Konzeption und Evaluation eines Kinematik/Dynamik-Lehrgangs zur ...

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34 3 Ikonische Repräsentationen ven Kontrolle, erfolgen. Abbilder vertrauter Gegenstände werden z.B. in Sekundenbruchteilen relativ unbewusst und automatisch richtig erkannt, ohne dass sie eine spezielle Aufmerksamkeit erfordern. Hierbei spielt die Figur-Hintergrund-Trennung eine wichtige Rolle und räumliche und zeitliche Nähe beeinflussen die Aufteilung der Aufnahmeeinheiten (Girwidz, 2001, S. 21). Entsprechend der Lesegewohnheiten von links nach rechts und von oben nach unten ist die Anordnung von Bedeutung. Bei der attentiven Wahrnehmung (Winn, 1993, S. 66 - 74; Weidenmann, 1994, S. 32 - 37), d.h. der bewussten, absichtsvollen und zielgerichteten Bildverarbeitung, spielt die begrenzte Verarbeitungskapazität eine Rolle. Attentive Prozesse binden kognitive Ressourcen und sind selektiv (gezieltes "Herausfiltern" relevanter Informationen). Die Informationsdichte darf weder zu hoch noch zu niedrig sein. Wichtig sind Hilfsmittel wie Linien, Pfeile oder Zusammenstellungen, die die Aufmerksamkeit lenken (Girwidz, 2001, S. 21). Der Bildautor kann also durch Hervorheben einzelner Elemente oder auch durch entsprechende Instruktionen die Wahrnehmung lenken und die Wichtigkeit der Bildsegmente betonen. Eine pauschale Aufforderung des Lehrenden, ein Bild aufmerksam zu betrachten, bringt bezüglich der Verstehensleistung nicht viel. Bildbezogene spezifische Instruktionen könnten dagegen schon eher die Bildverarbeitung und folglich die Verstehensleistung erhöhen. Nach der Wahrnehmung muss ein Bild interpretiert werden (Winn, 1993, S. 74 - 85, zusammengefasst bei Girwidz, 2001, S. 22), wobei das Verstehen vom Vorwissen abhängt. Für diese Einpassung der Information in vorhandene Schemata ist eine Anstrengung nötig. Je weniger Kapazitäten für die Bilderfassung gebraucht werden, desto mehr sind für die Interpretation und damit das Lernen frei. Advanced Organizer können eine gute Hilfe für die richtige Interpretation sein. Des Weiteren kann die Art des Informationsangebotes bestimmte Interpretationstechniken anregen. Die kognitive Verarbeitungskapazität ist begrenzt. Bekanntermaßen können nur etwa sieben neue Informationseinheiten (chunks) im Arbeitsgedächtnis gehalten werden (Mietzel, 1993, S. 175). Die „cognitive load“-Theorie (Chandler, Sweller, 1991) betont diese Grenzen, die bei der Unterrichtsgestaltung berücksichtigt werden müssen (Sweller, 1994). Das Informationsangebot, die Präsentation von Information, muss so strukturiert werden, dass der Arbeitsspeicher möglichst wenig belastet wird und so genügend Ressourcen für das Lernen vorhanden sind. Ungewohnte bildliche Darstellungen können deshalb durch ihre hohe kognitive Belastung dem inhaltlichen Verstehen im Wege stehen. Verringert wird die kognitive Belastung im Allgemeinen auch durch die Nutzung verschiedener Sinneskanäle durch eine multimodale Darstellung. Zusätzlich visuelle Anzeigen stören aber, wenn sie weitere kognitive Suchprozesse verlangen. In computergestützten Lernmaterialien können verbale Zusatzinformationen und farbliche Codierungen die kognitive Belastung reduzieren (Kalyuga et al., 1999). Allgemein ist die kognitive Belastung vom Vorwissen und kognitiven Fähigkeiten abhängig, so dass es hilfreich sein kann, dass unterschiedlichen Lernern unterschiedliche Darstellungen angeboten werden. Informationen können jedoch unterschiedlich tief verarbeitet werden. SCHNOTZ und BANNERT (1999, S. 233) zeigten, dass anspruchsvollere Bilder eher zu einer intensiven Verarbeitung führen.

