Neue Möglichkeiten der Weinsteinstabilisierung - (DLR) Mosel

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Kellerwirtschaft Neue Möglichkeiten der Weinsteinstabilisierung Ist dieser Wein stabil? Dies ist eine der Hauptfragen die wir uns vor der Abfüllung unserer Weine stellen. Zu dieser Stabilität zählt hauptsächlich auch die Kristallstabilität. Welche kristallstabilisierenden Maßnahmen in der Praxis eingesetzt werden und welche Neuerungen zu erwarten sind, stellen Achim Rosch und Gernot Friedrich vom DLR Mosel dar. Die Kristallstabilität der Weine vor der Füllung bleibt ein Problem für jeden Weinerzeuger. Kristallausscheidungen in der Flasche führen zu Reklamationen der Verbraucher und zu den daraus resultierenden Problemen. Bei Sekten führt der Weinstein sogar zum „gushing“, dem Aufschäumen beim Öffnen der Flaschen. Die bisherigen Lösungsansätze zur Stabilisierung sind meist teuer, energieaufwändig (Kältestabilisierung) oder nur temporär effektiv (Metaweinsäure). Die im Wein entstehenden Kristalle können sehr unterschiedlich sein. So handelt es sich bei den kristallinen Ausscheidungen im Wein meist um die Salze der Weinsäure (Tartrate). Der „echte Weinstein“ (Bild 1) ist das sich am häufigsten ausscheidende Kristall. Weinstein ist das saure Kaliumsalz der Weinsäure, welches auch als Kalium-Hydrogen-Tartrat (KHT) bezeichnet wird. Zum anderen bildet auch Calcium mit Weinsäure ein Kristall, das schwerlösliche Calcium-Tartrat. Calcium-Tartrat Ausscheidungen spielen besonders bei Weinen eine Rolle, die mit kohlensaurem Kalk (CaCO 3) entsäuert wurden. Bei diesen Weinen ist der Calciumgehalt nur bis zur vollständigen Calcium-Rückfällung, also bei nicht ordnungsgemäßer Handhabung, angehoben. Problematisch ist es bei einer fehlgeschlagenen Doppelsalz-Entsäuerung, wenn sich kein Doppelsalz, sondern nur Calciumtartrat bildet, dann bleibt der Calciumgehalt dauerhaft zu hoch. In nicht entsäuerten Weinen ist der Gehalt an Calcium meist so gering, dass mit keiner Calcium- Tartrat-Ausscheidung zu rechnen ist. Erhöhte Calciumgehalte können sich aber auch aus geographischen Gegebenheiten und aus einer falschen Lagerung z. B. in alten Betonbehältern ergeben. Neben den unterschiedlichen Formen der Kristalle, welche unter dem Mikroskop sehr gut zu erkennen sind, ist es am einfachsten, eine Unterscheidung der Kristallausscheidung mit einem Geschmackstest durchzuführen. Kalium-Hydro- Bild 1: Kalium-Hydrogen-Tartrat (Weinstein). Foto: ?????????????? gen-Tartrat (Weinstein) schmeckt sauer, wogegen Calcium-Tartrat Kristalle neutral schmecken. Einflussgrößen auf die Kristallbildung Die Kristallisation von Weinstein aus Weinen hängt nicht nur vom Grad der Übersättigung ab (Gehalt an Kalium- und Weinsäureionen), sondern wird