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Konzeption und Evaluation eines Kinematik/Dynamik-Lehrgangs zur ...

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60 4 Interventionsstudie <strong>zur</strong> graphischen Modellbildung mit VisEdit<br />

dass es in Physik vor allem auf Formelkenntnis <strong>und</strong> Rechenfertigkeit ankommt, ist sehr verbreitet<br />

<strong>und</strong> beruht auf einer häufig anzutreffenden Schwerpunktsetzung im Unterricht (Schecker, 1985, S.<br />

199). So kritisieren Lehrer an Schulbüchern am meisten, dass sie zu wenige Aufgaben enthalten<br />

(Merzyn, 1994, S. 110), obwohl die Anzahl der Aufgaben in Schulbüchern zugenommen haben<br />

(Dittmann et al., 1988, S. 389; Merzyn, 1994, S. 185). „Einsetzaufgaben“ sind hier aber wenig hilfreich,<br />

da die Schüler nur eine Rechenroutine durchführen. Zwar können die Schüler durch Auswendiglernen<br />

der Formeln <strong>und</strong> durch Trainieren der Einsetzaufgaben mit Hilfe einer Gegeben-Gesucht-<br />

Strategie, die HÄUßLER ET AL. (2000, S. 3) die Rückwärtssuche nennen, eine sichere Methode erlangen,<br />

um gute Noten zu erzielen, allerdings nur wenn diese Fähigkeiten des Formelkombinierens<br />

unangemessen gewichtet werden. Die Schüler lernen in einem solchen Physikunterricht letztlich<br />

nur, so zu reden, dass der Lehrer zufrieden ist (Aufschnaiter, Aufschnaiter, 2001, S. 414). Die Physik<br />

wird damit aber kaum verstanden oder gar Vorstellungen verändert. Unter den Gymnasiallehrern<br />

sind insbesondere die bayerischen am häufigsten der Meinung, das Rechnen von Übungsaufgaben<br />

führe zu Physikverständnis (Merzyn, 1994, S. 187) <strong>und</strong> diese setzen das Aufgabenlösen am<br />

häufigsten als Hausaufgabe ein (Merzyn, 1994, S. 97).<br />

Als Folge der TIMS-Studie wird viel über eine neue Aufgabenkultur diskutiert (Schecker et al.,<br />

2001), z.B. im deutschen Verein <strong>zur</strong> Förderung des mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterrichts<br />

(MNU, 2001, S. XI – XIV) oder in den b<strong>und</strong>esweiten BLK-Programmen „Sinus“ bzw. „Sinus-Transfer“<br />

(B<strong>und</strong>-Länder-Kommission, 1997, S. 32 - 33). Dabei wird wieder betont, dass der<br />

Schwerpunkt im Physikunterricht auf dem qualitativen Verstehen liegen sollte <strong>und</strong> nicht auf dem<br />

Auswendiglernen von Fakten <strong>und</strong> Formeln. Dieser Gesichtspunkt ist zwar nicht neu, scheint aber<br />

immer wenig umgesetzt zu werden. Dabei empfinden Schüler die quantitative Beschreibung von<br />

Gesetzmäßigkeiten mit Formeln als wenig interessant (Häußler et al., 1998, S. 134). Von Seiten der<br />

Universität wird kritisiert, dass die Erstsemester-Studenten zu sehr auf die speziellen Bewegungsfunktionen<br />

fixiert sind, die bei komplexen Vorgängen aber nichts nützen. Ein solches auswendig<br />

gelerntes Wissen wird sehr schnell wieder vergessen. Wird dagegen das physikalische Konzept verstanden<br />

<strong>und</strong> damit die Alltagsvorstellung geändert, kann dies langfristig Bestand haben. So wurde<br />

auch in einer b<strong>und</strong>esweiten Erhebung festgestellt, dass sich ein Physikunterricht, in dem das Entdecken<br />

<strong>und</strong> Verstehen von Gesetzmäßigkeiten im Vordergr<strong>und</strong> steht, auf das theoretische Wissen<br />

günstiger auswirkte als andere Unterrichtskonzepte <strong>und</strong> diese Unterrichtsart einen fördernden Einfluss<br />

auf die spätere Interessenlage hat (Häußler et al., 1987, S. 327).<br />

Authentische <strong>und</strong> komplexe Aufgaben in der <strong>Dynamik</strong> bedeuten Aufgaben, in denen mehrere Kräfte<br />

gleichzeitig wirken <strong>und</strong> Reibung eine Rolle spielt. Denn bei fast allen Bewegungen in Natur <strong>und</strong><br />

Technik spielen Reibungsvorgänge eine entscheidende Rolle. Im Physikunterricht wird aber in der<br />

Regel von Reibung abgesehen. Es werden vielfältige Idealisierungen vorgenommen, um „reine Phänomene“<br />

zu erhalten, an denen sich einfache Begriffe, Prinzipien <strong>und</strong> Gesetze entwickeln lassen.<br />

Sie dienen also der Theoriebildung. Dabei darf der Physikunterricht aber nicht stehen bleiben. Wie<br />

in der angewandten Physik <strong>und</strong> der Technik muss es auch im Physikunterricht um die Anwendung<br />

der Theorien an realen Einzelfällen gehen. D.h. es muss auch ausführlich diskutiert werden, wie die<br />

physikalischen Abläufe ohne die Idealisierungen ablaufen.

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