3 Ikonische Repräsentationen 35 3.1.2 Multicodierung Wissen, auch physikalisches Wissen, kann mit verschiedenen Symbolsystemen codiert und präsentiert werden, wobei die Art der Repräsentation die Form vorbereitet, in der Wissen gespeichert wird. Die Theorie der dualen Codierung von PAIVIO (1986) unterscheidet zwei unterschiedliche, unabhängige Informationsverarbeitungssysteme, ein verbales (sprachliche Reize werden vom visuellen oder auditorischen System aufgenommen) und ein nonverbales System (vor allem für Bilder, aber auch für Geräusche, Handlungen etc.), zwischen denen Verbindungen bestehen. Verkürzt gesagt wird zwischen Sprache und Bildern unterschieden. Die doppelte Codierung sorgt dabei für eine bessere Verankerung im Gedächtnis und für eine bessere Abrufbarkeit. Allerdings gibt es interindividuelle Unterschiede, die sich als Lernpräferenzen äußern (Urhahne et al., 2000, S. 163). Eine aktuelle Weiterentwicklung dieser Theorie ist die generative Theorie des Multimedia-Lernens von MAYER (1997, S. 4 - 6). Demnach gibt es ein visuelles System zur Erzeugung visuellen Wissens und ein verbales für verbales Wissen. Der Lernende muss aber wichtige Informationen auswählen, sie organisieren und mit bestehendem Wissen verknüpfen, wobei die Auswahl und die Organisation im verbalen und visuellen System getrennt laufen, so dass er ein verbales und ein visuelles mentales Modell entwickelt, zwischen denen er später Verbindungen herstellt. Ein mentales Modell ist eine umfassende Repräsentation der Strukturen und Prozesse eines Realitätsbereichs und erlaubt die innere Simulation eines äußeren Vorgangs. In dem erweiterten Modell von SCHNOTZ und BANNERT (1999, S. 222) werden Bilder in Schritten verarbeitet: Zuerst wird es visuell wahrgenommen, dann semantisch verarbeitet, wozu ein mentales Modell konstruiert wird, und anschließend kann das mentale Modell zu propositionalen Repräsentationen in Beziehung gesetzt werden, die zum Beispiel beim Verstehen von Texten konstruiert werden. Neben dem Multimediaprinzip, wonach Lernen erleichtert wird, wenn Text- und Bildinformationen parallel angeboten werden, gibt es weitere Prinzipien. URHAHNE ET AL. (2000, S. 164) nennen zwei Prinzipien zur Gestaltung lernförderlicher multimedialer Lernumgebungen, die sich aus den Forschungen von MAYER ergeben haben: Nach dem Kontiguitätsprinzip müssen zusammengehörige Texte und Bilder räumlich gemeinsam (verbale und visuelle Erklärungen eng nebeneinander, Prinzip der räumlichen Nähe, räumliches Kontiguitätsprinzip) und zeitlich gemeinsam (gesprochene und gezeigte Information gleichzeitig, Prinzip der simultanen Darstellung, zeitliches Kontiguitätsprinzip) dargeboten werden. Nach dem Modalitätsprinzip sollten Erklärungen nicht als Text auf dem Bildschirm, sondern in gesprochener Form als mitlaufender Kommentar gegeben werden, so dass verschiedene Aufnahmekanäle benutzt werden. Die Kombination von auditiver und visueller Info hilft zu besserem Erinnern. Ergänzend sind noch zu nennen (Girwidz, Rubitzko, 2003, S. 3): Das Kohärenzprinzip besagt, dass nicht-sachbezogene Informationen möglichst ausgeblendet werden sollen. Das Redundanzprinzip besagt, dass das Lernen mit bewegten Bildern, die mit gesprochenem Text kommentiert sind, durch die zusätzliche schriftbasierte Darstellung desselben Textes erschwert wird. Die Untersuchungen und Ergebnisse der Lernpsychologen zum Lernen mit Multimedia haben jedoch in der Regel das Lernen von einzelnem deklarativem Wissen im Blick, während es der Physikdidaktik um das Lernen und Anwenden von Prinzipien und Konzepten geht.