auch von der Konzentration an Alkohol, vom pH-Wert, der Temperatur sowie Kolloiden beeinflusst. Einflussgrößen auf die Kristallbildung • Gehalt an Weinsäure, Kalium, Calcium • Alkoholgehalt Mit steigendem Alkoholgehalt nimmt die Kristallisationsbereitschaft zu • pH-Wert Je höher der pH-Wert ist, desto geringer ist die Löslichkeit von Weinstein (die Weinsteinlöslichkeit ist bei pH 3,6 am geringsten) • Temperatur Je niedriger die Temperatur umso geringer ist die Löslichkeit (geringere Löslichkeit führt zum Ausfall von Weinstein) Da die Nachfrage nach jungen, frischen Weinen zunimmt, sind diese vor der Abfüllung meist instabil, da das Löslichkeitsgleichgewicht nicht erreicht ist. Ohne Stabilisierungsmaßnahmen würden die Weine in diesen Fällen früher oder später nach der Abfüllung eine Kristallausscheidung auf der Flasche zeigen. Die Kristallisation beginnt mit einer so genannten Kristallisationskeimbildung. Hierbei lagern sich einige Teilchen zusammen und bieten Ansatzpunkte für weitere Teilchen. Als Kristallisationszentren können auch Fremdpartikel, wie Staubteilchen, Rauhigkeiten der Gefäßwandungen und Kristallkeime (Kontaktweinstein) dienen. Der Keim übt eine elektrostatische Anziehung durch seine freien Valenzen aus. Die Ionen (Kalium-, Calcium- und Weinsäureionen) wandern zu diesen aktiven Stellen (freie Valenzen) setzen sich fest und werden somit in das wachsende Kristallgitter eingebaut. Möglichkeiten zur Kristallstabilisierung Betrachtet man die Entstehung von Kristallen, so kann man drei verschiedene Vorgehensweisen zur Stabilisierung ergreifen: 1. Entfernung oder Verminderung der Kristallisationspartner. 2. Beschleunigung der Kristallausscheidung. 3. Verhinderung von Kristallausscheidungen. Bei Betrachtung der oben genannten zugelassenen, praxisrelevanten Verfahren, ist bei der Entfernung oder Verminderung der Kristallisationspartner, vor allem die Entsäuerung (Weinsäure-Reduzierung) zu nennen. Die in vielen Betrieben durchgeführte Stabilisierung durch Kälte, inklusive der forcierten Variante mit Zusatz von 4 g/l Kontaktweinstein (Kontaktverfahren), fällt unter den Bereich der beschleunigten Kristallausscheidung. Zur Verhinderung von Kristallausscheidungen dient der Einsatz von Schutzkolloiden wie Metaweinsäure oder Gummi arabicum. Schutzkolloide Kolloidteilchen werden von den freien Valenzen an den Ecken und Kanten des Kristallisationskeimes angezogen, verblocken diese und das Kristallwachstum kommt dadurch zum Stillstand. Die Kristallisationshemmung oder den Abbruch des Kristallwachstums durch kolloidallösliche Stoffe kann man sich in der Weise zu Nutzen machen, in dem diese einem Wein zugefügt werden und so die Weinsteinausscheidung verhindert wird. Meta- Die Winzer-Zeitschrift • April 2007 53

