Residentenkurier Nr. 21, März/April 2011
Residentenkurier Nr. 21, März/April 2011
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Pardon, wie ist denn Ihr Wärmedurchgangskoeffizient?<br />
Wenn es nach der Energiesparverordnung (EnEV 2009) in<br />
Deutschland geht, dann sollte jeder Hausbesitzer doch wohl den<br />
Wärmedurchgangskoeffizienten der Geschossdecke seines Hauses<br />
kennen, bzw. für Häuser in Spanien geht es um den<br />
„coeficiente de convección“ . Die Formel ist ganz einfach:<br />
Wozu das gut sein soll? Ganz einfach: Sollten sie ein Haus besitzen,<br />
das Sie vor 2001 gebaut haben, oder nach dem 1. Februar<br />
2002 käuflich erworben haben, dann verlangt die Neue Energie-<br />
Einsparverordnung, dass Sie die Geschossdecke über bewohntem<br />
Raum oder das Dach dämmen, und zwar bis Ende <strong>2011</strong>. Andernfalls<br />
können empfindliche Strafen fällig werden (bis 50.000 €!).<br />
Wohl dem, der als Resident sein Haus in Spanien stehen hat,<br />
denn dort interessiert es niemanden, ob Ihr Haus gedämmt ist,<br />
wie viel Erneuerbare Energien verwendet werden, wie viel Heizenergie<br />
sinnlos verpulvert wird, oder eben: welchen Wärmedurchgangskoeffizienten<br />
ihr Haus hat. Es bleibt jedem Eigentümer<br />
selbst überlassen, was er mit seinem PRIVAT-eigentum macht,<br />
und ob man seine Heizkosten durch geeignete Baumaßnahmen<br />
reduziert.<br />
In Deutschland dagegen ist das anders, denn hier muss man ja mit<br />
gutem Beispiel vorangehen und der Welt zeigen, was machbar ist.<br />
So hat es die Dämmindustrie offenbar geschafft, politisch durchzusetzen,<br />
dass Hausbesitzer — nach Dikatorenmanier —gewzungen<br />
werden können, bis zu einem bestimmten Termin festgelegte<br />
Baumaßnahmen durchzuführen. Wer nicht bis Ende dieses Jahres<br />
entsprechend handelt, kann bestraft werden.<br />
Aufgeschreckt von einem Bericht in der Financial Times, den wir<br />
Ihnen auf der vorhergehenden Seite präsentieren, wollten wir<br />
Genaueres über dieses Ungetüm EnEv 2009 in Erfahrung bringen,<br />
und vor allem herausfinden, ob diese Verordnung tatsächlich<br />
für ALLE Hausbesietzer, oder nur solche, die auch vermieten,<br />
gelten soll. Doch das ist nicht so einfach. Die verschiedensten<br />
Stellen geben unterschiedliche Auskünfte. So recht scheint niemand<br />
Genaueres zu wissen, nicht einmal in den verschiedenen<br />
Pressestellen der Dämmindustrie oder in der Deutschen Energie-<br />
Agentur (dena).<br />
Ein Auszug aus der Verordnung soll Klarheit schaffen:<br />
§ 10 Nachrüstung bei Anlagen und Gebäuden<br />
„ [..](3) Eigentümer von Wohngebäuden sowie von Nichtwohngebäuden,<br />
die nach ihrer Zweckbestimmung jährlich mindestens vier Monate und<br />
auf Innentemperaturen von mindestens 19 Grad Celsius beheizt werden,<br />
müssen dafür sorgen, dass bisher ungedämmte, nicht begehbare, aber<br />
zugängliche oberste Geschossdecken beheizter Räume so gedämmt sind,<br />
dass der Wärmedurchgangskoeffizient der Geschossdecke 0,24<br />
Watt/(m²⋅K) nicht überschreitet.<br />
Na das ist doch sehr hilfreich, oder? Das heißt ja wohl, wer weniger<br />
als 4 Monate heizt (zweckgebunden), und lieber mit 18 Grad<br />