34 3 Ikonische Repräsentationen<br />

ven Kontrolle, erfolgen. Abbilder vertrauter Gegenstände werden z.B. in Sek<strong>und</strong>enbruchteilen relativ<br />

unbewusst <strong>und</strong> automatisch richtig erkannt, ohne dass sie eine spezielle Aufmerksamkeit erfordern.<br />

Hierbei spielt die Figur-Hintergr<strong>und</strong>-Trennung eine wichtige Rolle <strong>und</strong> räumliche <strong>und</strong> zeitliche<br />

Nähe beeinflussen die Aufteilung der Aufnahmeeinheiten (Girwidz, 2001, S. 21). Entsprechend<br />

der Lesegewohnheiten von links nach rechts <strong>und</strong> von oben nach unten ist die Anordnung von Bedeutung.<br />

Bei der attentiven Wahrnehmung (Winn, 1993, S. 66 - 74; Weidenmann, 1994, S. 32 - 37), d.h. der<br />

bewussten, absichtsvollen <strong>und</strong> zielgerichteten Bildverarbeitung, spielt die begrenzte Verarbeitungskapazität<br />

eine Rolle. Attentive Prozesse binden kognitive Ressourcen <strong>und</strong> sind selektiv (gezieltes<br />

"Herausfiltern" relevanter Informationen). Die Informationsdichte darf weder zu hoch noch zu niedrig<br />

sein. Wichtig sind Hilfsmittel wie Linien, Pfeile oder Zusammenstellungen, die die Aufmerksamkeit<br />

lenken (Girwidz, 2001, S. 21). Der Bildautor kann also durch Hervorheben einzelner Elemente<br />

oder auch durch entsprechende Instruktionen die Wahrnehmung lenken <strong>und</strong> die Wichtigkeit<br />

der Bildsegmente betonen. Eine pauschale Aufforderung des Lehrenden, ein Bild aufmerksam zu<br />

betrachten, bringt bezüglich der Verstehensleistung nicht viel. Bildbezogene spezifische Instruktionen<br />

könnten dagegen schon eher die Bildverarbeitung <strong>und</strong> folglich die Verstehensleistung erhöhen.<br />

Nach der Wahrnehmung muss ein Bild interpretiert werden (Winn, 1993, S. 74 - 85, zusammengefasst<br />

bei Girwidz, 2001, S. 22), wobei das Verstehen vom Vorwissen abhängt. Für diese Einpassung<br />

der Information in vorhandene Schemata ist eine Anstrengung nötig. Je weniger Kapazitäten für die<br />

Bilderfassung gebraucht werden, desto mehr sind für die Interpretation <strong>und</strong> damit das Lernen frei.<br />

Advanced Organizer können eine gute Hilfe für die richtige Interpretation sein. Des Weiteren kann<br />

die Art des Informationsangebotes bestimmte Interpretationstechniken anregen.<br />

Die kognitive Verarbeitungskapazität ist begrenzt. Bekanntermaßen können nur etwa sieben neue<br />

Informationseinheiten (chunks) im Arbeitsgedächtnis gehalten werden (Mietzel, 1993, S. 175). Die<br />

„cognitive load“-Theorie (Chandler, Sweller, 1991) betont diese Grenzen, die bei der Unterrichtsgestaltung<br />

berücksichtigt werden müssen (Sweller, 1994). Das Informationsangebot, die Präsentation<br />

von Information, muss so strukturiert werden, dass der Arbeitsspeicher möglichst wenig belastet<br />

wird <strong>und</strong> so genügend Ressourcen für das Lernen vorhanden sind. Ungewohnte bildliche Darstellungen<br />

können deshalb durch ihre hohe kognitive Belastung dem inhaltlichen Verstehen im Wege<br />

stehen. Verringert wird die kognitive Belastung im Allgemeinen auch durch die Nutzung verschiedener<br />

Sinneskanäle durch eine multimodale Darstellung. Zusätzlich visuelle Anzeigen stören aber,<br />

wenn sie weitere kognitive Suchprozesse verlangen. In computergestützten Lernmaterialien können<br />

verbale Zusatzinformationen <strong>und</strong> farbliche Codierungen die kognitive Belastung reduzieren (Kalyuga<br />

et al., 1999). Allgemein ist die kognitive Belastung vom Vorwissen <strong>und</strong> kognitiven Fähigkeiten<br />

abhängig, so dass es hilfreich sein kann, dass unterschiedlichen Lernern unterschiedliche Darstellungen<br />

angeboten werden.<br />

Informationen können jedoch unterschiedlich tief verarbeitet werden. SCHNOTZ <strong>und</strong> BANNERT<br />

(1999, S. 233) zeigten, dass anspruchsvollere Bilder eher zu einer intensiven Verarbeitung führen.

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