Kellerwirtschaft<br />

<strong>Neue</strong> <strong>Möglichkeiten</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Weinsteinstabilisierung</strong><br />

Ist dieser Wein stabil? Dies ist eine <strong>der</strong> Hauptfragen<br />

die wir uns vor <strong>der</strong> Abfüllung unserer Weine<br />

stellen. Zu dieser Stabilität zählt hauptsächlich<br />

auch die Kristallstabilität. Welche kristallstabilisierenden<br />

Maßnahmen in <strong>der</strong> Praxis eingesetzt<br />

werden und welche <strong>Neue</strong>rungen zu erwarten<br />

sind, stellen Achim Rosch und Gernot Friedrich<br />

vom <strong>DLR</strong> <strong>Mosel</strong> dar.<br />

Die Kristallstabilität <strong>der</strong> Weine vor <strong>der</strong> Füllung<br />

bleibt ein Problem für jeden Weinerzeuger.<br />

Kristallausscheidungen in <strong>der</strong> Flasche<br />

führen zu Reklamationen <strong>der</strong> Verbraucher<br />

und zu den daraus resultierenden Problemen. Bei<br />

Sekten führt <strong>der</strong> Weinstein sogar zum „gushing“,<br />

dem Aufschäumen beim Öffnen <strong>der</strong> Flaschen. Die<br />

bisherigen Lösungsansätze zur Stabilisierung<br />

sind meist teuer, energieaufwändig (Kältestabilisierung)<br />

o<strong>der</strong> nur temporär effektiv (Metaweinsäure).<br />

Die im Wein entstehenden Kristalle können sehr<br />

unterschiedlich sein. So handelt es sich bei den<br />

kristallinen Ausscheidungen im Wein meist um die<br />

Salze <strong>der</strong> Weinsäure (Tartrate). Der „echte Weinstein“<br />

(Bild 1) ist das sich am häufigsten ausscheidende<br />

Kristall. Weinstein ist das saure Kaliumsalz<br />

<strong>der</strong> Weinsäure, welches auch als Kalium-Hydrogen-Tartrat<br />

(KHT) bezeichnet wird. Zum an<strong>der</strong>en<br />

bildet auch Calcium mit Weinsäure ein Kristall, das<br />

schwerlösliche Calcium-Tartrat. Calcium-Tartrat<br />

Ausscheidungen spielen beson<strong>der</strong>s bei Weinen<br />

eine Rolle, die mit kohlensaurem Kalk (CaCO 3) entsäuert<br />

wurden. Bei diesen Weinen ist <strong>der</strong> Calciumgehalt<br />

nur bis zur vollständigen Calcium-Rückfällung,<br />

also bei nicht ordnungsgemäßer Handhabung,<br />

angehoben. Problematisch ist es bei einer<br />

fehlgeschlagenen Doppelsalz-Entsäuerung, wenn<br />

sich kein Doppelsalz, son<strong>der</strong>n nur Calciumtartrat<br />

bildet, dann bleibt <strong>der</strong> Calciumgehalt dauerhaft zu<br />

hoch.<br />

In nicht entsäuerten Weinen ist <strong>der</strong> Gehalt an<br />

Calcium meist so gering, dass mit keiner Calcium-<br />

Tartrat-Ausscheidung zu rechnen ist. Erhöhte Calciumgehalte<br />

können sich aber auch aus geographischen<br />

Gegebenheiten und aus einer falschen<br />

Lagerung z. B. in alten Betonbehältern ergeben.<br />

Neben den unterschiedlichen Formen <strong>der</strong> Kristalle,<br />

welche unter dem Mikroskop sehr gut zu erkennen<br />

sind, ist es am einfachsten, eine Unterscheidung<br />

<strong>der</strong> Kristallausscheidung mit einem<br />

Geschmackstest durchzuführen. Kalium-Hydro-<br />

Bild 1: Kalium-Hydrogen-Tartrat (Weinstein). Foto: ??????????????<br />

gen-Tartrat (Weinstein) schmeckt sauer, wogegen<br />

Calcium-Tartrat Kristalle neutral schmecken.<br />

Einflussgrößen<br />

auf die Kristallbildung<br />

Die Kristallisation von Weinstein aus Weinen<br />

hängt nicht nur vom Grad <strong>der</strong> Übersättigung ab<br />

(Gehalt an Kalium- und Weinsäureionen), son<strong>der</strong>n<br />

wird auch von <strong>der</strong> Konzentration an Alkohol, vom<br />

pH-Wert, <strong>der</strong> Temperatur sowie Kolloiden beeinflusst.<br />

Einflussgrößen auf die Kristallbildung<br />

• Gehalt an Weinsäure, Kalium, Calcium<br />

• Alkoholgehalt<br />

Mit steigendem Alkoholgehalt nimmt die<br />

Kristallisationsbereitschaft zu<br />

• pH-Wert<br />

Je höher <strong>der</strong> pH-Wert ist, desto geringer ist<br />

die Löslichkeit von Weinstein (die Weinsteinlöslichkeit<br />

ist bei pH 3,6 am geringsten)<br />

• Temperatur<br />

Je niedriger die Temperatur umso geringer<br />

ist die Löslichkeit (geringere Löslichkeit<br />

führt zum Ausfall von Weinstein)<br />

Da die Nachfrage nach jungen, frischen Weinen zunimmt,<br />

sind diese vor <strong>der</strong> Abfüllung meist instabil,<br />

da das Löslichkeitsgleichgewicht nicht erreicht<br />

ist. Ohne Stabilisierungsmaßnahmen würden die<br />

Weine in diesen Fällen früher o<strong>der</strong> später nach <strong>der</strong><br />

