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NFV_12_2009 - Rot Weiss Damme

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ei jedem Turnier zum besten Torwart gewählt<br />

wurde. „Er übersprang Altersklassen,<br />

wurde immer vorzeitig aus seiner<br />

Truppe herausgenommen und als Jüngster<br />

in eine höhere Altersklasse gestuft. Schon<br />

dabei kam es immer wieder zu Krisen.<br />

Weil er Angst hatte, nicht mit den Älteren<br />

mithalten zu können. Er hat es sich nicht<br />

zugetraut. Er war in den eigenen Ansprüchen<br />

gefangen.“<br />

In dem Artikel, veröffentlicht am 16.<br />

November, spricht Vater Enke zudem über<br />

die Auswirkungen der Depressionen, an<br />

denen sein Sohn später erkrankte: „In kritischen<br />

Phasen hatte Robert Angst, dass ein<br />

Ball auf sein Tor geschossen wurde. Er hatte<br />

Anfälle, wollte nicht zum Training, konnte<br />

sich nicht vorstellen, im Tor zu stehen.“ Im<br />

Jahr 2003, dies machten seine Frau Teresa<br />

und sein Arzt Dr. Valentin Markser am Tag<br />

nach dem Selbstmord öffentlich, ließ sich<br />

Robert Enke erstmals wegen Depressionen<br />

behandeln. In einem Interview mit BILD<br />

erklärt sein Berater Jörg Neblung, dass die<br />

Krankheitsgeschichte mit der Ausbootung<br />

in Barcelona begann und in Istanbul die Erkenntnis<br />

reifte, „dass es ohne professionelle<br />

Therapie nicht mehr geht“.<br />

Istanbul – nach einem Jahr des Reservistendaseins<br />

in Barcelona lässt sich Robert<br />

Enke im Sommer 2003 an Fenerbahce ausleihen.<br />

Ein Land, in dem er zwar nie spielen<br />

wollte, doch bei einer Flasche Wein macht<br />

ihm Fener-Coach Christoph Daum den<br />

Wechsel schmackhaft. „Ich hab’s mir<br />

schöngeredet: deutsches Trainerteam, gutes<br />

Geld, probier’s halt mal“, diktiert er seinem<br />

Freund Ronald Reng auf Teneriffa in<br />

den Notizblock. In einem Testspiel gegen<br />

Kocaelispor wird vor dem Anpfiff ein Schaf<br />

auf dem Platz geopfert. „Ein Glück ist Teresa<br />

noch nicht da“, sagt sich Enke. Seine<br />

Frau, die er auf dem Sportgymnasium in Jena<br />

kennen und lieben gelernt hat, ist sehr<br />

tierlieb.<br />

Bereits in diesem Moment dominiert<br />

bei Enke der Gedanke: Ich will hier nicht<br />

sein. Als er darauf beim Saisonauftakt im<br />

Derby gegen Istanbulspor (0:3) nach einem<br />

Fehler von den eigenen Fans mit Flaschen<br />

und Feuerzeugen beworfen wird, löst er<br />

seinen Vertrag nach nur 19 Tagen auf. Damit<br />

verzichtet er nicht nur auf viel Geld,<br />

sondern setzt seine Karriere aufs Spiel. „Ich<br />

steckte in einer Schublade, aus der ich fast<br />

nicht wieder herauskam. Die Trainer von<br />

anderen Vereinen fragten sich damals sicherlich:<br />

Tickt der noch ganz richtig“,<br />

blickte Enke 2008 gegenüber dem Fußballmagazin<br />

11 Freunde auf diese Entscheidung<br />

zurück.<br />

Wegen seiner Kündigung darf er nach<br />

den Statuten des Weltfußballverbandes<br />

FIFA fünf Monate nicht spielen. Nach Ablauf<br />

der Sperre im Januar 2004 verhält sich<br />

der Markt ausgesprochen reserviert. Der FC<br />

Kärnten, Tabellenletzter in Österreich, und<br />

ADO Den Haag, Vorletzter in Holland, sind<br />

die einzigen Erstligisten, die sich melden.<br />

Also entscheidet sich Enke für das dritte<br />

Angebot aus Teneriffa. Zwar zweite Liga,<br />

aber Spanien ist ein bedeutender Fußballmarkt.<br />

Zudem erfreut er sich auf der iberischen<br />

Halbinsel im Kollegenkreis noch immer<br />

einer gewissen Wertschätzung. Hierzu<br />

beobachtet Ronald Reng:<br />

„Beim Training an diesem Morgen im<br />

Stadion von Teneriffa kommen erst Robert<br />

Enkes Schuhe auf den Platz, dann Robert<br />

Enkes Handschuhe, schließlich Robert Enke<br />

selbst. Ein Paar seiner Schuhe trägt Adolfo<br />

Baines, der dritte Torwart, er läuft, als traue<br />

er ihnen noch nicht. Der zweite Torhüter,<br />

Álvaro Iglesias, hat Handschuhe an, auf deren<br />

Klettverschlüssen dick ,Robert Enke’<br />

steht. Er hat ihnen die Sportsachen geschenkt,<br />

er bekommt sie von seinem Sponsor,<br />

sie aber, Zweite-Liga-Torhüter ihr Leben<br />

lang, mussten sich ihre Ausrüstung bislang<br />

kaufen. Baines allerdings trägt weiterhin<br />

2007 wurde Robert Enke von den Sportjournalisten<br />

zu „Niedersachsens Fußballer des<br />

Jahres“ gewählt. Foto: Rust<br />

Titel<br />

Handschuhe, die er für acht Euro gekauft<br />

hat, die von Enke sind ihm zu heilig, um sie<br />

im Training zu verschleißen.“<br />

Experten und Publikum werten die<br />

Station Teneriffa als Tiefpunkt. Für Enke löst<br />

sie aber etwas ganz Entscheidendes aus: Er<br />

darf sich wieder als Fußballer fühlen. Im<br />

Interview mit 11 Freunde verdeutlicht er:<br />

„Mit fehlte einfach der Alltag. Früh aufstehen<br />

und sich auf das Training freuen, Mitglied<br />

einer Mannschaft sein oder einfach<br />

nur Flachs in der Kabine. Solche kleinen<br />

Momente habe wieder zu schätzen ge- ➤<br />

Robert Enke setzte sich stark für den Tierschutz ein. Für eine Kampagne der Tierschutzorganisation PETA ließ er sich mit seiner „Hundefamilie“ ablichten,<br />

mit denen er auf einem Bauernhof bei Neustadt am Rübenberge lebte. Foto: imago<br />

Dezember <strong>2009</strong> 9

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