und einem Pulli auskommt, der bleibt verschont von der Energiesparverordnung.<br />
Jahrgang 3, Ausgabe <strong>21</strong> <strong>März</strong> <strong>2011</strong><br />
Página 15<br />
Man kann also wirklich nur<br />
empfehlen, die Wintermonate<br />
in Spanien zu verbringen,<br />
um die Heizperiode von<br />
mindestens 4 Monaten in<br />
Deutschland nicht zu überschreiten.<br />
Je weiter man recherchiert,<br />
umso häufiger tauche bestimmte<br />
Firmennamen auf,<br />
die mit dieser Verodrnung in<br />
Verbindung gebracht werden können. Es drängt sich der Verdacht<br />
auf, dass diese Verordnung eine Art „Krisenmanag-ment―<br />
der Dämmindustrie ist, die mit gezielter Lobbyarbeit Druck auf<br />
die Politik ausüben, alles unter dem Deckmantel der CO2-<br />
Einsparung. Macht ja auch so viel Sinn, wenn wenigstens in einem<br />
Land eingespart wird, und man nicht verbrauchte Emissionen<br />
an andere verkaufen kann, damit die munter weiter alles in<br />
die Luft pusten können.<br />
Stellt sich noch die Frage: wer soll das bezahlen? Wer hat so viel<br />
Geld? Na auch dies ist schnell beantwortet. Henning Discher,<br />
Projektleiter energieeffiziente Gebäude bei der dena, rechnet vor:<br />
"Bei einem Eigenheim mit einem ungedämmten Dach kommt es<br />
pro Jahr im Schnitt zu einem Wärmeverlust von 12.000 kWh, bei<br />
einem Haus mit einem sehr gut gedämmten Dach gehen hingegen<br />
nur 3.000 kWh Heizenergie pro Jahr verloren". Wird die Heizenergie<br />
aus Öl oder Erdgas gewonnen, betrage der durchschnittliche<br />
Preis für eine kWh 0,07 Cent, sagt Discher. "Durch die Dämmung<br />
des Daches können Besitzer somit rund 630 Euro pro Jahr<br />
einsparen."<br />
Na bravo, wenn die Investion rd. 20.000 € kostet, dann kann<br />
man sich ja ausrechen, wie lange man diese Menge einsparen<br />
muss, bis sich alles amortisiert. (über 30 Jahre). Wer weiss, welche<br />
Verordnungen in dieser Zeit noch auf uns zu kommen.<br />
Aber ich kann Sie trösten. Wir haben in den Unterlagen auch<br />
einen wichtigen Satz gefunden, den man sich auf der Zunge zergehen<br />
lassen muss: (6) Die Absätze 2 bis 5 sind nicht anzuwenden,<br />
soweit die für die Nachrüstung erforderlichen Aufwendungen durch die<br />
eintretenden Einsparungen nicht innerhalb angemessener Frist erwirtschaftet<br />
werden können.“<br />
Im Klartext: vergessen Sie einfach die EnEV, es lohnt sich eh<br />
nicht, da Sie nicht in angemessener Zeit so viel einsparen können,<br />
wie für die Nachrüstung mit Dämmung ausgegeben werden muss!<br />
Vermutlich geht es eher darum, dass viele diese Sätze nicht lesen<br />
oder verstehen, und dann brav dämmen, zur Freude und Gewinnoptimierung<br />
der Dämmindustrie, aber auch der Umwelt.<br />
Ein Kommentar von: Beatrice HOHLER<br />
Wir sind noch auf ein „Aufklärungsblatt― gestoßen, das versucht,<br />
mit einigen Mißveständnissen bezüglich der EnEV 2009 aufzuräumen<br />
und das 7 Mißverständnisse widerlegt: http://service.enevonline.de/bestellen/tuschinski_100325_enev2009_sieben_missversta<br />
endnisse.pdf<br />
Weitere Informationen: www.dena.de ,<br />
http://www.enev-online.org, http://www.ib-rauch.de