Abfüllung eine Kristallausscheidung auf <strong>der</strong> Flasche<br />

zeigen. Die Kristallisation beginnt mit einer<br />

so genannten Kristallisationskeimbildung. Hierbei<br />

lagern sich einige Teilchen zusammen und bieten<br />

Ansatzpunkte für weitere Teilchen. Als Kristallisationszentren<br />

können auch Fremdpartikel,<br />

wie Staubteilchen, Rauhigkeiten <strong>der</strong> Gefäßwandungen<br />

und Kristallkeime (Kontaktweinstein) dienen.<br />

Der Keim übt eine elektrostatische Anziehung<br />

durch seine freien Valenzen aus. Die Ionen (Kalium-,<br />

Calcium- und Weinsäureionen) wan<strong>der</strong>n zu<br />

diesen aktiven Stellen (freie Valenzen) setzen sich<br />

fest und werden somit in das wachsende Kristallgitter<br />

eingebaut.<br />

<strong>Möglichkeiten</strong><br />

zur Kristallstabilisierung<br />

Betrachtet man die Entstehung von Kristallen, so<br />

kann man drei verschiedene Vorgehensweisen zur<br />

Stabilisierung ergreifen:<br />

1. Entfernung o<strong>der</strong> Vermin<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Kristallisationspartner.<br />

2. Beschleunigung <strong>der</strong> Kristallausscheidung.<br />

3. Verhin<strong>der</strong>ung von Kristallausscheidungen.<br />

Bei Betrachtung <strong>der</strong> oben genannten zugelassenen,<br />

praxisrelevanten Verfahren, ist bei <strong>der</strong> Entfernung<br />

o<strong>der</strong> Vermin<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Kristallisationspartner,<br />

