Konzeption und Evaluation eines Kinematik/Dynamik-Lehrgangs zur ...
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4 Interventionsstudie <strong>zur</strong> graphischen Modellbildung mit VisEdit 59<br />
Vorhersage dem Modellablauf? Evtl. auftretende Diskrepanzen sind zu klären: Waren die eigenen<br />
Vorstellungen richtig, ist die Umsetzung in das Modell stimmig, wo wurden Aspekte wie die Richtungen<br />
von Kräften vergessen? Warum erwarte ich trotz <strong>eines</strong> sinnvollen Modells in einzelnen Details<br />
andere Ergebnisse oder andere Graphenverläufe? Dies sind Herausforderungen, denen sich die<br />
Lernenden stellen müssen <strong>und</strong> die die Lernprozesse weiterführen.<br />
4.2.2 Zur didaktischen Funktion authentischer Probleme <strong>und</strong> Aufgaben<br />
Eine Forderung, die <strong>zur</strong> Veränderung von Lernschwierigkeiten beim Lernen der Mechanik <strong>und</strong> insbesondere<br />
der newtonschen <strong>Dynamik</strong> immer wieder erhoben wird, ist die Ausrichtung des Unterrichts<br />
auf die Alltagserfahrungen. Im Physikunterricht machen Schüler durch einzelne Experimente<br />
nur wenig Erfahrungen, um die neuen Erkenntnisse zu verstehen <strong>und</strong> längerfristig zu behalten. Andererseits<br />
haben die Schüler gerade im Bereich Mechanik schon viele Vorerfahrungen zu den behandelten<br />
Themen. Diese Alltagserfahrungen müssen aktiviert <strong>und</strong> mit den physikalischen Konzepten<br />
in Zusammenhang gebracht werden. Beziehungen zwischen Alltagserkenntnissen <strong>und</strong> Facherkenntnissen<br />
müssen aufgedeckt bzw. hergestellt werden.<br />
Häufig glauben Schüler, die physikalischen Erkenntnisse beziehen sich nur auf ideale Gedanken<strong>und</strong><br />
Laborwelten, mit denen man im Alltag nichts anfangen kann (Schecker, 1985, S. 166). Physikalische<br />
Aussagen <strong>und</strong> Gesetze sind demnach nur für Situationen unter Laborbedingungen gültig;<br />
im Physikunterricht werden also andere Vorstellungen verwendet als im Alltag. Deswegen ist es<br />
wichtig, dass im Physikunterricht authentische Probleme behandelt werden. Dabei sollen die Schüler<br />
erfahren, dass das physikalische Wissen für die reale Welt relevant <strong>und</strong> in ihr anwendbar ist.<br />
Dies wiederum kann auch für den Schüler motivierend sein. Die Schüler selbst fordern, dass sich<br />
der Physikunterricht stärker den Alltagsphänomenen zuwendet, für die sie sich interessieren. In einer<br />
Befragung von 449 Schülern der Sek<strong>und</strong>arstufe II stimmten 91 % der Aussage zu, dass Physik<br />
die Aufgabe habe, die Phänomene systematisch zu untersuchen, denen wir im Alltag begegnen<br />
(Schecker, 1985, S. 160).<br />
Authentische Aufgaben sind - vor allem in der Mechanik - meistens auch komplexe Aufgaben. Im<br />
traditionellen Physikunterricht kommen jedoch kaum komplexe Aufgaben vor. Verschiedene Phänomene<br />
<strong>und</strong> Gesetzmäßigkeiten, die in der realen Welt gleichzeitig auftreten, werden separiert <strong>und</strong><br />
dann getrennt behandelt, wodurch es zu einer Kompartmentalisierung unterschiedlicher korrekter<br />
Konzepte kommen kann (Kapitel 2.1.4). Der Schüler lernt nur verschiedene Einzelfakten <strong>und</strong> Themen,<br />
ohne ein umfassendes Verständnis zu bekommen <strong>und</strong> einen Zusammenhang zwischen den<br />
einzelnen Themen zu erkennen. Dies sollte durch den Einsatz komplexer Aufgaben reduziert werden<br />
können. Die Behandlung kann ferner helfen, die Tragfähigkeit physikalischer Konzepte zu sehen.<br />
Hiermit wird nicht gefordert, nur noch komplexe Aufgaben zu verwenden, sondern auch Aufgaben<br />
verschiedener Kompetenzstufen zu verwenden.<br />
In den vergangenen 15 Jahren wurde wiederholt auf eine Überbetonung von Rechen- <strong>und</strong> Einsetzaufgaben<br />
- vor allem in der Mechanik <strong>und</strong> hier wiederum in der <strong>Kinematik</strong> – hingewiesen (z.B.<br />
Dittmann et al., 1988), aber daran hat sich bisher nur wenig geändert. Qualitative Zusammenhänge<br />
spielen im Unterricht im Vergleich zu quantitativen nur eine untergeordnete Rolle. Die Vorstellung,