br />

Menschen zu helfen, auf die Stimme seines<br />

Gewissens zu hören, für sie sensibel zu<br />

machen, zu ermutigen, dieser Stimme zu<br />

folgen. Thomas Morus, der uns ein großartiges<br />

Beispiel von Gewissenstreue geschenkt<br />

hat, schreibt: „Darin finde ich großen Trost,<br />

dass ich in all der Furcht und schweren Sorge<br />

(dank der mächtigen Gnade Gottes) nie<br />

erwogen habe, in etwas einzuwilligen, was<br />

gegen mein Gewissen ginge.“ Und weiter<br />

schreibt er: „So wenig ich mich in das Gewissen<br />

anderer einmische, so sicher bin ich,<br />

dass mein Gewissen mir allein gehört. Es ist<br />

das letzte, was ein Mensch tun kann für sein<br />

Heil, dass er mit sich eins wird. Kommt er in<br />

Gefahr, so ist er verpflichtet, sein Gewissen<br />

zu prüfen und Rat einzuholen und je nach<br />

seiner Einsicht sein Gewissen umzuformen.<br />

Danach aber steht er sicher genug vor Gott.<br />

In diesem Einklang mit meinem Heil glaube<br />

ich zu stehen, dafür danke ich dem Herrn,<br />

dass ich ganz sicher bin.“<br />

In Anerkennung der unwiderruflichen Stimme<br />

des Gewissens kann Erziehung nicht<br />

versuchen, jungen Menschen eine Weltanschauung,<br />

ein Wertesystem oder auch eine<br />

Religion aufzunötigen. Sie muss ihm helfen,<br />

sich als Grundsatzobjekt zu bewähren, dem<br />

Opportunismus, dem Ausgang allen Übels<br />

zu widersagen. Sie muss ihm zeigen, dass der<br />

Spruch des Gewissens unwiderruflich gilt,<br />

dass seine Dignität unantastbar ist, dass sie<br />

aber auch für den Erzieher als unantastbar<br />

gelten muss. Diese Würde des Gewissens, die<br />

der Grund für die Würde des Menschen ist,<br />

kann wohl nur im Gedanken der Religion gesichert<br />

werden.<br />

Wo jene nicht mehr anerkannt ist, da geht es<br />

der Bildung wie in der modernen Emanzipationsideologie.<br />

Emanzipation des Menschen<br />

kann als immerwährende Aufgabe angesehen<br />

werden, wenn damit Befreiung von al-

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