vor allem die Entsäuerung (Weinsäure-Reduzierung)<br />

zu nennen. Die in vielen Betrieben durchgeführte<br />

Stabilisierung durch Kälte, inklusive <strong>der</strong><br />

forcierten Variante mit Zusatz von 4 g/l Kontaktweinstein<br />

(Kontaktverfahren), fällt unter den Bereich<br />

<strong>der</strong> beschleunigten Kristallausscheidung.<br />

Zur Verhin<strong>der</strong>ung von Kristallausscheidungen<br />

dient <strong>der</strong> Einsatz von Schutzkolloiden wie Metaweinsäure<br />

o<strong>der</strong> Gummi arabicum.<br />

Schutzkolloide<br />

Kolloidteilchen werden von den freien Valenzen an<br />

den Ecken und Kanten des Kristallisationskeimes<br />

angezogen, verblocken diese und das Kristallwachstum<br />

kommt dadurch zum Stillstand. Die<br />

Kristallisationshemmung o<strong>der</strong> den Abbruch des<br />

Kristallwachstums durch kolloidallösliche Stoffe<br />

kann man sich in <strong>der</strong> Weise zu Nutzen machen, in<br />

dem diese einem Wein zugefügt werden und so die<br />

Weinsteinausscheidung verhin<strong>der</strong>t wird. Meta-<br />

Die Winzer-Zeitschrift • April 2007 53


Bild 2: Produktionsschema von CMC<br />

weinsäure, eine hochmolekulare, polymerisierte<br />

Weinsäure ist ein solches Schutzkolloid. Sie hin<strong>der</strong>t<br />

den im Wein gelösten Weinstein an <strong>der</strong> Kristallisation,<br />

zerfällt jedoch während <strong>der</strong> Lagerung<br />

in Abhängigkeit von Zeit und Temperatur wie<strong>der</strong> in<br />

natürliche Weinsäure. Hierdurch ist die Wirksamkeit<br />

auf zirka ein Jahr beschränkt. Ebenso ist zu beachten,<br />

dass die Stabilisierung mit Metaweinsäure<br />

ein Verfahren ist, welches in einigen Län<strong>der</strong>n wie<br />

zum Beispiel Japan nicht akzeptiert wird. Exportiert<br />

man in diese Län<strong>der</strong> Wein, so bleibt meist nur<br />

die Kältestabilisierung als Verfahren, um den Wein<br />

vor Kristallausscheidungen zu schützen.<br />

Bild 3: Cellulose<strong>der</strong>ivat in Lebensmitteln<br />

54<br />

Schon Anfang <strong>der</strong> 80er Jahre haben WUCHER-<br />

PFENNIG et al., den Einfluss von verschiedensten<br />

Kolloiden auf die Weinsteinkristallisation untersucht.<br />

Eine überraschende Beobachtung war es,<br />

dass das Kolloid Carboxymethylcellulose (CMC)<br />

die Weinsteinausscheidung völlig verhin<strong>der</strong>te.<br />

Trotz <strong>der</strong> sehr guten Ergebnisse hat jedoch CMC<br />

zu dieser Zeit keine Zulassung für den Wein erfahren.<br />

Aufgrund neuerer Entwicklung beim Zulassungsverfahren<br />

von CMC durch das OIV (Internationale<br />

Organisation für Rebe und Wein) hat das<br />

<strong>DLR</strong> <strong>Mosel</strong> erneut Versuche auf die Wirkung und<br />

Anwendung von CMC begonnen.<br />

Kellerwirtschaft<br />

Carboxymethylcellulose<br />

Carboxymethylcellulose (CMC) ist ein Cellulose<strong>der</strong>ivat,<br />

dessen Rohstoff (Cellulose), die Pulpe (Fasern),<br />

aus Baumholz ist. Die Cellulose wird <strong>der</strong>ivatisiert,<br />

da sie sonst in Wasser nicht löslich wäre.<br />

Aufgrund <strong>der</strong> alkalischen Cellulosebehandlung<br />

während <strong>der</strong> Produktion von CMC (Bild 2) ist die<br />

korrekte Bezeichnung Natrium-Carbocymethylcellulose.<br />

CMC ist neutral im Geschmack, Geruch<br />

und in <strong>der</strong> Farbe. Es ist Allergen frei, GMO (Genetisch<br />

verän<strong>der</strong>ter Organismus) frei und ebenso Kalorien<br />

frei. Die erlaubte Tagesdosis (ADI-Wert) ist<br />

nach <strong>der</strong> Welternährungsorganisation (FAO) sowie<br />

<strong>der</strong> Weltgesundheitsorganisation (WHO)<br />

„nicht spezifiziert“. Die amerikanische Behörde,<br />

welche für den Schutz <strong>der</strong> öffentlichen Gesundheit<br />

zuständig ist (FDA), kategorisiert CMC als „GRAS“<br />

(generally regarded as safe), somit als völlig unbedenklich.<br />

Laut Richtlinie 95/2/EG ist die Verwendung<br />

von CMC als Zusatzstoff in Lebensmitteln<br />

allgemein, mit wenigen Ausnahmen wie z. B.<br />

Fruchtsaft, zugelassen. Auf Grund <strong>der</strong> Unbedenklichkeit<br />

kann in Lebensmitteln CMC „quantum<br />

satis“ (so viel, wie notwendig ist, um …) dosiert<br />

werden. Wegen <strong>der</strong> vielfältigen Eigenschaften von<br />

CMC wird dieses in vielen Lebensmitteln eingesetzt<br />

(Bild 3). Sei es als Verdicker und Viskositätsgeber,<br />

als Gelbildner o<strong>der</strong> Emulgator …<br />

Lebensmittelanwendung – Beispiele:<br />

• Eiscreme<br />

• Milchprodukte, saure Milchgetränke, Fruchtzubereitungen<br />

• Kakaogetränke, Sirupe, Glasuren und Desserts<br />

• Getränkekonzentrate und Emulsionen<br />

• Backwaren<br />

• Backhilfsstoffe und Überzüge<br />

• Suppen und Soßen<br />

Die Winzer-Zeitschrift • April 2007


Kellerwirtschaft<br />

Grafik 1: KF-Werte vom Wein <strong>der</strong> verschiedenen Versuchsvarianten<br />

KF-Wert<br />

• Dressings<br />

• extrudierte und fritierte Lebensmittel<br />

• Fleischprodukte: Würstchen, Kochschinken,<br />

Formfleisch<br />

• …<br />

<strong>Weinsteinstabilisierung</strong><br />

von Wein mit CMC<br />

Um die Wirkung von CMC zu testen und ältere<br />

Untersuchungen zu belegen, diente ein 2006er-<br />

Riesling als Versuchswein. Dieser Wein (3,2 pH,<br />

8,3 g/l Gesamtsäure und 2,8 g/l Weinsäure) war<br />

sehr weinsteininstabil, dies zeigte das modifizierte<br />

Mini-Kontaktverfahren mit Bestimmung des<br />

Kristallisationsfaktors (KF).<br />

Hierbei wird erst die Anfangsleitfähigkeit des<br />

Weines bei Raumtemperatur (20 °C) bestimmt. Die<br />

Leitfähigkeit misst den Stromfluss durch den<br />

Wein. Nun wird Weinstein zugegeben und bei<br />

Raumtemperatur mit Weinstein gesättigt, es löst<br />

sich Weinstein auf. Nach 15 Minuten Schütteln<br />

lässt man den nicht gelösten Weinstein absitzen<br />

und misst erneut die Leitfähigkeit. Anschließend<br />

werden die Proben 1 Stunde in <strong>der</strong> Gefriertruhe abgekühlt<br />

und wie<strong>der</strong> 15 Minuten geschüttelt. Dieses<br />

Mini-Kontaktverfahren ist ähnlich einer in <strong>der</strong><br />

Praxis durchgeführten Kältestabilisation nur viel<br />

intensiver. Über Nacht lässt man nun den Weinstein<br />

im Kühlschrank absitzen und dekantiert den<br />

blanken Wein ab. Danach werden die Proben wie<strong>der</strong><br />

auf Raumtemperatur (20 °C) erwärmt und erneut<br />

die Leitfähigkeit bestimmt. Wenn die Leitfähigkeit<br />

vermin<strong>der</strong>t ist, ist bei diesem Mini-Kontaktverfahren<br />

Weinstein ausgefallen, da durch<br />

den Ausfall von Kalium- und Weinsäureionen in<br />

Form von Weinstein (Kaliumhydrogentartrat) <strong>der</strong><br />

Strom nicht mehr so gut geleitet werden kann.<br />

Durch die erhaltenen Messwerte (Leitfähigkeiten<br />

und Temperatur) können die Sättigungstemperaturen<br />

ermittelt werden. Die Sättigungstemperatur<br />

sagt aus, bei welcher Temperatur <strong>der</strong> betreffende<br />

Wein an Weinstein gerade gesättigt ist. Den Kristallisationsfaktor<br />

(KF) erhält man, indem die<br />

Sättigungstemperatur (ST) des Weines nach <strong>der</strong><br />

Kristallisation von <strong>der</strong> ST des Ausgangsweines abgezogen<br />

wird. Ein stabiler Wein hat somit fast gleiche<br />

Sättigungstemperaturen vor und nach dem<br />

Verfahren, wogegen ein instabiler Wein nach dem<br />

Kontaktverfahren eine geringere Sättigungstemperatur<br />

besitzt.<br />

KF = ST (Ausgangswein) – ST (nach Kristallisation)<br />

KF = Kristallisationsfaktor<br />

ST = Sättigungstemperatur<br />

Somit gibt <strong>der</strong> Kristallisationsfaktor an, um wie<br />

viel Grad Celsius sich die Sättigungstemperatur<br />

nach dem Kontaktverfahren gegenüber <strong>der</strong> Ausgangssättigungstemperatur<br />

verringert.<br />

KF >= 5 weinsteininstabil<br />

KF 2-5 bedingt weinsteininstabil<br />

KF 0-2 weinsteinstabil<br />

Grafik 1 zeigt die verschiedenen Kristallisationsfaktoren<br />

<strong>der</strong> behandelten Weine bzw. des unbehandelten<br />

Weines. Der unbehandelte Wein ist<br />

mit einem Kristallisationsfaktor von 12 somit<br />

stark weinsteininstabil. Die Versuchsvariante,<br />

Grafik 2: Leitfähigkeitsverlauf während des Kontaktverfahrens<br />

welche mit Gummi arabicum behandelt wurde,<br />

weist ebenso keine Stabilität auf, wogegen die<br />

mit CMC und Metaweinsäure behandelten Weine<br />

mit KF-Werten von kleiner als 2 weinsteinstabil<br />

sind.<br />

Die Grafik 2 zeigt den Leitfähigkeitsverlauf <strong>der</strong><br />

Varianten während des Kontaktverfahrens bei 0 °C<br />

und einer 2,5-fachen Menge <strong>der</strong> sonst üblichen<br />

Menge an Kontakt-Weinstein (10 g/l). Selbst bei<br />

diesen Extrembedingungen, denen ein normaler<br />

Wein wahrscheinlich nie ausgesetzt sein wird,<br />

konnte ermittelt werden, dass die mit CMC und<br />

Metaweinsäure versetzten Varianten keine Kristallisationsbereitschaft<br />

zeigten. Bei beiden Varianten<br />

konnte keine nennenswerte Abnahme <strong>der</strong><br />

Leitfähigkeit festgestellt werden. Aufgrund des<br />

Aufbaues von CMC könnte sogar eine dauerhafte<br />

Stabilität gewährleistet werden, im Gegensatz zu<br />

Metaweinsäure.<br />

Die Winzer-Zeitschrift • April 2007 55<br />

Fazit<br />

Beim Ausfallen von Kristallen spielen neben den<br />

Konzentrationen von Weinsäure, Kalium und Calcium<br />

auch noch <strong>der</strong> pH-Wert, <strong>der</strong> Alkoholgehalt,<br />

die Temperatur sowie Kolloide eine Rolle. Die<br />

weinsteinstabilisierende Wirkung von Kolloiden<br />

kann man sich jedoch zu Nutze machen, indem<br />

man kolloidallösliche Substanzen dem Wein zusetzt.<br />

Lei<strong>der</strong> ist die Effektivität <strong>der</strong> zurzeit zugelassenen<br />

Substanzen eingeschränkt. Carboxymethylcellulose<br />

könnte, durch den lang anhaltenden<br />

Schutz gegen Weinsteinausfall, eine gute Option<br />

zu <strong>der</strong> sonst anzuwendenden teuren und energieaufwändigen<br />

Kältestabilisierung sein. CMC ist<br />

jedoch momentan nicht im Wein zugelassen, Entscheidungen<br />

hierzu vom OIV sind abzuwarten.<br />

Labor, sowie Praxisversuche zur Wirkung und<br />

Anwendung von CMC sind im Gange, <strong>der</strong>en Ergebnisse<br />

bei einer eventuellen Zulassung dann zur<br />

Verfügung stehen. Neben CMC zur <strong>Weinsteinstabilisierung</strong><br />

können ebenso Entwicklungen im<br />

Bereich <strong>der</strong> Mannoprotein-Anwendung und <strong>der</strong><br />

Elektrodialyse neue <strong>Möglichkeiten</strong> bieten.<br />

Literaturhinweise bei den Autoren zu erfragen. �

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